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Veröffentlicht am 24.09.2018

Nicht jedermanns Liebling

Walter muss weg
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Dieser Krimi ist nur etwas für Liebhaber. Für Liebhaber einer genau bemessenen, doppelbödigen Sprache. Der Schreibstil von Thomas Raab ist daher natürlich Geschmackssache.

Ich empfehle deshalb ...

Dieser Krimi ist nur etwas für Liebhaber. Für Liebhaber einer genau bemessenen, doppelbödigen Sprache. Der Schreibstil von Thomas Raab ist daher natürlich Geschmackssache.

Ich empfehle deshalb vor dem Kauf reinzulesen bzw. sich die Leseprobe anzuschauen. Ich bin mir ja nicht sicher ob Herr Raab von natur aus so gut schreibt oder dies mit einiger Unterstützung aus dem Lektorat gelungen ist, fast jeden Satz so zu temperieren, dass sich sprachlich eine maximale Schlagkraft mit stets präsentem schwarzem Humor entfaltet. Deshalb empfinde ich es als Affront, dass der KiWi Verlag uns zwar den Titelbilddesigner und den Autorenfotograf verrät, nicht jedoch das Lektorat!

Ein Beispiel gefällig für diese ungewöhnlich kauzige Sprache? "Ruckzuck schwingen die Fenster auf, stecken die Glaubenthaler ihre Köpfe heraus, als wäre Weltspartag und die längst geschlossene Postsparkasse wieder geöffnet. Mittlerweile kann sich ja sogar die Zweigstelle drüben in Sankt Ursula ihre Spargeschenke sparen, denn selbst in der Sockenlade zuhause findet die alte Huber bessere Zinsen."

Da wird denn vor lauter Grinsen über die Macken und Schrullen der Dorfbewohner die eigentliche Geschichte zur Nebensache. Wer sich das fragt: die alte Huberin trägt nach Jahrzehnten zuneigungsloser Ehe ihren Mann zu Grabe. Er ging zum Herrgott direkt nachdem er kam. Das Kommen allerdings erledigte er zuvor in einem sehr irdischen Dienstleistungsbetrieb. Dummerweise fällt der Sarg bei der Beerdigung mit etwas zuviel Schwung in die Grube, der Deckel geht auf und drin liegt - nun ja- nicht Walter, der Mann der Huberin. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Ein wenig mehr Fokussierung auf die Handlung hätte das Lesen weniger anstrengend und flüssiger gemacht. Aber alles in allem ein lesenswerter, wenn auch sehr ungewöhnlicher Provinzkrimi.

Veröffentlicht am 24.09.2018

Schönes Zeitzeugnis

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Die junge Elisabeth, aus armen Verhältnissen stammend, sieht bei ihrer Schwester, dass ein Leben in der Ehe in der damaligen Zeit nicht immer ein Zuckerschlecken ist und beschließt selbstständig ...

Die junge Elisabeth, aus armen Verhältnissen stammend, sieht bei ihrer Schwester, dass ein Leben in der Ehe in der damaligen Zeit nicht immer ein Zuckerschlecken ist und beschließt selbstständig zu leben. Selbstständig, das heißt unvorstellbar lange Tage als Krankenwärterin in der Charité zubringen.

Martha Vogelsang ist die geachtete Berliner Stadthebamme, sie hilft den Kindern von arm und reich auf die Welt zu kommen. Doch allzu oft ist sie machtlos und Mütter und Kinder sterben unter ihren Händen.

Ludovica ist Gräfin, doch gefangen in einer Ehe mit einem Mann der ihr zuwider ist und sie schlecht behandelt. Doch zum Glück, nach langer Zeit, erwartet sie endlich ihr erstes Kind und kann so die Erbfolge sichern.

Um diese interessanten weiblichen Figuren baut Ulrike Schweikert ihren Roman über die Charité auf. Sie spart dabei nicht mit den Härten der damaligen Zeit. Es fließt Blut, operiert wird ohne Narkose (die war damals noch nicht erfunden) aber mit kräftigen Männern, die den Patienten festhalten, der Wundbrand und das Kindbettfieber grassieren auf den Stationen, Syphiliskranke werden mit Quecksilber sowohl vergiftet als auch kuriert, es herrscht unbeschreiblicher Gestank und die Menschen kommen nur allzu oft nicht mehr lebend aus der Charité.

Man ahnt es schon: was in diesem Hörbuch nicht im Vordergrund steht sind romantische Tändeleien, diese kommen zwar vor, begleiten und ergänzen diesen Roman aber eher, als dass sie Selbstzweck sind. Man lauscht Beate Rysopps angenehmen Vortrag wenn sie von Professor Dieffenbachs bahnbrechenden Operationen erzählt, aber auch von der Verzweiflung, wenn sich hoffnungsvolle Patienten in Todgeweihte verwandeln.

Dieses Hörbuch ist ein wirklich gut gemachtes Stück Erzählkunst, ich habe jeder der fast 9 Stunden genossen. Fans von Ulrike Schweikert können bedenkenlos zugreifen, Fans von medizinsichen Romanen und historischen Geschichten die nicht immer "klassisches Mittelalter" sein müssen, sei ebenfalls geraten sich in die Charité zu begeben.


Veröffentlicht am 11.07.2018

Auftakt nach bewährtem Muster

Dream Maker - Sehnsucht (The Dream Maker 1)
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Ich würde ja Frau Carlan wirklich mal gern persönlich kennen lernen. Sie scheint scheinbar eine große Freundin von schematischen Abläufen zu sein.

War in ihrer bekannten Reihe "Calendar Girl" alles schön ...

Ich würde ja Frau Carlan wirklich mal gern persönlich kennen lernen. Sie scheint scheinbar eine große Freundin von schematischen Abläufen zu sein.

War in ihrer bekannten Reihe "Calendar Girl" alles schön schematisch nach Monaten unterteilt und der erste Band somit von januar bis März reichend, wird hier nach Städten geflirtet und geschnackselt. Von Paris über New York nach Kopenhagen.

Ich komme nicht umhin beide Serien zu vergleichen. In Calendar Girl prostituiert sich eine junge Frau um die Spielschulden ihres Vaters zu begleichen. Ganz schön traurig und mies, doch dabei trifft sie auf ihre große Liebe, sonst wäre es ja keine Audrey Carlan- Story. In Dream Maker hingegen geht es um den jungen, erfolgreichen Parker Ellis, der mit seinem Unternehmen International Guy Kundinnen auf der ganzen Welt coacht und dabei auch gern mal flachlegt, professionell geht irgendwie auch anders. Irgendwie aber auch ein bisschen sexistisch, finde ich, wenn sie sich aus Zwang prostituiert, ist er einfach zu blöde ist Job und Privatleben zu trennen. Aber irgendeinen Aufhänger hat die Autorin halt gebraucht, damit die Erotikstory um Parker ins Rollen kommt, kann ich verstehen; von einem die Frauen wegknallenden Müllmann mag ja auch keiner gern hören.

Die Geschichte an sich verläuft wieder nach dem Carlan- tyypischen Strickmuster und bietet damit kurzweilige erotische Unterhaltung nah am Mainstream. Sven Macht macht mächtig was her als Sprecher (geiles Wortspiel, sorry...). Er erzählt die Geschichte packend und mit angenehm tiefer Stimme, lediglich Alicia Hofer für die 2-3 Kapitel aus Skylers Sicht hätte es wirklich nicht gebraucht, so mittendrin und kurz wirkt sie wie ein Fremdkörper, das hätte der mächtige Sven auch gern lesen können.

Wer leichte Unterhaltung für die spritzigen Momente des Lebens (no pun intended!) sucht, ist hier genau richtig.

Veröffentlicht am 16.03.2018

Interessanter Krimi

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Erstmal möchte ich anmerken, dass die Covervorschau kaum etwas mit dem echten Buch zu tun hat. Es ist wundershön in Leinen gebunden, mit goldenem Prägedruck der Scherenschnitte von Goethe und Schiller, ...

Erstmal möchte ich anmerken, dass die Covervorschau kaum etwas mit dem echten Buch zu tun hat. Es ist wundershön in Leinen gebunden, mit goldenem Prägedruck der Scherenschnitte von Goethe und Schiller, des Titels und auch des Klappendrucks auf der Rückseite. 

Zur Geschichte selbst ist zu sagen, dass hier ein mehr als passabler historischer Krimi geliefert wurde, in dem Goethe und Schiller selbst als Ermittler im frühneuzeitlichen Frankfurt auftreten und sich bemühen einem Komplott auf die Spur zu kommen. Der Autor beschreibt die beiden Dichter als erfrischend humorvolle und gewitzte Persönlichkeiten. 

Ein nettes Gimmick ist die immer wieder eingestreute altdeutsche Schreibweise von Worten wie "Thüre", das sorgt für zusätzliches Flair. 

Kurzum: nett gemachte, sehr kurzweilige Unterhaltung für Fans von historischen Krimis.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Genialer ermittler, gute Story, hörenswert!

Schlüssel 17 (Tom Babylon-Serie 1)
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Dieses Hörbuch ist der Auftakt zu einer Serie rund um den Ermittler Tom Babylon. Genau wie sein Name kein gewöhnlicher ist, ist auch seine Vorgeschichte keine normale. Früh zum Halbwaisen geworden, entwickelt ...

Dieses Hörbuch ist der Auftakt zu einer Serie rund um den Ermittler Tom Babylon. Genau wie sein Name kein gewöhnlicher ist, ist auch seine Vorgeschichte keine normale. Früh zum Halbwaisen geworden, entwickelt er eine starke Bindung zu seiner jüngeren Schwester Viola. Umso mehr wird sein Leben als Teenager erschüttert, als seine kleine Schwester verschwindet. Bis heute glaubt er nicht an ihren Tod. Jetzt, als Erwachsener, und Komissar bei der Kripo, sieht er sich einer Mordserie gegenüber die ihre Schatten in seine Vergangenheit wirft, bis zur Zeit kurz vor Violas Verschwinden...

Max Raabe zeichnet ein interessantes Portrait eines ruhelosen, getriebenen Ermittlers der seine Vergangheit nicht abschütteln kann. Schlaglichtartig beleuchtet er in den Szenen, leider geraten dadurch fast alle Charaktere bis auf Sita Johanns aus dem Fokus und bleiben blass. Insbesondere Toms Jugenfreund Bene hätte mich deutlich mehr interessiert, scheint er doch eine zwielichte Größe im Nachtleben geworden zu sein.

Spannend wird es in der Geschichte auch immer an jenen Punkten, an denen sich die Machenschaften von Stasi und DDR- Eliten bis zum heutigen Tage auswirken. Ein genial konstruierter Fall.

Mit Sascha Rotermund hat man für dieses Hörbuch einen bekannten Sprecher verpflichtet, der es versteht dieses Buch lebendig zu lesen. Sogar den sächsischen Dialekt von Morten senior bekommt er authentisch hin. Chapeau.

Ein guter Serien- Auftakt mit kleinen Mängeln, Krimi- Fans mit Fokus auf deutschen Autoren sei diese Geschichte aber angeraten!