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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2021

Verspricht viel und hält wenig

Dark
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Ob „Dark“, der neue Thriller aus der Feder der australischen Autorin Candice Fox , ausgebildet in der Patterson’schen Schreibwerkstatt, den Auftakt einer neuen Reihe bildet, steht noch dahin, ist aber ...

Ob „Dark“, der neue Thriller aus der Feder der australischen Autorin Candice Fox , ausgebildet in der Patterson’schen Schreibwerkstatt, den Auftakt einer neuen Reihe bildet, steht noch dahin, ist aber zu vermuten, denn die englische Ausgabe trägt im Titel den Zusatz „Jessica Sanchez 1“.

Worum geht es? Vier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und alle miteinander auf irgendeine Art verbunden sind: Blair, die Ärztin, die ihre Gefängnisstrafe wegen Totschlag abgesessen hat und nun auf Bewährung ist. Jessica, die Polizistin, die sie damals verhaftete und nun wegen ihrer erwarteten Millionenerbschaft von ihren Kollegen gemobbt wird. Ada, die Gang-Chefin, in Knastkreisen bestens bekannt. Und Sneak, die drogenabhängige Prostituierte und Ex-Zellengenossin von Blair, die auf der Suche nach ihrer spurlos verschwundenen Tochter ist und Hilfe bei Blair sucht. „Zusammen sind sie die einzige Hoffnung eines vermissten Mädchens“, so der Klappentext. Nur dass es ein „zusammen“ nicht wirklich gibt, ein Team nicht zu erkennen ist, weil jede der vier Frauen ihre eigenen Pläne hat.

Nun ja, aus dieser Ausgangslage könnte man eine spannende Story entwickeln, aber Fox vergibt diese Chance, was in erster Linie ihrer distanzierten und emotionslosen Schreibe und einer banalen Handlung geschuldet ist. Daraus entsteht ein langatmiger und konstruiert wirkender „Ja-was-nun?“ ohne Thrillerpotenzial, aufgefüllt mit überflüssigen Details, ohne bemerkenswerte Handlungsfortschritte und mit einem vorhersehbaren Ende. Die Folgebände werde ich mir definitiv nicht antun. Wie dieses Buch auf Platz 1 der Krimibestenliste landen konnte, ist mir ein Rätsel.

Veröffentlicht am 28.10.2020

Es war einmal...

Marigolds Töchter
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Es war einmal ein kleines Dorf in England. Dort lebte Marigold und betrieb den Dorfladen samt angeschlossener Poststelle. Auch sonst hatte sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Dorfbewohner, ...

Es war einmal ein kleines Dorf in England. Dort lebte Marigold und betrieb den Dorfladen samt angeschlossener Poststelle. Auch sonst hatte sie ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Dorfbewohner, half aus, wenn Not am Mann war. Ihre Familie, Mann, Tochter Suze samt Großmutter Nan versorgte sie vorbildlich und ohne zu klagen. Selbst ihre älteste Tochter Daisy, die nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten wieder zurück ins heimische Nest flüchtet, nimmt sie diese mit offenen Armen auf. Das Zusammenleben ist harmonisch, manchmal chaotisch, aber immer von Liebe und Verständnis geprägt. Doch dann ziehen dunkle Wolken am Horizont auf, denn Marigold wird vergesslich, dement, verwechselt Personen oder erkennt manche nicht mehr. Aber dennoch, nichts kann die Harmonie des Zusammenlebens stören.

Jetzt könnte ich ewig so weiter schreiben, z.B. von der talentierten Daisy, die nur den Pinsel in die Hand nehmen muss, um eine erfolgreiche Malerin zu werden. Oder von der erfolgreichen Influencerin Suze, die ein Buch über die Krankheit der Mutter schreibt, das natürlich ein Bestseller wird. Aber nein, hier wäre jedes Wort verschwendet.

Das Thema Altersdemenz ist wichtig, keine Frage. Aber auch in einem Roman sollte man bei der Realität bleiben und nicht in den Kitsch abgleiten. Und dass das möglich ist, haben zahlreiche Autoren bewiesen, unter anderem Arno Geiger mit „Der alte König in seinem Exil“. Also, wenn ihr eine literarische Aufarbeitung dieser Thematik lesen wollt, greift zu diesem Buch.

Veröffentlicht am 07.10.2020

Zu faktenlastig und spannungsarm

Final Control
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Die weltweite Vernetzung, kollabierende Finanzmärkte, Start Ups, digitale Kontrolle und die lückenlose Überwachung der Bürger, das alles sind Themen, die einen dankbaren Hintergrund für einen Politthriller ...

Die weltweite Vernetzung, kollabierende Finanzmärkte, Start Ups, digitale Kontrolle und die lückenlose Überwachung der Bürger, das alles sind Themen, die einen dankbaren Hintergrund für einen Politthriller abgeben. So auch in „Final Control“, und wenn dann noch ein skrupelloser Bösewicht, wie wir ihn aus den James Bond-Filmen kennen, die Finger im Spiel hat, verspricht das eine interessante Lektüre. Leider kann der Autor dieses Versprechen nicht einlösen, zu faktenlastig, zu viele überflüssige Erläuterungen und zu spannungsarm ist diese Story konstruiert.

Worum geht es? Ein App-Entwickler sucht einen Investor für sein Start Up und findet ihn in dem Milliardär Arakis, dessen Motivation er erst dann durchschaut, als es schon fast zu spät ist. Arakis, genau so stellt man sich einen Superschurken vor, der aus dem Hintergrund die Fäden zieht. Zuerst treibt er reihenweise europäische Banken in den Bankrott und sorgt dafür, dass in Europa bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen. Und dann präsentiert er die Lösung in Form einer chinesischen Sicherheitstechnologie.

Digitale Überwachung, es steht außer Frage, dass China ganz vorne mit dabei ist. Aber Etzold bedient hier ganz klar die westliche, von der Atlantikbrücke geprägte „die-Nato-ist-gut-und-China-ist-böse“ Ideologie. Hier hätte ich mir schon differenziertere Aussagen gewünscht. Hat nur noch gefehlt, dass in einem weiteren Handlungsstrang die bösen Russen auftauchen. Und auf die permanenten Erläuterungen und Belehrungen, die immer wieder die Story ausbremsen, hätte ich auch gut verzichten können.

Neben einer Unmenge Wissen von Seiten des Autors bekommen wir hier auch noch einiges an Ideologie präsentiert, was beim kritischen Leser dafür sorgt, dass der Thrill-Faktor auf der Strecke bleibt. Enttäuschend.

Veröffentlicht am 09.07.2020

Unbefriedigende Lektüre

Der Würfelmörder (Ein Fabian-Risk-Krimi 4)
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Eine Information vorweg. Das Buch ist bereits 2019 unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen. Eine Verkaufsstrategie, die mittlerweile bei vielen Verlagen Usus ist, aber (hoffentlich) den Leser verärgert.

Und ...

Eine Information vorweg. Das Buch ist bereits 2019 unter dem Titel „10 Stunden tot“ erschienen. Eine Verkaufsstrategie, die mittlerweile bei vielen Verlagen Usus ist, aber (hoffentlich) den Leser verärgert.

Und auch nachdem man das Buch zuklappt, entpuppt es sich nicht nur deshalb als Mogelpackung. Warum? Die Gründe dafür sind vielfältig, am schwersten wiegt allerdings meiner Meinung nach, dass der Autor die Erwartungen seiner Leser massiv enttäuscht.

Das Team der alkoholkranken Kripochefin Tuvesson ermittelt in verschiedenen Fällen, wobei Fabian Risk, „Starermittler“ und Namensgeber der Reihe, bis in den Spätsommer beurlaubt ist und ansonsten weitestgehend seine eigene Suppe kocht, heißt einem alten Fall nachgeht, wenn er nicht gerade mit seinem deprimierenden Privatleben beschäftigt ist.

Tuvesson hingegen geht in Reha, obwohl die Hütte brennt. Wenn das bei der schwedischen Polizei üblich ist, wundert es mich nicht, dass Anzeigen dort nicht ernst genommen bzw. bearbeitet werden. So geschehen im Fall „Molly“.

Molly wird gestalkt, jemand dringt während sie schläft in ihr Schlafzimmer ein, fotografiert sie und schneidet ihre Ponyfransen ab. Die Polizei quittiert ihre Befürchtungen mit einem Schulterzucken. Wie die Geschichte endet, kann man sich denken, ist ja ein Thriller. Sie wird ermordet, stirbt einen qualvollen Tod.

Ein Flüchtlingskind verschwindet, und die Bereitschaft der Polizei, der Sache nachzugehen, ist auch eher gering. Lediglich Kriminalinspektorin Irene Lilja beharrt darauf, sich darum zu kümmern, und sie hat recht. Das Kind wird in der Waschküche tot aufgefunden. Ein fremdenfeindlicher Übergriff?

Und dann noch besagter Würfelmörder, der seine Opfer nach dem Zufallsprinzip auswählt. In diesem Fall tappt die Polizei komplett im Dunkeln.

Zwei weitere Punkte sind mir während des Lesens sehr unangenehm aufgefallen: Zum einen habe ich mich an der äußerst vulgären Sprache gestört, an Schimpfwörtern, die Frauen gegenüber inflationär gebraucht wurden. Nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern in SMS oder um dem Ärger über eine Kollegin Ausdruck zu verleihen (Beispiel Kim Z.). Zum anderen gibt mir das Frauenbild, das hier transportiert wird, stark zu denken. Egal, wie gut diese Frauen im Job/Alltag sind, in ihren Partnerschaften lassen sie sich klein halten, stehen nicht für sich ein und lassen es sogar zu, dass sie geschlagen werden – ohne sich zu wehren. Das geht überhaupt nicht.

Aber zurück zum Thema. Verschiedene Fälle, verschiedene Handlungsstränge. Jeder für sich eigentlich interessant. Aber was macht der Autor daraus? Sozusagen nichts. Ein einziger Fall wird zweifelsfrei aufgeklärt, nämlich der von Molly. Die anderen harren der Auflösung, und wenn man diese haben möchte, muss man den Nachfolgeband lesen.

Dieses Konzept mag in Fernsehserien funktionieren, für die der Autor in der Vergangenheit Drehbücher geschrieben hat, bei Thrillern/Krimis ist die Erwartungshaltung der Leser eine andere. Wenn ein Autor annähernd 2.500 Seiten braucht (für die gesamte Reihe), um einen schlüssigen Thriller zu schreiben in dem alle Feuer, die er bis dato gezündet hat, gelöscht werden, sollte er es vielleicht mit einem anderen Genre versuchen. Ein Krimi/Thriller verlangt nach einer Auflösung, mehr ist dazu nicht zu sagen. Punkt.

Veröffentlicht am 12.06.2020

Angestaubte Rezepte ohne Raffinesse

Südtiroler Leibgerichte
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Basis des erstmals 1967 erschienenen Kochbuchs ist die Rezeptsammlung von Hanna Perwanger (1904-2001), ehemals Köchin auf dem traditionsreichen Zirmerhof, einem hochpreisigen Berghotel in Radein nahe Bozen, ...

Basis des erstmals 1967 erschienenen Kochbuchs ist die Rezeptsammlung von Hanna Perwanger (1904-2001), ehemals Köchin auf dem traditionsreichen Zirmerhof, einem hochpreisigen Berghotel in Radein nahe Bozen, deutlich vorgestellt/beworben zu Beginn des Buches, was meiner Meinung nach in einem Kochbuch nichts zu suchen hat ,sondern eher in die Tourismusbroschüre des Fremdenverkehrsamts gehört.

Die Gerichte sind allesamt von der bäuerlichen Tradition geprägt. Man verwendet die Zutaten, die vorhanden sind, die man selbst anbaut oder ohne großen Aufwand beschaffen kann. Wenig raffiniert, dafür deftig und absolut nichts für Kalorienzähler. Kohlenhydrate, Fette in Form von Butter und dem allgegenwärtigen Südtiroler Speck sowie Fleisch in allen Variationen dominieren das „Gesottene und Gebratene“. Rind, Schwein und Innereien, ok. Aber wer verwendet heutzutage schon noch Kalbshirn. Kalbslunge und Kalbskopf? Oder tranig schmeckenden Hammel, wenn es Lammfleisch gibt?

Natürlich muss man nicht jeden Trend mitmachen und Tradition hin oder her, ein neu aufgelegtes Kochbuch sollte schon auch die aktuellen Ernährungsgewohnheiten berücksichtigen und überlieferte Rezepte anpassen bzw. entstauben. Ansonsten taugt es lediglich als nostalgisches Regalbuch, das überliefertes Küchenwissen bewahren möchte, im Haushalt aber nicht zum Einsatz kommt. Es gibt zwar auch einige Rezepte, die ohne Fleisch auskommen, aber im Wesentlichen sind das die Beilagen. Gerichte, in denen Gemüse die Hauptrolle spielt, kann man leider an einer Hand abzählen und diese sind eher einfallslos und ohne Raffinesse.