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Gisel

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2018

Spannende Mischung aus Fantasy und Detektivgeschichte

Lila Winkelbaum und das Geheimnis der Zeituhr
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Gleich an ihrem ersten Schultag in der neuen Schule macht Lilas Klasse einen Ausflug ins Museum. Doch statt die angekündigte ägyptische Zeituhr zu sehen, steht die ganze Klasse vor einer leeren Vitrine, ...

Gleich an ihrem ersten Schultag in der neuen Schule macht Lilas Klasse einen Ausflug ins Museum. Doch statt die angekündigte ägyptische Zeituhr zu sehen, steht die ganze Klasse vor einer leeren Vitrine, das Exponat wurde gestohlen. Mit ihrer neuen Freundin Jane macht Lila sich daran, selbst zu ermitteln. Außerdem hat sie noch die Hilfe ihres neuen Begleiters Hugo aus der fünften Dimension, von der „Agentur der kleinen Freunde“. Gemeinsam erkunden die drei, was hinter dem seltsamen Verhalten des Museumsdirektors und der anderen Erwachsenen steckt.

Sehr kindgerecht und mit viel Spannung erzählt Autor Julian Wolf Lilas Geschichte (die eigentlich Johanna Evelyn Miranda Liliane Winkelbaum heißt, aber sie lässt sich lieber Lila nennen). Ältere Grundschulkinder werden sich von seinem Erzählstil schnell begeistern lassen. Das Rätsel um die verschwundene Zeituhr wird spannend aufgearbeitet, denn Lila ist eine begeisterte Anhängerin von Sherlock Holmes, von seinen Ermittlungsmethoden hat sie viel gelernt. Mit den beiden Mädchen, vor allem mit Lila, sind der Feder des Autors zwei spannende Protagonisten entschlüpft. Erwachsenen werden sicherlich ein paar Ungereimtheiten auffallen, denn wo gibt es gleich am ersten Schultag einen Klassenausflug? Kinder jedoch werden sich weniger daran reiben, sie werden sich schneller von der Geschichte fesseln lassen und deshalb über solche Kleinigkeiten hinweglesen. Eine gelungene Auflösung mit kindgerechten Erklärungen dazu rundet die Geschichte ab.

Insgesamt ein vielversprechender Auftakt eines Jungautors mit einer neuen, interessanten Reihe, die eine besondere Mischung an Fantasy- und Detektivgeschichten kindgerecht und spannend bietet.

Veröffentlicht am 23.02.2018

Eine Krone gegen die Langeweile

König Lennard oder Sommer ist dann, wann wir wollen
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Lana und Lennard sind Geschwister. Als Lennard aus der Schule eine gebastelte Krone mitbringt, erweist sich die als besondere Überraschung: Denn immer, wenn Lennard sie trägt, hat er die besten Ideen. ...

Lana und Lennard sind Geschwister. Als Lennard aus der Schule eine gebastelte Krone mitbringt, erweist sich die als besondere Überraschung: Denn immer, wenn Lennard sie trägt, hat er die besten Ideen. Dann gibt es Sommer im nasskalten Herbst, einen streng geheimen Schneemann bei der schimpfenden Nachbarin im Garten, eine überraschende Tortenschlacht und noch viel mehr… Langeweile hat da keine Chance.

Schon das Cover macht Lust auf die Streiche von Lana und ihrem großen Bruder Lennard mit der Krone auf dem Kopf. Der Krone entsprechend gibt es zehn Edelstein-Geschichten, die mal mehr, mal weniger gefährlich geraten, aber immer einen guten Ausgang haben, sogar das Feuerwerk im Kinderschrank bleibt letztendlich harmlos. Witzig sind die Geschichten allemal, meine Kinder und ich haben immer wieder losgeprustet vor Lachen. Allerdings nicht so ganz realistisch ist, dass manche Geschichten auch gefährlich zum Nachmachen wären – hier musste ich anschließend mit meinen Kindern die Geschichte aufarbeiten, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Das ist für mich auch das größte Manko an diesem Buch, denn die Grenzen, die Eltern setzen (müssen), werden in Kinderaugen doch auch ganz schön in Frage gestellt – unkommentiert. Deshalb sollten nur größere Kinder das Buch ohne Elternteil lesen, bei jüngeren Kindern empfiehlt sich eine Vorleserunde, um anschließend über die Streiche ins Gespräch zu kommen und zu relativieren, was ansonsten zu einer gefährlichen Nachahmung geraten könnte.

Das Buch lässt sich sehr schön vorlesen, auch als Erwachsener hat man seinen Spaß dabei. Allerdings kann ich das Buch nur bedingt empfehlen (s.o.), deshalb kann ich nur knappe vier Sterne verteilen.

Veröffentlicht am 22.02.2018

Kind zwischen zwei Familien

Sie wollte nicht Mama sagen
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Die kleine Michaela wird gleich nach der Geburt zu einer Pflegefamilie gegeben. Als die Mutter sie später wieder in die leibliche Familie holen kann, ist das Kind unglücklich, und kurz danach landet es ...

Die kleine Michaela wird gleich nach der Geburt zu einer Pflegefamilie gegeben. Als die Mutter sie später wieder in die leibliche Familie holen kann, ist das Kind unglücklich, und kurz danach landet es mit schwersten Verletzungen im Krankenhaus. Michaela erlebt erneut eine glückliche Zeit in der Pflegefamilie, doch sie wird nach einigen Jahren wieder in die leibliche Familie zurückkehren müssen. Ihr Leben ist geprägt von der Sehnsucht nach der Zeit in der Pflegefamilie, was sie später umso mehr verdrängen muss.

Die Autorin Sylvia Maria Zöschg beschreibt das fiktive Leben eines Pflegekindes in Südtirol in den 1970er Jahren. Ihre Michaela muss sich damit zurechtfinden, dass sie am liebsten in ihrer Pflegefamilie leben würde, doch das ist nicht möglich. Die leibliche Mutter kann ihr nie die Liebe geben, die das Kind benötigt. Michaelas Geschichte ist deshalb sehr leidvoll, das spürt man von den ersten Seiten an. Sehr gut dargestellt und äußerst informativ ist auch die Arbeit der Sozialassistenten in der Anfangszeit.

Schade finde ich, dass der Klappentext nicht auf die Zeit hinweist, in der die Erzählung spielt. Zudem fehlt mir bei den Charakteren die Tiefe, selbst bei Michaela erlebe ich vieles nur angedeutet. So hat das Buch einiges an Potential verschenkt. Wegen der Wichtigkeit des Themas vergebe ich dennoch vier von fünf Punkten.

Veröffentlicht am 15.02.2018

Hardy Engel im Sündenpfuhl Hollywood

Der Mann, der nicht mitspielt
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Hardy Engel arbeitet in Hollywood, am liebsten als Schauspieler, zur Not auch als Privatdetektiv. So ereilt ihn der Auftrag der schönen Pepper Murphy, das verschwundene Starlet Virginia Rappe zu finden. ...

Hardy Engel arbeitet in Hollywood, am liebsten als Schauspieler, zur Not auch als Privatdetektiv. So ereilt ihn der Auftrag der schönen Pepper Murphy, das verschwundene Starlet Virginia Rappe zu finden. Im Sündenpfuhl Hollywood in den 1920er Jahren findet er sie schneller, als er das zunächst dachte – doch als sie kurz darauf stirbt, ahnt er, dass hier einiges vertuscht werden soll. Er lässt sich von seinen Ermittlungen nicht abbringen, selbst als er ins Visier der Polizei gerät – und später sogar in höchste Gefahr für sein Leben…

Mit Hardy Engel hat der Autor Christof Weigold einen Detektiv der alten Schule entworfen, der sich gentlemanlike präsentiert und dafür auch schon mal Prügel einstecken muss. Ständig pleite oder kurz davor, muss er sich überlegen, wo sein Geld herkommen soll – und wie er dabei auch noch ehrenhaft bleiben soll. Denn gerade im Sündenpfuhl Hollywood scheinen viele sich manches zu erlauben können. Das Sittenbild des Filmgeschäfts in den Roaring Twenties ist sehr gut gelungen, sehr schnell findet der Leser in die damalige Zeit hinein. Mit seinen gut 600 Seiten ist das Buch allerdings zu einem dicken Schmöker geraten, der meiner Meinung nach an vielen Stellen hätte gekürzt werden können. Sehr lange scheint es unklar, wer denn nun der Täter ist, und der Autor hat einige verblüffende Wendungen eingebaut, so dass die Lösung erst kurz vor dem Schluss wirklich aufgedeckt wird. Gewürzt wird die Geschichte mit einem ganz besonderen Humor, wenn der Detektiv „Engel“ im „Sündenbabel“ Hollywood tätig wird, wenn „Virginia“ eine Schauspielerin ist, die sich jedem an den Hals wirft…Schon allein der Titel kann überraschend mehrdeutig gelesen werden. Chapeau für diesen Sprachwitz!

Wer einen Krimi wie einen alten Schwarz-Weiß-Film lesen möchte, mit einem gut recherchierten Hintergrund und einer spannend konstruierten Geschichte, wird hier gut bedient sein. Allerdings muss er dafür auch ein bisschen Sitzfleisch mitbringen… Von mir deshalb vier von fünf Sternen.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Schier unglaublich

Der Serienkiller, der keiner war
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Als Sture Bergwall 1991 in die geschlossene psychiatrische Einrichtung Säter eingewiesen wird, deutet noch nichts darauf hin, dass er vom homosexuellen Kleinkriminellen und Drogenabhängigen zum angeblich ...

Als Sture Bergwall 1991 in die geschlossene psychiatrische Einrichtung Säter eingewiesen wird, deutet noch nichts darauf hin, dass er vom homosexuellen Kleinkriminellen und Drogenabhängigen zum angeblich größten Serienkiller Schwedens aufsteigen wird. Er gesteht 39 Morde, wird wegen acht davon verurteilt – bis sich herausstellt, dass alle seine Geständnisse frei erfunden waren. Dass es dazu kommen konnte, ist einer ganz besonderen Mischung der Gegebenheiten zu verdanken: seiner Medikamentensucht, seinem Wunsch nach Aufmerksamkeit sowie dem Einfluss einer Therapeutin und dem Therapeutenzirkel um sie herum. Der Journalist Dan Josefsson deckt eine schier unglaubliche Geschichte auf, wie sie kein Autor besser ersinnen könnte.

Herausgekommen ist dabei ein dicker Schmöker, der akribisch recherchiert ist und sehr detailliert berichtet über die Geschichte eines Serienkillers, der gar keiner war. Dan Josefsson geht den Motiven der Beteiligten auf den Grund und deckt auf, warum jahrelang keiner erkannte, dass an den Bekenntnissen des Patienten kein Körnchen Wahrheit war. Als Sachbuch ist die Erzählung äußerst spannend geraten, dem Autor gelingt es, das Geschehen so aufzubereiten, dass es auch für den unbedarften Leser gut zu verstehen ist. Allerdings gerät manche der Ausführungen doch etwas weitschweifig, hier hätte man manches straffen können.

Als Sachbuch ist die Geschichte sicher nicht jedermanns Sache, aber wer Interesse an einem gut recherchierten und aufbereiteten Justizskandal hat, wird mit diesem Buch sicher eine spannende Lektüre vorfinden.