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Veröffentlicht am 20.11.2022

Viel mehr als eine Liebesgeschichte

Das Glück auf Gleis 7
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Emma Brook ist an der Südküste Englands geboren, genauer gesagt in Brighton. Für Emma bedeutet dieser Ort Heimat und Familie und sie liebt Brighton sehr. So sehr, dass sie seit viereinhalb Jahren täglich ...

Emma Brook ist an der Südküste Englands geboren, genauer gesagt in Brighton. Für Emma bedeutet dieser Ort Heimat und Familie und sie liebt Brighton sehr. So sehr, dass sie seit viereinhalb Jahren täglich zwischen Brighton und London hin und her pendelt, denn sie arbeitet als Make-up-Artist bei Ten to Twelve, einer der bekanntesten Morningshows des Landes.

Jeden Morgen um 05.18 Uhr steigt sie in den Zug ein und lässt sich in Sitz Nr. 86 fallen, gleich rechts hinter dem Einstieg in den letzten Wagen, unmittelbar vor der Kofferablage. In der Regel sitzen jeden Morgen die gleichen Personen im Zug. Man kennt sich, man grüßt sich und auch wenn es dafür keine Regel gibt, so sitzt doch jeder auf seinem „Stammplatz“.

James Carlton, Jamie, ist das genaue Gegenteil von Emma. Er wohnt ebenfalls in Brighton, hat aber schon an seinem ersten Pendel-Tag keine Lust darauf, eine Stunde mit einer Horde Fremder in einem stickigen Zugabteil festzustecken, schlechten Atem einzusaugen und noch schlechteres After Shave. Er möchte so schnell wie möglich in London eine Wohnung finden und umziehen. Auch er fährt mit dem Zug von Brighton nach London um dort einem (neuen) Job nachzugehen – er soll in Kürze die Leitung des Verlages übernehmen, der sich seit Jahren im Familienbesitz befindet.

Am Morgen des 04. Juli möchte Emma nur eines: sich auf ihren Platz im Zug fallen lassen, die Augen schließen und darüber nachdenken, was sie gestern Abend von ihrer Schwester und deren Partnerin erfahren hat – sie haben ihren Freund Tyler mit einer anderen Frau gesehen. Ausgerechnet an diesem Morgen sitzt ein fremder Mann auf ihrem Sitz Nr. 86: James Carlton.

Von diesem Tag an treffen Emma und Jamie täglich im Zug aufeinander. Die Beiden kommen ins Gespräch – anfangs belanglos, doch nach und nach werden die Gespräche immer persönlicher.

Beide wissen noch nicht, welchen Stellenwert sie in einigen Wochen jeweils im Leben des Anderen haben werden.

Anhand des Covers und des Klappentextes könnte man annehmen, dass es sich bei „Das Glück auf Gleis 7“ um einen Liebesroman handelt. Der Gedanke ist nur halbwegs richtig, denn in diesem Buch steckt so viel mehr, als nur eine Liebesgeschichte. Aber ……. es ist kompliziert.

Emma und Jamie sitzen täglich im gleichen Abteil des Zuges nach London und jeder hat mit seinen eigenen Problemen zu tun. Das ist jedoch nicht das, was der jeweils Andere sieht.

Jamie sieht eine Frau, die jeden Morgen ein fettiges Croissant aus einer Bäckertüte verspeist und dazu einen Kaffee aus einem to-Go-Becher trinkt. Nach seinem Studium des Verlagswesens hat er noch eine Ausbildung zum Koch gemacht und so fragt er sich, wie man Tag für Tag dieses ungesunde Zeug in sich hineinstopfen kann und ob man das nicht durch eine gesündere Komponente austauschen könnte, während Emma permanent damit beschäftigt ist, sich Gedanken über ihre Beziehung zu Tyler zu machen. Sie liebt ihn, aber er hat sie schon einmal betrogen und seit dem ist ihr Vertrauen in ihn nicht mehr so grenzenlos, wie es in einer glücklichen Beziehung sein sollte. Sie ist sich nicht sicher ob das, was sie für ihn empfindet, noch ausreicht um weiterzumachen – wobei Tyler ihre Liebe gerne vor dem Traualtar besiegeln würde.

Emma sieht einen „knurrigen Anzugträger“, der jeden Morgen eine knappe Stunde lang in das Display seines Laptop starrt und dabei nicht sehr glücklich aussieht, während Jamie innerlich schon alleine bei dem Gedanken, dass er in Kürze den Familienverlag übernehmen soll, einer Panikattacke nahe ist. Er weiß nicht, wie er seinem Vater begreiflich machen soll, dass er für diesen Job nicht die richtige Person ist, seine Familie weiß nicht, dass er auf bestimmte Situationen mit Panikattacken reagiert.

Beide wohnen in Brighton und nachdem man sich nun persönlich kennt, erkennt man sich auch, wenn man sich zufällig begegnet – aber meist treffen sie genau dann aufeinander, wenn der Zeitpunkt nicht unpassender sein könnte. Diese Begegnungen führen aber andererseits dazu, dass ihre Gespräche morgens im Zug immer tiefgründiger und privater werden und sie sich auf diesem Weg ganz langsam, aber wirklich gaaaanz langsam, näher kommen.

Auch wenn die Story sehr viel Tiefgang hat, hat die Autorin Anne Sanders es geschafft, die Geschichte von Emma und Jamie mit einer gewissen Leichtigkeit aufzuschreiben. Ich habe das Buch an einem Vormittag komplett durchgelesen. Emma und Jamie erzählen abwechselnd aus der Ich-Pespektive und so bekommt man nach und nach Einblick in das Leben der Beiden und was sie außer diesen – vordringlichen – Problemen noch so beschäftigt.

Es gibt ein Happy End für Emma und Jamie, aber es ist kein überschwängliches sich-in-die-Arme-fallen sondern …. es ist wirklich kompliziert.

Veröffentlicht am 03.11.2022

Der Albatross hat nur einen Partner, sein Leben lang.

Die Sehnsucht der Albatrosse
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San Franzisco 1904: Die Schlagzeile der „San Francisco Call“ kündigt auf der Titelseite an, das überraschende Geheimnis um den Rückzug der gefeierten Opernsängerin Emilia Rossi von der Bühne der Grand ...

San Franzisco 1904: Die Schlagzeile der „San Francisco Call“ kündigt auf der Titelseite an, das überraschende Geheimnis um den Rückzug der gefeierten Opernsängerin Emilia Rossi von der Bühne der Grand Opera zu enthüllen. Emilia Rossi ist der Künstlername von Sarah Tanner, die sich – entgegen der Aussage der Zeitung – nicht etwa wegen einer unglücklichen Liebe aus dem Metier zurückzieht, sondern weil der Arzt ihr geraten hat ihren Stimmbändern ein wenig Ruhe zu gönnen, bevor diese so geschädigt sind, dass sie gar nicht mehr singen kann.

Sarah weiß ihre 18jährige Tochter gut behütet in den Händen ihrer Schwester und so bucht sie auf der „Kalani“, einem Passagierschiff, eine Reise nach Hawaii. Drei Tage bevor die „Kalani“ Hawaii erreicht, gerät das Schiff in einen tropischen Wirbelsturm. Die Situation spitzt sich so zu, dass die Passagiere das sinkende Schiff in den Rettungsbooten verlassen müssen.

Anderthalb Tage später wird die Besatzung eines zweimastigen Segelbootes auf das auf dem offenen Meer treibende Rettungsboot aufmerksam und sie befreien Sarah, einen Heizer und einen Kabinensteward der „Kalani“ aus ihrer Seenot und nehmen sie auf der „Victory“ auf. Bei der „Victory“ handelt es sich um einen Robbenfänger. Der Kapitän und die Besatzung sind auf dem Weg ins Eismeer, um dort ihrem (blutigen) Geschäft nachzugehen. Sarah glaubt, dass sie aufgrund ihres gehobenen Standes und ihres Vermögens ein Recht darauf hat, dass der Kapitän der „Victory“ von seiner Route abweichen muss, um sie nach Hawaii zu bringen. Kapitän John Brandon jedoch kann dem aus Zeitgründen nicht entsprechen und kündigt ihr an, dass sie so lange auf dem Schiff bleiben muss, bis ihre Robbenjagd erfolgreich war und sie anschließend einen japanischen Hafen anlaufen können; es handelt sich dabei um eine Zeitspanne von wahrscheinlich vier bis fünf Monaten.

Als einzige Frau auf einem Segelschiff voller Männer….. und Kapitän John Brandon erscheint ihr seltsam vertraut.

Autorin Karin Seemayer hat mit dem 1. Teil der „Saga der Albatrosse“ einen wirklichen Wohlfühlroman geschrieben. Ich hatte schon lange keinen historischen Roman mehr in der Hand, den ich an einem Tag komplett gelesen habe.

Sarah kommt aus gutem Hause. Sie wurde schon jung mit einem vermögenden, aber wesentlich älteren Mann verheiratet und nach dessen Tod lebt sie mit ihrer Tochter zusammen. Sie hat sich ihren großen Traum erfüllt und ist (erfolgreiche) Opernsängerin geworden. Ihre Mutter findet diesen Beruf „liederlich“, was Sarah jedoch nicht davon abhält, zu tun was sie liebt. Sie ist es zwar gewohnt von Personal umgeben zu sein, trotzdem gehört sie nicht zu den Frauen, die ihre Passion im Nähen und Sticken finden und so verfügt sie über ein paar Kochkünste und kann – sofern es notwendig ist – auch richtig zupacken. Eigentlich wollte sie auf Hawaii entspannen und ihre Stimmbänder schonen, nach dem Sinken der „Kalani“ findet sie sich jedoch auf einem Robbenfänger wieder, der so gar nix luxuriöses für sie zu bieten hat. Da das Essen auf der „Victory“ bisher mehr dem Überleben als dem Genuss diente, macht sie sich in der Kombüse nützlich. Eine andere Arbeit wäre für sie auch nicht vorhanden.

Es dauert einige Zeit, bis Sarah herausfindet, warum ihr der Kapitän John Brandon seltsam vertraut vorkommt. Sie kennt ihn aus (s)einem Leben, in dem er noch einen anderen Namen hatte.

Nicht alle Seemänner sind ihr freundlich zugetan. Da gibt es die, die sie ignorieren und die, die sie tolerieren. Dann gibt es die, die aufgrund ihres Aberglaubens denken, dass eine Frau an Bord eines Schiffes Unglück bringt und alles was passiert auf Sarahs Anwesenheit schieben (und sie gerne über Bord gehen gesehen hätten). Und zuletzt gibt es dann noch die, die ihr wohlwollend zugewandt sind und ihr helfen, sich im rauen Alltag in einer Männerdomäne zurechtzufinden. Einer von denen, die ihr wohlwollend zugewandt sind, ist der Schwede Peer Svensson. Peer ist ein netter Mann, der aber aufgrund seiner Ehrlichkeit und seiner Art gerne bei den anderen Matrosen aneckt.

Die Autorin Karin Seemayer hat es geschafft, mehrere Dinge unter einen Hut zu bringen: Sie beschreibt die Geschichte einer Frau zu einer Zeit, in der Frauen nicht viel bis gar nix zu sagen haben. Sie beschreibt den harten und gefährlichen Arbeitsalltag auf einem Robbenfänger und sie verbindet eine Liebesgeschichte, die dem Ort und der damaligen Zeit absolut angemessen ist. Die Charaktere sind alle so liebevoll und wirklich hervorragend ausgearbeitet, die Beschreibung der Örtlichkeiten und der Umstände sind so detailgetreu beschrieben, dass ich 432 Seiten lang das Gefühl hatte, mich ebenfalls auf der „Victory“ zu befinden.

Der Schreibstil von Karin Seemayer ist super angenehm und das Buch liest sich wirklich gut an einem Stück weg. Ich für meinen Teil bin begeistert und der 2. Teil „Das Geheimnis des Nordsterns“ steht schon in der Warteschleife. Allerdings werde ich dieses hören statt lesen.

Es fühlt sich so an, als ob dieses Buch mein Jahres-Highlight werden wird.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Wie weit geht eine Mutter?

Mutterliebe
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Nora Somwebers beste Freundin Kirsten hat sich das Leben genommen und es ist der Tag ihrer Beerdigung. Da Nora nicht möchte, dass Louisa, ihre 6jährige Tochter, mit dem Tod konfrontiert wird, übernachtet ...

Nora Somwebers beste Freundin Kirsten hat sich das Leben genommen und es ist der Tag ihrer Beerdigung. Da Nora nicht möchte, dass Louisa, ihre 6jährige Tochter, mit dem Tod konfrontiert wird, übernachtet diese bei ihrem Vater Matthias und seiner neuen Lebensgefährtin Ellis. Als Louisa am nächsten Morgen zum vereinbarten Zeitpunkt noch nicht zurück ist, glaubt Nora zuerst, dass Matthias die vereinbarte Besuchszeit „überstrapaziert“ hat. Eine telefonische Rückfrage ergibt jedoch, dass er Louisa pünktlich vor der Haustüre abgesetzt hat, sie jedoch nicht bei ihrer Mutter eingetroffen ist. Nachdem Nora und Matthias jeden in der Nachbarschaft nach Louisas Verbleib befragt haben und das Kind nun seit mehreren Stunden vermisst wird, schaltet Matthias die Polizei ein.

Die beiden Kommissare Wagner und Theede leiten die Suche nach Louisa. Bei der Vernehmung von Nora wird offenbar, dass diese gerne mal ein Glas Wein trinkt (auch mal zwei oder drei) und, dass sie – aufgrund einer Angststörung – hin und wieder Benzodiazepine (Beruhigungsmittel) nimmt. In Noras Post finden sie zuerst einen anonymen Brief mit der Aufschrift „Ich weiß, was Du getan hast“, dann wird der Polizei ein Brief zugespielt, der von der verstorbenen Kerstin selbst stammt und eigentlich an Nora adressiert war.

Aufgrund der Informationen aus dem letzten Brief ihrer Freundin und der Tatsache, dass Nora als Krankenschwester arbeitet und somit Zugang zum Narkosemittel Propofol hat, gerät Nora in den Fokus der Ermittlungen. Hat Kirsten sich wirklich selbst getötet? Je tiefer die Polizisten bei ihren Ermittlungen in der Vergangenheit graben, desto mehr Ungereimtheiten ergeben sich.

Nora hätte wahrlich einen Grund gehabt, ihre Freundin Kerstin zu beseitigen, denn die Beiden teilen seit Jahren ein Geheimnis: Louisa ist nicht Noras leibliche Tochter.

Wie weit geht eine Mutter um ihr Kind zu schützen?

Rebecca Russ hat mit ihrer Protagonistin Nora Somweber einen Charakter erschaffen, der für mich als Leser nicht so recht greifbar war. Sie hat kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter, sie hat kein gutes Verhältnis zum Vater ihrer Tochter, sie hatte zuletzt auch kein gutes Verhältnis (mehr) zu ihrer besten Freundin Kirsten – eigentlich ist Nora ein einsamer Mensch, wäre da nicht ihre Tochter Louisa, die sie von ganzem Herzen liebt. Auf der einen Seite ist Nora mir so gar nicht sympathisch, auf der anderen Seite ist ihre Tochter verschwunden, was ihr dann doch mein Mitgefühl sichert.

Die Ermittlungen der beiden Kommissare bringen recht schnell ans Tageslicht, dass Louise nicht die leibliche Tochter von Nora ist und da Nora die Geschichte aus ihrer Perspektive erzählt, bekommt man mit jedem Ermittlungsfortschritt auch die Hintergrundgeschichte dazu geliefert. Nora lässt ihre Erinnerungen zu ihren Gedanken werden, die sie antreiben herauszufinden, wo sich Louisa befindet und von wem und warum sie entführt wurde.

Die ganze Geschichte ist so voller Geschehnisse und Wendungen, dass ich mich im Wechsel frage, ob Nora hier Täter oder doch Opfer ist. Zwischendurch kam mir sogar der Gedanke, dass Kerstin gar nicht tot ist und sie aus dem Hintergrund die ganzen Fäden zieht. Ganz so einfach hat die Autorin es jedoch nicht gemacht.

Die ein oder andere Vorgehensweise der beiden Kommissare – insbesondere Nora gegenüber – ist wahrscheinlich in der Realität nicht so ganz ok, aber es diente dem Fortgang der Geschichte, von daher war das für mich ok.

Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd, die Charaktere müssen einem nicht zwangsläufig sympathisch sein, damit man von dieser Geschichte eingefangen wird. Als Nebencharaktere agieren Noras Mutter, Noras Ex Matthias und seine neue Freundin sowie der Ex-Freund von Kirsten. Sie spielen ihre (wichtige?!) Rolle, werden jedoch – bis auf Noras Mutter – nicht tiefer beleuchtet, da der Fokus eindeutig auf Nora liegt. Auch zu den beiden Ermittlern bekommt man nicht viele Hintergrundinformationen, das muss aber auch nicht sein, es ist erfreulich, dass hier die Kommissare mal keine eigenen Probleme im Rucksack mitschleppen.

Kurz vor Ende war ich dann so verwirrt darüber, wer denn Louisa entführt haben könnte und, vor allem, warum? Bis zu diesem Zeitpunkt steht auch noch gar nicht fest, ob Louisa überhaupt noch lebt oder nicht. Um die Verwirrung noch größer zu machen, kommt dann auch noch Kerstins Ex-Partner ins Spiel und über meinem Kopf befinden sich nur noch Fragezeichen.

Die Auflösung kommt dann sowas von genial um die Ecke – das war überhaupt nicht abzusehen und hat der Geschichte einen wirklich guten und passenden Schluss verpasst.

Die Autorin hat hier eine Geschichte gesponnen, bei der deutlich wird, wie weit eine Mutter geht, um ihr eigenes Kind zu schützen. Es muss sich dabei nicht zwangsläufig um ein leibliches Kind handeln, Liebe folgt keiner DNA.

Mich hat dieses Buch begeistert und ich werde nach weiteren Büchern der Autorin die Augen offenhalten. Sehr kurzweilig, spannend und überaus überraschend.

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Veröffentlicht am 25.09.2022

Ursachen verstehen – erfolgreich behandeln

Diabetes Typ 2
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Seit geraumer Zeit bin ich in eigener Sache auf der Suche nach Antworten. Antworten darauf, warum es mir unmöglich ist mein Gewicht zu verringern. Ich bin nicht rundherum dick, ich habe in erster Linie ...

Seit geraumer Zeit bin ich in eigener Sache auf der Suche nach Antworten. Antworten darauf, warum es mir unmöglich ist mein Gewicht zu verringern. Ich bin nicht rundherum dick, ich habe in erster Linie Bauch. Will sagen – ich leide unter viszeralen Fettansammlungen, der ungesündesten Art von Fettleibigkeit, die es gibt. Dieses Bauchfett weist eine sehr hohe hormonelle Aktivität auf und steht in Zusammenhang mit der Entwicklung einer Insulinresistenz und dem metabolischen Syndrom.

Auf der Suche nach Antworten stoße ich immer wieder auf die Aussagen, dass man a) seinen Blutzucker unter Kontrolle bringen und b) seine Leber entlasten muss. Zu viel Glucose/Insulin im Blut kann zu einem Typ 2 Diabetes werden, eine verfettete Leber kann ebenfalls zu einem Typ 2 Diabetes werden. In der Regel lagert die Leber kein Fett ein, sie wandelt es in Energie um oder gibt es ins Blut – nimmt man jedoch zu viele Kohlehydrate und Fette durch die Nahrung zu sich, speichert die Leber das Fett zwangsläufig ab und es kommt zu einer nicht-alkoholischen Fettleber.

Auf meine Suche nach Lösungen bin ich auf dieses Buch gestoßen: Diabetes Typ 2: Ursachen verstehen – erfolgreich behandeln; Hilfe mit der Mitochondrientherapie. Mit einem Umfang von 104 Seiten ist das Buch schnell gelesen.

Die Autoren erklären die Ursachen der „Zuckerkrankheit“, erläutern wie unsere Zellen normalerweise die Glucose im Blut in Energie umwandeln und was passiert, wenn diese Zellabläufe nicht mehr funktionieren, wie sie es eigentlich sollen. Sie gehen auf die Themen oxidativer und nitrosativer Stress ein und wie antioxidative Vitamine helfen können, unsere körpereigenen Zell-Brennöfen – die Mitochondrien – zu unterstützen. Wir vernachlässigen leider auch gerne unseren Darm, dabei ist die Darmflora so unendlich wichtig für unsere Gesundheit.

Zum Schluss stellen Dr. B. Kuklinski und Dr. A. Schemionek noch ihre 7 Therapiesäulen vor, denen allem anderen voran und unabdingbar eine Ernährungsumstellung steht. Ein sehr umfangreiches Kapitel haben sie dem Thema „Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamin A, D und K“ gewidmet. Außerdem gehen sie auf die Themen Schlafqualität, Stressverringerung und Darmgesundheit ein.

Leider habe ich keinen Hinweis darauf gefunden, welche Zielgruppe von diesem Buch angesprochen werden soll. Die Autoren beginnen mit allgemein verständlichen Erklärungen, steigen dann tiefer in die Materie ein und bedienen sich dann zwangsläufig auch mehr und mehr fachlichen Bezeichnungen, die einen medizinischen Laien wahrscheinlich in Verwirrung stürzen. Ich habe keinen Diabetes (gerade in einem Selbstversuch mittels FreeStyle Libre3 getestet), ich bin „nur“ auf der Suche nach Antworten und ich habe die Aussage des Buches verstanden, wenn ich auch nicht jeden einzelnen Satz verstanden habe.

Meine Mutter jedoch, die an einem Typ 2 Diabetes leidet, und für die diese Informationen von großer Wichtigkeit wären, würde das Buch wahrscheinlich zur Hälfte ungelesen schließen, aufgrund der medizinischen Aufbereitung des Themas. Ich für meinen Teil werde die Nährstoff- und Vitaminempfehlungen auf jeden Fall umsetzen.

Veröffentlicht am 11.09.2022

Was geschah mit Tessi?

Der Buchhändler
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Erik Lange ist neu in der bayerischen Kleinstadt Neukirchen, Ortsteil Schönblick. Gerade erst von Frau und Tochter getrennt, möchte er hier einen neuen Lebensabschnitt beginnen und übernimmt in Neukirchen ...

Erik Lange ist neu in der bayerischen Kleinstadt Neukirchen, Ortsteil Schönblick. Gerade erst von Frau und Tochter getrennt, möchte er hier einen neuen Lebensabschnitt beginnen und übernimmt in Neukirchen eine renommierte Buchhandlung. Da seine Eltern ebenfalls eine Buchhandlung besitzen, kennt er sich auf diesem Gebiet bestens aus und fasst schnell Fuß in seinem neuen Laden. Erik ist ein geselliger Mensch, findet schnell Anschluss und wird Mitglied des Volleyballclubs. Als eines morgens die 9jährige Tochter eines seiner neuen Freunde verschwindet, stellt sich für Erik gar nicht die Frage, ob er bei der Suche mithilft oder nicht, er fühlt sich der Familie von Theresa verbunden. Während fast die ganze Einwohnerschaft von Schönblick nach der verschwundenen Tessi sucht, tragen Hauptkommissarin Judith Plattner und ihre Kollegin Pia Meyer die Fakten zum Fall zusammen. Schnell kristallisiert sich heraus, dass der Täter im persönlichen Umfeld des Mädchens zu suchen ist.

Social Media können sowohl Fluch als auch Segen sein und so wird gerade jetzt, als die Einwohner von Schönblick nach einem Schuldigen suchen, ein Detail aus Eriks Vorleben bekannt. Sofort wendet sich das Blatt, aus vorheriger Sympathie wird Misstrauen und „der Neue“ gerät in den Fokus. Natürlich kann es nur Erik sein, der für das Verschwinden der 9jährigen Tessi verantwortlich ist.

Kommt auch die Polizei zu diesem Ergebnis?

Petra Johann ist für mich keine unbekannte Autorin, ich habe jeden ihrer bisher veröffentlichen Kriminalromane gelesen. Mit „Der Buchhändler“ legt sie ihren ersten Thriller vor und ich wurde auch dieses Mal vom Inhalt nicht enttäuscht.

Die Autorin nimmt sich sehr viel Zeit ihre Protagonisten vorzustellen und in die Geschichte einzuführen, allen voran Erik Lange. Ebenso beschreibt sie die Atmosphäre des Kleinstadtlebens, was den Einstieg in die Geschichte durchaus etwas langatmig macht. Wer den Stil von Petra Johann kennt, der weiß aber, dass diese ausführliche Beschreibung nicht ohne Hintergrund geschieht.

Die Geschehnisse werden einerseits aus der Sicht von Erik Lange beschrieben, andererseits von einem neutralen Beobachter. Man erfährt, dass Erik von seiner Frau getrennt ist, die beiden eine Tochter haben und, dass das Verhältnis zu seiner Tochter sowohl gut, aber auch irgendwie kompliziert ist. Den Grund für die Trennung und warum Erik in einer anderen Stadt einen Neuanfang wagt, erfährt man – zuerst einmal – nicht.

Erik hat sich schnell eingelebt, er ist offen, sozialkompetent und hat keinerlei Berührungsängste. So findet er schnell Anschluss, aber natürlich wissen seine neuen Freunde nur das über seine Vergangenheit, was Erik bereit ist zu erzählen. Manche Freundschaften funktionieren aber durchaus auch, wenn man nicht jedes einzelne Detail aus der Vergangenheit des Anderen kennt. Genau während – oder gerade wegen – der Suche nach Tessi wird ein Detail aus Eriks Vergangenheit bekannt und nun schildert Petra Johann sehr eindrücklich, wie schnell und vehement sich eine Gruppe von Menschen auf einmal gegen eine einzelne Person stellen kann. Ohne zu hinterfragen, ob es sich bei diesem Detail um die Wahrheit oder Fake-News handelt, richtet sich nun die komplette negative Energie dieser Dorfgemeinschaft gegen „den Neuen“. Ist der Mob einmal aufgewiegelt, so schreckt er auch vor Selbstjustiz nicht zurück.

Während die Dorfgemeinschaft glaubt den Täter schon zu haben, ermitteln die beiden Polizeibeamtinnen weiter im engsten Umfeld der vermissten Kleinen und irgendwie hat jeder der Bewohner von Neukirchen etwas zu verbergen.

Durch die sehr ausführliche Vorstellung der Charaktere hat man als Leser das Gefühl ein Mitbewohner dieses kleinen Ortsteiles zu sein. Die Beschreibungen der Personen sind sehr real und auch die Gefühle, die sich nach und nach gegen Erik richten, sind fast greifbar. Die beiden Ermittlerinnen sind mir sehr sympathisch. Judith Plattner war wegen eines persönlichen Trauerfalles ein Jahr nicht mehr im Dienst und Pia Meyer entspricht zwar figürlich nicht unbedingt dem Idealbild einer Polizistin, aber das macht sie dadurch wett, dass sie in ihrem Beruf ihre Berufung gefunden hat.

Was mir bei allen Büchern von Petra Johann gefällt ist, dass sie ohne großartige Blutorgien auskommt und den Leser immer mit ausreichend Spannung versorgt. Auch wenn das für mich nicht ein typischer Thriller ist, so hat die Geschichte ihren ganz eigenen Sog entwickelt, der mich immer weiterlesen ließ. Es war irgendwie klar, dass die Auflösung der Geschichte eine andere sein muss und doch hat es mich überrascht, was letztendlich mit Tessi passiert war.

Wenn man sich am Anfang von den Längen nicht abschrecken lässt, bekommt man hier eine wirklich spannende Lektüre.

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