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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.04.2023

Hervorragender 20er Jahre Krimi mit Suchtpotential

Melodie des Bösen
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Wir sind zurück in Paris. Knapp ein halbes Jahr nach den Maldoror Morden kehrt Julien Vioric zurück in die Stadt. Die nächste Mordermittlung lässt nicht lange auf sich warten, da ein genialer Pianist tot ...

Wir sind zurück in Paris. Knapp ein halbes Jahr nach den Maldoror Morden kehrt Julien Vioric zurück in die Stadt. Die nächste Mordermittlung lässt nicht lange auf sich warten, da ein genialer Pianist tot aufgefunden wird. Gleichzeitig wird ein menschliches Herz am Grab von Chopin abgelegt, was Vioric an einen ungelösten Mordfall vor über 10 Jahren erinnert.
Wir treffen auch alte Bekannte wieder: Lysanne, Heloise und Luis Aragon sind wieder mit von der Partie und es fühlt sich wieder genauso rund an, wie bei Stadt der Mörder. Nun allerdings gilt dem Jazz und den Einwanderern aus den französischen Kolonien und den USA die Aufmerksamkeit. Ich durfte wieder viel dazu lernen, diesmal über die Musik der 20er Jahre, undnd wie im ersten Teil treten fiktive und reale Charakter parallel auf.

Die schöne und bildhafte Sprache hat mich wieder sofort abgeholt. Die Kriminalgeschichte war ordentlich aufgebaut und super spannend, auch wenn ich dem Mörder dieses Mal auf die Spur kommen konnte. Besonders gefallen hat mir die Ärztin Elsa Lammée und ich hoffe sehr, dass wir sie im nächsten Teil auch wiedersehen dürfen.
Nächster Teil? Ja, bitte! Nicht nur, weil das Buch mit einem kleinen Cliffhanger endet, es wird auch auf den Auftritt von Josephine Baker im Revuetheater angespielt, weshalb ich mir dies als Schauplatz der nächsten Ermittlungen sehr gut vorstellen kann. Und dann gibt es ja noch so viele interessante Persönlichkeiten, die auf jeden Fall das Potential haben als Protagonist in den nächsten Fällen von Vioric eine Rolle zu spielen… vielleicht Picasso? Oder Getrude Stein?

Es gibt eine Sache, die mir besonders positiv aufgefallen ist und die ich deshalb explizit hervorheben möchte:
Seit ich Der große Gatsby gelesen habe, mag ich Bücher über die 20er-Jahre wirklich gerne. Dabei bedienen sich einige (naja, viele) Autoren der damaligen Sprache; vermutlich um Authentizität zu suggerieren. Dabei stoßen mir regelmäßig rassistische Ausdrucksweisen auf. Aber es geht auch anders: hier fällt kein einziges Mal das N-Wort, obwohl wir einigen Rassisten und Nationalisten begegnen. Der Roman büßt damit in keiner Weise an Authentizität ein. Da können sich andere Autoren eine Scheibe abschneiden!

Wie beim ersten Teil gibt es für mich nichts zu kritisieren und daher eine uneingeschränkte und ganz große Leseempfehlung für alle Krimiliebhaber und Musik-affine Bücherwürmer. Wer Stadt der Mörder noch nicht gelesen hat, es aber plant, sollte die Reihenfolge einhalten und zuerst diesen Teil lesen um sich nicht selbst zu spoilern.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Unterhaltsam und spannend von der ersten bis zur letzten Seite

Tote schweigen nie
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Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. ...

Cassie Raven ist Sektionsassistentin in einer Pathologie in London. Sie liebt ihren Job und manchmal scheint es als hauchen ihr die Verstorbenen noch etwas zu um Cassie zu verraten wie sie gestorben sind. Doch eines Tages liegt ihre Lehrerin und Mentorin Mrs Edwards vor ihr im Sektionssaal und Cassie kann und will nicht glauben, dass sie durch einen tragischen Unfall gestorben ist. Nachdem einige gruselige Dinge in der Pathologie passieren, vertraut sich Cassie Detective Phyllida Flyte an und das ungleiche Team beginnt mit den Ermittlungen…

Ja, es geht um Leichen und ja es wird auch berichtet, wie eine Sektion so abläuft. Aaaaaber: das alles gestittet und objektiv, nicht voyeuristisch oder blutig. Natürlich sollte man so etwas abkönnen, aber wer den Klappentext liest (oder meine Kurzzusammenfassung), dem wird klar sein was ihn erwartet. Der sorgsame Umgang von Cassie mit den Verstorbenen fand ich wirklich toll. Sie spricht mit Ihnen, als ob sie noch am Leben wären. Das mag im ersten Augenblick seltsam klingen, aber für mich hat das alles perfekt gepasst, da wir Cassie als sehr empathischen und liebevollen Menschen kennenlernen. Detektive Phyllida Flyte soll das krasse Pendant dazu darstellen, kalt und unnahbar, aber die Fassade bröckelt nach einigen Seiten und ich konnte sie genauso schnell ins Herz schließen wie Cassie. Die polnische Großmutter von Cassie macht die Geschichte noch rund und sie ist genauso liebenswürdig wie die beiden anderen Frauen.

Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und die Geschichte super spannend. Ich lese viele Krimis und rätsel super gerne mit, aber hier bin ich wirklich nicht auf die Lösung gekommen. Ich hab das Buch an zwei Abenden durchgelesen, weil ich es einfach nicht beiseite legen konnte und es gibt wirklich überhaupt gar nichts, was ich hier bemängeln könnte oder wollte. Deshalb eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alles Krimiliebhaber. Ich jedenfalls freue mich jetzt auf den zweiten Teil - Wer mit den Toten spricht.

Veröffentlicht am 25.03.2023

Ein fantastische Ausflug in die Literaturwelt der 20er Jahre

Die Verlegerin von Paris
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Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und ...

Lizzy, Tochter einer reichen englischen Familie, entflieht der Langeweile ihrer Ehe mit einem amerikanischen Mann. Sie möchte selbstbestimmt leben und reist zusammen mit Professor Moore, ihrem Mentor und Hauslehrer ihrer Kindheit, nach Paris. Dort trifft sie auf Künstler und Schriftsteller und ein ganz anderes Leben als das was sie als verheiratete Frau in New York erlebt hat.

Vorneweg: mir hat das Buch wahnsinnig gut gefallen. Viele Geschichten aus den 20er Jahren sind verständlicherweise düster und kritisch. Aber hier lernen wir mal eine andere Seite kennen. Lizzy durchläuft zwar eine etwas klischeehafte Wandlung zur klassischen Flapper, aber das Setting ist toll gewählt und für alle Literaturinteressierte und Buchliebhaber ein Fest. Es laufen uns allerhand Schriftsteller über den Weg von Ernest Hemingway bis James Joyce und wir lernen viel über das Verlegen von Büchern zur damaligen Zeit. Dabei spielt Shakespeare & Company, eine Buchhandlung, die es tatsächlich gab, und deren Inhaberinnen Sylvia Beach und Adrienne Monier eine entscheidende Rolle. Hier trifft Fiktion auf Realität, da beide Frauen zu engen Freundinnen von Lizzy werden. Wirklich fantastisch!
Ich habe mich an Midnight in Paris erinnert gefühlt (btw: wer den Film mit Owen Wilson nicht kennt - bitte unbedingt ansehen!).

Die Story ist an manchen Stellen etwas vorhersehbar, aber das tut dem Lesespass überhaupt gar keinen Abbruch, weil die Atmosphäre einfach so toll ist. Wenn man unbedingt etwas finden möchte, was vielleicht nicht so glücklich gelungen ist, dann ist es die Darstellung von Ezra Pound. Er ist meines Empfindens nach einfach zu positiv gezeichnet. Es wird zwar thematisiert, dass er ein Anhänger des Faschismus ist, aber hier hätte ich mir eine viel klarere Distanzierung gewünscht.

Alles in allem eine ganz klare Leseempfehlung für alle Bücher- und Literaturliebhaber!

Veröffentlicht am 11.03.2023

Unfassbar spannend und aufwühlend

Fünf Winter
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Joe McGrady ist Polizist in Honolulu und wird zu einem grausamen Verbrechen gerufen. Schon bald findet er sich inmitten des zweiten Weltkrieges wieder und muss nicht nur um sein Leben bangen, sondern sich ...

Joe McGrady ist Polizist in Honolulu und wird zu einem grausamen Verbrechen gerufen. Schon bald findet er sich inmitten des zweiten Weltkrieges wieder und muss nicht nur um sein Leben bangen, sondern sich auch fragen wem er vertrauen kann.

Das Setting ist unfassbar gut. Wir starten auf Hawaii, überqueren den Pazifik und landen in Hongkong und Tokyo. Schon als ich die erste Seite aufschlug ratterte es in meinem Kopf… 7. Dezember 41, Honolulu… Pearl Harbor! Ich finde es immer toll, wenn ich mit Hilfe einer (dann auch noch super spannenden) fiktiven Geschichte was über reale Geschehnisse lernen kann. Also noch mal kurz das Gedächtnis auffrischen warum die Japaner damals eigentlich Pearl Harbor angegriffen haben. Dann durfte ich noch was über die Clipper, eine Flugboot, lernen, wie unfassbar weit der Weg von Hawaii nach Hongkong ist und ein paar japanische Gepflogenheiten. So etwas holt mich immer sofort ab.

Der Schreibstil ist sehr angenehm flüssig und es baut sich ein ordentlicher Spannungsbogen auf, bis die Spannung auf den letzten 100 Seiten wirklich kaum mehr auszuhalten ist. Gekrönt wir das Ganze mit einem wie ich finde sehr überraschenden Twist, den ich wirklich nicht kommen sah.

Einziger kleiner Kritikpunkt: Stellenweise bekommen wir es mit ziemlich viel Gewalt zu tun. In Bezug auf den Krieg ist das für mich passend, aber unabhängig davon wird auch häufig Polizeigewalt beschrieben. McGrady selbst merkt einmal an, dass Mordfälle in Räumen voller Akten aufgeklärt werden. Was als Anspielung auf seinen Partner zu verstehen ist, der dazu eher die Fäusten in einem Vernehmungsraum einsetzt. Dass diese Gewaltszenen teils wirklich sehr detailliert und ausufernd beschrieben werden, führt die Bemerkung McGradys im Prinzip ad absurdum. Ich könnte mir vorstellen, dass dieser scheinbare Widerspruch vom Autor beabsichtigt war. Für mich hätte hier allerdings der Krieg und die in diesem Zusammenhang beschriebenen Gräueltaten wie Exekutionen und Erniedrigungen als Beweis dafür, dass Gewalt keine Lösung ist, ausgereicht.

Eine absolute und uneingeschränkte Empfehlung für alle Krimi- und Thrillerfans und historisch Interessierte.

Veröffentlicht am 19.02.2023

Willkommen zurück in Coopers Chase!

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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Dieses Mal arbeiten unsere vier Lieblings-Senioren am ungelösten Todesfall von Bethany Waites. Die Journalistin ist vor zehn Jahren bei der Recherche zu einem großen Betrugsfall ermordet worden. Und als ...

Dieses Mal arbeiten unsere vier Lieblings-Senioren am ungelösten Todesfall von Bethany Waites. Die Journalistin ist vor zehn Jahren bei der Recherche zu einem großen Betrugsfall ermordet worden. Und als hätte das Quartett nicht schon genug zu tun, wird dann auch noch Elizabeth entführt…

Was soll ich sagen, außer dass es war mir eine außerordentliche Freude war die Vier wieder beim Ermitteln zu begleiten. Ich habe das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen und musste mehr als einmal laut auflachen. Ich meine ganz ehrlich, wo sonst schauen Gangsterbosse Bake Off?! Wie könnte man Connie Johnson nicht lieben, auch wenn sie Drogen im ganz großen Stil verkauft? Für mich macht das einen wahren cosy Krimi aus - durch die herzlichen Senioren dürfen wir immer hinter die Fassade der „Bösen“ blicken, die dann auf einmal einfach nur ganz normal Menschen sind und auch gerne eine Tasse Tee trinken und schnacken möchten.

Es liest sich flüssig runter und die Erzählweise ist angenehm. Die Kapitel sind, wie bei den vorangegangenen Teilen auch, teilweise als Tagebucheinträge von Joyce geschrieben. Durch ihre Gedanken wird manchmal erst klar, wie sie nun in dem Fall vorangekommen sind, schließlich haben wir es mir vier Ermittlern Ü70 zu tun, die in einer Seniorenresidenz leben und nicht mit der Polizei. Joyce ist so herzlich naiv, da würde man als Leser vielleicht sonst nicht unbedingt drauf kommen. Und nicht so viel lachen.

Eine Empfehlung von Herzen, nicht nur für Krimi-Liebhaber. Hier fließt definitiv mehr Tee, Whisky und Cider, als Blut, sodass auch alle Fans einer sehr guten Komödie auf ihre Kosten kommen. Wer Kluftinger, britischen Humor, und mittelmäßigen Rotwein (der aber umsonst ist!) mag, wird den Donnerstagsmordclub lieben. Bitte fangt allerdings am besten mit dem ersten Teil an, weil die Hauptprotagonisten nicht nochmal ausführlich vorgestellt werden. Mal abgesehen davon, dass euch sonst ziemlich viele Lacher entgehen würden.