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Veröffentlicht am 12.08.2021

Eine Frau sucht ihren Weg

Ein Koffer voller Schönheit
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Anne Jensen hat den Zweiten Weltkrieg überstanden, ihr Mann Benno ist zumindest körperlich unversehrt aus dem Krieg zurückgekommen und relativ kurz nach Kriegsende bekamen sie Zwillinge, Benno ernährt ...

Anne Jensen hat den Zweiten Weltkrieg überstanden, ihr Mann Benno ist zumindest körperlich unversehrt aus dem Krieg zurückgekommen und relativ kurz nach Kriegsende bekamen sie Zwillinge, Benno ernährt die kleine Familie in Lüneburg als Tischler, wie auch schon sein Vater und sein Großvater. Ein alter Freund bringt ihn dann aber dazu, mit ihm zusammen ein Möbelhaus zu eröffnen, wodurch er nicht nur weniger Zeit für seine Familie hat, sondern seiner Frau auch immer fremder wird. Da die Zwillinge auch langsam selbstständiger werden, sehnt sie sich Ende der 50er Jahre nach einer neuen Aufgabe und Bestätigung und ihre Schwiegermutter bringt sie schließlich auf die Idee, die erste deutsche Avon-Beraterin zu werden und Kosmetik an die Frauen zu bringen, die nicht von den Möglichkeiten einer Großstadt umgeben sind. Dieser Einstieg ins Berufsleben gestaltet sich Ende der 50er Jahre, als Frauen noch die Zustimmung ihres Ehemannes brauchten, um arbeiten zu dürfen, und eine "emanzipierte Frau" viel Tratsch und Klatsch ausgesetzt war, nicht ganz einfach.

Ich fand die Geschichte sehr interessant, da ich gerne Romane lese, die in der jüngeren deutschen Vergangenheit spielen. Allerdings hat die Kurzbeschreibung etwas andere Erwartungen an die Handlung bei mir geweckt. Ich dachte, die Tätigkeit der Avon-Beraterin, deren Verkaufsstrategie und die Tücken und Vorzüge dieses Systems würden mehr Platz einnehmen. Meiner Meinung nach ist die Thematik aber eher die Frauenrolle der späten 50er Jahre, verbunden mit Beziehungskonflikten und psychischen Spätfolgen des Krieges und Annes neue Tätigkeit spielt nur eine untergeordnete Rolle. Ich persönlich fand es interessant, das alles aus der Perspektive Annes, die mir sehr sympathisch ist, mitzuerleben, hatte aber eigentlich etwas andere Erwartungen an die Handlung. Mehr Leichtigkeit, Schminktipps und Partystimmung in den Wirtschaftswunderjahren. Nichtsdestotrotz habe ich das Buch mit Interesse und sehr zügig gelesen. Die Autorin schreibt sehr anschaulich und gut nachvollziehbar. Durch Perspektivwechsel konnte man sich sowohl in Anne als auch in ihren Ehemann Benno gut hineinversetzen.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Deine Zeit läuft ab...

Die Karte
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In Hamburg wird die junge Anwältin Eva beim abendlichen Joggen brutal ermordet, ihre Partnerin, die Ärztin Laura Windmüller, erhält während deren Todeskampf eine Nachricht, dass ihrer Freundin die Zeit ...

In Hamburg wird die junge Anwältin Eva beim abendlichen Joggen brutal ermordet, ihre Partnerin, die Ärztin Laura Windmüller, erhält während deren Todeskampf eine Nachricht, dass ihrer Freundin die Zeit davon läuft. Der Täter filmt zudem alles für die Polizei und stoppt die Zeit bis zum Eintritt des Todes. Im Laufe der nächsten Tage und Wochen kommt es zudem zu weiteren Morden an Läuferinnen, die anscheinend einzige Gemeinsamkeiten ist, dass diese ihre Laufstrecken tracken und in Foren öffentlich teilen. Hauptkommissar Jens Kerner und seine Kollegin Rebecca Oswald versuchen, unterstützt durch einen IT-Forensiker, dem Täter auf die Spur zu kommen und weitere Morde zu verhindern.

Der Thriller widmet sich auf jedem Fall einem wichtigen Thema und macht dem Leser bewusst, dass man nicht jeden seiner Schritte öffentlich im Internet teilen sollte. Die Spannung, wer der Täter ist, bleibt auf jeden Fall bis quasi zum Schluss erhalten, wobei mir manche Zusammenhänge dann doch etwas zu konstruiert waren. Da hätte ich lieber auf die eine oder andere Nebenperson und ihre Geschichte verzichtet. Die Morde sind brutal, weil sie doch realitätsnah sind, werden aber gerade noch so beschrieben, dass es mir nicht zu extrem war beim abendlichen Lesen. Die beiden Ermittler:innen Jens Kerner und Rebecca Oswald sind mir sympathisch und ich finde es gut, dass auch ihr Privatleben eine gewisse Rolle spielt, was sie nahbarer macht. Der Erzählstil mit verschiedenen Perspektiven förderte auf jeden Fall die Spannung, war aber dennoch gut verständlich und nicht verwirrend.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Etwas schräger Liebesroman mit liebenswerten Charakteren

Dich hab ich nicht kommen sehen
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Die Juristin Mari Thaler tritt nach einer Fehlgeburt einen neuen Job in Berlin an und braucht deshalb schnell eine neue Wohnung. Schon die Besichtigung gestaltet sich recht unkonventionell und so ist dann ...

Die Juristin Mari Thaler tritt nach einer Fehlgeburt einen neuen Job in Berlin an und braucht deshalb schnell eine neue Wohnung. Schon die Besichtigung gestaltet sich recht unkonventionell und so ist dann auch ihre etwa gleichaltrige Vermieterin samt Bruder, Freund und kleinem Sohn. Aber alle nehmen sie sehr herzlich auf und behandeln sie eher als Freundin als als Mieterin und sorgen sich auch um Mari, die nach den harten Zeiten ziemlich dünn geworden ist. Besonders Alexandras Bruder Leo lässt nicht locker und scheint Mari sehr zu mögen (und sie ihn auch), macht im entscheidenden Moment aber dann meist einen Rückzieher.

Mir gefiel der erste Teil der Geschichte mit den etwas skurrilen, aber total liebenswerten Protagonist:innen am Schauplatz Berlin, der auch immer wieder erkennbar war, sehr gut. In Mari konnte ich mich gut hineinversetzen, wie sie die Fehlgeburt verkraften muss und zugleich auch in ihrem Beruf nicht wirklich glücklich ist. Zugleich ist sie aber auch sehr kreativ und denkt sich liebenswerte Phantasietiere für Toby aus, den sie für den Sohn ihrer Vermieterin hält. Man muss sie einfach mögen, genau wie die anderen Hauptpersonen. Ich finde es auch schön, dass es sich hier um keine allzu kitschige Liebesgeschichte handelt, sondern andere Dinge wichtiger sind und auch eine gute Dosis Tiefgang vorhanden ist. Es ist auch schön mitzuerleben, welchen Wandel Mari im Laufe der Handlung durchmacht und privat und beruflich mehr Selbstbewusstsein entwickelt. Gegen Ende wurde mir aber alles etwas zu wirr und unrealistisch mit zusätzlich dazu konstruierten Problemen und ich fand es auch eher unnötig, dass das Essverhalten von Mari so sehr thematisiert wurde.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Gehen oder bleiben?

Dreieinhalb Stunden
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Am 13.August 1961 verlässt der Interzonenzug D-151 die München in Richtung Ostberlin. Zeitgleich beginnt in der DDR der Mauerbau und diese Informationen dringen irgendwann auch bis zu den Passagieren im ...

Am 13.August 1961 verlässt der Interzonenzug D-151 die München in Richtung Ostberlin. Zeitgleich beginnt in der DDR der Mauerbau und diese Informationen dringen irgendwann auch bis zu den Passagieren im Zug und zum Personal des Zuges durch und stellen sie vor eine Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändert. Sollen sie die vielleicht letzte Chance nutzen, die DDR zu verlassen, dafür aber auch Dinge und Menschen dort zurücklassen, die ihnen wichtig sind? Lange können sie sich für die Entscheidungsfindung nicht Zeit lassen, denn der Zug nähert sich über Nürnberg und Bamberg Ludwigsstadt und damit dem letzten Halt in der BRD.

Der Roman erzählt quasi in Echtzeit und aus der Perspektive verschiedener Beteiligter im und auch außerhalb des Zuges, was ihnen in dieser Zeit durch den Kopf geht. Da sind unter anderem eine Band, die in der DDR erste Erfolge feiern durfte, aber in der BRD weitgehend unbekannt ist, eine Familie, bei der beide Elternteile ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Leben haben, eine Spitzensportlerin, eine Lokführerin und ein hohes Tier im DDR-Polizeiapparat in Ost-Berlin, das auf die Rückkehr seiner Tochter aus dem Westen hofft.

Mir hat die Idee hinter dem Roman sehr gut gefallen, diese Menschen dabei zu begleiten, wie sie diese extreme Entscheidung treffen müssen. Durch die verschiedenen Perspektiven kann man sich auch gut in die einzelnen Personen hineinversetzen. Mir persönlich wäre es aber noch etwas lieber gewesen, wenn man auf 1-2 Protagonisten und die Aufarbeitung ihrer Vorgeschichte, verzichtet und stattdessen noch etwas intensiver das Gefühlschaos der restlichen Reisenden in den Mittelpunkt gestellt hätte. Der Schluss ist mir dann auch etwas zu abrupt.

Insgesamt wirkt der Roman aber sehr authentisch, man kann sich gut vorstellen, dass viele Menschen an diesem Tag wirklich in einer ähnlichen Situation steckten und sich schnell entscheiden mussten, in welchem Teil Deutschlands sie den Rest ihres Lebens verbringen wollen. Der Schreibstil ist trotz der historischen Begriffe gut nachvollziehbar. Ich empfehle den Roman gerne allen weiter, die sich für deutsche Zeitgeschichte und die damit verbundenen Schicksale interessieren.

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Veröffentlicht am 05.07.2021

Die Retterin der verschmähten Manuskripte

Dein Herz in tausend Worten.
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Millie hat mit 16 ihre Eltern verloren und es fällt ihr eher schwer, sich auf andere Menschen wirklich einzulassen, nur zu ihrem Bruder hat sie ein richtig enges Verhältnis. Sie arbeitet als Assistentin ...


Millie hat mit 16 ihre Eltern verloren und es fällt ihr eher schwer, sich auf andere Menschen wirklich einzulassen, nur zu ihrem Bruder hat sie ein richtig enges Verhältnis. Sie arbeitet als Assistentin bei einem kleinen Buchverlag in Notting Hill und soll unter anderem abgelehnte Manuskripte entsorgen, die sie aber lieber liest. Dabei stößt sie auf eine Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang, die sie in ihren Bann zieht. Sie beschließt, Textstellen, die sie besonders beeindrucken, in der Stadt zu verteilen oder anderen Menschen zukommen zu lassen. So wird auch der Verfasser der Geschichte zufällig darauf aufmerksam, dass jemand Ausschnitte aus seinem Roman in Umlauf bringt und will mehr über die Hintergründe erfahren.

Der Roman hat eine nicht ganz gewöhnliche, fast etwas märchenhafte Handlung. Die Geschichte ist interessant, die Hauptperson Millie sehr liebenswürdig, richtig identifizieren konnte ich mich mit ihr aber nicht und auch beim männlichen Protagonisten, dem Autor William Winter konnte ich nicht alle Verhaltensweisen nachvollziehen, auch wenn er sympathisch wirkt. Der Schauplatz London, insbesondere Notting Hill, wird sehr reizvoll beschrieben, den würde ich auch gerne einmal selbst erkunden.

Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar und anschaulich, die Covergestaltung passt zu einem Liebesroman, hätte aber noch etwas mehr auf die konkrete Handlung bezogen sein können.
Millie hat mit 16 ihre Eltern verloren und es fällt ihr eher schwer, sich auf andere Menschen wirklich einzulassen, nur zu ihrem Bruder hat sie ein richtig enges Verhältnis. Sie arbeitet als Assistentin bei einem kleinen Buchverlag in Notting Hill und soll unter anderem abgelehnte Manuskripte entsorgen, die sie aber lieber liest. Dabei stößt sie auf eine Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang, die sie in ihren Bann zieht. Sie beschließt, Textstellen, die sie besonders beeindrucken, in der Stadt zu verteilen oder anderen Menschen zukommen zu lassen. So wird auch der Verfasser der Geschichte zufällig darauf aufmerksam, dass jemand Ausschnitte aus seinem Roman in Umlauf bringt und will mehr über die Hintergründe erfahren.

Der Roman hat eine nicht ganz gewöhnliche, fast etwas märchenhafte Handlung. Die Geschichte ist interessant, die Hauptperson Millie sehr liebenswürdig, richtig identifizieren konnte ich mich mit ihr aber nicht und auch beim männlichen Protagonisten, dem Autor William Winter konnte ich nicht alle Verhaltensweisen nachvollziehen, auch wenn er sympathisch wirkt. Der Schauplatz London, insbesondere Notting Hill, wird sehr reizvoll beschrieben, den würde ich auch gerne einmal selbst erkunden.

Der Schreibstil der Autorin ist gut lesbar und anschaulich, die Covergestaltung passt zu einem Liebesroman, hätte aber noch etwas mehr auf die konkrete Handlung bezogen sein können.

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