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Veröffentlicht am 12.05.2020

Wendungsreich mit tiefschichtigen Charakteren

Ein Tod ist nicht genug
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Ich bin seit ich "Die Gerechte" gelesen habe, ein riesengroßer Fan von Peter Swanson. Da ich immer Ausschau nach meinen Lieblingsautoren halte, fiel mir „Ein Tod ist nicht genug“ also frühzeitig ins Auge ...

Ich bin seit ich "Die Gerechte" gelesen habe, ein riesengroßer Fan von Peter Swanson. Da ich immer Ausschau nach meinen Lieblingsautoren halte, fiel mir „Ein Tod ist nicht genug“ also frühzeitig ins Auge und ich habe direkt auf die Veröffentlichung hin gefiebert.

Bezüglich des Inhalts möchte ich natürlich nicht zu viel verraten: Harry Ackerson ist wahrlich geschockt als er vom Tod seines Vaters erfährt. Er soll auf einem Spaziergang über die Steilküste von den Klippen gestürzt sein. Harry hat direkt ein mulmiges Gefühl dabei. Sein Vater kannte diesen Weg in- und auswendig. Nie wäre er einfach so gefallen. Aber Harry kann sich auch nicht vorstellen, dass sein Vater Feinde hatte, die ihm das angetan haben. Aber wie konnte er dann nur stürzen? Könnte seine Stiefmutter Alice mit dem Tod ihres Mannes etwas zu tun haben? Und wer ist die mysteriöse Fremde, die er auf der Beerdigung seines Vaters gesehen hat?

„Ein Tod ist nicht genug“ wird in zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt: Jetzt und früher. Während wir im Jetzt überwiegend Harry begleiten, erfahren wir in der Vergangenheit viel über andere Figuren, die für die Geschichte von Bedeutung sind. Hat mich das am Anfang noch gelangweilt, so konnte ich nach ca. 100 Seiten kaum genug von den „früher“-Kapiteln bekommen. Gerade Alice fand ich so interessant, dass ich einfach immer mehr über sie wissen wollte.

Und da sind wir auch schon bei der größten Stärke des Buchs: Die Figurenzeichnung ist Peter Swanson auch hier wieder fantastisch gelungen. Die Figuren sind weder schwarz noch weiß, sie sind authentisch und vielschichtig. Das gefiel mir bereits bei „Die Gerechte“ unheimlich gut. Das trifft in meinen Augen hier auf alle Figuren zu, außer auf Harry. Mit der Hauptfigur wurde ich nicht wirklich warm.

Durch die vielschichtigen und spannenden Charaktere kam es während des Lesens auch immer wieder zu kleineren Twists und Überraschungen, die mich gut unterhalten haben. Das große Twist-Feuerwerk hat der Autor aber erst am Ende des Buchs explodieren lassen! Einige dieser Wendungen habe ich mir bereits gedacht (oder erhofft), aber ein paar davon haben mich richtig kalt erwischt. Große Klasse!

Natürlich gab es auch Dinge, die mich etwas störten: Zum Beispiel fand ich es unglaubhaft, dass sich Harry nach dem überraschenden Tod seines Vaters auf verschiedene Frauen einlässt. Aber wie oben schon erwähnt, mit Harry wurde ich eh nicht warm. Er wirkte für mich, wie das notwendige Werkzeug des Autors, um alle Figuren und Handlungsstränge zu verknüpfen. Dabei blieb er aber etwas auf der Strecke. Das konnte der Spannung aber (für mich) keinen Abbruch tun!

Alles in allem hat sich „Ein Tod ist nicht genug“ unfassbar schnell und gut gelesen. Die unberechenbaren Charaktere machten es für mich spannend und ich fühlte mich sehr gut unterhalten, als ich ihnen auf die Schliche kommen wollte – was ich trotz großer Anstrengung nicht immer geschafft habe. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für alle, die einen ausgeklügelten Plot mit überraschenden, schockierenden Twists mögen; die sich nicht zu schnell von vermeintlichen Längen den Lesespaß nehmen lassen und die nicht immer Sympathie zu den Figuren aufbauen müssen, um eine Story zu mögen. 

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Veröffentlicht am 05.02.2020

Temporeich, spannend, neu

Leichenbraut
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Ich habe in meinem Leben schon recht viele Krimis und Thriller gelesen. Mittlerweile habe ich immer mehr das Gefühl, dass ich vor allem bei Büchern, die die Ermittler mit einbeziehen oder in den Vordergrund ...

Ich habe in meinem Leben schon recht viele Krimis und Thriller gelesen. Mittlerweile habe ich immer mehr das Gefühl, dass ich vor allem bei Büchern, die die Ermittler mit einbeziehen oder in den Vordergrund stellen, übersättigt bin. Ich merke es daran, dass mich meistens die Klappentexte gar nicht mehr neugierig machen oder dass mich die Stories selten vollends packen können. Aber hiervon war ich komplett begeistert!

Sage Dawkins hat es mir mit ihrer "Leichenbraut" wirklich richtig angetan. Durch einen neutralen Erzähler wird man als Leser/in durch das Buch geführt. Ach was... geführt stimmt nicht - eher gepeitscht. Ständig stehen andere Personen im Fokus: Opfer, Täter, Ermittler und andere unmittelbar Beteiligte geben sich kapitelweise "die Klinke in die Hand". Besonders gefiel mir dabei, dass es immer sehr kurze Kapitel waren und so einfach keiner der Hanlungsstränge ermüdend werden konnte. Ich gebe zu, es war anfangs etwas schwierig die Namen und Konstellationen aller Figuren im Hinterkopf zu behalten. Es ist aber auch gut möglich, dass das nur daran lag, da ich beim Lesen oft unterbrechen musste.

Kurz zum Inhalt: Durch einen Erdrutsch wird ein Grab beschädigt. Die Arbeiter denken, sie sehen nicht recht, als sie zwei Leichen im Sarg des beschädigten Grabes entdecken. Der eigentliche Tote und auf ihm eine Frau im Brautkleid, die vermutlich lebendig begraben wurde. Ganz besonders spektakulär wird es, als sich herausstellt, dass es nicht das einzige Grab in Großbritannien ist, dass eine Leichenbraut beherbergt: Ein Fall für Stephen Langs neues Team.

Zitat eBook-Seite 59: "Sieht aus, als hätten wir die Arschkarte gezogen! Wir sind die verhassten Streber. Alle werden die Daumen drücken, dass wir auf die Fresse fallen, und einige werden, wenn sie können, nachhelfen."

"Leichenbraut" ist das zweite Buch um Ermittler-Chef Stephen Lang und sein Team. Ich habe den ersten Teil "Dunkle Ufer" nicht gelesen, werde das aber nach diesem Werk auf jeden Fall nachholen. Der Geschichte konnte ich trotzdem sehr gut folgen. Spoiler auf den ersten Fall gab es keine. Die kleinen Rückblicke zum ersten Buch waren gut eingearbeitet. Somit ist das Buch wunderbar für jedermann geeignet - Leser/innen mit und ohne Vorkenntnisse.

Das Buch fängt mit einer sehr heftigen Sexszene an. Kurz danach wird es direkt sehr unheimlich - Spannung und Adrenalin ist in diesem Thriller einfach von Anfang an gegeben. Holla die Waldfee.

Wie immer fand ich die Täterperspektive ganz besonders interessant. Sage Dawkins hat die Passagen hierzu auch wunderbar packend und authentisch geschrieben.

eBook-Seite 79 - "Dann spazierte er hinaus, lässt nichts Mitgebrachtes zurück. Bis auf die Frau."

Am Ende überschlugen sich die Ereignisse einfach nur noch und die Kapitel wurden immer kürzer und kürzer, alle Handlungsstränge liefen zusammen. Genau mein Geschmack! Der Fall selber war äußerst spannend und ich habe vor lauter Schauplatz-Wechseln gar keine richtige Täter-Theorie aufgebaut. Normalerweise hat man ja recht schnell seinen "Lieblingsverdächtigen". Ich hatte auch einen. Leider habe ich den wahren Täter weit verfehlt, obwohl mir im Nachhinein auffiel, dass es schon einige Hinweise gab, die mich hätten stutzen lassen können.

Euch erwartet beim Lesen:

Ein sehr temporeiches, spannendes, kurzweiliges Buch mit einem ungewöhnlichen Plot, der nicht bereits mehrere hunderte Male da gewesen ist.

Ein sympathisches Ermittler-Team, was neu zusammen gewürfelt wurde und trotzdem schon toll funktioniert. (Leider jedoch gab es nicht für jede Figur kompletten Tiefgang.)

Ein Täter, der mir fast leid tat und mit dem ich sogar leicht sympathisierte.

Eine schwarze Witwe, die der Story etwas Unberechenbares verlieh.

Alles in allem ein toller Thriller für Menschen, die es auch nicht stört, wenn Sex, Gewalt und Ekel in Büchern eine gewisse Rolle spielen. Leser/innen, die nur die psychologische Komponente mögen, könnten hier an der einen oder anderen Stelle überfordert sein. Ich persönlich mochte das Buch unglaublich gern - ich gebe einen halben Stern Abzug, weil das Mini-Mini-i-Tüpfelchen in Form der vollständigen Figurentiefe noch etwas fehlte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich denke, dass es für Stephen Lang und sein Team sicher weitergehen wird.

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Veröffentlicht am 27.01.2020

Gelungener Auftakt!

Falling Skye (Bd. 1)
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„Falling Skye – Kannst du deinem Verstand trauen?“ ist der Debütroman von Lina Frisch und ich bin jetzt schon sehr gespannt, was sich die junge Autorin für uns im zweiten Teil der Reihe ausdenken wird. ...

„Falling Skye – Kannst du deinem Verstand trauen?“ ist der Debütroman von Lina Frisch und ich bin jetzt schon sehr gespannt, was sich die junge Autorin für uns im zweiten Teil der Reihe ausdenken wird. Wer realistische Dystopien mit jugendlichen Charakteren und einer angespannten Atmosphäre mag, sollte unbedingt weiterlesen.

Nach einer katastrophalen Fehlentscheidung hat sich in den Vereinigten Staaten von Amerika viel geändert. Die Kristallisierung hat begonnen und so sind die USA zu den „Gläsernen Nationen“ geworden. Hier werden die Menschen nun in zwei verschiedene Traits unterteilt. Es gibt die Emotionalen und die Rationalen. Diese Klassifizierung soll als Schutz vor weiteren Fehlentscheidungen dienen. Emotionale dürfen fortan nur gewisse Berufsfelder ergreifen, die beispielsweise im Sozialwesen liegen. Ärzte, Anwälte und Politiker sind nur noch für Rationale ergreifbare Berufe. Selbst bereits praktizierende Ärzte, bei denen festgestellt wird, dass sie emotional sind, müssen ihren Beruf aufgeben. Hierfür wurde sogar eine eigene Art Arbeitslosengeld geschaffen, das sich E-Care nennt. Die Regierung der Gläsernen Nationen macht den Menschen glaubhaft deutlich, dass es nur durch die Unterscheidung in Traits möglich sei, die Stärken und Schwächen eines jeden Bürgers für das Gemeinwohl zu nutzen. Mit 18 Jahren erfolgt die Testung der Jugendlichen und somit auch die Bestimmung über ihr weiteres Leben. Doch plötzlich werden auch alle 16-Jährigen zur Testung einberufen. Mitten unter ihnen Skye, die sich nichts sehnlicher wünscht als mit ihrem besten Freund Elias an der Cremonte Universität zu studieren - eine Universität, die nur für Rationale zugelassen ist. Sie ist vor der vorgezogenen Testung besonders aufgeregt. Will sie doch ihren Vater, der bei der Regierung arbeitet, auf keinen Fall enttäuschen und als Rationale eingestuft werden. Immerhin ist ihr Vater auch der einzige Elternteil, der ihr geblieben ist. Ihre Mutter hat die Familie vor vier Jahren ohne ein Wort des Abschieds verlassen und kam nicht mehr zurück.

Mehr zum Inhalt, möchte ich erst einmal nicht verraten, denn schon befindet man sich als Leser/in mitten in diesem dystopischen Roman und begleitet Skye auf ihrem Weg zum Athene-Zentrum, in dem die Testung stattfinden wird. Trotz der angespannten Stimmung Skyes kommt man sich vor als säße man im Zug auf dem Weg nach Hogwarts und wird gleich unter den sprechenden Hut gesetzt. Ich war sofort Feuer und Flamme und auf den Fortgang der Geschichte, auf das Athene-Zentrum und auf die Tests gespannt.

Ein mysteriöser Unbekannter, der den Auftrag hat, Skye auf jeden Fall zum rationalen Trait zu verhelfen, bringt ebenfalls direkt zu Beginn Spannung in die Ereignisse. Er schafft es sich als Testleiter Alexander auszugeben und gibt sich fortan größte Mühe Skye´s emotionale Fehltritte zu vertuschen. Man erfährt nicht viel über ihn und seine Beweggründe und doch war er mir von Anfang an sympathisch. Zum Großteil erlebt man die Geschichte aus Sicht von Skye, es gibt jedoch auch immer kurze Einblicke aus der Sicht des Unbekannten. Der Schreibstil der Autorin gefiel mir dabei sehr gut, er passte hervorragend zum Buch und transportierte die Gefühle der Charaktere jederzeit.

Im Athene-Zentrum angekommen, häufen sich direkt Neuerungen und Ungereimtheiten, die Skye, einige andere Expektanten und Alexander verunsichern. Wieso wurde der Ablauf der Testung verändert? Wieso gibt es plötzlich ein Ranking? Die immer wieder neu auftauchenden Fragen ließen mich neugierig weiterlesen.

Besonders gut gefiel mir an diesem Roman, wie die dystopische Welt der Gläsernen Nationen beschrieben und gestaltet wurde. Es waren viele Kleinigkeiten, die dazu führten, dass ich mir die Umgebung sehr gut vorstellen konnte. Für mich ist die richtige Atmosphäre beim Lesen immer einer der wichtigsten Punkte und bei „Falling Skye“ stimmt sie zu jeder Zeit! Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Charaktere und ihre Authenizität. Die Figuren fand ich interessant gestaltet. Neben Alexander gefiel mir Luce am besten. Sie wirkte sehr authentisch und selbstbewusst. Skye hat mich hin und wieder etwas angestrengt, weil sie manchmal etwas naiv handelte. Für mich ist das jedoch kein Kritikpunkt – Teenies dürfen sich in Büchern wie Teenies benehmen. Dass mich dieses Verhalten irgendwann etwas strapaziert, passiert mir aber in Jugendbüchern (und in der Realtiät) öfter. Ich werde halt alt.

Der Plot brachte immer wieder kleine Wendungen oder auch Schockmomente hervor, die mich überrascht haben und zum zügigen Weiterlesen animierten. Ganz besonders spannend und wendungsreich empfand ich die letzten 100 Seiten. Auch das Ende gefiel mir ausgesprochen gut und macht unheimlich neugierig auf die Fortsetzung.

Ein kleiner Kritikpunkt hat sich aber beim Lesen doch eingeschlichen. Ich fand es etwas unglaubwürdig, dass es dem mysteriösen Unbekannten so einfach gelungen ist, sich als Testleiter in das Athene-Zentrum zu schmuggeln, wo doch die Testungen großer Geheimhaltung unterliegen. Es muss doch Fotos des richtigen Testleiters gegeben haben oder Vorstellungsgespräche? Auch dass der falsche Alexander es regelmäßig schafft, Systemdaten zu löschen oder –abstürze herbeizuführen um Skye zu helfen oder unbeobachtet mit ihr sprechen zu können, bemerkt niemand. Das kann ich mir beim Stand der Technik einfach nicht vorstellen.

Insgesamt handelt es sich bei „Falling Skye“ jedoch um einen gelungenen dystopischen Roman, der mich wirklich fesseln konnte. Es ist für jeden etwas dabei – Science Fiction, Action, Drama, Emotion! Ein tolles Debüt! Für Fans des Genre absolut eine Investition wert.

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Veröffentlicht am 16.10.2019

Unterhaltsam

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«
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»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«

Zwei Theaterstücke

Dieses kleine Büchlein fällt in die Kategorie „total anders“ und wie einige wissen, mag ich das ...

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen«

Zwei Theaterstücke

Dieses kleine Büchlein fällt in die Kategorie „total anders“ und wie einige wissen, mag ich das mittlerweile ziemlich gern. Das Cover der beiden Theaterstücke ist eher unscheinbar und hätte mich nicht unbedingt zum Kauf animiert. Man sollte sich aber vom Äußeren nicht täuschen lassen. Diese beide Theaterstücke haben ziemlich viel zu erzählen – ganz besonders natürlich die Hauptfigur des ersten Stücks Hans Fredenbeck.

In diesem melodramatischen Monolog begegnet man der Frage nach dem Sinn des Lebens. Man wird jedoch außerdem in ein großes Wirrwarr aus Aktenzeichnen und Dienstvorschriften verstrickt. Ich selber arbeite im öffentlichen Dienst und kann den Wahnsinn, den Martin Schörle beschreibt, nur allzu gut nachempfinden. Ungelogen – die Beschreibung von Fredenbek passt zu 90 Prozent mindestens auf einen meiner Kollegen. Während sich Fredenbek über Sinnhaftigkeit diverser Büromaterialien und seines Büroalltags im Allgemeinen ergießt, streut Martin Schörle lauter witzige Formulierungen ein, die mir beim Lesen großen Spaß bereitet haben. Zum Beispiel „entziehen sich Radiergummi einfach ihrer zweckentsprechenden Verwendung. Fehlte ja nur noch, dass sie sich gewerkschaftlich organisieren“. Spontanität will bei dem Beamten außerdem gut überlegt sein. Mein absoluter Favorit jedoch war eine Bezeichnung für Kollegen oder auch Vorgesetzte, die über ein Studium verfügen und sich nie auf etwas festlegen wollen, wenn sie um einen Einschätzug gebeten werden. Diese Personen nennt Fredenbek (bzw. Martin Schörle) „Jenachdemiker“. Da habe ich echt herzlich gelacht.

Das zweite Stück würde ich als Kammerspiel werten. Hier ruft der ehemalige Klassenkamerad Carsten bei Marina an, um diese zum Klassentreffen einzuladen. Nach und nach erfährt man zu beiden etwas mehr, u.a. waren sie wohl zu Schulzeiten ein Liebespaar. Marina ist eine sehr traurige Figur und denkt ihre „Liebe sei zerstörerisch“. Nach und nach schüttet sie Carsten jedoch ihr Herz aus, obwohl sie sich gerade im Zug befindet. Trotzdem kann man eine gewisse Verbitterung in ihren Worten spüren. Das Stück regt aus meiner Sicht noch mehr zum Nachdenken an, als Fredenbek es tut. Thematisiert werden hier in kürzester Zeit sehr ernste Themen: gescheiterte Beziehungen, ein versagter Kinderwunsch, ein Todesfall in der Familie. Trotz allem gibt es auch hier witzige Momente. Mein Lieblingsausdruck war „menstruell überreizte Krawallnudel“.

*

Der Autor spielt mit der Sprache und zeigt sich äußerst wortgewandt. Trotz der Verschiedenartigkeit überzeugten mich beide Stücke. Ein kurzweiliger Lesespaß für Theater-Begeisterte mit einer Prise Humor. Man muss jedoch beachten, dass es sich trotz allem nicht um leichte Kost handelt. Fredenbeks verschachtelte Sätze liest man nicht „mal“ nebenbei. Mich hat es nicht gestört, da es sich „nur“ um Theaterstücke handelte und die Handlung nicht mehrere hundert Seiten umfasste. Im Gegenteil – in meinen Augen hat der Autor damit bewiesen was er kann. Einen kleinen Abzug gebe ich, da die Emotionen nicht immer bei mir ankamen. Ich empfehle das Buch trotzdem sehr gern weiter.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Düster und dramatisch!

In Gestalt eines Anderen
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Das Cover und der Klappentext haben mich direkt gefangen genommen! So treffend zum Buch, geheimnisvoll und düster: Absolut perfekt! „In Gestalt eines Anderen“ ist nach „Das Leben, das wir begraben“ mein ...

Das Cover und der Klappentext haben mich direkt gefangen genommen! So treffend zum Buch, geheimnisvoll und düster: Absolut perfekt! „In Gestalt eines Anderen“ ist nach „Das Leben, das wir begraben“ mein zweites Buch von Allen Eskens. Direkt zu Anfang sei gesagt, dass ich wieder sehr gut unterhalten wurde, obwohl die Bücher in meinen Augen keinesfalls miteinander vergleichbar sind.



Die Suche nach der Identität eines Mannes namens James Putnam.
Wer war James Putnam? Die Beantwortung dieser Frage ist für Detective Alexander Rupert die letzte Hoffnung, sein verkorkstes Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Doch dieser verwirrende Fall von Identitätsdiebstahl explodiert regelrecht, als Alexander auf die Spur von Drago Basta stößt. Basta ist ein im Balkankrieg ausgebildeter Attentäter und seit Jahren auf der Suche nach »James Putnam«.
Und plötzlich ist Alexander in ein Blutbad verwickelt, das er selbst ausgelöst hat …



Zum Inhalt mag ich gar nicht viel mehr verraten. Der Hauptakteur, Detective Alexander Rupert hat auch schon einmal bessere Tage erlebt. Seine Karriere und seine Ehe scheinen gerade synchron den Bach herunterzugehen und so kommt ihm dieser mysteriöse Fall von Identitätsdiebstahl gerade recht, hat er doch die Hoffnung sein ramponiertes Image so wieder aufzupolieren und dadurch eventuell auch seine Ehe zu retten.

Alexander ist ein schwieriger Protagonist. Ich tat mich unheimlich schwer damit ihn einzuschätzen. Als ich mich festgelegt hatte, präsentierte er dann doch eine unerwartete Seite und dann noch eine. Im Gegenteil zu Alexander mochte ich dessen Bruder Max Rupert auf Anhieb, obwohl man nicht sehr viel über ihn erfuhr. Allerdings hat auch Max Handeln mich im Verlauf der Geschichte überrascht. Ich find es grandios, wie facettenreich Allen Eskens Alexander und seinen Bruder Max gezeichnet hat. Es gibt eben nicht nur schwarz und weiß im Leben: Es gibt auch jede Menge Grauschattierungen.

Die Ambivalenz der Figuren gibt dem Buch einen Großteil der unterschwelligen Spannung und Dramatik. Eskens schreibt bildlich, flüssig, knapp, kalt - jeweils zur Situation passend. Die Atmosphäre im Buch glich einem Agenten- oder Spionagethriller und hat mich vollkommen abgeholt. Der Autor setzte immer wieder gekonnt Cliffhanger am Ende der Kapitel. Mir gefiel, dass Eskens nicht mehr Privatleben als nötig in den Roman eingebaut hat und den Fokus eher auf die Ermittlungen und Drago Basta legte.

Basta war ein unheimlich guter Bösewicht – eiskalt, effizient, clever. Durch Einblicke in seine Vergangenheit wurde er authentisch als der skrupellose, perfekte Killer dargestellt, der er über Jahre hinweg geworden ist. Eigentlich müsste man eher sagen, dass das Leben aus ihm diesen Attentäter gemacht hat. Allein die Darstellung von Basta ist dem Autor hervorragend gelungen. Dieser Antagonist und dessen Werdegang rief so viel unterschiedliche Emotionen in mir auf, dass ich immer wieder über das Buch nachdachte.



Fazit:

„In Gestalt eines Anderen“ war nicht vergleichbar mit „Das Leben, das wir begraben“ – der Stil war düsterer, die Polizeiarbeit nahm den Großteil der Geschichte ein, es gab wesentlich mehr Action.

Das Buch war unterhaltsam, es gab kleinere Wendungen, die jedoch nicht immer total überraschend kamen. Mir fehlte hier noch eine kleine Prise Wow-Effekt, ein größerer Twist. Aber das ist meckern auf hohem Niveau. Die Geschichte war nämlich auf einer anderen Ebene trotzdem einnehmend und überraschend. Der Identitätsdiebstahl war nur ein kleines Puzzleteil in einem großen Ganzen. Es dreht sich viel mehr um die menschliche Psyche, um Dunkelheit, Einsamkeit, Intrigen, Skrupellosigkeit - im Mittelpunkt eine tragische Hauptfigur, zu der man im Zwiespalt steht und für die man doch hofft.

Das Ende gefiel mir unheimlich gut! Action, Tote, überraschende Handlungen… und ein Happy End (oder doch nicht?).

Ein toller Thriller, der nicht nur mit den Figuren, sondern auch mit der Psyche der Leser/innen spielt!