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Veröffentlicht am 17.01.2022

✎ Elke Thompson - Dürfen wir noch kuscheln?

Dürfen wir noch kuscheln?
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Krebs ist ein Arschloch. Immer. Doch wenn (kleine) Kinder involviert sind - egal, ob selbst erkrankt oder eine nahestehende Person -, wird es ganz besonders schwierig. Dann fehlen einem die Worte. Man ...

Krebs ist ein Arschloch. Immer. Doch wenn (kleine) Kinder involviert sind - egal, ob selbst erkrankt oder eine nahestehende Person -, wird es ganz besonders schwierig. Dann fehlen einem die Worte. Man versucht, über Bücher eine Brücke zu schlagen, denn Worte sind meist zu abstrakt, als dass sie sie verstehen könnten. Und was ist, wenn es kein passendes Werk gibt? Man schreibt selbst eins.

Elke Thompson hat genau dies getan.

In "Dürfen wir noch kuscheln?" wird aus der Sicht einer 3-Jährigen - ihrer Tochter - erzählt, welche Fragen seitens der Kinder auftauchen, wenn die Diagnose 'Krebs' im Raum steht.

Die Autorin hat in ihrem Werk ihre eigenen Erfahrungen verarbeitet. Genau das merkt man auch. Entstehung des Krebses, Chemotherapie, Bestrahlung, Operation - all dies wird kindgerecht erklärt. Und doch ist es ganz schön viel, was da auf Kinderseelen zukommt.

Belaste ich mein Kind zu sehr, wenn ich offen über das Thema rede?

Peter Kravitz, Psychotherapeut, beantwortet einige Frage der Erwachsenen im Anhang. Er plädiert dafür, ehrlich zu sein. Kinder spüren, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Außerdem lernen die Kleinsten auf diese Weise, dass man IMMER zu jemanden gehen kann / sollte, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt - egal, ob etwas im / am Körper oder seelisch / Gefühle.

Dieses Kinderfachbuch nimmt sowohl Eltern als auch Kinder an die Hand, um die erste Phase - Was wird demnächst alles auf uns zukommen? - greifbarer zu machen. Dass eine 3-Jährige in der ich-Form erzählt, macht das Thema für Kinder in diesem Alter verständlicher.

Einzig über das Wort 'Indianerehrenwort' bin ich ein wenig gestolpert. Ein einfaches 'Ehrenwort' hätte hier auch gereicht.

"Dürfen wir noch kuscheln?" zeigt auf, welche Ängste Kinder entwickeln und wie Erwachsene diese auffangen können. Es ist ein gutes Buch, um einen Einstieg in diese sensible Thematik zu finden, ohne zu überfordern.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 14.01.2022

✎ ZO-O - Die Ecke

Die Ecke
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Welche Worte sind angemessen für ein Buch, welches fast gänzlich ohne Worte auskommt?

Ich hatte "Die Ecke" ein paar Mal in sozialen Medien gesehen und bin neugierig geworden. Ausnahmslos alle lobten dieses ...

Welche Worte sind angemessen für ein Buch, welches fast gänzlich ohne Worte auskommt?

Ich hatte "Die Ecke" ein paar Mal in sozialen Medien gesehen und bin neugierig geworden. Ausnahmslos alle lobten dieses Debüt und so besorgte ich es mir - ohne vorher einen Blick rein zu werfen oder den Klappentext zu lesen.

Als es dann bei mir ankam, war ich erstmal erstaunt. Ich konnte im ersten Moment nichts damit anfangen. Zwar liebe ich Geschichten - ich lese sehr viel(seitig) - und ich in der Schule schrieb ich selbst gerne Aufsätze, doch mit reinen Bilderbüchern hatte ich mich irgendwie noch nie beschäftigt.

Meine Angst ging dahin, dass ich mir nicht genug ausdenken könnte für unser Kind. Es ist so unheimlich wissbegierig. Singt und textet den ganzen Tag. Hat eine blühende Fantasie. Und das mit nicht mal 4 Jahren. Da kann ich einfach nicht mithalten.

Also legte ich das Werk erstmal wieder zur Seite.

Beim regelmäßigen Vorlesen kam es jedoch, dass das Kind genau dieses Buch aus dem Regal nahm. Und ich Schweißausbrüche. Ich dachte: "Ok, wir schauen uns es jetzt einmal gemeinsam an und legen es nach 2 Minuten zur Seite, weil es mein Kind nicht interessieren wird."

Doch was dann geschah, konnte ich selbst kaum glauben:

Die Worte sprudelten aus mir heraus. Auf manchen Seiten verweilten wir richtig lange, weil wir über die Zeichnungen sprachen - über das, was wir sahen; über das, was wir nicht sahen.

Und seitdem ist es ein regelmäßiger Begleiter bei unseren Leserunden. Mal erzähle ich. Mal erzählt unser Kind. Doch oft erzählen wir einfach gemeinsam.

Die Lektüre hat meinen Horizont in einer Weise erweitert, die ich selbst nicht für möglich gehalten habe. Ich brauchte nicht krampfhaft nach Worten suchen, um mein Kind zu unterhalten. Die Illustrationen sprechen für sich und lassen die Worte einfach fließen.

Momentan schauen wir: Welche Ecke darf sich das Kind ganz nach den eigenen Wünschen einrichten? Sie fragte natürlich, ob sie auch die Wände bemalen dürfte. Das habe ich jedoch abgefangen, indem ich vorschlug, dass wir Bilder aufhängen, die beliebig ausgetauscht werden können. Glück gehabt! lach

Die Illustratorin ZO-O hat für uns also ein ideales Bilderbuch geschaffen.

Bereits mit ihren 3 Jahren merkt mein Kind, dass, egal, wie schön das eigene Zuhause ist, man immer auch andere Menschen benötigt, um glücklich und ausgeglichen zu sein. Sie ist ein sehr kontaktfreudiger Mensch und ihr fällt Isolation sehr schwer. ZO-O gestaltet dies auf 27 Doppelseiten ausdrucksstark ohne überladen zu wirken.

Für uns ein sehr wertvolles Buch, welches wir mit Sicherheit noch einige Male zusammen anschauen werden und irgendwann nimmt sie es sich auch alleine zur Hand und erzählt ihrem Hasi ihre ganz eigene Geschichte ...

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 10.01.2022

✎ Daniela Drescher - Bertie Pom und das große Donnerwetter

Bertie Pom und das große Donnerwetter
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Als ich das Buch entdeckte und den Klappentext las, wollte ich es unbedingt haben.
Als ich das erste Mal reinschaute und den vielen Text sah, war ich mir sicher, dass es für meine 3-Jährige zu viel auf ...

Als ich das Buch entdeckte und den Klappentext las, wollte ich es unbedingt haben.
Als ich das erste Mal reinschaute und den vielen Text sah, war ich mir sicher, dass es für meine 3-Jährige zu viel auf einmal sein wird.

Beim ersten Lesen - ich hatte das Buch ausgesucht - hörte sie auch tatsächlich nur ganz kurz zu und wollte dann ein anderes Werk anschauen. Ich sah meine anfängliche Skepsis bereits bestätigt und dachte einfach, dass wir noch ein wenig warten, bevor es dafür Zeit ist.
Beim zweiten Lesen - sie hat sich aktiv das Buch aus dem Regal genommen - haben wir zusammen die ganze Geschichte angeschaut und hinterher sogar noch darüber geredet. Dabei liegen lediglich ein paar Tage zwischen diesen zwei Ereignissen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Die Illustrationen sind traumhaft: Detailliert, doch nicht überladen. Sie vermitteln auf jeder Seite die entsprechenden Gefühle. Es gibt so viele Kleinigkeiten zu entdecken, sodass wir das Bilderbuch mittlerweile manchmal einfach nur in die Hand nehmen, um über die Zeichnungen zu sprechen. Durch sie fällt es meinem Kind auch leicht, sich allein hinzusetzen und eine Handlung zu erzählen.

Eine kleine Besonderheit gibt es ebenfalls: Der Text hat auf (fast) jeder Seite eine andere Farbe. Sie wurde der jeweiligen Zeichnung angepasst, was sich super ins Bild einfügt.

Doch nicht nur bei den Bildern hat Daniela Drescher ganze Arbeit geleistet.

Bertie Pom ist ein toller Charakter! Die Geschichte ist liebevoll, spannend und lehrreich, ohne mit erhobenem Zeigefinger daher zu kommen.

Der Apfelwicht ist einfach herzallerliebst. Ohne darüber nachzudenken, rettet er seine Freunde und bietet ihnen Unterschlupf vor dem Donnerwetter.

Gekonnt wurden hier Werte wie Freundschaft, Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, gemeinsame Zeit, aber auch Ängste in eine Erzählung gepackt, in die man ganz leicht eintauchen kann.
Schon den Kleinsten wird gezeigt, dass nach jedem Donnerwetter die Sonne wieder raus kommt.

Der Verlag vergibt eine Altersempfehlung ab 3 Jahren. Bei uns war es ein wenig früh, daher denke ich, dass der lange Text eher ab 4 oder 5 Jahren so richtig mit allen Details bei den Kindern ankommt.

Wir würden Bertie Pom gerne noch länger begleiten und hoffen auf mehr Abenteuer des kleines Wichtels.
Auf alle Fälle werden wir uns weitere Bücher der Autorin anschauen.

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 08.01.2022

🍰✎ Britta Honeder - Tante Tillys Tod

Tante Tillys Tod
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Als meine Uroma zu Hause starb, war ich 15. Ich begleitete sie bis zu ihrem letzten Atemzug. Sie hatte es sich damals gewünscht, zu Hause sterben zu dürfen. Zuerst waren die Verwandten dagegen. Ich durfte ...

Als meine Uroma zu Hause starb, war ich 15. Ich begleitete sie bis zu ihrem letzten Atemzug. Sie hatte es sich damals gewünscht, zu Hause sterben zu dürfen. Zuerst waren die Verwandten dagegen. Ich durfte noch keine Stimme haben, ich war wohl zu jung. Zum Glück hat man sich letzten Endes doch dazu entschieden, ihr diesen Wunsch zu erfüllen.

In "Tante Tillys Tod" erzählt Lisa, wie sie den Tod ihrer Tante miterlebt.

Dabei wird anfangs kindgerecht erklärt, was Krebs ist, warum Tilly die Haare ausfallen und was ist Lisas Vorstellung 'Bestrahlung' bedeutet. Nichts Kompliziertes und doch auf einer Ebene, die Kinder wirklich einbindet und nicht wegschiebt.

Wir erleben, wie alle der Sterbenden helfen wollen und dabei eins ganz besonders zählt:

"Darum geht es nämlich: da sein. Auch wenn ich oder Mama [...] sonst nicht mehr viel tun können. Da sein geht immer."

Dieses Gefühl hatte ich damals bei meiner Uroma ebenfalls: Sie wusste, dass ihr nicht mehr geholfen werden kann, aber sie wollte in einer ihr vertrauten Umgebung sterben, mit Menschen, die sie kennt. Ihr war es wichtig, dass ich da war, nicht, dass ich etwas Bestimmtes tat.

Im Buch wird auch Lisas Furcht vor dem Tod thematisiert. Ein ganz wichtiger Punkt. Ebenso, dass sie offen mit ihrer Tante darüber redet. (und später auch mit ihrer Mutter und dass beide Erwachsene diese Furcht gleichfalls zugeben) So finden sie Strategien, um sich gegenseitig Mut zu machen.

Einen wunderschönen Gedanken finde ich, dass es ein 'Seelenschmetterlingsparadies' gibt. Das ist ein Regenbogen. Dort sind alle bunten Seelenschmetterlinge von verstorbenen Leuten. Und wenn er am Himmel zu sehen ist:

"Dann kann mich ihr Seelenschmetterling bestimmt gerade besonders gut sehen."

Mit Lisa wird sehr offen kommuniziert. So wird zum Beispiel über Tante Lillys Selbstbestimmung über lebenserhaltene Maßnahmen geredet und was der Sterbenden jetzt gerade wichtig ist.

"Sie findet, dass sie jetzt sterben darf.
Gesund kann sie nicht mehr werden, und vom Kranksein hat sie die Nase voll."

"Tante Tilly-Gesetz
§1 Das Recht des Menschen auf Kuscheln ist unantastbar.
§2 Jeder Mensch darf leben, bis er tot ist."

Zudem legt der Arzt ihr die Fakten auf den Tisch und redet nicht um den heißen Brei herum. Viele Erwachsene denken, sie müssten Kinder schonen, aber genau das ist in meinen Augen falsch. Die Kleinen spüren sehr wohl, wenn etwas nicht stimmt und fühlen sich gegebenenfalls alleine gelassen und ausgeschlossen.

"[...], hat er ganz ehrlich gesagt, dass Tante Tilly wahrscheinlich nicht mehr so lange leben wird. Vielleicht heute oder morgen noch."

"Ich mag unseren Arzt, weil er immer so ehrlich ist und mir echte Antworten gibt.
Bei anderen Erwachsenen merke ich ganz oft genau, dass sie mir irgendwas verheimlichen, weil ich ja "nur" ein Kind bin. Das ärgert mich dann ziemlich und macht mich noch trauriger."

Auch das Abschiednehmen nimmt in dieser Lektüre einen großen Raum ein. Lisa darf vor dem Tod Abschiednehmen - als ihre Tante das noch mitbekommt - und ihr wird hinterher so viel Zeit mit der Toten (allein) eingeräumt, wie sie benötigt. Sie wird dabei jedoch nie sich selbst überlassen.
Beim Aufbahren dürfen Lilly und ihr kleiner Bruder ebenfalls helfen. Dort werden nochmal ehrlich Gefühle angesprochen, die damit einhergehen.

Im Anschluss gibt es einen 'Fachteil für Kinder' und einen 'Fachteil für die "Großen"'.
Im ersteren werden die Kleinen direkt angesprochen. Es wird viel über Gefühle geschrieben, es gibt zwei Mitmachseiten, auf denen gezeichnet werden kann, und vor allem werden die Kinder ermutigt. Ermutigt zu reden, zu fragen und zu den Gefühlen zu stehen.
Im zweiten Teil schreibt die Autorin "Ein Plädoyer für eine lebendige Sterbebegleitung". Etwas, was ich persönlich absolut unterschreiben kann und umsetzen werde, falls es von meinen Liebsten so gewünscht wird. Ich habe es schon einmal erlebt und es ist eines der wichtigsten Ereignisse in meinem Leben bis heute.

Dieses Buch bleibt bei uns, bekommt den Sonderstatus 'Sahnestückchen' verliehen und wird mir zu gegebener Zeit sicher eine große Hilfe sein.
Von mir gibt es auf alle Fälle eine Leseempfehlung an Leute, die sich entweder bereits in dieser Situation befinden oder (kleine) Kinder haben und sich auf eine solche Begebenheit vorbereiten wollen.
Der Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 5 Jahren. Bei entsprechender Begleitung ist dieses Werk auch schon 1, 2 Jahre früher einsetzbar.

"Lieber Tod!
Ich möchte mir ein Beispiel an dir nehmen.
Jedes Lebewesen ist dir recht.
Jedes Lebenswerk ist dir recht.
Jeden lässt du so sein, wie er ist,
nimmst ihn am Ende in den Arm
und machst ihn unsterblich."

©2022 Mademoiselle Cake

Veröffentlicht am 01.12.2021

✎ Andrea Schomburg - Das Geheimnis der gelben Tapete

Das Geheimnis der gelben Tapete
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Ich habe "Das Geheimnis der gelben Tapete" zufällig bei uns in der Bibliothek entdeckt und fand den Klappentext so ansprechend, dass ich es kurzerhand auslieh und las.

Für Erwachsene ist es natürlich ...

Ich habe "Das Geheimnis der gelben Tapete" zufällig bei uns in der Bibliothek entdeckt und fand den Klappentext so ansprechend, dass ich es kurzerhand auslieh und las.

Für Erwachsene ist es natürlich ein kurzweiliges Buch. Mit seinen knapp 60 Seiten ist es schnell durchgelesen. Vor allem, weil diese paar Seiten ein Geheimnis enthalten, welches es zu enthüllen gilt.

Andrea Schomburg hat einen angenehmen und vor allem fesselnden Schreibstil. Ich war richtig bei Emilia dabei, habe mitgefiebert und mitgelitten. Auch die zwei Ebenen, auf denen die Geschichten spielen, waren nicht zu kompliziert.

Freundschaft ist etwas, was in diesem Alter einen sehr hohen Stellenwert hat. Die Kinder müssen sich noch finden und werden nicht selten enttäuscht. Daher wird es Leserinnen leicht fallen, Emilia in den verschiedenen Situationen zu verstehen.

Das Werk bietet ganz viel Gesprächsstoff in ganz verschiedene Richtungen: Das Jahr 1955; was Mobbing mit einem anrichtet; was Freundschaft wirklich bedeutet. Ideal also für eine Klassenlektüre.
Es ist ein spannender Roman für geübte Erstleser
innen, der zum Nach- und Weiterdenken anregt.

©2021 Mademoiselle Cake