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Veröffentlicht am 05.03.2017

Zu wenig Fantasy und Action für einen Fantasy-Roman

Der Kuss der Lüge
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"Was soll ich ausrichten..."
Ich hörte nicht mehr, was er danach noch sagte, denn die trappelnden Pferdehufe stampften alle ausgesprochenen und unausgesprochenen Argumente in Grund und Boden. Einer Entscheidung ...

"Was soll ich ausrichten..."
Ich hörte nicht mehr, was er danach noch sagte, denn die trappelnden Pferdehufe stampften alle ausgesprochenen und unausgesprochenen Argumente in Grund und Boden. Einer Entscheidung folgend, die nie mehr ungeschehen zu machen war, die tausend Träume beendete und einen einzigen gebar, galoppierte ich mit Pauline an meiner Seite auf die Deckung des Waldes zu. Ich sah nicht ein einziges Mal zurück.
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INHALT:
Um den Frieden zwischen ihrem und dem angrenzenden Königreich zu sichern, soll die junge Lia einen ihr vollkommen unbekannten Mann heiraten - was ihr gar nicht gefällt. Kurzentschlossen flieht sie daher in ein Hafenstädtchen weit entfernt von ihrer Heimat, wo sie von nun an als Aushilfe in einem Gasthaus arbeitet. Sie ist das harte Leben nicht gewöhnt, aber alles ist ihr lieber als diese Hochzeit aus Pflicht statt aus Liebe. Eines Tages kehren in der Gaststätte zwei Männer ein: Gutaussehend, hilfsbereit, einer düster, einer freundlich. Lia fühlt sich zu beiden hingezogen. Was sie nicht weiß: Einer ist der Prinz, den sie nicht heiraten wollte. Und der andere ein Attentäter, gekommen, um sie zu töten...

MEINE MEINUNG:
Mit dem von der Autorin erschaffenen Königreich Morrighan ist "Der Kuss der Liebe" eigentlich High Fantasy: Länder, die miteinander im Clinch liegen, Reisen zu weit entfernten Orten, eine epische Liebe - das alles sind Markenzeichen des Genres. Im Deutschen wird das Ganze allerdings als Romantasy angepriesen. Hätte ich das mal vorher gewusst! Erzählt wird die Geschichte größtenteils aus der Ich-Perspektive von Lia, ab und zu kommen auch der Prinz und der Attentäter zu Wort. Die Autorin versucht sich hier in einem Verwirrspiel, welcher der Männer nun wer ist, das manchen nerven könnte. Der Schreibstil ist vor allem in den Dialogen oft plump, die Beschreibungen sind zu Anfang sehr poetisch, später eher eintönig. Einzig die Hintergründe des Königreichs sind interessant zu lesen.

Es gibt 17-jährige, die ein gewisses Verantwortungsbewusstsein haben und es gibt andere völlig ohne ein Gefühl dafür. Lia gehört zu Letzteren. Natürlich ist sie jung und will sich nicht bevormunden lassen, weshalb sie durch ihre Flucht in gewisser Weise für sich einsteht - trotzdem hätte ihr klar sein können, was für Konsequenzen ihr Handeln haben wird. Sie verhält sich oft sehr unbedacht und kopflos, denn obwohl sie nicht gefunden werden will, posaunt sie ihre Stellung mehr oder weniger offen heraus. Sie ist mutig, aber leider nicht besonders schlau. Das zeigt sich auch ein wenig in ihrer Männerwahl. Dadurch, dass man von den beiden Kerlen lange nicht weiß, wer wer ist, ist es schwer, sie zu charakterisieren. Um ehrlich zu sein, waren mir die Unterschiede nicht einmal besonders klar, außer dass Rafe geheimnisvoller zu sein scheint. Die Grenzen zwischen ihnen verschwimmen, für niemanden habe ich wirklich Sympathien gehegt. Die einzigen wirklich überzeugenden Figuren sind die Gasthof-Besitzerin Berdi und die Vagabundin Dihara, beide wirklich starke Frauen voller Wissen und Hilfsbereitschaft.

Wer wie ich den Fehler begeht High Fantasy zu erwarten, wird wahrscheinlich ebenso enttäuscht werden. Von einem Roman dieses Genres erwarte ich vor allem eines: Fantasy. Tatsächlich ist aber auf 550 von 560 Seiten keine Spur von Magie oder auch nur irgendetwas Phantastischem zu finden. Es passiert einen Großteil des Buches über einfach nichts. Lia flieht auf unglaubwürdig problemlose Weise und verbringt dann ein Drittel des Romans damit zu kellnern und mal mit dem einen Mann zu flirten, mal mit dem anderen. Die Liebesgeschichte drängt sich damit so stark in den Vordergrund, dass alles andere untergeht. Es geht nichts voran, es werden keine Fragen beantwortet und Action kann man schon gar nicht erwarten. Erst auf den letzten 150 Seiten geschieht etwas und Lia scheint sogar ein leichtes Verantwortungsbewusstsein zu entwickeln, aber selbst in dieser gefährlichen Situation lässt es sich die Autorin nicht nehmen, das Liebes-Dreieck weiter anzuheizen. Bis zum Schluss gibt es keine Antworten, stattdessen endet dieser Band mit einem Cliffhanger. Das lässt zwar Spannung aufkommen - befriedigt aber in keinster Weise.


FAZIT:
"Der Kuss der Lüge" ist Romantasy in seiner liebestollsten Ausführung. Das Drumherum mit dem Königreich und der ominösen Gabe der sogenannten Ersten Tochter hätte nicht sein müssen, denn Mary E. Pearson führt diese Ideen sowieso nicht weiter aus, sondern konzentriert sich auf die Liebesgeschichte. Ich hatte mir wenigstens einen Hauch Fantasy versprochen, wurde aber bitter enttäuscht. Sehr, sehr knappe 2 Punkte.

  • Einzelne Kategorien
  • Spannung
  • Cover
  • Fantasie
  • Abenteuer
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.02.2017

Langatmig und schlecht gelöst

Es beginnt am siebten Tag
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Es ging leichter als gedacht. Das Mädchen ist mitgekommen, ohne dir Probleme zu machen. Du hast sie entdeckt, als sie gerade aus der Schule kam, ganz allein. Suchend blickte sie sich um, aber da war niemand ...

Es ging leichter als gedacht. Das Mädchen ist mitgekommen, ohne dir Probleme zu machen. Du hast sie entdeckt, als sie gerade aus der Schule kam, ganz allein. Suchend blickte sie sich um, aber da war niemand - weit und breit keine Spur von ihren Eltern. wer tut sowas? Welcher verantwortlungslose Mensch setzt ein fünfjähriges Kind einer so gefährlichen Situation aus? Es ist erschütternd. Das ist es wirklich.
Aber es ist gut für dich.
Nicht so gut für die Kleine. Und ganz sicher nicht so gut für ihre armen Eltern, die Trauer und Selbsthass schon bald zerfressen werden.
Aber gut für dich.
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INHALT:
Julia ist eine vielbeschäftigte Rechtsanwältin, die Familie und Karriere nicht ganz unter einen Hut bekommt. Das wird erneut deutlich, als sie ihre fünfjährige Tochter Anna von der Schule abholen soll, aus einem Meeting aber nicht rechtzeitig herauskommt - und daher eine halbe Stunde zu spät da ist. Und in dieser halben Stunde ist Anna verschwunden. Eine fieberhafte Suche beginnt, in deren Verlauf die Ehe zwischen Julia und ihrem Mann noch mehr zu bröckeln beginnt als sowieso schon, und die Presse eine Hetzjagd auf die "Rabenmutter" startet. Was niemand weiß: Die Entführung des kleinen Mädchens ist erst der Anfang...

MEINE MEINUNG:
Alex Lake zieht ihren vom Inhalt her prinzipiell recht konventionellen Thriller durchaus einmal anders auf: Es dreht sich zwar vieles um die Entführung der Tochter und die Suche nach ihr - Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist jedoch, dass der Entführer es eigentlich nicht auf das Mädchen abgesehen hat, sondern auf die Mutter. Neben deren Perspektive gibt es so noch Kapitel aus der Sicht des Täters, die langsam den Plan enthüllen. Das Problem an der Sache ist nur, dass der Verlag im Klappentext die wichtigste Wendung bereits spoilert und so von der Spannung nur noch wenig übrig bleibt.

Die Mutter Julia ist eine ziemlich unausstehliche Protagonistin. Zwar liebt sie ihr Kind aufrichtig und ihre Schuldgefühle sind nachvollziehbar - ansonsten aber ist sie egoistisch und verwöhnt, was sich auch nicht ändert. Sie will immer nur das Beste, ein einfaches Leben reicht ihr nicht, sie muss höher und weiter, sowohl in der Karriere als auch in der Ehe. Kein Wunder also, dass sich ihr Mann Brian ihr gegenüber äußerst unfreundlich verhält. Er ist im Gegensatz zu ihr jemand ohne Ehrgeiz - was permanent wiederholt wird -, der sich vollkommen in seinem Elend suhlt. Eine so verblüffend schwache Männerfigur ist zwar interessant, führt aber leider nicht zur Identifikation. Sonstige Figuren sind austauschbar und wirken meistens wie Randfiguren: Die nicht wirklich tatkräftige Polizistin in dem Fall, Brians nur kurz auftauchender Bruder, seine kalte und besserwisserische Mutter. Niemand entlockt einem auch nur den Hauch von Sympathie - was ich bei einer Geschichte, bei der man mitfiebern soll, problematisch finde.

Möglicherweise liegt das aber auch am endlosen Gerede und der Handlung, die über die ersten 200 Seiten einfach nicht voran kommt. Wer den Klappentext kennt, für den geschieht hier nichts Neues, weswegen schlicht Langeweile aufkommt. Ohne wirkliche neue Erkenntnisse ist ein Thriller kein Thriller, sondern maximal ein Drama, und darauf war ich nicht eingestellt. Als dann die versprochene Wendung allerdings kommt, wird es tatsächlich auch nicht besser - weil sich der versierte Leser bereits zusammen gereimt hat, wer hinter allem steckt. Motiv und Ziel wirken komplett an den Haaren herbei gezogen, ja, ich fand das "wahre Gesicht" der Person geradezu lächerlich. Das ist schade im Anbetracht dessen, dass eine Entführungsgeschichte hier einmal ein ganz anderes Prinzip verfolgt. Nur hat dieses eben überhaupt nicht funktioniert.

FAZIT:
"Es beginnt am siebten Tag" könnte einem besser gefallen, wenn man den Klappentext nicht kennt - denn dieser nimmt die Hälfte der Geschichte vornweg. So war ich jedenfalls permanent gelangweilt, was durch die anstrengenden Charaktere nur noch verstärkt wurde. Dass ich außerdem den relativ unlogisch handelnden Täter sehr früh erraten habe, hat dann auch den letzten Rest Interesse erstickt. Da mag ich nicht mehr als 2 Punkte vergeben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Viel zu viel in einer Geschichte

Girl in Black
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Rica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt ...

Rica tippt sich hinter seinem Rücken vielsagend an die Stirn. Ich weiß bloß nicht, was sie damit meint:
Dass er ein Trottel ist? Oder dass mir nicht zu helfen ist?
Ich wette, Letzteres.
Minutenlang starrt Gabriel seine adaptierte Kreation an, dann erwidert er: "Muss ja nicht sein. So ist es ganz okay."
Ganz okay aus seinem Mund bedeutet so viel wie: Gut gemacht. Das höchste Lob, das er zu bieten hat.
Ich lächle. Weil sich das so gehört.
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INHALT:
Seit 16 Jahren ist Lia ein Mitglied der Musettis, der Mafia-Familie Mailands. Eigentlich will sie nichts mit deren Machenschaften zu tun haben, aber sie hat keine Möglichkeit, sich zu wehren. Sie lebt wie im goldenen Käfig, weil sie durch eine magische Fähigkeit - Gefühle erspüren zu können - zu kostbar ist, um sie gehen zu lassen. Bis ihre Mutter plötzlich stirbt und ihr ohne deren Schutz klar wird, dass sie fliehen muss. Am Tag ihrer Zwangsheirat mit dem Erben der Musettis gelingt es ihr tatsächlich, sich nach Berlin abzusetzen, ihre frühere Heimatstadt. Nur scheint sich ihr Leben ohne Geld und Papiere nicht zum Besseren zu wenden. Doch durch eine glückliche Fügung erhält sie einen Job bei einem Jungdesigner und kann ihrer Leidenschaft nachgehen: Dem Entwickeln von Mode. Der Gefahr durch die Mafia ist sie allerdings noch lange nicht entronnen...

MEINE MEINUNG:
Ein goldglänzendes Cover, ein verführerischer Titel, eine Geschichte um eine besondere Gabe und die Mafia - Mara Langs "Girl in Black" ist in allen Belangen ein echter Hingucker. Doch bereits nach kurzer Zeit wird klar, dass sich hier zu viel vorgenommen wurde - die einzelnen Elemente der Story wollen nicht so recht zueinander passen. Erzählt wird das Ganze größtenteils aus der Ich-Perspektive der Protagonistin, zwischendurch kommt jedoch auch ihr Love-Interest Nevio zu Wort. Während ihre Kapitel besonders in der ersten Hälfte manchmal zu kalt und unnahbar wirken, sprudeln seine über von Gefühlen, was recht sympathisch ist. Der Schreibstil ist, typisch für einen Jugendroman, sehr einfach und schnörkellos, die Beschreibungen der Modekreationen wissen allerdings zu überzeugen.

Lia war mir eine weitestgehend unsympathische Hauptfigur, mit der ich mich nicht recht identifizieren konnte. Entweder ist sie verunsichert und versteckt sich hinter ihrem Panzer, oder sie ist arrogant und vorlaut. Außerdem weiß sie genau, was für eine Gefahr von denen ausgeht, die hinter ihr her sind - und tritt doch in die Öffentlichkeit, was nicht nur sie, sondern auch alle in ihrer Nähe in Gefahr bringt. Nevio war mir da sehr viel lieber. Er erscheint zwar manchmal naiv, als er Lia so schnell vertraut und das auch, obwohl sie selten nett zu ihm ist, aber seine liebevolle und herzensgute Art sorgen doch dafür, dass man ihn gern hat. Die Gegenspieler bestehen natürlich komplett aus den Klischees, die man über die Mafia so kennt, der Designer Gabriel ist schwul und egozentrisch und dicke Menschen kommen hier nur vor, um gemein oder unterwürfig zu sein. Von den Nebenfiguren, bis vielleicht auf die verletzliche Mavie, ist also nicht viel zu erwarten.

Mara Lang erfindet mit ihren Ideen zwar das Rad nicht neu, prinzipiell sind die einzelnen Aspekte aber definitiv interessant - wenn sie sich nur auf zwei davon konzentriert hätte: Mafia und die Gabe zum Beispiel oder Design und die Gabe - dann wäre einem die Geschichte nicht so überfüllt und seltsam unpassend erschienen. Denn so nimmt jeder Handlungsstrang für sich gesehen einfach zu wenig Platz ein bzw. harmoniert nicht wirklich mit den anderen. Dass Lia, gerade vor der Mafia geflohen, tatsächlich zum für alle sichtbaren Model wird, trotz der Gefahr, ist schon ziemlich stark an den Haaren herbeigezogen. Nur selten kommt ihre Angst vor den Bösewichten durch, viel mehr plagt sie sich mit der, Gefühle zuzulassen. Sowieso wird ihre Gabe herzlich wenig erklärt und dass ihre Mutter nicht schon viel früher mithilfe dieser einen Fluchtplan ausgeheckt hat, ergibt erst recht keinen Sinn. Immerhin gibt es zum Ende hin einen spannenden und überraschend blutigen Showdown, der endlich mal zum Thema Mafia passte. Dafür deutet der Schluss mit einem nicht wirklich überraschenden bedeutungsschwangeren Hinweis auf einen Folgeband hin - ob es den geben wird, steht noch in den Sternen, ob ich ihn lesen würde, aber auch.

FAZIT:
"Girl in Black" vereint viele interessante Themen in einem Buch - zu viele. Ich hatte das Gefühl, dass Mara Lang so viele Ideen hatte, dass sie gar nicht wusste wohin damit. Design, Mafia und eine phantastische Gabe passten für mich jedenfalls nicht so recht zusammen und so war mir die Geschichte zu wenig durchdacht und aufgrund der Charaktere zu klischeehaft. Weniger wäre hier mehr gewesen. 2,5 Punkte, leider abgerundet auf 2.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nur für Kitsch-Erprobte

Halo
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"Dafür haben wir keine Zeit!", rief ich. "Molly kann schon längst in ernsthaften Schwierigkeiten stecken."
"Unsere erste Sorge ist der Schutz von euch beiden!" Die Verärgerung in Gabriels Stimme brachte ...

"Dafür haben wir keine Zeit!", rief ich. "Molly kann schon längst in ernsthaften Schwierigkeiten stecken."
"Unsere erste Sorge ist der Schutz von euch beiden!" Die Verärgerung in Gabriels Stimme brachte alle im Raum zum Schweigen. Niemand sprach, bis Ivy uns mit plötzlicher Entschiedenheit ansah.
"Xavier, was immer du vorhast, du kannst am Wochenende nicht zu dir nach Hause", sagte sie. "Dort ist es nicht sicher. Du musst bei uns bleiben."
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INHALT:
Bethany und ihre Geschwister sind Engel und werden auf die Erde nach Venus Cove geschickt, um gegen das Böse zu kämpfen, das dort Einzug hält. Seltsame und schlimme Dinge geschehen, gegen die unbedingt etwas getan werden muss.
Bethany war schon immer das Menschlichste der Geschöpfe und mischt sich deshalb als Schülerin unter die Jugendlichen der Highschool. Schnell findet sie Anschluss - und entwickelt Gefühle für den Schulsprecher Xavier, was nicht unentdeckt bleibt. Was soll sie tun: Ihrer Liebe nachgeben und ihre Herkunft zu gefährden oder das alles einfach ignorieren? Als dann auch noch schreckliche Ereignisse passieren, schwebt Beth in großer Gefahr. Und nicht nur sie...

BUCHAUFMACHUNG:
Was für eine wunderschöne Gestaltung! Das Cover sieht im Original wie auch in der deutschen Version durch den Schemen des Liebespaars, das sich küsst, richtig toll aus. Der Lichteinfall lässt alles erstrahlend und die Flügel des Mädchens verdeutlichen den phantastischen Aspekt. Auch ohne Umschlag ist es toll anzusehen: Ein schwarzes, glattes Buch mit Ranken in den Sandfarben des Covers. Ein echter Hingucker!

MEINE MEINUNG:
"Halo" klingt nach einer schönen, relativ originellen Engelsgeschichte, die sicherlich nicht neu ist, aber Potenzial hat. Daher ging ich mit halbwegs hohen Erwartungen an das Werk heran - und wurde leider, leider enttäuscht.

Der Einstieg gestaltet sich sehr schön - Alexandra Adornetto beschreibt den Ort, von dem Bethany und ihre Geschwister kommen, und ihre Lebensweise dort sehr einfühlsam und gut verständlich. Da die Hauptperson selbst das magische Wesen ist, gibt es nicht das ewige Herumgerate, was ich als sehr erfrischend erfand. Auch Adornettos Schreibstil selbst ist angenehm zu lesen, er ist flüssig und stockt nur selten. Das einzige Problem: Die Geschichte an sich. Denn die vergeht sich ab circa Seite 50 in absolut gängigen Klischees, nicht nur von den Figuren her. Liebe auf den ersten Blick, ausnahmslos wunderschöne Personen und ein böser, böser Bösewicht - oh je...

Tatsächlich ist beinahe der gesamte Plot komplett voraussehbar. Bethany trifft den wunderbaren, [eigentlich] unnahbaren Xavier, der natürlich auch noch - und nicht zu vergessen - perfekt ist, und ist sofort hingerissen. Er natürlich ebenfalls, auch, wenn er ja eigentlich der Unnahbare ist. Danach wird es kitschig. Und mit kitschig meine ich richtig kitschig. Es hat mich gewundert, dass ich keinen Zuckerguss zwischen den Fingern hatte, wenn ich Zeilen las wie, dass die Hauptperson "körperlich und seelisch mit ihm verschmelzen" will [S. 372]. Ein bisschen Kitsch tut nicht weh, aber in einer so geballten Ladung schüttelte es mich das ein oder andere Mal recht heftig.

Bethany selbst ist eine sympathische Hauptfigur, allerdings ohne nennenswerte Eigenschaften. Sie ist lieb, einfühlsam und benimmt sich in Sachen Xavier wie 14. Ansonsten ist sie das gängige Engels-Klischee: Wunderschön, magisch, herzensgut und nicht zu vergessen perfekt. Ihr Freund ist da nicht anders. Er umwirbt Beth mit seinem atemberaubenden Charme, ist vollkommen für sie da und der wunderbare Beschützer, der zudem noch ein unwiderstehliches Lächeln hat - nein, Verzeihung, ein schiefes Lächeln. Von dem ich nach hunderten Büchern, in denen es vorkam, noch immer nicht weiß, wie es anatomisch eigentlich möglich ist! Aber wenigstens bringt er ab und zu ein paar gute Sprüche und Witze, weswegen er noch meine liebste Figur war.

Bei den Nebenfiguren wird es dann allerdings richtig deutlich. Bethany lernt an ihrem ersten Tag Molly kennen, die sich ihrer sofort annimmt und komplett die sogenannte "Tussi" ist - sie spricht den lieben, langen Tag nur über Mode und Aussehen und nervt mit ihrer Besessenheit von allen gutaussehenden Kerlen, die in ihrer Umgebung verkehren. Besonders verliebt ist sie in Gabriel, Bethanys Bruder, der außer, dass er - wie könnte es anders sein - perfekt ist, nicht wirklich lang im Gedächtnis bleibt. Dasselbe mit Ivy, der Schwester, mit der ich ebenfalls nicht richtig warm wurde. Sehr schade...

Der Plot hätte einiges hergegeben, vor allem viel Spannung im Kampf mit dem Bösen. Stattdessen werden die guten Wandlungen eher im Hintergrund vollzogen und nur mal so sporadisch angemerkt. Ansonsten ist die Protagonistin nämlich viel zu sehr mit ihrer Beziehung beschäftigt, den kleinen Eifersuchtsdramen und dem Tagesablauf. Über 200 Seiten passiert buchstäblich nichts, außer dass Figuren eingeführt und benannt werden, die danach nie wieder auftauchen. Es wird so langweilig, dass ich anfing, Seiten zu überblättern, um dann festzustellen, dass ich immer noch mitkam.

Interessant wird es erst, als der neue Schüler, Jake Thorn, auftaucht, von dem jeder außer Bethany weiß, dass er nicht so gut ist wie er scheint. Er hätte durch seine Art und seine immer wiederkehrenden unterschwelligen Drohungen, gepaart mit seinem scheinheiligen Charme, ein interessanter Charakter werden können. Doch auch hier wird wieder nur Schwarz-Weiß und vor allem so vorhersehbar gezeichnet, dass ich die gesamte Zeit über wusste, woran ich war. Wenigstens ist es aber spannend und auch der Showdown wird endlich eingeleitet - der die meiste Zeit über auch recht fesselnd wirkt. Schade nur, dass die Lösung des Problems wiederum so wenig glaubwürdig ist...Der Epilog endet dann schließlich mit einem ansatzweise so zu nennenden Cliffhanger, der bei mir allerdings auch kein richtiges Interesse mehr weckte.

FAZIT:
Schade, schade, dass hier so viel Potenzial verschenkt worden ist! Aber durch die klischeehaften Figuren, die wahnsinnig kitschige Beziehung und den langweiligen Mittelteil konnte mich "Halo" einfach nicht begeistern. Ich gebe trotzdem "noch" 2 Punkte aufgrund der schönen Idee. Trotzdem kann ich hier nur eine Empfehlung für die wirklich Kitsch-Erprobten aussprechen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Sinnfreier Weltentwurf

Die rote Königin (Die Farben des Blutes 1)
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Ich zähle die letzten Sekunden im Stillen herunter, mein Herz schlägt den Takt. Cal erspäht mich in der Menge, schenkt mir das Lächeln, das ich liebe, und setzt sich in Bewegung, um zu mir zu kommen. Aber ...

Ich zähle die letzten Sekunden im Stillen herunter, mein Herz schlägt den Takt. Cal erspäht mich in der Menge, schenkt mir das Lächeln, das ich liebe, und setzt sich in Bewegung, um zu mir zu kommen. Aber er wird mich nie erreichen, nicht bevor die Tat ausgeführt ist. Die Zeit scheint stehen zu bleiben, bis ich nur noch die schockierende Intensität spüre, die meine Fähigkeit in geschlossenen Räumen entwickelt. Wie beim Training, wie in meinen Stunden bei Julian lerne ich, sie zu kontrollieren.
Schließlich fallen vier Schüsse; sie lösen sich, begleitet von vier Stichflammen, aus den Pistolenläufen ganz oben im Saal.
Dann ertönen gellende Schreie.
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INHALT:
In Mares Adern fließt rotes Blut - was sie zu einer Dienerin der Mächtigen macht, gemeinsam mit ihren Leidensgenossen, den anderen "Roten". Denn in den Adern der höher gestellten "Silbernen" fließt silbernes Blut, das ihnen übernatürliche Fähigkeiten und damit die Herrschaft über die einfachen Bürger verleiht. Doch als Mare ihre neue Arbeit im Schloss ebenjener Unterdrücker antritt, geschieht etwas Unvorhergesehenes - und sie setzt Kräfte frei, die sogar den Silbernen Angst machen. Damit scheint eine Revolution möglich, aber es bringt Mare auch in tödliche Gefahr...

MEINE MEINUNG:
Victoria Aveyards Auftakt ihrer geplanten Trilogie rund um "Die Farben des Blutes" [so im Deutschen, im Original einfach "Red Queen"] bedient sich einem altbekannten Konzept: Eine dystopische Zukunft; eine Zwei-Klassen-Gesellschaft mit Gut und Böse; eine Protagonistin aus dem unterdrückten Volk, die zum Gesicht der Rebellion wird und eine Liebesgeschichte mit mindestens zwei möglichen Kandidaten - wobei, wenn einer ausfällt, praktischerweise sofort ein neuer zur Hand ist. "Die rote Königin" wirkt wie auf Erfolg ausgelegt, was auch wunderbar funktioniert, denn das Buch ist sowohl im Original als auch in der Übersetzung eingeschlagen wie eine Bombe. Aber erklären soll mir das mal einer...

Mare ist eine überwiegend unerträgliche Hauptfigur. Sie bemitleidet sich während ihres Lebens als Rote und sie bemitleidet sich während ihres Lebens als Silberne. Ansonsten ist sie sehr passiv, weil sie sich selten traut, wirklich für ihre Sache einzustehen - dennoch wird sie von fast ausnahmslos jedem Mann vergöttert. Erst zum Ende hin beginnt sie, eigenständig zu denken, muss aber dennoch dauernd gerettet werden. Cal ist Love-Interest Nummer 1 und der übliche schöne Mann, der eigentlich nicht zugänglich ist - hier, weil er der ausnahmslos als Zicke beschriebenen Evangelina versprochen ist. Cal ist überraschend glaubwürdig, weil er sich nicht komplett für Mare aufgibt, und konnte daher tatsächlich meine Sympathien erlangen. Auch Maven, Love-Interest Nummer 2, ist ein ganz nett aufgebauter männlicher Charakter, wirkt aber an vielen Stellen zu perfekt, und das Geheimnis, das er hat, ist ziemlich weit hergeholt. Die sonstigen Figuren bleiben ausnehmend blass und besonders die Frauen sind entweder verschlagen oder böse, jemand ähnlich Guten wie Mare gibt es außer ihrer Schwester nicht.

Abgesehen von den ziemlich mauen Charakteren scheint die Autorin aber auch kein rechtes Händchen für ihren Weltentwurf gehabt zu haben - oder die bahnbrechenden Erklärungen kommen noch in den folgenden Bänden. Hier jedenfalls wird mit keinem Wort erwähnt, wie es dazu kommen konnte, dass es zwei Arten von Menschen gibt, die sich durch ihr Blut unterscheiden, und dass die Silbernen magische Fähigkeiten besitzen. Denn anscheinend ist der Roman nicht wie vermutet High Fantasy, sondern Dystopie - es gibt schließlich Technik, Elektrizität und sogar Motorräder. Wo also bleiben die Hintergründe, die all diese Elemente miteinander verbinden würden? Möglicherweise ist dieses Problem darin begründet, dass sich so stark auf das ewige Geplänkel im Schloss und die verschiedenen Intermezzi mit den vielen Kerlen konzentriert wird, anstatt die übrigen Themen voranzutreiben.

Zugute halten muss man dem Buch, dass es absolut flüssig geschrieben ist, sodass sich die 500 Seiten weg lesen lassen wie nichts und die Beschreibungen sind dabei überwiegend bildlich und detailreich, wodurch man sich vieles gut vorstellen kann. Auch wird es zum Ende hin sehr spannend, weil sehr glaubwürdig nicht alles glatt läuft, was dem Ganzen etwas Authentizität verleiht. Allerdings hat mir der große Plot Twist, der von vielen so begeistert aufgenommen wurde, gar nicht gefallen. Er ist nicht nur vorhersehbar, sondern irgendwie auch ein billiges Mittel, um eine bestimmte Person aus dem Weg zu schaffen. Letztendlich bleibt abzuwarten, ob alle noch offenen Stränge in den Folgebänden bis zur Auflösung verfolgt werden. Das werde ich aber wohl eher nicht mehr miterleben.

FAZIT:
Victoria Aveyard hat mit "Die rote Königin" eine nicht erklärte Mischung aus High Fantasy und Dystopie geschaffen, die so vom Weltentwurf bisher reichlich wenig Sinn ergibt. Die Figuren wirken oft eindimensional und insbesondere die Protagonistin tötet einem den letzten Nerv, während die typische Dreiecksgeschichte ihr Übriges dazu tut. Wohl eher etwas für Neulinge in diesen Genres. 2 Punkte.