Profilbild von Kittyzer

Kittyzer

Lesejury Profi
offline

Kittyzer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Kittyzer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.02.2017

Zu blasser Weltentwurf

Schwestern der Wahrheit
0

Aeduans Finger trommelten einen aufgeregten Rhythmus auf sein Stilett. Diese Nacht hatte gerade eine sehr interessante Wendung genommen. Die Wahrmagis, die versucht hatte, Gildemeister Yotiluzzi zu überfallen, ...

Aeduans Finger trommelten einen aufgeregten Rhythmus auf sein Stilett. Diese Nacht hatte gerade eine sehr interessante Wendung genommen. Die Wahrmagis, die versucht hatte, Gildemeister Yotiluzzi zu überfallen, tanzte inzwischen nicht nur mit einem, sondern mit zwei Prinzen.
Oh, dem Blutmagis names Aeduan war nicht länger langweilig. Absolut nicht mehr langweilig.
Er hatte jetzt einiges zu tun.
--

INHALT:
Safiya und Iseult sind seit Jahren beste Freundinnen, die füreinander ihr Leben geben würden. Beide haben magische Kräfte: Iseult ist eine Strangmagis, die Gefühle sieht, Safiya kann Wahrheit und Lüge erkennen - und ist damit äußerst selten. Als einer ihrer gemeinsamen Pläne schief geht, werden ihre Kräfte erkannt und die Mädchen fortan gejagt: Von den Schergen des Kaisers und von einem gefährlichen Blutmagis, der sie überall wittern kann. Und als wäre das nicht schlimm genug, bringen die Freundinnen mit ihrer Flucht auch noch den 20-jährigen Waffenstillstand in Gefahr und ein Krieg scheint nicht mehr weit entfernt zu sein...

MEINE MEINUNG:
"Schwestern der Wahrheit" wurde direkt nach Erscheinen ein absoluter Bestseller und zog Unmengen an Lesern in den Bann - kein Wunder also, dass bereits ein Dreivierteljahr später die Übersetzung ins Deutsch erscheint. Susan Dennard nutzt in ihrem Roman viel Bewährtes, die innige Freundschaft zwischen den Protagonistinnen ist jedoch neu. Der Schreistil ist detailreich und atmosphärisch, teilweise aber auch zu blumig, wodurch er insbesondere in romantischeren Szenen in den Kitsch abrutscht.

Es wird schnell klar, dass der Fokus der Geschichte auf Safiya liegt - obwohl diese deutlich langweiliger ist als ihre Strangschwester (beste Freundin). Sie ist schön, kann alles, zieht jeden in ihren Bann und macht doch unglaublich viele Fehler, aus denen sie nicht lernt. Sie hegt eindeutig starke Zuneigung zu ihrer Freundin, warum sie so besonders sein soll - obwohl ihre Magie sie doch öfter trügt -, wird einem jedoch nie klar. Iseult ist da viel interessanter: Sie entstammt dem verhassten Nomatsi-Volk, kann großartig kämpfen und ist im Team für das Denken zuständig. Besonders ihre Willenskraft weiß zu beeindrucken. Safiyas Love-Interest Merik ist aufbrausend, unfreundlich und gutaussehend, was braucht es mehr für einen Helden? Im Ernst, originell angelegt ist er nicht und Gefühle hat er in mir auch nicht geweckt. Dagegen überzeugt dann wieder Blutmagis Aeduan: Er ist sehr schwer zu durchschauen, aber definitiv nicht der typische Bösewicht voller Grausamkeit. Seine vielen Geheimnisse lassen ihn zu einem faszinierenden Antagonisten werden.

Weniger faszinierend ist allerdings die Geschichte selbst. Es gibt Bücher, die fesseln sofort und entlassen einen nicht aus ihrer Welt, bis man die letzte Seite gelesen hat - aber dieses gehörte für mich leider nicht dazu. Die Verbindung zu Figuren und der Geschichte hat mir komplett gefehlt, was auch daran liegen könnte, dass der Weltenentwurf stark schwächelt. Es werden unzählige unbekannte Begriffe gebraucht, aber nicht erklärt, die Länder und deren Bewohner bleiben die gesamte Zeit über blass. Auch der Ursprung der Magie und der Sinn dahinter werden nie näher beleuchtet - sodass bis zum Ende die Frage bleibt, was Iseult und Safiya nun eigentlich Wichtiges mit ihren Kräften anfangen sollen. So großartig die Freundschaft zwischen den Beiden dagegen auch ist, wird leider auch noch eine völlig unnötige Liebesgeschichte mit eingewoben, die nie mitreißt. Zum Ende hin wird es noch einmal etwas spannender und der gegebene Ausblick auf die weitere Geschichte macht durchaus Lust. Ob es dort allerdings mehr Antworten gibt, ist fraglich.

FAZIT:
Susan Dennards Debüt wird von vielen geliebt, mich allerdings konnte "Schwestern der Wahrheit" nicht wirklich überzeugen. Der Weltentwurf ist zu blass, zwei der Hauptfiguren sind ziemliche Klischees und eignen sich daher nicht zum Identifizieren. Gefesselt war ich daher nur äußerst selten. In High Fantasy noch nicht so versierte Leser könnten an diesem Buch aber durchaus ihre Freude haben. Knappe 3 Punkte.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Neuartig, aber mit einer eher untätigen Protagonistin

Irrlichtfeuer
0

"Was ist mit deinen Ausflügen nach Rothentor?"
"So schwer es mir auch fällt, ich werde damit aufhören müssen. Eine Gattin meines Standes kann sich nicht mehr heimlich in Männerkleidung fortschleichen."
Ein ...

"Was ist mit deinen Ausflügen nach Rothentor?"
"So schwer es mir auch fällt, ich werde damit aufhören müssen. Eine Gattin meines Standes kann sich nicht mehr heimlich in Männerkleidung fortschleichen."
Ein humorloses Lächeln hing auf seinen Lippen. "Du wirst es nicht schaffen."
"Ich muss." Sie war froh, dass sie es nicht musste - jedenfalls nicht länger als ein paar Tage. Schon jetzt würde sie am liebsten losstürmen und ihre Schwingen anlegen.
Sie sah auf den Muff, in dem sich ihre Hände verkrampft hatten. "Es tut mir Leid", flüsterte sie. Einer der wenigen Sätze, die sie genau so meinte.
Von Sora kam keine Antwort.
Sie blickte auf. Er war weg. Nur die Spuren seiner nackten Füße waren im Schnee zurückgeblieben.
--

INHALT:
Die junge Alba leidet an einer Krankheit, die ihr immer mehr die Kraft aus dem Körper entzieht. Lange hat sie nicht mehr zu leben und jetzt schon schwinden immer wieder ihre Lebensgeister. Doch bevor sie die Welt verlässt, will sie eines getan haben: Fliegen. Daher werkelt sie unermüdlich an ihren selbst gebauten Schwingen - und als sie unverhofft in den Besitz von Irrlicht, der Energiequelle der Stadt, kommt, scheint ihr Traum in greifbare Nähe zu rücken. Allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass sie durch ihre Taten in die Gefahr geraten würde, von zwielichtigen Gestalten als Spielball genutzt zu werden...

MEINE MEINUNG:
Julia Lange hat in ihrem Debüt "Irrlichtfeuer" eine neuartige Fantasy-Welt geschaffen, die mit der Mischung aus altbekannten und frischen Details überzeugen kann. Zwar ist die Gesellschaft und auch die Struktur des Stadtstaats Ijsstedt stark altertümlich angehaucht, die Technologie und besonders die durch Irrlicht gewonnene Elektrik geben dem aber einen ganz neuen Anstrich. Erzählt wird die Geschichte aus vier verschiedenen Sichten, wobei die Figuren etwa gleich oft zu Wort kommen, auch wenn das Augenmerk deutlich auf Alba liegt. Der Schreibstil ist einem Fantasy-Roman angemessen sehr detailreich und beschreibend - gut gefällt aber besonders der gelungene Bruch im Stil je nachdem, ob jemand aus der Unter- oder der Oberschicht erzählt.

Alba ist eine recht willensstarke Heldin, die von einem mitreißenden Traum getrieben wird und einem durch ihre körperliche Schwäche sehr echt erscheint. Allerdings geht mit ihrem Wunsch auch ein gewisser Egoismus einher: Ihr ist so gut wie nichts anderes wichtig. Sie stammt aus der Oberschicht und ist es deshalb nicht anders gewohnt, aber ich fand es doch recht schade, dass sich kaum eine Wandlung ergibt, sondern sie sich bis zum Schluss nicht wirklich für die Belange insbesondere der ärmeren Menschen interessiert. Da gefiel mir das Irrlichtkind Kass besser. Er ist eines von jenen Straßenkindern, das durch einen Unfall viele Jahre zuvor magische Kräfte erhalten hat - und er hasst die damit einhergehenden Pflichten. Er versucht sich aus den Fängen zu befreien, womit er einem sehr sympathisch wird. Interessante Figuren sind aber vor allem der Graf Karel, der versucht, sein Gebiet sauber zu halten, und sein Sohn Rafael, der sich vollkommen in eine Sache verrennt und damit immer weiter in die Dunkelheit abrutscht.

Das Grundgerüst des Romans ist erst einmal nicht neu: Es gibt arm, es gibt reich und es gibt die Revolutionäre, die dies ändern wollen. Dazwischen tummeln sich zwielichtige Gestalten, geborene Anführer und Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen. Was der Geschichte jedoch das Besondere verleiht, ist das Irrlicht, Segen und Fluch zugleich. Die normalen Bürger leben in Gefahr und arbeiten dafür, während es nur den oberen Schichten zusteht. Dieser Konflikt wird immer wieder angerissen - allerdings geht er in den anderen Problemen der Protagonistin Alba ständig unter. Diese interessiert sich nämlich ganz einfach nicht dafür, sondern einzig und allein für ihren Wunsch nach dem Fliegen. Natürlich muss hier nicht moralisch der Zeigefinger erhoben werden - ein wirkliches Umdenken hätte ich mir aber schon gewünscht.

Stattdessen tut sie nur notgedrungen mal etwas in die richtige Richtung, die restliche Arbeit verrichten im Grunde die anderen Figuren. Immerhin hat Julia Lange mit Rafael Carrasco einen so spannenden Charakter erschaffen, dass man trotzdem gern dran bleibt. Die Art, wie er immer weiter in die Abgründe abdriftet, ist absolut großartig porträtiert. Leider tritt davon abgesehen vieles auf der Stelle und wären nicht einige überraschende Enthüllungen gewesen - das Ganze hätte sich enorm gezogen. Zum Glück zieht das Tempo zum Ende hin wieder an, und während man zwischenzeitlich noch gedacht hatte, es gebe zu viele offene Fäden für einen zufriedenstellenden Schluss, zeigt die Autorin doch noch ihr gesamtes Talent - und führt alles zu einem großen Ganzen zusammen.

FAZIT:
Julia Lange verwebt in "Irrlichtfeuer" gekonnt neue und alte Ideen und präsentiert damit einen Fantasy-Roman der sich durchaus sehen lassen kann - auch wenn mir persönlich die Protagonistin nicht wirklich zugesagt hat. Abgesehen von einigen Längen bietet das Buch aber sehr originelle Lesestunden. Knappe 3,5 Punkte!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Faszinierend, aber auch sehr kryptisch

Die Diamantkrieger-Saga - Damirs Schwur
0

"Möchtest du mehr darüber erfahren?"
Ich hatte mich schon zum Gehen gewandt, als seine Worte mich mitten in der Bewegung stoppen ließen.
"Worüber?", fragte ich emotionslos, obwohl mein Herz zuckte, als ...

"Möchtest du mehr darüber erfahren?"
Ich hatte mich schon zum Gehen gewandt, als seine Worte mich mitten in der Bewegung stoppen ließen.
"Worüber?", fragte ich emotionslos, obwohl mein Herz zuckte, als wolle es laut "Ja!" rufen. Doch ich bekam keine Antwort.
Erst, als ich auf meinem Rad durch die überraschend milde Abendluft jagte, realisierte ich, dass ich ihn nicht nach seinem Namen gefragt hatte.
Und er mich nicht nach meinem.
--

INHALT:
Um über die Runden zu kommen und die Pflege für ihre kranke Großmutter bezahlen zu können, arbeitet die 17-jährige Sara nachts als Diebin für Diamanten - denn schon von klein auf kann sie diese hören und ist daher eine der Besten in ihrem Job. Doch als sie nach einem ihrer Coups dem gut aussehenden, schweigsamen Damir begegnet, beginnt sich ihre Welt auf den Kopf zu stellen. Ihr Körper und ihre Wahrnehmung verändern sich, immer wieder hat sie Visionen einer anderen Zeit und die Menschen reagieren seltsam auf sie. Aber erst, als sich die Ereignisse zu überschlagen beginnen, realisiert Sara, in welch großer Gefahr sie nun schwebt...

MEINE MEINUNG:
Bettina Belitz schreibt außergewöhnliche Romane, die man mag oder nicht - dazwischen gibt es selten etwas. Auch der Auftakt ihrer neuen Diamantkriegersaga, "Damirs Schwur", ist originelle Fantasy, getragen vom bildlichen, großartigen Schreibstil. Doch die Geschichte, erzählt aus der Ich-Perspektive von Sara, ist sehr geheimnisvoll und durch die wenigen Erklärungen teilweise schwammig und auch seltsam esoterisch angehaucht, was durchaus erst einmal sehr ungewöhnlich und manchmal auch abschreckend anmutet.

Sara ist eine Protagonistin, die auf den ersten 100 Seiten und auch danach immer mal wieder sehr zu überzeugen weiß: Tough, mutig und kämpferisch ist sie eine Protagonistin, die sich nichts sagen lässt und dennoch weiß, wann es wichtig ist, zurückzustecken. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto unsicherer wird sie jedoch, denkt sich immer wieder neue Verschwörungstheorien aus und verrennt sich vollkommen in unlogischen Gedankengängen, die irgendwann anfangen zu nerven. Titelgeber des Bandes, Damir, lernt man dafür so gut wie gar nicht kennen, er spricht kaum und wenn, dann nur in kryptischen Andeutungen, was recht anstrengend ist. Er erhält keinen Charakter, was eventuell gewollt ist - wodurch man ihm aber auch nicht nahe kommt. Interessante Persönlichkeiten sind dagegen Saras grausame Mutter Jaga, der gefährliche, oft irre Hehler Kratos und ganz besonders der fürsorgliche, freundliche Anwalt Herr Goldwasser, der im Grunde der Einzige ist, der Sara endlich mal Informationen bieten will.

Das erste Viertel war für mich definitiv der beste Teil des Romans: Saras Diebstähle, ihr elegantes Eindringen in Häuser, die Beschreibung der Unterwelt - das alles ist sehr intensiv, mitreißend und glaubwürdig. Auch wenn die restliche Welt eher vage bleibt, weil die Autorin nicht genau benennt, wo die Geschichte spielt, hat man doch bald das Gefühl, sich ebenfalls in dieser schmutzigen, brutalen Stadt zu befinden. Es spielt sich wohl alles in der Zukunft ab, vielleicht ein paar Jahrzehnte weiter von uns aus gesehen, auch das wird jedoch nie ganz deutlich. Das ist leider ein Problem, was sich durch die gesamte Geschichte zieht: Es ist alles so vage, Informationen über Hintergründe und auch über das, was mit Sara passiert, gibt es kaum. Oft fragt man sich auch, warum sich die Strippenzieher so vehement dagegen wehren, ihr mehr zu offenbaren, denn das bringt das Mädchen nur noch mehr in Gefahr.

Besonders als Sara sich in ihrer Paranoia und ihren Schuldzuweisungen suhlt, begeht sie einen Fehler nach dem anderen (während der Leser ihr immer bereits voraus ist) - doch selbst aus extrem lebensgefährlichen Situationen wird sie sehr spät gerettet, was mir ihre Gegenüber nicht wirklich sympathischer gemacht hat. Und sogar die Informationen, die sie zum Ende hin endlich erhält, bleiben kryptisch und geben dem Leser nur wenige Vorstellungen darüber, was wirklich vor sich geht. Dafür ist der Schluss aber gut gewählt und passt endlich wieder zu der starken Protagonistin, die man zum Anfang des Bandes kennen gelernt hat. Da darf man gespannt sein, was die Autorin für den nächsten Teil bereit hält.

FAZIT:
"Damirs Schwur" ist wunderbar geschrieben und fesselt über weite Teile - aber der Inhalt kam bei mir oft nicht so richtig an. Alles ist sehr kryptisch gehalten, was sowohl die Protagonistin als auch den Leser zur Weißglut treibt, vor allem, weil man oft so viel mehr weiß als sie. Mit mehr Informationen könnte Band 2 aber definitiv überzeugender werden. Knappe 3 Punkte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Atemberaubendes Setting, unglaubwürdige Liebesgeschichte

Zorn und Morgenröte
0

"Gute Nacht, Chalid."
Shahrzad betrachtete die Tür, als sie sich hinter ihm schloss.
Wenn ich noch eine Gelegenheit bekäme, würde ich schießen? Bringe ich über mich, was getan werden muss?
Ihre Fäuste ...

"Gute Nacht, Chalid."
Shahrzad betrachtete die Tür, als sie sich hinter ihm schloss.
Wenn ich noch eine Gelegenheit bekäme, würde ich schießen? Bringe ich über mich, was getan werden muss?
Ihre Fäuste ballten sich zusammen.
Ich kann ihn vielleicht nicht kaltblütig erschießen, aber ich muss tun, was getan werden muss.
Ich werde herausfinden, wieso er alle seine Bräute töten ließ.
Und ich werde ihn dafür bestrafen.
--

INHALT:
Der Herrscher von Chorasan gilt als Ungeheuer und Mörder, denn jeden Abend heiratet er ein Mädchen aus dem Volk, um es am nächsten Morgen töten zu lassen. Genauso trifft es irgendwann auch Shahrzads beste Freundin Shiva und Shahrzad schwört daraufhin Rache. Sie meldet sich freiwillig als Braut - und überlebt, indem sie nachts Geschichten erzählt, ohne den Schluss zu verraten. So erlangt sie immer wieder Aufschub und kommt dem jungen König während der Tage näher. Ihre Gefühle spielen verrückt, wenn sie ihn sieht, was in ihr große Schuldgefühle auslöst: Denn eigentlich war ihr Plan, ihn zu töten, um all die Mädchen zu rächen...

MEINE MEINUNG:
"Zorn und Morgenröte" basiert auf "1001 Nacht", einer morgenländischen Erzählung rund um einen König, der jeden Morgen seine Braut töten lässt und eine mutige Frau, die ihn mit ihren Geschichten betört und von diesem Weg abbringt. Renée Ahdieh hält sich in ihrer Neuerzählung dabei ziemlich stark an diese Vorlage und wandelt nur Hintergründe und Motive ab, was nicht von großartiger Originalität zeugt. Wo jedoch im Original famose Geschichten vorkommen, die so beeindrucken, dass man unbedingt das Ende erfahren muss, sind die Erzählungen hier fade und langweilig, weswegen man die Verschonung absolut nicht nachvollziehen kann.

Shahrzad ist ein sehr mutiges Mädchen, zu Anfang getrieben von Hass und Rachegelüsten, was sie durch ihre spitze Zunge recht deutlich werden lässt. Leider ist sie aber auch stark von sich selbst überzeugt und denkt, sie hat den Bossplan mit ihren Geschichten - obwohl es hauptsächlich Zufälle sind, die sie überleben lassen. Chalid, der Kalif von Chorasan, ist tatsächlich nach seiner typischen Kälte und Unnahbarkeit ein recht sympathischer Kerl. Die Bezeichnung "Jüngling" passt allerdings aufgrund seiner Impulsivität und seiner launenhaften Art ebenfalls sehr gut. Besonders gefällt von allen Figuren eigentlich die Magd Despina, ebenso vorlaut wie Shahrzad und liebenswürdig ehrlich. Der interessanteste Charakter ist wohl Hauptmann Jalal mit seiner frechen, aber auch hilfsbereiten Art, der langweiligste ist ganz klar Tarik, dessen einzige Funktion darin besteht, Shahrzads anderer Love-Interest zu sein.

Das gesamte Buch hätte gut werden können, schon aufgrund dieser orientalischen Welt mit den exotischen Speisen, Gewändern und Landschaften, die eine ganz besondere Atmosphäre verbreiten. Leider konzentriert sich Renée Ahdieh aber viel zu stark auf die Romanze, die einer Instant-Liebe schon sehr nahe kommt. Denn Shahrzad kennt Chalid gerade einmal zwei Tage und ist noch fest davon überzeugt, dass er grundlos tötet, als sie bereits starke Gefühle für ihn verspürt. Das ist nach ihrer anfänglichen Abneigung komplett an den Haaren herbei gezogen. Es wäre eindeutig eine bessere Idee gewesen, diesen Part erst aufzubauen, nachdem die Protagonistin die Hintergründe kennengelernt hat.

Denn prinzipiell sind die beiden durchaus ein nettes Pärchen - mit einem Hang zu kitschigen Phrasen und schnulzigen Versprechen. Leider passiert abgesehen von diesem Teil der Geschichte auch recht wenig außer ein paar Mordversuchen, die man allesamt ziemlich schnell durchschaut. Nichtsdestotrotz, und das ist das, was man der Autorin durchaus anrechnen kann, ist der Roman spannend und flüssig zu lesen, sodass man sehr schnell voran kommt. Die Kapitel sind kurz und verleiten so zum Weiterlesen, ebenso wie einige mitreißende Kämpfe. Sollte es davon im zweiten Teil mehr geben - im Austausch gegen den Kitsch -, könnte sich dieser eventuell steigern.

FAZIT:
"Zorn und Morgenröte" hat ein tolles Setting und profitiert vom lebendigen Schreibstil der Autorin. Renée Ahdieh konzentriert sich davon abgesehen aber viel zu stark und vor allem zu schnell auf die Liebesgeschichte, die dadurch oft unglaubwürdig wirkt. Das hätte mehr draus werden können. Knappe 3 Punkte.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unterhaltsam, aber nicht clever genug

Holmes und ich – Die Morde von Sherringford
0

"Okay", sagte ich und stand auf. "Was hast du gestern Abend aus dieser Limousine mitgehen lassen? Der Gegenstand, den du mir nicht zeigen wolltest?"
Sie sah mich schweigend an.
Ich winkte frustriert ab. ...

"Okay", sagte ich und stand auf. "Was hast du gestern Abend aus dieser Limousine mitgehen lassen? Der Gegenstand, den du mir nicht zeigen wolltest?"
Sie sah mich schweigend an.
Ich winkte frustriert ab. "Na schön. Dann gehe ich jetzt eben auf mein Zimmer rüber und fange schon mal an, für den Knast zu packen."
--

INHALT:
James Watson, genannt Jamie, erhält ein Stipendium am Sherringford-Internat - und ist alles andere als begeistert, sein geliebtes England für diese elitäre Privatschule in Amerika verlassen zu müssen. Ein Gutes hat dieser Wechsel allerdings: Auch Charlotte Holmes besucht das Internat, von der Jamie schon seit Kindertagen träumt, schließlich sind sie beide Nachfahren der berühmten Ermittler Holmes und Watson. Anfangs gestaltet sich ein Kennenlernen zwischen ihnen schwierig - doch als ein Mord geschieht und der Verdacht auf sie fällt, müssen sie zwangsläufig zusammenarbeiten...

MEINE MEINUNG:
Neuerzählungen der Sherlock Holmes-Geschichten liegen seit einigen Jahren im Trend, und dieser scheint nicht abzureißen: Die Serie der BBC, die Filme von Guy Ritchie, Romane um einen jugendlichen Sherlock oder um ihn und Moriarty - sie alle erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch Brittany Cavallaro setzt im ersten Band ihrer "Holmes & Ich"-Reihe auf das altbewährte Prinzip: Watson und Holmes treffen sich, freunden sich (auf ungewöhnliche Weise) an und klären gemeinsam Morde auf. Ein interessanter Kniff ist hier, dass es um die Nachfahren der berühmten Detektive geht - die es hier wirklich gegeben hat - und dass Holmes weiblich ist. Ansonsten sind die Parallelen aber doch sehr deutlich.

Protagonist Jamie erzählt die ganze Geschichte aus seiner Perspektive, wodurch sehr schnell eine Identifikation mit ihm gelingt. Er ist durch seine Bodenständigkeit sehr sympathisch, wird allerdings auch von seiner Unsicherheit geplagt. Nervig ist an ihm nur, dass er im Grunde nie etwas selbst in die Hand nimmt - er sagt sogar selbst von sich, dass sein Motto "Er tat es nicht" ist - und daher selbst auch eher selten etwas zur Auflösung beiträgt. Charlotte Holmes hat zwar mit ihrer unnahbaren, genialen Art definitiv etwas Besonderes, sie wirkt teilweise aber auch stark vom Original abgekupfert - sie spricht und reagiert genauso und entwickelt damit kaum eine eigenständige Persönlichkeit. So verhält sich das auch mit einigen Nebenfiguren: Allen voran Charlottes Bruder Milo, der im Grunde Mycroft ist, oder alle Moriartys, die genau wie früher in zwielichtige Geschäfte verstrickt sind.

Brittany Cavallaro kennt sich eindeutig in den Geschichten von Arthur Conan Doyle aus und bringt die bekannten Fälle daher auch sehr gekonnt in der Handlung unter. Die damit verbundenen Mordfälle sind auch durchaus interessant und die Geschehnisse spannend - wenn auch relativ vorhersehbar. Insbesondere Täter und Motiv hatte ich doch sehr schnell raus. Die Liebesgeschichte, die man von Anfang an vermutet hat, ist zwar nicht wirklich notwendig, aber die Chemie stimmt und weil sie sich so im Hintergrund hält, ist die Romanze durchaus zu verkraften. Letztendlich kann man gespannt sein, was die Autorin aus Band 2 macht - vielleicht entwickelt sich in diesem ja ein wenig mehr Eigenständigkeit.

FAZIT:
"Die Morde von Sherringford" ist der erste Band einer Reihe um Sherlock Holmes und John Watsons Nachfahren - durchaus interessant und meistens auch ziemlich fesselnd. Das Ganze ist aber schon sehr stark an die Originale angelehnt und dafür dann leider nicht clever genug. Insgesamt jedoch definitiv nett für zwischendurch. Gute 3 Punkte!