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Veröffentlicht am 06.12.2021

So einen Nachbarn? Nicht geschenkt!

Wo kommen wir denn da hin (Der Offline-Opa 1)
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Günter Habicht wird pensioniert und er, der als Busfahrer 43 Jahre lang Schicht arbeitete, sieht sich plötzlich mit viel Freizeit konfrontiert, die er füllen muss. Auch die Beziehung zu Ehefrau Brigitte, ...

Günter Habicht wird pensioniert und er, der als Busfahrer 43 Jahre lang Schicht arbeitete, sieht sich plötzlich mit viel Freizeit konfrontiert, die er füllen muss. Auch die Beziehung zu Ehefrau Brigitte, die er plötzlich den ganzen Tag sieht, wird auf eine harte Probe gestellt. Denn Günter hat nichts zu tun, steht seiner Angetrauten im Weg rum und kontrolliert vor lauter Langeweile Nachbarn und den Glascontainer.





Günter und Brigitte machen das durch, was viele Rentner erleben. Von einem Tag zum anderen ist der frisch Pensionierte den ganzen Tag zu Hause und die Rollen müssen neu verteilt werden. Sie entdecken die Tücken des Rentnerlebens und es knirscht ganz ordentlich in der Beziehung.



Auf witzige Weise dokumentiert Günter Habicht das „neue“ Leben fernab von Pflichten und Berufsleben.

Torsten Rohde, der schon die Kultbücher der Online Omi, Renate Bergmann, geschrieben hat, landet nun mit Günter einen weiteren Treffer. Bei Renate war vorwiegend die weibliche Sicht im Mittelpunkt.

Jetzt sieht man durch die Augen von Günter ohne h den männlichen Aspekt. Da wird schon mal der Skatabend thematisiert oder über Fußball schwadroniert. Auch ein Besuch bei IKEA, um Brigitte einen Gefallen zu tun, wird auf die Schippe genommen.



Sehr oft habe ich laut gelacht oder geschmunzelt. Wenn ich da nur an Günters Badezusatz denke, ziehen sich meine Mundwinkel wieder Richtung Stirn.

In Altherrenmanier kaut Günter öfters mal seine Wehwehchen durch und versteht nicht, dass Brigitte seine Krankheiten so gelassen sieht. Denn er könnte ja schliesslich sterben an dem Schnupfen.

Günter entwickelt sich aus lauter Langeweile mehr und mehr zum Blockwart. Er kontrolliert Abfallkübel, Gartenlauben und mit Vorliebe den Glascontainer. Er ist exakt der Nachbar, den man nicht geschenkt neben sich wohnen haben möchte.


Günter ist ein einziges großes Klischee und der Autor lässt auch nichts aus. Wie Renate Bergmann fand ich auch Günter nach der Hälfte des Buches mehr und mehr anstrengend. Es war gut! Ich würde aber nicht gleich anschließend ein zweites Buch über ihn lesen. Ein paar Monate Pause, dann schließe ich auch eine neue Geschichte nicht aus. Wobei Geschichte... „ Wo kommen wir denn da hin?“ beeinhaltet nur in weiten Zügen eine fortlaufende Handlung. Es ist eher so, dass Günter quer durch sein Leben quasselt und erzählt, was ihn beschäftigt, stört und nervt.

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Veröffentlicht am 24.11.2021

Ene, mene, muh!

Gefrorener Schrei
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Das Morddezernat in Dublin hat es mit einem scheinbar einfachen Fall zu tun. Aislinn Murray, 26 Jahre alt und überaus attraktiv, wird ermordet in ihrem Wohnzimmer aufgefunden. Der Tisch ist schön gedeckt, ...

Das Morddezernat in Dublin hat es mit einem scheinbar einfachen Fall zu tun. Aislinn Murray, 26 Jahre alt und überaus attraktiv, wird ermordet in ihrem Wohnzimmer aufgefunden. Der Tisch ist schön gedeckt, das Essen im Ofen und alles deutet darauf hin, dass Aislinn Besuch erwartet hat. SMS auf ihrem Handy bestätigen diese Vermutung. Sehr schnell ist ihr Verehrer gefunden und klar, dass er Aislinn ermordet hat. Die Detectives Antoinette Conway und Steve Moran werden jedoch plötzlich hellhörig. Denn jemand im Dezernat arbeitet darauf hin, dass der junge Mann verhaftet wird.





Wer den Schreibstil von Tana French kennt, weiß, dass die Geschichte detailliert wird. So werden nicht nur die Arbeitsweise der einzelnen Ermittler lang und breit erklärt, sondern auch ihre Beziehungen, Sympathien, respektive Antipathien und Loyalität im Team und zum Vorgesetzten seitenlang erläutert. Auch die beruflichen Details, wie die Tatortuntersuchung, Zeugenbefragungen, Aussagen und Beobachtungen füllen Seiten. Eine einzige Zeugenbefragung deckt zum Beispiel locker 25 Seiten ab. Dass damit Wiederholungen nicht ausbleiben, liegt fast auf der Hand. So werden zum Beispiel die verhängnisvollen Nachrichten des Opfers an ihren Verehrer von den Ermittlern bei der ersten Tatortsbegehung vorgelesen und lang und breit diskutiert. Dieselben SMS werden dann mit dem Verdächtigen besprochen, nachdem sie vorgelesen wurden. Und danach noch einmal im Ermittlerteam bei der Besprechung im Dezernat. Auch die Art, wie das Opfer gestorben ist, wird 3-mal mit den verschiedensten Figuren durchgekaut. Schnell machte sich bei mir das Gefühl breit, dass die Handlung auf der Stelle tritt.

Allerdings wollte ich unbedingt wissen, ob der junge Verehrer, Aislinn Murray nun umgebracht hat oder nicht. Denn immer wabert ein diffuses Gefühl mit, dass noch jemand anderer die Hand im Spiel hatte. Genau diese Frage hat mich durchhalten und mich durch viele Seiten mit Nebensächlichkeiten lesen lassen. Schlussendlich hat es Tana French wieder mal geschafft, mich zu überraschen und macht damit eine leichte Langatmigkeit wett.

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Veröffentlicht am 11.11.2021

Ein Jahr ohne Desreen!

Du fehlst uns jeden Tag
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Desreen und Benjamin Brocks-Dutton sind seit acht Jahren zusammen, seit einem Jahr verheiratet und Eltern des zweijährigen Jackson, als das Schicksal zuschlägt. Desreen stirbt, erst 33 Jahre alt, auf dem ...

Desreen und Benjamin Brocks-Dutton sind seit acht Jahren zusammen, seit einem Jahr verheiratet und Eltern des zweijährigen Jackson, als das Schicksal zuschlägt. Desreen stirbt, erst 33 Jahre alt, auf dem Heimweg nach einem Besuch bei Freunden. Benjamin und Jackson müssen zusehen, wie sie von einem Raser überfahren wird. Die junge Mutter stirbt noch auf der Unfallstelle und für Benjamin und Jackson beginnt eine Zeit voll Trauer, Schmerz und Sehnsucht.



„Du fehlst uns jeden Tag“ ist der Tatsachenbericht eines jungen Mannes, der seine Frau verliert. Der Autor hat in diesem Buch seine Trauer zu fassen versucht und schreibt über sein erstes Jahr ohne seine Frau Desreen.

Seine Sorge gilt dem erst zweijährigen Jackson, der ohne seine geliebte Mutter aufwachsen muss.

Es ist ein Jahr voller Emotionen und Schmerz, das die beiden durchmachen. So werden in dem Buch vor allem Gefühle beschrieben, eine eigentliche Handlung tritt in den Hintergrund.

Ab und zu empfand ich die Dauerbeobachtung, unter der Jackson steht, als speziell. Jedes Verhalten von dem Zweijährigen wird analysiert und dem Tod seiner Mutter zugeschrieben. Auch Verhaltensmuster, wie Trotzreaktionen, die in dem Alter völlig normal sind. Sehr schnell erklärt der Autor einen Trotzanfall zu Kleinkindtrauer. Oft hätte ich dem Autor am liebsten zugerufen: Lass doch deinen Sohn einfach Kind sein, statt alles mit dem Tod der Mutter zu erklären versuchen.

Ich tue mich schwer, dieses Buch zu bewerten, denn ich anerkenne, dass der Autor jede Menge Gefühle, Frust und Schmerz hinein gewoben hat. Ab und zu habe ich wiedergegebene Sätze von Jackson nicht so richtig abgenommen. Denn welcher 2-Jährige sagt zum Beispiel: „Mami wäre stolz auf mich.“ ( Seite 258).

Man erfährt, wie Benjamin Brooks-Dutton versucht, seine Trauer zu verarbeiten. So beginnt er zum Beispiel mit dem Schreiben eines Blogs. Hier werden immer wieder Rückmeldungen seiner Blogleser einbezogen. Oft Menschen, die auch einen nahen Menschen verloren haben. Das hat mich oft sehr heruntergezogen und ich musste das Buch eine Weile weglegen. Beleuchtet wird auch, wie das nahe Umfeld auf Desreens Tod reagiert. Immer aus der Sicht von Benjamin wird die Trauer von Desreens Bruder, ihren Eltern, Schwiegereltern und Freunden beschrieben.

Dieses Buch ist alles andere als eine einfache Lektüre, da man immer im Hinterkopf hat, wie schnell es gehen kann, ein zukunftsfrohes Leben zerstört wird.

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Veröffentlicht am 28.10.2021

Frauen unter sich...

Vier Frauen - Jedes. Wort. Eine. Lüge.
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Ginger, Emily, Kate und Whitney haben zu Collegezeiten zusammengewohnt und waren beste Freundinnen. Nun, Jahre später, versammeln sie sich in einem 5 Sterne Wellness Resort, um Whitneys Hochzeit mit Arthur ...

Ginger, Emily, Kate und Whitney haben zu Collegezeiten zusammengewohnt und waren beste Freundinnen. Nun, Jahre später, versammeln sie sich in einem 5 Sterne Wellness Resort, um Whitneys Hochzeit mit Arthur Benks zu feiern. Eine Woche sollen die Festlichkeiten im Serenty Spa&Resort in Kalifornien dauern. Ein ermordeter Mann macht dem Brautpaar einen Strich durch die Rechnung. Ginger, Emily, Kate und Arthurs Tante Lulu geben zu Protokoll, den Mann getötet zu haben. Jede will den Mord alleine begangen haben …



Zur Einführung in die Figuren sind in den ersten Kapiteleinleitungen Protokollauszüge der Polizei eingefügt. Ich war froh darum, denn der Start wartet mit einer geballten Ladung weiblicher Figuren auf. Es dauerte eine Weile, bis ich wusste, wer denn wer und wie die Beziehung untereinander ist. Ich empfand es als hilfreich, zurückblättern zu können, um die in einem anderen Schriftbild gestalteten Protokolle nachlesen zu können.

Nach dem Kennenlernen muss man sich erstmal durch jede Menge Frauenthemen lesen. Ehe, Familie, Kinderlosigkeit, Geld, untreue Männer und immer wieder das Aussehen spielen eine Rolle. Letzteres wohl nicht verwunderlich in einem 5 Sterne Resort. Auch an Beschreibungen über die Hotelausstattung wird nicht gegeizt.

Das tönt nun schrecklich oberflächlich. Ist es jedoch nicht. Denn jede der Frauen hat ihr Päckchen zu tragen und es werden auch ernstere Themen mitgeführt.

Ginger zum Beispiel ist dreifache Mutter und maßlos erschöpft. Ehemann Frank versucht ihr die Kinder zumindest in dem Urlaub abzunehmen, aber Ginger stellt sich als Helikoptermutter heraus. Dann ist da Emily, in deren Vergangenheit ein traumatisches Erlebnis die Weichen für die familiäre Zukunft hat stellen lassen. Oder Kate, die sich von dem Urlaub erhofft, dass sie und ihr Freund endlich eine Familie gründen und dann eines Besseren belehrt wird. Lulu hingegen hat andere Sorgen mit ihrem Mann, denn der verheimlicht eindeutig etwas vor ihr. Man ahnt, dass die männlichen Figuren nur eine Nebenrolle spielen. Die Frauen haben in diesem Buch das Zepter übernommen, die männlichen Figuren sind Statisten.

Nach 200 Seiten, ist klar, dass ein Mord geschehen ist. Damit weiß man aber noch nicht, wer das Opfer ist. Diese Frage, eine weitere interessante Figur, die auftaucht, ich hier jedoch nicht verrate und ein der Geschichte vorangestellter beängstigender Prolog haben mich durch das Buch getrieben und auch einige Längen wegstecken lassen. Erst auf den letzten dreißig Seiten wird das Rätsel, wer und aus welchem Grund gestorben ist, gelüftet.

Ich denke, die Genreeinteilung „Thriller“ ist irreführend. Denn wer eine spannende Handlung und gruselige Szenen erwartet, könnte enttäuscht werden. „Vier Frauen. Jedes Wort eine Lüge“ ist meiner Meinung nach ein typischer Frauenroman mit Spannungselementen.

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Veröffentlicht am 17.10.2021

Familiengeschichte mit einer Prise Liebe

Alle außer Alice
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Kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag erleidet Alice im Fitnessstudio einen Unfall. Die Folge davon ist eine Amnesie, die sie die letzten zehn Lebensjahre in einem Nebel versinken lässt. In ihrem Verständnis ...

Kurz vor ihrem vierzigsten Geburtstag erleidet Alice im Fitnessstudio einen Unfall. Die Folge davon ist eine Amnesie, die sie die letzten zehn Lebensjahre in einem Nebel versinken lässt. In ihrem Verständnis ist Alice 29 Jahre alt, glücklich mit Nick und schwanger mit ihrem ersten Kind. Stück für Stück muss Alice sich in ihrem Leben zurechtfinden. Einem Leben, das anders ist als vor zehn Jahren gedacht, erhofft und erträumt.





Die Geschichte rund um Alice wird auf drei Erzählebenen geführt. Als Leser erfährt man nicht nur alles über den Unfall von Alice, ihre verzweifelte Suche nach Erinnerungen und ihre bewegenden Schritte in ihr neues / altes Leben. Vor allem der Start in die Geschichte, die Einführung der Figur Alice und ihrem Leben, hätte man bedenkenlos kürzen dürfen. Das war mir zu langatmig und so hätten 100 Seiten weniger der Geschichte gutgetan. Neben Alice bekommt Elisabeth, die Schwester von Alice, in eingeschobenen Passagen ihren Auftritt. Elisabeth und ihr Mann Ben versuchen alles, um ein Baby zu bekommen. Ihre Unfruchtbarkeit, die Wut, die Zerrissenheit und die Traurigkeit werden detailliert beschrieben. Sehr anschaulich und authentisch wird hier das ganze Kinderwunschprogramm, inklusive der damit verbundenen Gefühle, abgespult. Das muss man als Leserin aushalten können und sich bei diesem Thema nicht langweilen.

Die dritte Ebene, die man von mir aus hätte weglassen können, fokussiert sich auf Blogeinträge von Alice Großmutter Franny. Diese sind sehr oft absolut nichtssagend und meiner Meinung nach reine Seitenfüller. Franny blickt in Beobachterperspektive auf das Leben ihrer Enkelinnen Alice und Elisabeth, schreibt darüber in ihrem Blog und erntet auch Kommentare, die eingefügt sind.



Eindrücklich wurde die Amnesie, das Fehlen jeglicher Erinnerungen, die die letzten zehn Jahre von Alice Leben betreffen, beschrieben. Hier hält die Autorin etliche überraschende Wendungen für den Leser bereit. Bedrückend empfand ich die Tatsache, dass Alice sich in eine ganz andere Richtung entwickelt hat als sie als junge Frau gedacht hat. Aus der verliebten, hoffnungsvollen und schwangeren Frau ist eine verbitterte, zänkische und fremdbestimmte Frau geworden. Traurig, wenn man erkennt, dass das Leben ganz anders wurde als gedacht. Noch schlimmer, wenn einem dieses Leben nicht gefällt.

Oft habe ich aber auch gelacht, als wir Leser zusammen mit Alice entdecken, was sie so getrieben hat, die letzten zehn Jahre. Hier spielt Alice Familie eine große Rolle, denn sie ist einfach zuckersüß. Familienleben, wie es sich auch in der Realität abspielt. Von Geschwisterstreitereien bis vom Unterricht suspendiertem Nachwuchs.

Immer wieder sind Fragen, die der Story Würze verleihen, eingebaut. Die Frage, warum Nick so ablehnend gegenüber Alice reagiert oder wer Alice ominöse Freundin Gina und was mit ihr geschehen ist, haben mich durch das Buch getrieben.


Da das nicht mein erstes Buch der Autorin Liane Moriarty war, wusste ich, dass mir ihr Schreibstil zusagt. Ihre Figuren wirken und handeln authentisch und vor allem die Dialoge sind oft sehr humorvoll. Ich habe mich mit der Geschichte rund um Alice sehr gut unterhalten gefühlt und kann es Lesern, die für einmal keine klassische Familiengeschichte lesen wollen, empfehlen. Gegen Schluss wird auch noch eine Prise Liebe eingewoben und so endet die Geschichte rund um Alice stimmig und romantisch.

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