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Veröffentlicht am 19.08.2018

Lia und Raymond

Die fremde Prinzessin
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Im Mittelpunkt des vierten (und vermutlich letzten) Teils der Geraldines-Reihe steht Basilia de Clare, die sich am liebsten Lia nennt.
Sie wächst als Tochter des normannischen Ritters Richard de Clare ...

Im Mittelpunkt des vierten (und vermutlich letzten) Teils der Geraldines-Reihe steht Basilia de Clare, die sich am liebsten Lia nennt.
Sie wächst als Tochter des normannischen Ritters Richard de Clare und der walisischen Magd Elen im von den Normannen besetzten Striguil in Wales auf. Während ihrer Kindheit fühlt sie sich keinem der beiden Völker wirklich zugehörig und hat mit der Ablehnung durch die Dorfbewohner zu kämpfen. Einzig in Raymond le Gros, einem Mitglied der berühmten Familie der Geraldines, findet sie einen Verbündeten.
Ihr Leben nimmt eine bedeutende Wendung, als ihr Vater sie nach Irland holt, wo er seine Macht festigen und ausbauen will. Dazu dient auch seine Ehe mit der irischen Prinzessin Aoife, welche allen politischen Hintergedanken zum Trotz sehr glücklich verläuft. Auch Basilia freundet sich bald mit ihrer nur wenig älteren Stiefmutter an.
Endlich scheint sie an einem Ort angekommen zu sein, wo sie glücklich sein kann. Doch dann verheiratet ihr Vater sie mit einem Mann, den sie verabscheut, obwohl er weiß, dass ihr Herz für Raymond schlägt.

Wie schon in den Vorgängern, handelt es sich auch diesmal bei den meisten Protagonisten um reale historische Persönlichkeiten. Da die sie betreffenden überlieferten Fakten häufig eher spärlich sind, hatte die Autorin aber viel Spielraum für ihre eigenen Interpretationen.
Die Geschichte wird aus Lias Perspektive erzählt. Ich konnte mich dabei gut in sie hineinversetzen und mit ihr mitfühlen und häufig mitleiden. Es ist schön zu beobachten, wie sich ihre Persönlichkeit verändert, sie immer mehr Selbstbewusstsein gewinnt und ihr Schicksal aktiv bestimmen will, und mitzuverfolgen, wie sich ihre Beziehungen zu Raymond und auch anderen Personen in ihrem Umfeld entwickeln.
Sämtliche Protagonisten sind lebendig und nachvollziehbar gezeichnet, mit positiven wie negativen Eigenschaften ausgestattet, ohne allzu viel Schwarz-Weiß-Malerei.
Doch nicht nur Lias Werdegang sorgt für einige Spannung, die Handlung ist auch vor einem sehr interessanten Hintergrund angesiedelt. Das Bestreben der Engländer, sich in Irland zu etablieren, wird von einigen Problemen und immer wieder gewaltsamen Auseinandersetzungen begleitet. Etwas gefehlt hat mir hierbei jedoch die Darstellung der irischen Seite. Die Iren sowie auch die dort siedelnden Ostmänner kommen nur als Feinde oder – oftmals unzuverlässige – Verbündete der Normannen vor. Ihre eigenen Standpunkte bzw Rechte werden kaum thematisiert. Aber natürlich kann man von einem Roman keine Objektivität erwarten.

Die Lektüre gestaltete sich jedenfalls unterhaltsam und fesselnd, und ich bin schon gespannt, wohin Sabrina Qunaj uns als nächstes entführen wird.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Aus dem Leben in den Highlands

Sein blutiges Projekt
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Graeme Mcrae Burnet hat hier einen großartigen Roman geschaffen, bei dem es mich nicht wundert, dass manche Leser ihn für die Wiedergabe realer Ereignisse gehalten haben.
Er besteht aus einer Zusammenstellung ...

Graeme Mcrae Burnet hat hier einen großartigen Roman geschaffen, bei dem es mich nicht wundert, dass manche Leser ihn für die Wiedergabe realer Ereignisse gehalten haben.
Er besteht aus einer Zusammenstellung „historischer“ Dokumente, welche sich auf einen spektakulären Mordfall beziehen. Dieser hat sich 1869 im winzigen Dörfchen Culduie in den schottischen Highlands zugetragen. Als Täter steht der siebzehnjährige Roderick Macrae fest. Doch seine Motive sowie sein Geisteszustand sind fraglich. Sein Anwalt Andrew Sinclair ist beeindruck von dem intelligent wirkenden jungen Mann. Er überzeugt seinen Mandanten, während der Haft eine Abhandlung über die Hintergründe seiner Taten zu schreiben, und engagiert den berühmten Kriminalantrophologen James Bruce Thomson, in der Hoffnung, dass dieser Roddy für unzurechnungsfähig erklären wird.
Der von Roddy verfasste Test, ein Auszug aus den Lebenserinnerungen des Dr Thomson sowie eine ausführliche Beschreibung des späteren Gerichtsverfahrens bilden die Kernpunkte dieses Buches.

Die Inhalte sind geschickt zusammengestellt und wirken bis ins Detail gut durchdacht und realistisch.
Der Autor hat nicht nur mit Roddy eine sehr interessante Hauptfigur geschaffen, sämtliche Protagonisten, einschließlich einiger der Journalisten, die über seinen Prozess berichten, sind mit eigenen Persönlichkeiten ausgestattet.
Die Handlung ist von der ersten Seite an fesselnd. Die Fragen, was es mit den Morden auf sich hat und wie das Verfahren ausgehen wird, sorgen für einige Spannung.

Der besondere Reiz dieser Geschichte besteht allerdings in der Art, wie sie erzählt wird. Es ist faszinierend, immer wieder neue Perspektiven einzunehmen, die jeweils anderen Blickwinkel unterschiedlicher Personen mitzuverfolgen und mehr und mehr Zusammenhänge zu entdecken.
Daneben erfährt man auch so manches über die Lebensverhältnisse der Crofter im 19. Jahrhundert.

Am Ende bleibt einiges offen bzw der Interpretation des Lesers überlassen. Dies wirkt in diesem Rahmen aber ebenfalls passend.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Aktueller Blick auf die Kosmologie

Die Berechnung des Kosmos
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In seinen bisherigen Werken hat Ian Stewart den Bereich der Mathematik in all seiner Vielfalt ausgeleuchtet und seine Begeisterung für dieses Gebiet auch für Nicht-Mathematiker fassbar gemacht.
Diesmal ...

In seinen bisherigen Werken hat Ian Stewart den Bereich der Mathematik in all seiner Vielfalt ausgeleuchtet und seine Begeisterung für dieses Gebiet auch für Nicht-Mathematiker fassbar gemacht.
Diesmal wendet er sich einem etwas anderen Thema zu. Zwar beruht ein Großteil des Inhalts letztlich auf Anwendungen der Mathematik auf kosmologische Fragestellungen, anders als vom Titel angedeutet wird aber nichts wirklich berechnet, es kommen kaum Formeln vor.
Vielmehr werden „nur“ die Ergebnisse präsentiert, doch diese führen zu einer Vielzahl interessanter Erkenntnisse.

Der Autor unternimmt eine spannende Reise durch Zeit und Raum – von den alten Griechen bis zur Cassini-Mission und von der Erde bis in weit entfernte Galaxien und sogar mögliche Multiversen.
Er schildert nicht nur den gegenwärtigen Stand der Astronomie, wobei auch viele – im Jahr 2015 – brandaktuelle Informationen einfließen, sondern beschreibt auch, auf welche Weise diese Kenntnisse jeweils gewonnen wurden, und wie sich das Wissen um die Beschaffenheit des Kosmos im Lauf der Jahrhunderte gewandelt hat. Dabei zeigt sich immer wieder, dass mathematische Modelle bzw Lösungen wichtiger Gleichungen die Wissenschaftler zu neuen Theorien inspiriert und zu manchen Entdeckungen erst den Anstoß gegeben haben. Es wird aber auch nicht verhehlt, dass der Fortschritt von vielen Irrwegen begleitet war und sich grundlegende Annahmen öfters als falsch herausstellten.

Nicht zuletzt deshalb setzt Stewart sich mit den derzeitigen Lehrmeinungen durchaus kritisch auseinander. Er zeigt auf, dass so manches Konzept, welches heute als allgemein akzeptiert und unstrittig präsentiert wird – wie etwa die Existenz dunkler Materie oder selbst die Big-Bang-Theorie -, längst nicht so unumstritten ist, wie es scheint, und im Lichte neuer Beobachtungen hinterfragt werden sollte.
Die Ausführungen sind dabei großteils allgemein verständlich gehalten, wichtige Fachbegriffe werden außerdem im Anhang erläutert. Nichtsdestotrotz wirken sie fachlich fundiert, wie auch die ausführlichen Anmerkungen mit weitern Literaturnachweisen zeigen.
Ein gewisses Interesse an einem vertiefenden Hineindenken in komplexere Sachverhalte ist allerdings schon erforderlich. Der Text gestaltet sich nämlich bisweilen etwas trocken.

Dennoch war die Lektüre fesselnd. Dieses Buch bietet einen hochaktuellen Überblick zu einem faszinierenden Thema und enthält einigen Stoff zum Nachdenken.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Diversen Mythen auf der Spur

Gibt es Geisterschiffe wirklich?
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Mythen aller Arten haben die Menschen wohl schon von jeher fasziniert und gerade solche, welche sich auf das Meer beziehen, sorgen selbst heute noch gelegentlich für große Schlagzeilen.
Schließlich war ...

Mythen aller Arten haben die Menschen wohl schon von jeher fasziniert und gerade solche, welche sich auf das Meer beziehen, sorgen selbst heute noch gelegentlich für große Schlagzeilen.
Schließlich war die Seefahrt immer eine gefahrenträchtige Angelegenheit. Geisterschiffe, Monsterwellen und Ungeheuer aus der Tiefsee können den Mannschaften zum Verhängnis werden, doch es besteht auch die Chance auf eine Begegnung mit Meerjungfrauen oder die Entdeckung einer untergegangenen Insel.

So befasst sich dieses Buch mit einem sehr interessanten Thema. In zwölf Kapiteln wird unter anderem den Fragen nachgegangen, wie die Illusion eines schwebenden Schiffes entstehen kann, wie gefährlich Riesentintenfische wirklich sind, wieso manche Phantominseln sich bis heute auf nautischen Karten halten konnten oder von welchen Tieren jene seltsamen Überreste stammen, die gelegentlich an die Strände der Meere gespült werden.
Am Ende wird dann jeweils ein Resümee gezogen und es finden sich – unter der Überschrift „Wo gibt es mehr?“ – Quellenangaben für weiterführende Informationen.

Immer wieder zeigt sich dabei, dass hinter manchen Mythen mehr steckt als man auf den ersten Blick vermuten würde. Viele Erkenntnisse in diesem Bereich wurden außerdem erst in den letzten Jahren gewonnen, was angesichts der langen Tradition manche Mythen schon erstaunlich ist und darauf schließen lässt, dass es in den Weiten der Ozeane noch viel mehr zu entdecken gibt.
Die Ausführungen sind in lockerem Tonfall geschrieben und immer wieder mit amüsanten Nebenbemerkungen gewürzt. Man merkt, dass der Autor einen journalistischen Hintergrund hat. Ein großer Teil des Textes besteht aus der Beschreibung „realer“ historischer Fallbeispiele, seien es etwa Werke antiker Autoren oder Medienberichte zu spektakulären Ereignissen oder Katastrophen.
Wissenschaftlichere Erläuterungen fallen dagegen eher kurz und meist oberflächlich aus. Sie wirken aber doch fundiert, sind allgemein verständlich und können dazu anregen, auf dem einen oder anderen Gebiet selbst weitere Nachforschungen anzustellen.

Ich kann dieses Buch daher allen weiterempfehlen, denen es Spaß macht, Rätsel zu lösen und Geheimnissen auf die Spur zu kommen!

Veröffentlicht am 06.03.2018

Interessante Geschichte mit außergewöhnlichem Hauptdarsteller

Tulpengold
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Nachdem Eva Völler bereits eine Reihe historischer Romane unter dem Pseudonym Charlotte Thomas veröffentlicht hat, erscheint dieser nun unter ihrem „richtigen“ Namen.
Die Geschichte führt ins Amsterdam ...

Nachdem Eva Völler bereits eine Reihe historischer Romane unter dem Pseudonym Charlotte Thomas veröffentlicht hat, erscheint dieser nun unter ihrem „richtigen“ Namen.
Die Geschichte führt ins Amsterdam des Jahres 1636: Der 17jährige Pieter ist ein außergewöhnlicher Charakter. Heute würde man bei ihm wohl das Asperger-Syndrom diagnostizieren, damals galt er einfach als schrullig. Auf Wunsch seines verstorbenen Vaters beginnt der talentierte Bursche eine Lehre bei dem berühmten Maler Rembrandt von Rijn. Sein Eintreffen in Amsterdam fällt in eine aufregende Zeit. Ganz Holland ist vom Tulpenfieber befallen, Tulpenzwiebeln können zu horrenden, immer weiter steigenden Preisen verkauft werden. Als einige mit dem Tulpenhandel befasste Männer innerhalb weniger Wochen ermordet werden, gerät ausgerechnet Rembrandt unter Verdacht. Doch Pieter ist fest entschlossen, den wahren Täter zu entlarven, wobei ihm seine besondere Begabung für Mathematik zugutekommt.

Die Autorin hat mit Pieter einen großartigen Protagonisten geschaffen. Ich habe es sehr genossen, ihn bei seinen Erlebnissen zu begleiten und seine Gedankengänge mitzuverfolgen. Seine Handlungen wirken auf andere oftmals eigenartig, können von ihm aber immer streng logisch begründet werden. So entstehen viele amüsante Szenen.
Auch die übrigen Figuren sind lebendig gezeichnet, teils sympathisch, teils weniger sympathisch, aber immer nachvollziehbar und ohne Klischees.

Durch die Morde wird einige Spannung aufgebaut, vor allem gegen Ende wird es richtig dramatisch. Pieter verfolgt bei seinen Ermittlungen eine ungewöhnliche Vorgehensweise – er geht mit den Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung an den Fall heran und kann so im wahrsten Sinne des Wortes berechnen, wer hinter den Taten steckt. Gerade weil dies eine so beeindruckende Leistung ist, fand ich es allerdings etwas schade, dass das Buch keine konkreteren Beschreibungen seiner Überlegungen enthält.

Davon abgesehen ist dieser Roman aber mit reichlich interessanten Informationen gespickt – vor allem zum Thema Malerei sowie zur Tulpenmanie, die als erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte gilt. Diese werden geschickt in den Text eingewoben, sodass man hier etwas lernen kann ohne das Gefühl zu haben, belehrt zu werden.

Ich kann Tulpengold daher allen Fans historischer Romane, die einmal eine ungewöhnliche Perspektive einnehmen wollen, nur weiterempfehlen!

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