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Veröffentlicht am 26.02.2017

Ein historischer Roman, der sich abhebt!

Der grüne Palast
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"Der grüne Palast" ist das erste Buch einer Autorin, die bisher unter anderem Drehbücher verfasst hat. Solche Autoren neigen manchmal zu sehr detaillierten Schilderungen, die das ganze plastisch erscheinen ...

"Der grüne Palast" ist das erste Buch einer Autorin, die bisher unter anderem Drehbücher verfasst hat. Solche Autoren neigen manchmal zu sehr detaillierten Schilderungen, die das ganze plastisch erscheinen lassen, aber wenig in die Tiefe gehen.
In diesem Fall trifft das überhaupt nicht zu. Peggy Hohmann hat als Format für ihre Geschichte den Briefroman gewählt, was erstmal bei einem historischen Roman etwas umständlich erscheinen mag, aber andererseits dem Zeitgeist sehr gut entsprach, da Korrespondenz zwischen weit entfernt lebenden Verwandten und Freundinnen ein wichtiger Teil des täglichen Lebens von Frauen war.
Zu Beginn benötigte ich zugegebenermaßen eine gewisse Eingewöhnungsphase, was durch die eine oder andere Abkürzung und natürlich auch den ungewohnt häufigen Perspektivwechsel zustande kam. Letztendlich hat mich aber sehr begeistert, wie plastisch Ereignisse durch die verschiedenen Perspektiven geschildert werden und fühlte mich wirklich wie mitten in der Handlung.
Leopoldine und auch die Gräfin, welche von brasilianischer Seite die hauptsächliche Korrespondenz beschreiben, sind mir von allen Figuren am meisten ans Herz gewachsen und haben mich wirklich erreicht. Sie wirken unheimlich authentisch, obwohl zumindest die Figur der Gräfin weit über den historischen Kontext erweitert wurde.
Hilfreich war hierbei der Anhang am Ende des Buches, in dem eine historische Einordnung stattfindet. Wichtig, ist dass das Schicksal Leopoldines so geschehen ist und weitesgehend unbekannt bleibt. Ihr Weg hat mich sehr berührt und ich bin froh, durch dieses Buch einen Einblick in ihre und die Geschichte Brasiliens erhalten zu haben!

"Der grüne Palast" behandelt ein für mich relativ neues Thema auf spannende Weise. Die Briefe sind packend und oft unterhaltsam geschrieben, konnten mich aber immer wieder auch wirklich berühren. Ich denke, dass dieser Roman gerade für weibliche, historisch interessierte Leserinnen ein echtes Highlight sein wird!

Veröffentlicht am 16.02.2017

Von der Schwierigkeit, die eigene Zeit gut zu nutzen

Der Rest der Zeit
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"Der Rest der Zeit" ist der Debütroman der Autorin Bernadette Németh, die selbst einen medizinischen Hintergrund und ungarische Wurzeln hat und beides in dieser Geschichte auf authentische und oft bewegende ...

"Der Rest der Zeit" ist der Debütroman der Autorin Bernadette Németh, die selbst einen medizinischen Hintergrund und ungarische Wurzeln hat und beides in dieser Geschichte auf authentische und oft bewegende Art verarbeitet.
Hauptfiguren sind Tünde, eine junge Ärztin, die unter dem Druck des österreichischen Krankenhaussystems oftmals zusammenzubrechen droht, ihre Schwester Melinda, die zwischen Freiheit und Bindung hin und her gerissen scheint, und ihrer beider Bruder Adam, der beruflich eigentlich alles erreicht hat, im Privaten aber Frustration und Zwänge erlebt.
Ich fand es beeindruckend, wie in diesem Buch ohne übertriebene Schwülstigkeit sowohl der Ernst und die Schwere gewisser Schicksalsschläge (wie Tündes Erkrankung), als auch Emotionen (z.B. Tündes Trauer über den Tod ihres Vaters) vermittelt werden. Dabei gelingt es der Autorin aber trotzdem, ein leises Augenzwinkern mit einzubauen und ich bin als Leserin nach diesem Buch hoffnungsvoll zurückgeblieben.
Für mich sind sowohl der tolle Schreibstil, als auch die originelle & interessante Handlung zwei riesige Argumente, dieses Buch weiterzuempfehlen.
Noch dazu gefallen mir die Aufmachung, Haptik und Gestaltung des Verlags Wortreich sehr gut!
5 Sterne ohne Bedenken :)

Veröffentlicht am 15.02.2017

Hat mich total gepackt!

Das Buch der Spiegel
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Die Erinnerung des Menschen ist ein faszinierendes Gebilde, das sehr individuell geprägt und von außen kaum erschließbar ist. E.O. Chirovici nähert sich der Frage, wie verlässlich unser Gedächtnis ist, ...

Die Erinnerung des Menschen ist ein faszinierendes Gebilde, das sehr individuell geprägt und von außen kaum erschließbar ist. E.O. Chirovici nähert sich der Frage, wie verlässlich unser Gedächtnis ist, in diesem Buch auf eine sehr spannende und originelle Weise. Natürlich ist die Frage für viele nicht ganz neu, die sich mit dem Thema ein wenig beschäftigt haben. Die Handlung, in die der Autor diese Frage eingebettet hat, hat mich allerdings sehr gepackt und immer wieder hinter's Licht geführt. Super!
Aufhänger der ganzen Sache ist ein realer Mordfall, der in den 1980er Jahren an der Universität Princeton geschehen ist. In der Geschichte scheint es zunächst um ein verschwundenes Manuskript zu gehen, allerdings wendet sich die Handlung schnell den offenen Fragen um das eigentliche Verbrechen zu. Hierbei handelt es sich meiner Meinung nach dennoch nicht um einen Krimi, denn das Buch ist zwar spannend geschrieben, aber enthält auch viele psychologische Fakten und wirkte auf mich eher wie ein Roman mit dunkler Seite ;)
Die Figuren sind gut beschrieben, entfalten aber erst nach und nach ihre Persönlichkeit. Nichts ist, wie es scheint und bis zum Schluss hat der Autor es immer wieder geschafft, mich zu überraschen!
Diese zahlreichen Wendungen, die trotzdem niemals langweilig oder abstrus waren, haben mir besonders gut gefallen.

Ich bin keine Krimi-Leserin, dennoch konnte mich dieses Buch absolut in seinen Bann schlagen. Meiner Meinung nach wäre es der perfekte Stoff für einen Film! Also, liebe Produzenten, bitte verfilmt diese spannende Geschichte; und ihr, liebe Leser, solltet das Buch ganz bald in den Händen halten :)

Veröffentlicht am 13.02.2017

Das Hadern mit dem Schicksal

Dinge, die vom Himmel fallen
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Als Kontrapunkt zum Valentinstag erscheint am 14.02. ein Buch, in dem es weniger um Liebe, als um das Schicksal geht, das über uns alle bestimmt.
Zufälle, Schicksal...wahrscheinlich haben sich viele bereits ...

Als Kontrapunkt zum Valentinstag erscheint am 14.02. ein Buch, in dem es weniger um Liebe, als um das Schicksal geht, das über uns alle bestimmt.
Zufälle, Schicksal...wahrscheinlich haben sich viele bereits (zumindest gedanklich) mit diesem Thema auseinander gesetzt. Ich selbst denke oft darüber nach, wie eigen- oder fremdbestimmt das Leben eigentlich wirklich ist und konnte mich wunderbar in die Geschichte einfinden.
Die Protagonistin Saara ist noch ein junges Mädchen, als ihre Mutter bei einem Unfall stirbt. Dieser ist absolut nicht alltäglich, sondern ein ungewöhnlicher Fall, denn sie wird quasi aus heiterem Himmel getötet. In der Geschichte verweben sich verschiedene Handlungsstränge. Es wird aufgezeigt, wie das Schicksal nicht nur negativ, sondern auch positiv zuschlagen kann - aber ob das wirklich immer das erhoffte Glück bringt?
Ein wichtiges Thema war für mich in diesem Buch zudem die Mutterschaft und Mutterliebe. Saara verwahrlost zunehmend, da ihr Vater sich nicht um sie kümmern kann, und flüchtet sich in eine Gedankenwelt. In dieser gibt es schreckliche Fantasien und Albträume, die immer mehr zunehmen, und von den Märchen ihrer Kindheit inspiriert sind. Diese märchenhaften Züge nehmen über das Buch hinweg immer weiter zu.
Mir ist es sehr gut gelungen, mich darauf einzulassen und ich war von der Tiefe der Beschreibungen und der starken Sprache sehr gepackt.
Dieser Stil ist allerdings speziell und sicherlich Geschmackssache. Es lohnt sich, sich selbst ein Urteil zu bilden!

Für mich ein sehr empfehlenswertes Buch, das nachhallt!

Veröffentlicht am 23.01.2017

Beeindruckend, traurig, humorvoll, schön

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster
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Ein ganz besonderes Buch.
So, das ist erstmal das erste, was ich zu diesem Buch sagen kann.
Es war mein erstes Buch der Autorin und bereits die Leseprobe hatte mich mit diesem flüssigen, klugen und unheimlich ...

Ein ganz besonderes Buch.
So, das ist erstmal das erste, was ich zu diesem Buch sagen kann.
Es war mein erstes Buch der Autorin und bereits die Leseprobe hatte mich mit diesem flüssigen, klugen und unheimlich authentischen Schreibstil überzeugt. Klug & authentisch ist "Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster" in jedem Fall. Es ist auch beeindruckend und traurig, natürlich, alleine durch das schwierige Thema. Traurig ist auch die Situation, die dem Buch diesen Titel gibt, aber ein trauriges Buch hatte ich auch erwartet.
Dennoch ist es eigentlich nur unterschwellig (und gegen Ende...) traurig. Mir sind zwar ein paar Tränen gekullert, aber vor allem fand ich die Geschichte unheimlich schön. Denn sie ist auch humorvoll! Und die Personen sind wirklich alles andere als nur traurig.
Karla, die Protagonistin, ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt und hat nicht mehr lange zu leben. Damit hat sie ihren ganz eigenen Umgang gefunden - schroff, aber auch mit viel Akzeptanz und Stärke.
Fred, der ehrenamtliche Sterbebegleiter, & Phil, sein Sohn, sind zwei ganz tolle Figuren. Fred überzeugt durch Herz, Phil vor allem durch Köpfchen - und beide können von Karla genauso viel lernen, wie sie ihr geben können.
Angereichert wird die Geschichte durch lebendige und wertvolle Nebencharaktere, die ihren eigenen Pfeffer dazugeben.

Die Geschichte ist nicht lang, nur 288 Seiten. Dann bleibt man als Leser zurück, wahrscheinlich traurig, nach einem nicht unbedingt überraschenden, da von vornherein klaren Ende, aber irgendwie auch gestärkt.
Mir hat das Buch sehr viel gegeben. Ich würde es jedem empfehlen, der sich mit dem Thema Krankheit und Tod auseinander setzen möchte, ohne sich herunterzuziehen. Denn es ist irgendwie merkwürdig: die ganze Geschichte ist eigentlich so traurig - aber irgendwie auch so schön, hoffnungsvoll & kraftgebend!