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Veröffentlicht am 21.11.2017

Spannend!

Dunkel Land
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Verena Hofer hat einen neuen Job. Sie zieht mit Adoptivtochter Amelie für drei Monate auf das Gut Wuthenow. Verena wurde engagiert um sich dort um den Neffen der Hausherrin zu kümmern. Erstaunt stellt ...

Verena Hofer hat einen neuen Job. Sie zieht mit Adoptivtochter Amelie für drei Monate auf das Gut Wuthenow. Verena wurde engagiert um sich dort um den Neffen der Hausherrin zu kümmern. Erstaunt stellt sie fest, dass der vermeintliche Junge ein Mann ist. Carl von Wuthenow ist Profiler , wurde angeschossen und leidet unter dem Verlust des Kurzzeitgedächnisses. Als ein junger Mann, der brutal ermordet wurde, gefunden wird, wird er als Berater von der Staatsanwaltschaft hinzugezogen. Und da Verena als seine Assistentin eingestellt wurde, muss sie wohl oder übel bei den Ermittlungen präsent sein. Und erfährt, hört und sieht Dinge, die sie sich nie im Leben vorstellen konnte.

Das Buch beginnt mit einem Gedicht von Theodore Fontane, das immer wieder in der Geschichte eine Rolle spielen wird. Weiter geht es mit dem Prolog, in dem der Täter eine seiner Taten ins Zentrum stellt. Da ahnt man schon, dass dieses Buch ein Wechselbad der Genres sein wird. Umso mehr, als dass nach dem grausigen Prolog eine Szene wie aus einem Rosamunde Pilcher - Film den Leser in völlig ein anderes Genre katapultiert. Meine Neugierde war geweckt, denn so einen Krimi habe ich noch nie gelesen. Man wird also in eine Schlossszene gebeamt, in der von der reichen Hausherrin bis zum holden Schönling es an nichts fehlt.
Einige Szenen weiter …und bamm…man ist wieder mitten drin im Krimi mit einem Leichenfund.
Die, manchmal nur wenige Seiten, langen Kapitel verleiten einen regelrecht dazu, noch ein Kapitel und noch eines zu lesen. Aber auch der spannende Fall, in dem immer mehr junge Männer ermordet werden, hat mich gefesselt. Plötzlich ist man mitten drin in der Stricher Szene, und weg vom beschaulichen Schlossleben!
Trotzdem ist dieser Krimi eher von der weichgespülten Sorte. Und dies meine ich nicht negativ. Brutale Szenen gibt es wenige, bis gar keine, Ich kann mir denken, dass damit auch Leser, die mit Krimis wenig am Hut haben, gut bedient sein werden. Ich habe fleissig mit gerätselt…die Auflösung empfand ich als schlüssig und unvorhersehbar.
Die Figuren, vor allem die beiden Hauptpersonen Carl und Verena, waren mir etwas zu brav und weich gezeichnet. Beiden hätte es gut getan etwas mehr Ecken und Kanten zu haben. Carl hat massive Probleme mit seinem Kurzzeitgedächnis. Wenn er schläft ist die Erinnerung weg. Immer wieder wird erwähnt, dass er sich vor dem Schlafen gehen Notizen macht. Ob das reicht um einen so komplexen Fall zu lösen, sei dahin gestellt.
Der Schreibstil ist leicht und locker, man kommt sehr schnell vorwärts beim Lesen. Ein Logikloch ist mir aufgefallen. Seite 88, als Carl beim Aufwachen Verena nicht erkennt , doch den dort angestellten Colonel schon. Komisch, denn sein ganzes Gedächtnis ist ja über Nacht wie ausgelöscht, da würde er doch rein theoretisch auch die Angestellten nicht mehr erkennen?
Ich empfand den Fall als spannend und werde sicher auch einen nächsten Band rund um das Ermittlerduo lesen.

Veröffentlicht am 08.11.2017

Gesellschaftskritische Story!

Die sieben letzten Tage
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Yang Fei stirbt mit 41 Jahren und befindet sich eine Woche lang am "Ort der Unbegrabenen". Er denkt über sein Leben nach…seine Kindheit, die er als Findling bei seinem liebevollen Ziehvater Yang Jinbiao ...

Yang Fei stirbt mit 41 Jahren und befindet sich eine Woche lang am "Ort der Unbegrabenen". Er denkt über sein Leben nach…seine Kindheit, die er als Findling bei seinem liebevollen Ziehvater Yang Jinbiao verbracht hat, und seine Liebe zu Li Qing. Er trifft aber auch andere Tote, die ebenfalls auf ihr Begräbnis warten und entdeckt dabei, dass nicht immer alles so ist, wie es in der Zeitung steht.

Skurril ist das Wort, das mir spontan eingefallen ist, als ich den Klappentext von diesem Buch las. Diese Geschichte ist ohne Zweifel skurril und man muss sich ohne Vorbehalte darauf einlassen . In dieser Story werden Tote zu Schnäppchenjägern, Skelette sitzen auf dem Boden und spielen "Go" gegeneinander und man schmunzelt doch ab und zu ob all den Kuriositäten vor dem Bestattungsinstitut.
Doch die Geschichte um Yang Fei ist noch viel mehr. In der Provinz Chinas wird er unter speziellen Umständen, die für mich etwas unwahrscheinlich sind, geboren. Und wächst bei seinem Ziehvater auf. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn hat mich tief berührt und zieht sich durch das ganze Buch.
Man findet jedoch auch eine ironische Seite: wie die Bürokratie, die sogar das Sterben diktiert. Gesellschaftskritisch die thematisierte Geburtenregelung und die Staatspolitik Chinas . Ebenfalls die Klassenunterschiede, die sogar noch nach dem Tod im Wartesaal des Todes, wabern. VIP Toter oder Normalsterblicher. Der Sarg und die Beerdigungszeremonie bringt es ans Licht!
Das Buch ist auch Satire…ein Hoch auf die chinesische Arbeitsmoral , Prestigeobjekte und Genauigkeit!
Der Schreibstil ist sehr einfach gehalten. Gerade die Dialoge, sind gefühlsarm und knapp. Seitenweise und dies vor allem in den Erinnerungen fehlt die direkte Rede und so wird die Ich Perspektive Yangs zu einer Erzählung. Trotzdem hat die Geschichte einen unheimlichen Sog, dem ich nicht ausweichen konnte.
Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, mit leisen Untertönen erzählt der Autor eine gesellschaftskritische und unterhaltsame Story!

Veröffentlicht am 06.11.2017

Wunderbare Geschichte!

Und jetzt lass uns tanzen
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Nach 55 gemeinsamen Jahren stirbt Henri, der Mann von Marguerite Delorme. Ihr Sohn macht sich die grössten Sorgen um seine 78 jährige Mutter, war es doch bisher Henri, der das gemeinsame Leben organisiert ...

Nach 55 gemeinsamen Jahren stirbt Henri, der Mann von Marguerite Delorme. Ihr Sohn macht sich die grössten Sorgen um seine 78 jährige Mutter, war es doch bisher Henri, der das gemeinsame Leben organisiert hat. Als Marguerite zur Kur fährt, und dort den etwas jüngeren Marcel kennen lernt, verliebt sie sich und beginnt endlich zu leben. Auch Marcel, der nach dem Unfalltod seiner Frau versucht im Leben wieder Fuss zu fassen, ist fasziniert von Marguerite. Ist das Liebe ?…und kann…darf man sich in dem Alter noch mal verlieben?

Diese Geschichte ist eine, die in mir nachhallen wird. Mit viel Gefühl und ohne Kitsch beschreibt die Autorin eine Liebe, die geprägt ist von Romantik und Selbstbestimmung. Ein Thema, Liebe im Alter, das polarisiert und beschäftigt.
Erst bekommt man als Leser Einblick in die völlig verschiedenen Leben von Marcel und Marguerite. Maguy, wie sie lieber genannt wird, ist gefangen in einer konservativen Ehe mit Henri…dabei nicht einmal unglücklich. Doch...Henri bestimmt, was gegessen und getan wird. Erst, als er stirbt entdeckt Maguy, dass das Leben noch anders sein kann. Gerade diese Symbolik hat mich sehr berührt. Anders Marcel, der in einer sehr liebevollen Partnerbeziehung steht und kurz vor der goldenen Hochzeit , Abschied nehmen muss. Hier hat mich gerade die Tatsache, dass das Leben sich von einer Minute auf die andere, völlig ändern kann, beschäftigt.
Eine weitere Komponente zeigt die Autorin mit viel Sensibilität. Wenn die Sorge der Kinder auf die Lebenslust älterer Menschen trifft. Gerade die Differenz zwischen Maguys Sohn und Marcels Tochter könnte grösser nicht sein. Und zeigt auch, wie verschieden die Einstellung zu Liebe im Alter sein kann.
Der Schreibstil hat mir ausserordentlich gut gefallen. In teilweise abgehackten Sätzen, doch sehr bildhaft und lebendig, weiss die Autorin wie man Leser fesselt. Der französische,wenn auch gehobene, Lebenstil prägt die Geschichte zusätzlich.
Ich fand die Geschichte wunderbar, berührend und fesselnd.

Veröffentlicht am 19.09.2017

Anspruchsvoll!

SOG
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2004 wird in Reykjavik die 8 jährige Vaka Orradottir vermisst und kurz darauf tot aufgefunden. Der Mörder, ein Familienvater, wird verhaftet und inhaftiert. 12 Jahre später,wird eine Zeitkapsel,in der ...

2004 wird in Reykjavik die 8 jährige Vaka Orradottir vermisst und kurz darauf tot aufgefunden. Der Mörder, ein Familienvater, wird verhaftet und inhaftiert. 12 Jahre später,wird eine Zeitkapsel,in der Briefe ehemaliger Schüler versiegelt wurden, gehoben. In dem damaligen Projekt, das mit einer Schulklasse in Amerika durchgeführt wurde, mussten die Schüler aufschreiben, wie sie sich ihr Land, ihre Stadt ,in 10 Jahren vorstellen. Ein Aufsatz fällt aus dem Rahmen, denn er enthält eine Liste mit den Initialen möglicher Todesopfer.Kurz darauf taucht das erste Opfer auf und Kommissar Huldar, der nach dem letzten Fall degradiert wurde, muss sich und seinen Vorgesetzten beweisen , dass er immer noch Leistung erbringt. Wieder führt ihn der neue Fall ins Kinderhaus zu der Psychologin Freyja und gemeinsam machen sie sich an die Aufklärung des Verbrechens, das sie auch zum Fall der 8 jährigen ermordeten Vaka führt.



Dies ist der zweite Fall von Huldar und Freyja und meiner Meinung nach ganz klar eine Fortsetzung, obwohl der Fall in sich abgeschlossen ist . Vor allem die privaten , aber auch beruflichen Probleme von Huldar und Freyja , gehen in "Sog" nahtlos weiter. Ich denke, es ist von Vorteil das erste Buch "DNA" gelesen zu haben, gerade um die Degradierung und die privaten Schwierigkeiten zu verstehen. Immer wieder wird Bezug genommen und ich kann mir nicht vorstellen, dass man folgen kann, wenn man diese Details nicht kennt.

Der Prolog sagt schon einiges aus! Es geht um Kinder und ich kann mir vorstellen, dass es gerade für sensible Leser in der Beziehung zu brutal sein könnte. Der Plot, die Idee der Zeitkapsel ,empfand ich als wahnsinnig einfallsreich und toll. So zieht sich diese Idee auch wie ein roter Faden durch das ganze Buch und entwickelt sich zu einer spannenden Story.

Die Autorin verlangt einiges vom Leser. Die nicht geläufigen Namen, die vielen Personen und ihre Geschichten , die verschiedenen Erzählstränge sind eine Herausforderung und verlangen konzentriertes Lesen. Dies ist definitiv keine Geschichte, die man "nebenher" liest. Als mühsam habe ich empfunden, dass die nicht geläufigen Namen so gewählt wurden,dass sie Ähnlichkeiten aufweisen. Zwei für die Story wichtige Personen heissen zum Beispiel "Pröstur" und "Porvaldur". Schade wurde hier nicht differenzierter gewählt. Dafür ist der Schreibstil klasse und ich mag die Mischung von Ermittlungen und Privatem, die die Autorin gewählt hat. Privates zwischen Huldar und Freyia wird zwar zeitweise etwas ausschweifend und pubertär. Ihr Balz und Liebesgerangel ist dennoch amüsierend. Als etwas nervig empfand ich das Kompetenzgerangel zwischen Huldar und seiner Chefin, die in "DNA" noch eine Kollegin war. Ein guter Thriller, der spannend ist und wohl noch mitreissender, wenn das sortieren der (zu) vielen Figuren nicht wäre.In dem Bereich hätte etwas abgespeckt werden dürfen.

Veröffentlicht am 16.09.2017

Humorvoll und doch tiefgründig!

Ziemlich beste Mütter
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Marie zieht mit ihrem kleinen Sohn Florian von München nach Berlin .Die Einschulung von Flo steht bevor und sie ist gespannt wie sich ihr kleiner Sohn in der Schule zurecht finden wird. Besser als seine ...

Marie zieht mit ihrem kleinen Sohn Florian von München nach Berlin .Die Einschulung von Flo steht bevor und sie ist gespannt wie sich ihr kleiner Sohn in der Schule zurecht finden wird. Besser als seine Mutter,stellt sie schon nach dem ersten Elterngespräch fest, Sie ist fassungslos, denn einige Eltern verwechseln ihre Kinder mit einem Business Masterplan . Zuckerpolizei, Frühförderung und Lehrer , die spuren heisst die Devise. Zum Glück findet Marie gleich drei nette Frauen, die sich der allgemeinen Hysterie nach guten Noten und Frühförderung auch verweigern. Olivia,Alexa und Katrin wollen wie Marie nur eines :glückliche Kinder, die ihr Kindsein ausleben können.

Und da ist da noch der nette Nachbar Jakub, mit Sohn in gleichem Alter, der Marie gefällt. Doch eigentlich liebt sie immer noch ein wenig Constantin, den Vater von Flo. Ach, ist das neue Leben kompliziert!

Die Geschichte zeigt sehr gut wie schwer es ist, in einer neuen Stadt ,in fest vernetzten Elterngruppen als Neue Fuss zu fassen. In der Anfangsszene hätte ich Marie am liebsten in den Arm genommen, so leid tat sie mir. Überhaupt beschreibt die Autorin Hanna Simon immer wieder Szenen, die einem ganz normalen, realen Leben entsprungen sein Könnten. Zwar wurde gerade die Figur der Rädelsführerin etwas überspitzt gezeichnet, doch das hat der guten Unterhaltung keinen Abbruch getan. Ich hoffe zumindest, diese wurde überspitzt skizziert,denn wenn mir so jemand im wahren Leben begegnen würde…oh Schreck!Helikoptermuttis, die kreisen und kreisen….und das am liebsten über ihrem Lebensmittelpunkt:den eigenen Kindern, kennt wohl jeder von uns. In "ziemlich beste Mütter" gibt es ein paar schreiend komische Szenen, die ich mit Genuss und einem lauten Lachen gelesen habe.

Die Figuren sind ansonsten sehr authentisch und real beschrieben. Gerade Hanna und ihr Sohn Flo sind toll . Mir hat vor allem gefallen, dass Flo "altersgemäss" spricht und agiert. Denn die richtige Dosierung erwischen längst nicht alle Autoren.

Der Schreibstil ist frisch, witzig und tiefgründig.Ab und zu hatte ich bei ein paar Dialogen das Gefühl,die Figuren sprechen so, wie niemand sprechen würde und agieren, wie nie jemand reagieren würde. Als zum Beispiel Marie bei Verdacht auf einen Einbrecher in Jakubs Wohnung, diesem erst mal Tee anbietet um sich zu beruhigen, statt die Polizei zu rufen…und dann selbst in die Nachbarwohnung marschiert .

Marie arbeitet als Restauratorin an Kunstgegenständen und so sind Bilder ein wichtiges Element in der Geschichte. Hier spürt man die guten Recherchen und /oder Kenntnisse der Autorin. Sehr passen dazu die Kapitelüberschriften mit den Namen von Bildern.

Die Liebesgeschichte ist nicht wie ich vor dem lesen angenommen habe vorhersehbar, sondern bietet auch Raum für einige Ueberraschungen.