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Veröffentlicht am 06.07.2022

Spannender Endzeit-Thriller

Das U-Boot
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Die israelische Marinesoldatin Leah wird ausgewählt, um zur Foxtrott Crew zu gehören, einer U-Boot-Crew, die nur aus Frauen besteht. Bislang waren Frauen als U-Boot-Besatzung undenkbar, umso mehr freut ...

Die israelische Marinesoldatin Leah wird ausgewählt, um zur Foxtrott Crew zu gehören, einer U-Boot-Crew, die nur aus Frauen besteht. Bislang waren Frauen als U-Boot-Besatzung undenkbar, umso mehr freut sie sich, dabei sein zu können. Doch die Freude weicht bald ungläubigem Entsetzen, als bei einer Fahrt plötzlich alle Messinstrumente verrücktspielen und sie kurz darauf feststellen müssen, dass es auf der Erdoberfläche eine gewaltige Katastrophe gegeben hat und scheinbar alles Leben oberhalb des Wassers ausgelöscht ist.

Gleich zu Beginn des Buches lernen wir neben Leah auch den Ingenieur Tarik kennen, der mit seiner Familie im Gaza-Streifen lebt und für die Hamas einen Tunnel nach Ägypten gebaut hat. Auch er überlebt die Katastrophe gemeinsam mit seiner Tochter.

„Das U-Boot“ ist ein spannender Endzeit-Thriller von Hans Leister. Unerwartete Wendungen und detailliert gezeichnete Charaktere, gepaart mit einer gut durchdachten Geschichte, haben mich über weite Teile wunderbar unterhalten. Anders als die Überschriften anderer Rezensionen vermuten lassen (mehr als die Überschriften habe ich bislang allerdings nicht gelesen), hat mir der lange erste Teil sehr gefallen. Knapp 200 Seiten lang erfahren wir mehr über die Protagonisten und ihr Leben, lernen sowohl das Setting kennen als auch zahlreiche Fakten über U-Boote. Das Leben an Bord wird detailliert beschrieben, die teils klaustrophobischen Zustände, aber auch die schöneren Seiten. Dazu gibt es auch zahlreiche technische Aspekte, die an mancher Stelle ebenfalls sehr genau erklärt werden.

Leah hat mir als Protagonistin sehr gefallen. Von Beginn an habe ich ihre Geschichte gerne begleitet und ich kann verstehen, dass sie ein wenig enttäuscht oder – vielleicht besser gesagt - irritiert ist, als sie erfährt, dass sie für das U-Boot ausgewählt wurde, da sie Durchschnitt ist. Vermutlich gibt es kaum jemanden, der gerne hört, dass er nicht aufgrund besonderer Leistungen ausgewählt wurde, sondern weil man nirgendwo heraussticht. Mit Tarik bin ich nicht ganz so schnell warm geworden, dafür mochte ich seine leicht autistische Tochter umso mehr. Sie ist eine interessante junge Frau.

Der letzte Abschnitt macht einen gewaltigen Satz in die Zukunft und ich bin etwas zwiegespalten. Das Ende passt und dennoch hätte ich es mir anders gewünscht. Leider kann ich an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen, ohne zu viel zu verraten.

Gerade gegen Ende gibt es einige Verknüpfungen mit „Der Tunnel“, einem weiteren Buch von Hans Leister. Es ist in keiner Weise nötig, das Buch zuvor gelesen zu haben, aber „Das U-Boot“ macht neugierig darauf.

Mein Fazit: Ein spannendes Buch, das manche Leser im ersten Teil eventuell etwas langatmig finden, mir haben gerade diese ausführlichen Beschreibungen sehr gefallen und zum Ende hin wird es dann so richtig spannend. Für mich eine gelungene Mischung.

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Veröffentlicht am 22.06.2022

Stimmiger Abschluss

Das gefälschte Land
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Die Gefährten sind an einem Punkt angekommen, von dem aus es schon lange kein zurück mehr gibt. Längst ist klar, dass Prinz Tymur der Prinz Lüge ist, der Prinz der List und Schmeicheleien. Ihm ist nicht ...

Die Gefährten sind an einem Punkt angekommen, von dem aus es schon lange kein zurück mehr gibt. Längst ist klar, dass Prinz Tymur der Prinz Lüge ist, der Prinz der List und Schmeicheleien. Ihm ist nicht zu trauen, doch wem kann man schon trauen, in einem Reich, in dem die Dämonen unerkannt zurückgekommen sind?

Auch wenn ich bei den Vorgängerbänden den ein oder anderen Kritikpunkt hatte, so wollte ich doch unbedingt wissen, wie alles endet. Die Autorin Maja Ilisch hat bereits bewiesen, dass sie viele kreative Ideen hat, die es beinahe unmöglich machen, genaue Vorhersagen zu machen.

Dank Enidin gelangen die Gefährten zurück in Neraval, doch ihre Mission ist längst noch nicht beendet. Unbemerkt sind die Dämonen zurück und sitzen längst in den Zentren der Macht. Das zerbrechliche Bündnis der Gefährten wird erneut auf die Probe gestellt, denn im Kampf gegen die Dämonen werden sie alle gebraucht, ganz gleich, wer oder was sie sind.

Auch in diesem letzten Band lebt die Geschichte von den vier Protagonisten. Sie sind facettenreich, widersprüchlich und auch wenn die Stimmung eher düster und von Misstrauen geprägt ist, funktioniert das Zusammenspiel untereinander nahezu perfekt, was nicht heißen soll, dass sich die Protagonisten sonderlich mögen. Leider leiden die anderen Figuren ein wenig unter diesen starken Charakteren. Die meisten Nebenfiguren, selbst die Dämonen, wirken gegen die vier eher blass. Hier hätte ich mir an der ein oder anderen Stelle etwas präsentere Figuren gewünscht. Davon ab haben Enidin, Tymur, Kevron und Lorcan sozusagen „die Bühne gerockt“. Ihre Dialoge und Interaktionen waren - wie schon zuvor - großartig und es war spannend mitzuerleben, wie sie sich verhalten, welche Beweggründe sie für ihr Handeln haben und welche unerwartete Wendung sie als nächstes herbeiführen. Auch dieses Mal war Prinz Tymur für mich der faszinierendste Charakter. Widersprüchlich, manipulativ, undurchsichtig. Unterschwellig hatte ich immer das Gefühl, dass da noch mehr ist. Diese Spannung hat mich durch das gesamte Buch getragen.

Nun ist die Neraval-Sage vorbei. Es gefällt mir sehr, dass es der Autorin Maja Ilisch gelingt ein stimmiges Ende für jeden ihrer Protagonisten zu finden. Nicht immer hätte ich mir das Ende so gewünscht, aber ich muss zugeben, dass es passt und dass die Autorin einen wirklich gelungenen Schluss für das Buch bzw. die gesamte Trilogie gefunden hat.

Mein Fazit (sowohl für den finalen Band als auch für die gesamte Trilogie): Die Stärke der Neraval-Sage liegt vor allem in den Charakteren. Ihr großartiges Zusammenspiel lässt mich leicht über die ein oder andere Länge und die nicht ganz so ausgeilten Nebenfiguren hinwegsehen. Ein Buch, dass vor allem Fans epischer Fantasy gefallen dürfte.

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Veröffentlicht am 30.05.2022

Dänischer Cosy-Krimi

Tod im Trödelladen
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Gemeinsam mit einigen anderen Rentnern hält Anne-Maj Mortensen ehrenamtlich den gemeinnützigen Trödelladen im Ort am Leben. Anne-Maj ist zwar noch nicht lange dabei, aber sie hilft gerne im Laden aus und ...

Gemeinsam mit einigen anderen Rentnern hält Anne-Maj Mortensen ehrenamtlich den gemeinnützigen Trödelladen im Ort am Leben. Anne-Maj ist zwar noch nicht lange dabei, aber sie hilft gerne im Laden aus und als der alte Helmer stirbt, wittert sie ihre Chance, dessen alte Abteilung – die Bücher – zu übernehmen. Eigenartigerweise gibt es bald den nächsten Toten im Umfeld des Trödelladens. Vielleicht angesichts des Alters der Ehrenamtlichen nicht unbedingt verwunderlich, aber etwas passt nicht zusammen und Anne-Majs Bauchgefühl sagt ihr, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Dummerweise vertraut die Polizei nicht ebenso auf Anne-Majs Bauch und so beschließt sie auf eigene Faust mehr herauszufinden.

Dabei geht sie nicht unbedingt geschickt vor, zudem ist sie eine denkbar schlechte Lügnerin. Die Polizei, allen voran der junge Polizist Anders Hall, ermahnen Anne-Maj mehr als einmal, die Detektivarbeit der Polizei zu überlassen. Doch ein bisschen mit den Leuten plaudern kann doch eigentlich nicht schaden…

Anna Grues „Tod im Trödelladen“ wird als Hygge-Krimi beworben, quasi das dänische/ skandinavische Pendant zum cozy crime. Dementsprechend geht es natürlich um den Kriminalfall, aber auch um alles drum herum: um die älteren Herrschaften aus dem Trödelladen, unter denen es ein herrlich zu lesendes Gerangel um Kompetenzen und Ansprüche gibt, um Herrn Mortensen, den Dackel von Anne-Maj, der eine wichtige Rolle spielt und natürlich auch um ihre Familie, bestehend aus Tochter Iben und Enkelin Didi.

Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich gestaltet, auch wenn wir natürlich hauptsächlich Anne-Maj kennenlernen. Sie ist mir nichtmal übermäßig sympathisch, dennoch hat es Spaß gemacht, sie beim Ermitteln zu begleiten. Sie ist teils doch sehr von sich selbst überzeugt, weiß alles besser (vor allem was die Buchabteilung anbelangt) und fühlt sich schnell auf den Schlips getreten. Trotzdem hat sie das Herz auf dem rechten Fleck und ich mochte es, wie sie zwischendurch durchaus mit sich selbst hadert.

Der Humor kommt definitiv auch nicht zu kurz, meist, wenn Anne-Maj mal wieder vorprescht oder impulsiv handelt und sich rauswinden muss. Daneben mochte ich schlichtweg die Atmosphäre im Buch.

Das einzige, das mich in diesem, aber auch in anderen Büchern skandinavischer Autoren irritiert, ist die Tatsache, dass sich alle immer duzen. Für mich klingt das zwar befremdlich, trägt aber natürlich zum authentischen Setting bei.

Mein Fazit lautet daher: „Tod im Trödelladen ist ein Krimi, der einen zwar nicht atemlos zurücklässt, der aber Spaß macht und von seinen Charakteren und den lebendigen Beschreibungen der Autorin lebt.

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Veröffentlicht am 15.05.2022

Anders als erwartet

Der chinesische Zwilling
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Bis vor wenigen Wochen war Eva mit ihrem Leben völlig zufrieden. Voller Vorfreude erwartete sie ihr erstes Kind, ihr Mann Steen ging mit seinen Freunden Fußball spielen, alles lief in gewohnten Bahnen. ...

Bis vor wenigen Wochen war Eva mit ihrem Leben völlig zufrieden. Voller Vorfreude erwartete sie ihr erstes Kind, ihr Mann Steen ging mit seinen Freunden Fußball spielen, alles lief in gewohnten Bahnen. Doch urplötzlich ist alles anders. Die Babysachen stehen herum, Steen liegt gelähmt im Bett und die Polizei kommt mit beunruhigenden Nachrichten. Ein Grab wurde geöffnet und der Leichnam gestohlen. Kurz darauf wird die kleine Lotus aus dem Kindergarten entführt. Und Eva, die nach den Ereignissen der letzten Wochen selbst völlig am Ende ihrer Kräfte ist, kommt nicht umhin, selbst Nachforschungen anzustellen. Zu viele Ungereimtheiten, zu viele Geheimnisse.

Der Thriller von Sarah Engell beginnt mit einer befremdlichen Situation, offenbar in der Vergangenheit spielend. In nachfolgenden Kapiteln wird die Szene fortgesetzt und ich wusste das Geschehen eine lange Zeit nicht wirklich einzuordnen, zumal der zweite Handlungsstrang um Eva zunächst einmal weit davon entfernt zu sein schien. Daher habe ich mich gerade im ersten Drittel des Buches mehrfach gefragt, worauf, zum Teufel, das alles eigentlich hinauslaufen soll. Nach und nach tauchten dann jedoch immer mehr Puzzlestücke auf, die sich zwar zunächst nicht genau positionieren ließen, aber dennoch immer mehr vom Bild erahnen ließen – auch wenn es sich am Ende etwas anders darstellte, als erwartet.

Sarah Engell schafft es wunderbar Spannung aufzubauen, indem sie eine Atmosphäre erschafft, die bedrohlich wirkt, auch wenn man nicht genau weiß, von wo aus die Bedrohung kommt. Düster und ein wenig gruselig wirkt das Buch an mancher Stelle. War ich anfangs hauptsächlich verwirrt, so war ich zunehmend neugierig, was denn nun genau passiert ist und wer warum der Täter/ die Täterin ist. Bis auf zwei Punkte haben sich meine Fragen am Ende alle geklärt und zumindest der letzte bleibt wohl schlichtweg der Phantasie der Lesenden überlassen.

Insgesamt ein Buch, das völlig anders war, als ich vom Klappentext her vermutet hätte, das mir aber trotzdem gut gefallen hat. Thrillerfans sollten ruhig mal einen genaueren Blick wagen…

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Veröffentlicht am 28.04.2022

Literarische Naturwissenschaft

Als die Giraffe noch Liebhaber hatte
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Étienne Geoffrey Saint-Hilaire, Antoine de Lavoisier, Claude Bernard und Louis Pasteur – vier Forscher und Wissenschaftler und vier Geschichten. Jedem der vier widmet der Autor Michael Lichtwarck-Aschoff ...

Étienne Geoffrey Saint-Hilaire, Antoine de Lavoisier, Claude Bernard und Louis Pasteur – vier Forscher und Wissenschaftler und vier Geschichten. Jedem der vier widmet der Autor Michael Lichtwarck-Aschoff eine Erzählung. Jeder von ihnen hat in seinem Bereich zum Fortschritt beigetragen und neue Erkenntnisse gewonnen. Waren sie immer so zielgerichtet und beabsichtigt, wie viele Entdeckungen im Nachhinein erscheinen?

Die erste der vier Geschichten ist Étienne Geoffrey Saint-Hilaire gewidmet. Doch – ebenso wie die anderen Erzählungen – wird sie nicht aus der Sicht des Forschers erzählt. Vielmehr ist es ein Tierpfleger im Jardin du roi der über den bekannten Zoologen und Entwicklungsbiologen und seine Ideen bezüglich der menschlichen Anatomie berichtet. Es ist auch die Erzählung, der das Buch seinen Namen verdankt. Besagte Giraffe war einmal der Liebling im Jardin du roi.

„An dem schmutzigen, kleinen Paket hing ein Zettel. »Zurück an die Witwe Lavoisier. Er wurde zu Unrecht verurteilt«, stand darauf.“ (S.49) Die zweite Erzählung beginnt 1794, als der Chemiker Antoine de Lavoisier von der Guillotine geköpft wurde. Unter anderem verfasste er mit Kollegen eine neue, chemische Nomenklatur. Doch diese Erzählung beschäftigt sich in erster Linie mit seiner Erforschung des Stoffwechsels. Lavoisiers Laborgehilfe Jean-Marie ist in diesem Fall derjenige, der uns berichtet und durch den wir erfahren, welche Rolle Madame Lavoisier und ein Fasan dabei spielten.

Joseph Meister ist eine zentrale Figur im dritten Teil, denn er ist der erste Mensch, der vollständig gegen Tollwut geimpft wurde – und zwar von niemand geringerem als Louis Pasteur. In dieser Erzählung – der längsten – geht es um die ersten Schritte im Bereich der Impfforschung, um Zeitgeschichte, aber auch um Macht und Verrat. Eine spannende Erzählung.

Claude Bernard ist die Hauptfigur der letzten Erzählung und der einzige im Bunde, mit dessen Namen ich auf Anhieb nichts verbinden konnte. Der Arzt und Physiologe war davon überzeugt, dass alle Theorien durch Fakten belegt werden müssten, wofür Experimente, auch Tierversuche, nötig seien. Auch beschrieb er die Bedeutung des „inneren Milieus eines Lebewesens“.

Der Erzähltondes Buches ist einerseits eher nüchtern, doch es gibt immer wieder Abschnitte, die schon beinahe poetisch zu nennen sind. Auffällig sind auch die teils sehr präzisen Beschreibungen, die sicherlich dem medizinischen Hintergrund des Autors geschuldet sind. Michael Lichtwarck-Aschoff ist ehemaliger Intensivmediziner und außerplanmäßiger Professor für Anästhesiologie und Intensivmedizin.

Mir hat es sehr gefallen, dass er eher unbeachtete Personen die Geschichten der vier Berühmtheiten erzählen lässt. Mal ist der Ton eher traurig, mal komisch aber immer voller Respekt für die beschriebenen Personen. Insgesamt ein Buch, das sicher nicht jeden gleichermaßen in seinen Bann schlagen wird, doch gerade für naturwissenschaftlich oder medizinisch interessierte Leser ein wunderbares Buch.

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