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Veröffentlicht am 15.03.2024

Heiß diskutiert

Yellowface
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Ich habe R.F. Kuang durch "Babel" kennengelernt, ein historischer, dark acadamia , Fantasyroman. Yellowface ist wohl so ziemlich das Gegenteil, außer dass es wieder um eine "geschlossene Gesellschaft" ...

Ich habe R.F. Kuang durch "Babel" kennengelernt, ein historischer, dark acadamia , Fantasyroman. Yellowface ist wohl so ziemlich das Gegenteil, außer dass es wieder um eine "geschlossene Gesellschaft" von oft hochnäsigen Personen geht, dieses Mal eben Autor:innen.
Oft habe ich das Problem, dass die Romane von Autor:innen austauschbar sind, dass sie eigentlich immer ein Muster verwenden und nur neue Farben zum Ausmalen nutzen. Doch nicht bei R.F. Kuang, sie schafft es nicht nur, komplett neue und einzigartige Charaktere zu kreieren, sie schafft es auch, dass ihr Schreibstil zu diesen Charakteren, der Zeit, in der das Buch spielt und dem Thema passt. June Hayward ist eine junge Autorin in unserer Zeit und dementsprechend ist Yellowface modern geschrieben. Zu keiner Zeit wirkt June künstlich oder falsch, zumindest sprachlich. Es ist zwar ein Stil, an den zumindest ich mich erst mal gewöhnen musste, aber das wichtige: Er hat gepasst! Er liest sich schnell und er ist angenehm.
Inhaltlich war ich in den ersten 3/4 sehr interessiert, ich wollte unbedingt weiterlesen, konnte nicht erwarten, was als nächstes passiert und wie June ihren Kopf dieses Mal aus der Schlinge zieht. Am Ende wurde es jedoch zu kompliziert. Zu viele Ansätze, die sich miteinander vermischt haben und nicht richtig auserzählt wurden, mischen sich zu einem Gewirr, dass man kaum noch lösen kann.
June mag ein Charakter sein, der von Anfang an nicht vertrauenswürdig und unsympathisch ist, aber sie ist eine Protagonistin, die "funktioniert". Dieser Roman braucht June, so wie sie ist. Ab und zu klappt es eben, auch wenn die Ich-Erzählerin nicht gemocht wird. Das braucht aber ganz viel Fingerfertigkeit der Autorin.
Am Ende bleibt doch ein Gefühl der Unzufriedenheit, etwas das fehlt. Es fühlt sich nicht abgeschlossen an und man denkt sich: "Was ist jetzt Yellowface?"
Großer Pluspunkt: Das Buch spricht sehr viele wichtige Themen in der Verlagswelt an und regt hitzige Diskussionen an. Meine Empfehlung ist deshalb, es nicht alleine zu lesen.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Vielleicht ein bisschen zu viel Emotion

i fell in love with hope
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Bei "i fell in love with hope" von Lancali hat mich schon der Klappentext fasziniert, weshalb ich es unbedingt lesen musste. Es geht um eine Gruppe Jugendlicher, alle von anderen schweren chronischen Krankheiten ...

Bei "i fell in love with hope" von Lancali hat mich schon der Klappentext fasziniert, weshalb ich es unbedingt lesen musste. Es geht um eine Gruppe Jugendlicher, alle von anderen schweren chronischen Krankheiten betroffen, die sich in einem Krankenhaus anfreunden und ihrem Schicksal (zumindest für eine Zeit) entkommen wollen.
Die Leser:innen verfolgen die Geschichten von Neo, C, Hikari und Sony durch die Augen Sams, eine nicht näher beschriebene Erzählerinstanz, die eine innovative Art der Figurengestalt darstellt, worauf ich hier jedoch, ohne zu viel zu verraten, nicht näher eingehen kann. Schnell baut man Sympathien zu den Jugendlichen auf, obwohl man von Anfang an weiß, dass dies vielleicht keine zu Gute ist. Immerhim sprechen wir immer noch von Sony, die nur noch einen Lungenflügel hat und C, Couer, dessen Herz ein baldiges Ablaufdatum hat. Am Ende bleibt eine Geschichte, die nicht großartig überrascht, eine Geschichte, die aber trotzdem schmerzt und das vielleicht zu viel. Irgendwo auf den 400 Seiten habe ich nämlich plötzlich mein Interesse verloren, die Motivation weiterzulesen kam nicht mehr auf und vielleicht lag es auch daran, dass ich unterbewusst wusste, dass ich mich nicht komplett darauf einlassen kann, dass es mein Herz und meine Psyche nicht ertragen würde, all diese Schicksale voll und ganz auf mich einwirken zu lassen. Vielleicht hätten dem Buch der ein oder andere Stich ins Herz der Leser:innen gutgetan.

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Veröffentlicht am 18.05.2023

Ur-Wiener Roman

Das Café ohne Namen
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Die meisten würden wohl sagen, Robert Seethaler erzählt in seinem Roman "Das Café ohne Namen" die Geschichte von Simon. Ich bin jedoch der Meinung, er erzählt uns die Geschichte des Cafés. Nicht nur beginnt ...

Die meisten würden wohl sagen, Robert Seethaler erzählt in seinem Roman "Das Café ohne Namen" die Geschichte von Simon. Ich bin jedoch der Meinung, er erzählt uns die Geschichte des Cafés. Nicht nur beginnt der Roman mit der Idee für das Café. er endet auch mit dessen Schließung. Und dazwischen erfahren wir viele Lebensgeschichten, nicht nur die von Simon. Im Roman fühlt man sich, ähnlich wie die Gäste im Café ohne Namen, schnell zuhause, denn die Belegschaft und die Stammgäste sind wie eine große Familie, in die die Leser:innen eingeladen werden. Alle kennen einander, wissen wann die anderen normalerweise erscheinen und können sich gegenseitig ihre Sorgen erzählen. Das alles bei einem schönen Glas Wein (Gumpoldskirchner). Die etwas andere Wiener Kaffeehauskultur, denn es geht nicht um ein Literatencafé, die Gäste des Cafés ohne Namen werden wohl nicht später weltberühmt sein, sondern sie sind ganz normale Menschen und das Café ist ein Ort, wo sie zusammen kommen können. Das schöne Gefühl, das während des Lesens aufkommt, rührt auch daher, dass es diese Orte in Österreich fast überall gibt.
Seethaler erzählt diese Geschichte trotz ernster Themen mit einer Ruhe, die sonst kaum ei Autor erreicht. Trotzdem möchte man weiterlesen und auch die angesprochenen Themen verlieren nicht an Bedeutung. Seethaler macht auch der Geschichte einfacher Menschen etwas ganz Besonderes!

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Veröffentlicht am 01.09.2022

Schwierig

Die Stimme meiner Schwester
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"Die Stimme meiner Schwester" klang dem Klappentext nach sehr interessant, dazu versprach es, dass die Stimme erhoben wird, gegen die "alte Welt Brasiliens"... Teilweise hat der Roman diese Versprechen ...

"Die Stimme meiner Schwester" klang dem Klappentext nach sehr interessant, dazu versprach es, dass die Stimme erhoben wird, gegen die "alte Welt Brasiliens"... Teilweise hat der Roman diese Versprechen gehalten, an anderen Stellen hätte ich mir mehr erwünscht.
Natürlich kann man an ein Buch, dass aus einer ganz anderen Kultur kommt und auch für diese geschrieben wurde, nicht vergleichen mit Romanen die von Europäer:innen für Europäer:innen geschrieben wurden. Dementsprechend ist es bei diesem Roman wichtig, sich erst einmal auf eine neue Leseerfahrung einzulassen. Trotzdem war der Roman einsteigerfreundlich und meist einfach zu lesen und zu verstehen. Er zeigt den Leserinnen eine neue Welt, ohne dass man sich beim Lesen als "Fremde:r" fühlt. Hier auch ein großes Lob an die Übersetzung!
Der Roman zeigt eine Seite Brasiliens, die vielen Leser
innen vermultich unbekannt war, für mich erschreckend, aber nicht überraschend. Die versprochene Handlung scheint nur Mittel zum Zweck ein Gesellschaftsporträit zu zeichnen und die erhobenen Stimmen wirken leise.

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Veröffentlicht am 18.07.2022

Anstrengender, aber liebenswerter Protagonist

Samson und Nadjeschda
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Andrej Kurkow präsentiert wieder einmal ein interessantes Kapitel der ukrainischen Geschichte. Nach "Graue Bienen" war ich schon sehr auf "Samson und Nadjeschda" gespannt, der neue Roman Kurkows, bei dem ...

Andrej Kurkow präsentiert wieder einmal ein interessantes Kapitel der ukrainischen Geschichte. Nach "Graue Bienen" war ich schon sehr auf "Samson und Nadjeschda" gespannt, der neue Roman Kurkows, bei dem der kürzlich zum Waisen gewordene Samson plötzlich in der neu gegründeten Sowjetunion bei der Miliz angestellt wird.
Die Zeit kurz nach der russischen Revolution und die Unsicherheiten in Kiew werden, wie nicht anders erwartet, von Kurkow sehr eindrucksvoll und realistisch dargestellt. Die Leser*innen können sich gut in die Zeit einfühlen und bekommen einen Einblick in die Geschichte, der sonst kaum möglich wäre.
Ein Problem stellt eher der Protagonist Samson dar: Dieser wirkt oft unbeholfen und kindlich. Das wird auf fast 400 Seiten jedoch irgendwann anstrengend, auch wenn er liebenswert ist. Als Kriminalpolizist wirkt er einfach nicht überzeugend, auch wenn er am Ende den Fall ganz alleine löst und das auf die humanste mögliche Weise. Wäre Samson am Ende nicht so anstrengend zu lesen gewesen, hätte es auch eine bessere Bewertung gegeben und ich hätte überlegt, die Reihe weiterzulesen.

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