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Veröffentlicht am 01.05.2024

In Windeseile gelesen!

Windstärke 17
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"Windstärke 17" ist der zweite Roman von Caroline Wahl. Nachdem ich letzten Sommer ihr Debüt "22 Bahnen" mit Begeisterung gelesen habe, konnte ich den Nachfolger nun gar nicht erwarten. Einige ...

"Windstärke 17" ist der zweite Roman von Caroline Wahl. Nachdem ich letzten Sommer ihr Debüt "22 Bahnen" mit Begeisterung gelesen habe, konnte ich den Nachfolger nun gar nicht erwarten. Einige Jahre sind vergangen und die kleine Ida ist inzwischen erwachsen geworden, aber ihr Leben ist ein Hurrikan. Im Gegensatz zu ihrer großen Schwester Tilda, die man aus "22 Bahnen" als fokussierte, gefestigte Person kennt, die klare Ziele im Leben hat, wirkt Ida schwankend und fragil. Nachdem ihre Mutter gestorben ist, fühlt sie nur noch Trauer und Wut, weiß nicht wohin mit sich und ihrem Leben und steigt kurzerhand in den nächsten Zug nach Rügen. Dort wird sie von dem älteren Ehepaar Knut und Marianne aufgenommen, die Ida im Sturm ihrer Emotionen neuen Halt geben. Schließlich trifft sie auch noch auf Leif und der Wind dreht sich...

Um die Geschichte und Idas Gefühle vollständig zu verstehen, ist es sicher sehr hilfreich, den Vorgängerroman zu kennen. Die große Schwester Tilda ist in "Windstärke 17" eine Randfigur, man erfährt hier nun wirklich in erster Linie mehr über Ida, die seit dem Ende von "22 Bahnen" eine starke Entwicklung durchlaufen ist. Ich fand es sehr interessant, sie nun als (fast) Erwachsene kennenzulernen! Die stürmisch, turbulente Zeit des Erwachsenwerdens macht ihr zu schaffen und im Vergleich zu "22 Bahnen" ist dieser Roman etwas trauriger bzw. melancholischer geschrieben. Das liegt sicher auch an den verarbeiteten Themen, die alle nicht ganz einfach sind wie z.B. Sucht, Tod und Trauerbewältigung. Dennoch gibt es in "Windstärke 17" immer wieder heitere Momente und Caroline Wahl verwendet wie in ihrem Debütroman einen lockeren, authentischen Schreibstil. Modern, aber niemals aufgesetzt - ich bin wie in Windeseile von Seite zu Seite geflogen und war begeistert!

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Veröffentlicht am 02.04.2024

Süß und sauer

Die Frauen der Familie Carbonaro
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Endlich geht es mit der Familiensaga um die Carbonaros weiter und dieses Mal erleben die LeserInnen die Geschichte aus der Perspektive der Frauen. Während im ersten Band vor allen Dingen der ...

Endlich geht es mit der Familiensaga um die Carbonaros weiter und dieses Mal erleben die LeserInnen die Geschichte aus der Perspektive der Frauen. Während im ersten Band vor allen Dingen der Lebensweg des Patriarchen Barnaba Carbonaro im Mittelpunkt stand, kommen nun seine Frau Pina, deren Schwiegertochter Anna und die Enkelin Maria zu Wort. Ich habe mich sehr auf diese Fortsetzung gefreut, aber leider konnte ich keine volle Punktzahl vergeben - wie bei Zitrusfrüchten vermischt sich Saures mit Süßem.
Leider las sich vor allem der erste Teil des Romans wie eine Wiederholung und es gab mir zu viele Parallelen zum ersten Buch. Zwar fand ich eine gewisse Auffrischung der Informationen hilfreich, um wieder in die Geschichte zu kommen und sich an die vielen Charaktere zu erinnern, aber alles in allem war mir das dann doch zu umfangreich. Es kam keine rechte Spannung auf, weil ich schon wusste, wie sich die Handlung entwickelt und es voraussehbar wurde. Außerdem war es manchmal schwierig dem roten Faden zu folgen und den Überblick über die vielen Personen zu behalten, da die Erzählung über die drei Generationen hinweg vor- und zurückspringt und man sich immer wieder vergegenwärtigen muss, in welcher Zeitebene man sich gerade befindet. Dass ist doppelt verwirrend, wenn Namen doppelt auftauchen. Da musste ich manches Mal überlegen, wer jetzt eigentlich gemeint ist.
Nichtsdestotrotz ist der Roman aber gut geschrieben und er liest sich ansonsten leicht weg. Das italienische Flair wird gut vermittelt und ich halte die Familiensage der Carbonaros deswegen auch für ein geeignetes Sommerbuch! Und im zweiten Teil wird es auch deutlich interessanter! Gerade die Münchner Jahre, die von der Enkelin Maria erzählt werden, haben mir sehr gut gefallen und dann wird auch endlich eine neue Perspektive aufgemacht und die Handlung entwickelt sich weiter. Am Ende erfährt man dann auch Neues über den Werdegang der Carbonaros und es wird interessanter, aber leider erfolgt das wie gesagt etwas zu spät für mich. Aber gerade das Ende des Romans hat mich nun doch neugierig auf einen weiteren Band der Reihe gemacht, von dem ich hoffe, dass er die Geschichte der Enkelgeneration aufgreift und weiterspinnen wird.
Zusammenfassend war das Buch wie eine Zitrusfrucht für mich: irgendwie erfrischend und leicht zu lesen, teilweise etwas "sauer" durch die vielen Parallelen zum ersten Buch, aber gegen Ende doch mit einer gewissen "Süße", die mich am Ende die Lektüre noch recht positiv bewerten lässt.

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Copperhead verzaubert wie Copperfield

Demon Copperhead
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Jetzt ist es erst März und ich glaube, mein Buch des Jahres schon gefunden zu haben! Copperhead hat sich wie ein Copperfield in mein Herz gezaubert und es war keine Seite zu viel, obwohl Kingsolvers ...

Jetzt ist es erst März und ich glaube, mein Buch des Jahres schon gefunden zu haben! Copperhead hat sich wie ein Copperfield in mein Herz gezaubert und es war keine Seite zu viel, obwohl Kingsolvers Roman so ein dicker Wälzer ist. So hatte ich immerhin möglichst lange etwas von dem Buch und konnte Demons Geschichte lange verfolgen. Definitiv wird es ein Lesehighlight 2024 sein.
Copperfield habe ich hier auch nicht zufällig erwähnt, denn die Autorin nimmt diesen bekannten literarischen Helden von Charles Dickens als Vorlage und adaptiert dessen sozialkritische Erzählung für ihre Region und Zeit, sodass David Copperfield mit Demon Copperhead zu einem modernen, typisch amerikanischen Gesellschaftsroman wird. Die Kritik an der die Lebensumstände bestimmenden Armut, die Empörung über deren Folgen für Kinder und Mitgefühl für die Vernachlässigten am Rande der Gesellschaft sind (leider) über die Jahrhunderte gleich geblieben und man müsste wirklich die literarische Vorlage noch einmal lesen, um alle Parallelen zu erkennen.
Mit großer Wucht und Emotionalität schildert Kingsolver Demons Entwicklung, sodass es teilweise zu Tränen rührt. In ärmlichen Verhältnissen geboren, wird er zum Drogenwaisen und daraufhin von Station zu Station weitergereicht. Dennoch behauptet er sich und verliert trotz aller Hürden nicht den Lebensmut. Aber als Teenager gerät er bedingt durch seine gesellschaftlichen und sozio-ökonomischen Lebensumstände trotzdem in die Fänge des Drogenmilieus und all seine kindlichen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft scheinen dahin. Die Stimmung im Roman ändert sich hier merklich. Während im ersten Teil ein lockerer, schnodderiger Ton des pragmatisch, aber zuversichtlich in die Zukunft blickenden Demon vorherrschte, wird es im zweiten Teil emotionaler, resignierter, zum Teil sogar etwas bitter aufgrund der zerstörten Hoffnungen. Aber der schwarze Humor kommt auch immer wieder durch und die Lektüre ist für mich ein Vergnügen geblieben. Demon ist ein ganz außergewöhnlicher Held: selbstbewusst, risikofreudig, pragmatisch und verwegen. Seine Erzählstimme ist schnodderig und modern, sodass der Roman auch Identifikationspotential für Jugendliche hat, die trotz des beachtlichen Umfangs zu diesem Buch greifen sollten! Viele sollten sich in Demons Problemen und seiner Entwicklung wiedererkennen und am Ende schafft es der Protagonist ja auch trotz aller Widerstände sein Leben zu meistern! Gerade dieses Ende liest sich wunderbar, wie ein Filmabspann, und bringt die Lektüre zu einem krönenden Abschluss.
Auf seinem Weg trifft Demon zudem auf eine Vielzahl verschiedener Charaktere, die das Buch zu einem vielschichtigen Werk machen. Vor allem Angus habe ich unter den ganzen Nebenfiguren ins Herz geschlossen. Mein einziger kleiner Kritikpunkt wäre, dass es bei diesen vielen Personen manchmal schwierig ist, den Überblick zu behalten, aber das soll dieses einzigartige Werk nicht schmälern! Ich bin verzaubert von Demon Copperhead!

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Veröffentlicht am 03.03.2024

Überbewertet

Yellowface
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So viele begeisterte Lesestimmen zu diesem Buch und ich habe einen ganz anderen Eindruck gewonnen… Da kann ich kaum glauben, dass wir von demselben Roman sprechen. Aufgrund des großen Rummels ...

So viele begeisterte Lesestimmen zu diesem Buch und ich habe einen ganz anderen Eindruck gewonnen… Da kann ich kaum glauben, dass wir von demselben Roman sprechen. Aufgrund des großen Rummels rund um die Veröffentlichung von „Yellowface“, der Lobeshymnen und auch des Klappentextes, der eine interessante, kontroverse Thematik verspricht, habe ich etwas ganz anderes, viel mitreißenderes und anspruchsvolleres erwartet. Ich persönlich bin dahingehend leider enttäuscht worden und halte das Buch für überbewertet. Aber zum Glück sind Geschmäcker ja verschieden…

Inhaltlich hat mich „Yellowface“ enttäuscht, da ich die Handlung als recht vorhersehbar empfunden habe. Vieles war durch den Klappentext vorweg genommen und es kam für mich keine rechte Spannung auf. Wie gesagt hat das Thema des Romans (kulturelle Aneignung) auch definitiv Potential und war mit ein Grund, warum ich das Buch gerne lesen wollte. Aber meiner Meinung nach wird das Potential für kontroverse, reflektierende Betrachtungen hier von der Autorin nicht ausgeschöpft und die Problematik wird nicht differenziert genug betrachtet oder durch neue, überraschende Sichtweisen angereichert. Schade, nachdem ich Interview mit der Autorin in der ZEIT gelesen habe, bin ich mit anderen Erwartungen an ein Werk von ihr herangegangen.
Ebenso hat sie mich sprachlich enttäuscht, da der Roman literarisch wenig anspruchsvoll ist. Die überwiegend kurzen Sätze sind ohne sprachliche Finesse oder Hintersinn und der Text wirkt für den Massengeschmack recht beliebig verfasst. Dazu war mir die Erzählerin sehr unsympathisch, da sie so selbstverliebt und arrogant wirkte. Im Roman fehlte mir ein Sympathieträger und ich konnte keine Verbindung zu den Charakteren und ihrem Schicksal aufbauen.
Allerdings gibt es zugegebenermaßen auch bessere Passagen, wenn es z.B. um die Vermarktungsstrategien im Verlagswesen geht oder die Erzählerin doch mal etwas tiefgründigere Gedanken zur Autorenschaft anstellt. Die vielmals angesprochenen satirischen Elemente sind erkennbar, aber liegen nicht auf meiner persönlichen Geschmackslinie.
Daher kann ich den ganzen Hype rund um „Yellowface“ nicht nachvollziehen. Mich hat der Roman nicht gefesselt und es gibt inhaltlich und sprachlich so viel bessere Bücher, die weniger beworben werden. Ich habe mich sogar schon gefragt, ob der Verlag selbstironisch extra so eine Marketingwelle losgetreten hat, um die ganze Dynamik aufs Korn zu nehmen. Ohne den ganzen Hype würde der Roman wahrscheinlich nicht so gefeiert werden… Doch vielleicht wird in den sozialen Medien z. B. bei TikTok oder instagram auch einfach ein anderer Stil bevorzugt, mit dem ich nichts anfangen kann? Eine Menge Leser und Leserinnen scheint „Yellowface“ ja begeistert zu haben. Mein Lieblingsbuch wird es wohl nicht mehr werden.

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Veröffentlicht am 31.01.2024

Schockierende Jagd über die Seiten

Trophäe
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Atemlos habe ich da Buch nach der letzten Seite zugeschlagen und war schockiert von diesem kraftvollen Roman. Gaea Schoeters stellt moralische Fragen über die Würde des Menschenlebens vor allem im Kontext ...

Atemlos habe ich da Buch nach der letzten Seite zugeschlagen und war schockiert von diesem kraftvollen Roman. Gaea Schoeters stellt moralische Fragen über die Würde des Menschenlebens vor allem im Kontext der Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents auf bewegende Weise, die in dieser Intensität seinesgleichen sucht.
Der reiche Amerikaner Hunter White geht regelmäßig in Afrika auf legale Trophäenjagd und redet sich ein gutes Gewissen ein, da er durch sein Geld den Schutz der wilden Tiere in den Reservaten fördere, wo sie vor Wilderern geschützt sind. Gleichzeitig können die Mitglieder der heimischen afrikanischen Stämme dort leben, doch für van Heeren, den Reservatbesitzer und Hunters Jagdleiter, sind sie mehr als nur Teil der afrikanischen Kulisse: er unterbreitet Hunter ein schockierendes, unmoralisches Jagdangebot, das über die Grenzen des Menschlichen hinausgeht…
Obwohl der Roman am Ende so ein gewaltiges Tempo aufnimmt, habe ich dennoch etwas Anlaufzeit gebraucht, da die Jagdszenen auf verschiedene Tiere sehr detailliert und teilweise minutiös geschildert werden, was auf Dauer langweilig werden kann. Die Jagd ist wirklich das zentrale Thema und der Fokus der Handlung, wobei die Autorin ethische Fragen zu mehreren Themen aufwirft. Da wären z.B. die Moral der Jagd, Kolonialismus und die Dominanz der Weißen, Pantheismus der Naturvölker oder Respekt vor der Natur, in der Mensch, Fauna und Flora Eins sind. Was unterscheidet überhaupt den Menschen vom Tier?
Ebenso detailliert beschreibt Gaea Schoeters die Wildnis Afrikas. Es entsteht der Eindruck, dass sie ihr Setting gut kennt und sie schafft es, mit Worten ein intensives Bild der afrikanischen Savanne vor dem inneren Auge der Leser zu erschaffen. Jedoch kann ich selbst nicht beurteilen, wie authentisch diese Bild ist, da ich noch nie in Afrika war, oder ob die Autorin hier eine westliche Perspektive bei der Beschreibung einnimmt. Jedenfalls hat mir der Roman den Blick in eine neue Welt eröffnet, da ich vorher nicht viel über die Kultur und das Jagdverhalten der afrikanischen Naturvölker wusste.
Der Roman weist eine steile Spannungskurve auf. Während das erste Kapitel der Exposition eines Dramas gleicht und im zweiten Kapitel sich die Handlung langsam entwickelt, beginnt im dritten Abschnitt die entscheidende Jagd und endet als Höhepunkt mit einem Abschuss. Aber erst dann im vierten Kapitel nimmt die Handlung so richtig Fahrt auf und die atemlose Jagd um Leben und Tod über die Seiten beginnt. Dabei ist man als Leser ganz nah im Kopf des Protagonisten und spürt seine zum Zerreißen gespannten Nerven selbst beim Lesen. Die Atmosphäre wird in diesem Teil des Buches deutlich dramatischer und dunkler. Im letzten Kapitel wird die bedrohliche Situation mit besonders grausamen Bildern beschrieben, was sicher nicht für jedermann leicht zu verkraften ist und mich atemlos zurückgelassen hat. Stilistisch unterstreicht die Autorin diese Hetzjagd durch ein Satzstakkato, das die Leser von Seite zu Seite treibt. Deswegen hat es sich gelohnt, den etwas lahmenden Anfang durchzuhalten und weiterzulesen, denn „Trophäe“ ist thematisch aufrüttelnd und in seiner Drastik provokativ, sodass es mich erschüttert und zum Nachdenken über die aufgeworfenen, moralischen Fragen gebracht hat.
Zuletzt sei bemerkt, dass der Roman auch literarisch sehr interessant ist, da die Autorin auf andere Werke wie „Heart of Darkness“ oder die Jagdliteratur von Ernest Hemingway verweist. Da lohnt sich sicher noch das Querlesen!

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