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Krimine

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Veröffentlicht am 20.06.2019

Ein toller Mitratekrimi mit vielen Verstrickungen

Das krumme Haus
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Am Ende des Zweiten Weltkrieges lernt der Diplomat Charles Hayward in Ägypten die junge Sophia Leonides kennen, die für das Außenministerium tätig ist. Er verliebt sich in sie und schon bald steht fest, ...

Am Ende des Zweiten Weltkrieges lernt der Diplomat Charles Hayward in Ägypten die junge Sophia Leonides kennen, die für das Außenministerium tätig ist. Er verliebt sich in sie und schon bald steht fest, dass Charles nach seiner Rückkehr in die Heimat um ihre Hand anhalten wird. Doch die geplante Verlobung findet nicht statt, da Sophias Großvater Aristide Leonides heimtückisch ermordet worden ist. Denn von nun an ermittelt Scotland Yard in dem großen krummen Haus, in dem der tyrannische Millionär zusammen mit Sophia und weiteren Familienmitgliedern aus drei Generationen wohnhaft war. Und jeder von ihnen kann der Mörder sein.

„Das krumme Haus“ ist eines der Lieblingsbücher von Agatha Christie und wurde im Jahr 1951 erstmals ins Deutsche übersetzt und in dieser Fassung in den Buchhandel gebracht. Ein klassischer Whodunit Krimi mit einer begrenzten Anzahl an Verdächtigen und einer Auflösung, die am Ende völlig überrascht dabei allerdings auch schlüssig ist. Doch zunächst einmal wird, wie bei Agatha Christie gewohnt, das Naheliegende durch viele falsche Fährten und interessante Figurenkonstellationen überdeckt, sodass der Leser gefangen von den zwar nicht unwichtigen, aber doch ins Leere führenden Nebenhandlungen ist.

Der Erzähler des wunderbar kniffligen Falls ist der Diplomat Charles, dessen Vater bei Scotland Yard tätig ist, von dem er viele wichtige Informationen bezieht. Deshalb stört es auch nicht, dass weder die scharfsinnige Miss Marple noch der belgische Detective Hercule Poirot auf der Bildfläche erscheinen. Denn Charles mit seinem Beschützerinstinkt und als quasi Betroffener macht seine Sache gut und reiht sich mit diplomatischem Geschick in die Riege der mit Eifer ermittelnden Personen ein. Trotzdem merkt der Leser recht schnell, dass dieser weder die Erfahrung noch die Cleverness von Agatha Christies sonstigen Detectiven besitzt, was dem Krimi selbst einen völlig eigenen Stil verleiht.

Fazit:
Ein toller Mitratekrimi mit vielen Verstrickungen, facettenreichen Figuren und einem angenehm überraschenden Schluss.

Veröffentlicht am 31.05.2019

Ein ruhiger Krimi, der fesselt und bewegt

Nachts schweigt das Meer
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Detective Inspektor Ben Kitto kehrt nach dem tragischen Tod seiner Kollegin Clare auf die Insel Bryher zurück, wo er eine Auszeit nehmen will. Doch kaum ist er dort angekommen, wird ein junges Mädchen ...

Detective Inspektor Ben Kitto kehrt nach dem tragischen Tod seiner Kollegin Clare auf die Insel Bryher zurück, wo er eine Auszeit nehmen will. Doch kaum ist er dort angekommen, wird ein junges Mädchen vermisst, das später unterhalb der Klippe tot am Wasser aufgefunden wird. Ein Schock für die Familie, die nach der Tragödie vollends zerbricht, während die Inselbewohner entsetzt über das Vorhandensein eines Mörders in ihrer Mitte sind. Denn außer einem kleinen Diebstahl wurden seit Langem keine Verbrechen mehr auf der kleinen Insel verübt, sodass die Türen dort für jedermann offenstehen. Nun aber schleicht sich die Angst in ihre Köpfe ein. Und Ben, der aufgrund seiner Erfahrungen bei der Mordkommission die Ermittlungen übernimmt, hat es schwer, weil er den Mörder im Kreis seiner einstigen Freunde und Nachbarn finden muss.

„Nachts schweigt das Meer“ ist ein sehr atmosphärischer Kriminalroman, der seine Leser auf die Kleinste der Scilly Inseln entführt, wo jeder Bewohner den anderen gut kennt. Deshalb dauert es nicht lange, bis das Misstrauen Überhand gewinnt, weil gut gehütete Geheimnisse in ihrer überschaubaren Gemeinschaft nicht wirklich welche sind. So ist es egal, ob Bens Onkel den Jugendlichen auf der Insel Geld gegeben hat, um ihre Vorhaben zu unterstützen, oder ein Lehrer der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, obwohl es nie zu einer Anklage kam. Sie alle werden von nun an mittels Rufmord an den Pranger gestellt, weil die Unsicherheit unter den Bewohnern enorme Früchte trägt.

Gleich mehrere Verbrechen, die niemand in der scheinbare Idylle vermutet hat und eine Reihe an akribisch geführten Ermittlungen stehen im Mittelpunkt des Geschehens, während der aus Bryher stammende und zur Zeit etwas ausgebrannte Detective Inspektor Ben Kitto die Hauptfigur in dem immer emotionaler werdenden Drama ist. Ben, der nach dem Tod seiner einstigen Kollegin mit Schuldgefühlen zu kämpfen hat, funktioniert am Anfang nur, weil es von ihm erwartet wird. Später aber kniet er sich dann aber immer mehr in die Ergreifung des Mörders hinein und wird am Ende mit einer positiven Entwicklung in seinem eigenen Leben überrascht. Trotzdem erscheint dieser Kriminalroman eher düster, als hoffnungsfroh und zeigt auf, wozu Menschen in einer emotionalen Extremsituation fähig sind.

Fazit:
„Nachts schweigt das Meer“ ist der erste Teil einer Krimireihe auf den Scilly-Inseln, der trotz schwerer Verbrechen ruhig in Erscheinung tritt und durch die in ihm schwelende Angst fesselt und bewegt.

Veröffentlicht am 26.05.2019

Ein unterhaltsamer und humorvoller Jugendroman dessen geheimnisvolle Aura viel zu schnell verschwindet

Blackwood
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Nach dem tragischen Unfalltod ihrer Mutter muss die fünfzehnjährige Gesine zu ihrer Tante Wanda nach Blackwood ziehen, weil sich diese von nun an um sie kümmern wird. Doch in dem kleinen irländischen Ort ...

Nach dem tragischen Unfalltod ihrer Mutter muss die fünfzehnjährige Gesine zu ihrer Tante Wanda nach Blackwood ziehen, weil sich diese von nun an um sie kümmern wird. Doch in dem kleinen irländischen Ort fühlt sich die in Wien groß gewordene und das Ballett liebende Schülerin nicht wohl. Deshalb versucht sie, gleich am ersten Abend zu fliehen und lernt dabei einen Jungen kennen, der ihr außerordentlich gut gefällt. Mit dem Ziel ihm nahe zu sein, lässt sich Gesine von nun an auf die oftmals etwas merkwürdig erschleichenden Gegebenheiten in dem von Mythen und Geistern beseelten Blackwood ein. Allerdings merkt sie schnell, dass der von einer Butterdynastie stammende Arian eine feste Freundin hat und auch ihre Bemühungen sich in Blackwood einzuleben, gehen irgendwie immer schief. Von ihren Niederlagen frustriert, schreibt Gesine einen Brief, auf den sie prompt eine Antwort von ihrem zukünftigen Ich erhält. Und umso mehr Gesine versucht, mithilfe weiterer Briefe in die Zukunft zu schauen, umso mehr wird ihr Leben auf den Kopf gestellt.

„Blackwood; Briefe an mich“ ist ein liebenswerter Jugendroman über ein junges Mädchen, das nach dem viel zu frühen Tod ihrer Mutter ein Leben ohne sie meistern muss und dabei viele Höhen und Tiefen durchlebt. Angefangen von dem Gefühl, allein und verloren zu sein, über die Erfahrung, dass es Menschen gibt, die sie lieben und verstehen, bis hin zu der Erkenntnis, dass sie für ihr Glück einiges riskieren und kämpfen muss. Ein schwieriger und steiniger Weg, bei dem die wunderbar unperfekte und angenehm bodenständige Schülerin in viele Fettnäpfchen tritt, aber auch wunderschöne Momente und das Glück tiefer Freundschaft erfährt. Doch nicht nur sie belebt mit ihrem frischen und natürlichen Wesen das Geschehen. Auch ihr neuer Freund Sam, der aus einer kinderreichen Familie stammt und unbedingt Radiomoderator werden will oder ihr Schwarm Arian, der trotz reicher Eltern von Standesunterschieden nichts wissen will, tragen ihren Anteil dazu bei, dass es in dem aus Gesines Sicht erzählten Geschehen zu keiner Zeit langweilig wird. Nur der mystische Zauber, der zu Beginn der Geschichte über Blackwood und seine Bewohner lag, verschwindet schnell, wie auch die Geheimnisse aus der Vergangenheit, von denen am Ende nichts mehr zu erfahren ist.

Fazit:
Blackwood - Briefe an mich" ist ein unterhaltsamer und humorvoller Jugendroman, der mit einer liebenswerten Hauptfigur, einer ordentlichen Portion an Gefühlen und ein wenig Magie daherkommt, leider aber neben einem Defizit an Trubel und Dramatik, auch seine geheimnisvolle Aura schnell vermissen lässt.

Veröffentlicht am 21.05.2019

Ein gut inszeniertes Psychospiel um Schuld und Sühne

Rachemädchen- Eine ist verschwunden. Eine ist angeklagt. Wer ist das Opfer?
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Wer kennt sie nicht, die Legende vom schwarzen Mann, der Kindern Angst einjagt und die bösen von ihnen entführt. Seit Jahrhunderten schon taucht er in Gruselmärchen, Kinderreimen und Sagen auf, wobei er ...

Wer kennt sie nicht, die Legende vom schwarzen Mann, der Kindern Angst einjagt und die bösen von ihnen entführt. Seit Jahrhunderten schon taucht er in Gruselmärchen, Kinderreimen und Sagen auf, wobei er ganz verschiedene Namen annimmt. Doch egal, ob er als großer, schwarzer, Schatten- oder Butzemann in Erscheinung tritt, eines ist immer gleich. Sind die Kinder nicht brav, werden sie verschleppt oder auch aufgefressen, je nachdem wie es ihm beliebt. Ein schauriger Mythos, den die britische Autorin Phoebe Locke nutzt, um mit ihm und einem wahren Verbrechen eine Geschichte zu erzählen, die schaurig und rätselhaft ist und auf der Angst vor dem schwarzen Mann basiert.

Das verhängnisvolle Geschehen beginnt im Jahr 1990, als das Mädchen Sadie gemeinsam mit ihrer Freundin Helen die Sommerferienferien verlebt. In diesem Jahr erfährt sie zum ersten Mal vom großen Mann, der die guten Kinder beschützt und die bösen Kinder zu sich holt. Von da an schleicht sich die Schattengestalt in ihre Träume und ein und lässt sie nicht mehr los. So geschieht es, dass sie gemeinsam mit Helens großer Schwester und einer weiteren Freundin merkwürdige Rituale im Wald verübt, damit der große Mann gnädig gestimmt wird. Allerdings nur bis zu dem Tag, als plötzlich eine Katastrophe ihrem heimlichen Tun ein Ende setzt und niemand mehr offen über die damaligen Ereignisse spricht. Und erst viele Jahre später als eine Filmcrew die Wahrheit über die 18-jährige Mörderin Amber Banner herausfinden will, flammen die Schatten der Vergangenheit wieder auf und das, was einst im Wald geschah, fordert nun seinen Tribut.

„Rachemädchen“ ist das Thrillerdebüt von Phoebe Locke, die True Crime Geschichten mag und ihre Vorliebe für wahre Kriminalfälle in ihrem Erstling verarbeitet hat. Mit einem guten Gespür für menschliche Verhaltensweisen geht sie dabei vor und stellt das absonderliche Benehmen einer jungen Mörderin genauso nachvollziehbar dar, wie das skrupellose Vorgehen einer ehrgeizigen Filmemacherin. Dazu springt sie in verschiedenen Zeitebenen hin und her, lässt Figuren aus eigener Sicht erzählen, was um sie herum geschieht und fügt das Ganze Stück für Stück zu einer nachvollziehbaren Abfolge von Ereignissen zusammen, die düster, unheilvoll und erschreckend sind. Allerdings braucht es einige Zeit, bis das anfänglich verwirrende, später dann immer lichter werdenden Geschehen seine volle Wirkung entfachen kann und der Leser erkennt, welche Schuld der Einzelne auf sich geladen hat und was einst tief im Wald geschehen ist.

Fazit:
Wunderbar kurzweilig erzählt, taucht der Leser in ein gut inszeniertes Psychospiel um Schuld und Sühne ein, das erst im Verlaufe der Handlung seine volle Sogwirkung entfacht.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Ein realitätsnah in Erscheinung tretender Kriminalroman

Kälter als die Angst
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Die Opernsängerin Carla Dellbrück wird nach einem Spaziergang brutal ermordet, während ihr Mann mit dem Rücken zum Fenster auf dem Laufband trainiert. Ein scheinheiliges Alibi, das niemand bestätigen kann. ...

Die Opernsängerin Carla Dellbrück wird nach einem Spaziergang brutal ermordet, während ihr Mann mit dem Rücken zum Fenster auf dem Laufband trainiert. Ein scheinheiliges Alibi, das niemand bestätigen kann. Deshalb dauert es nicht lange, bis Klaus Dellbrück als Hauptverdächtiger verhaftet wird, obwohl er beteuert, unschuldig zu sein. Kurz darauf zieht eine junge Frau mit ihren beiden Söhnen in die Wohnung der Dellbrücks ein und wird genau, wie die Opernsängerin zuvor mit seltsamen Drohbriefen terrorisiert. Gibt es da einem Zusammenhang zu der skrupellosen Tat oder haben die angsteinflößenden Kinderreime vielleicht gar nichts mit dem Mord an Carla Dellbrück zu tun? Charlotte Schneidemann und Peter Käfer ermitteln und kommen einem Killer auf die Spur, der noch lange nicht am Ende ist.

„Kälter als die Angst“ ist der fünfte Fall für die Mordkommission in Münster, in der neben Charlotte Schneidemann und Peter Käfer auch der kurz vor der Pension stehende Carsten Hammersbach und der engagierte Jungspund Frank Subotik tätig sind. Ein gut aufeinander abgestimmtes Team, das mit akribisch geführten Ermittlungen auf die Jagd nach einem gefährlichen Hammermörder geht. Dabei stolpern sie schon bald über einen 30 Jahre alten Fall, der merkwürdig viele Parallelen zur aktuellen Ermittlung aufweist und sie zu einem inzwischen entlassenen Mörder führt, der seine Tat zutiefst bereut. Doch nicht nur er und der in Untersuchungshaft sitzenden Ehemann werden verdächtigt, der Mörder zu sein, und so haben die mit Hochdruck ermittelnden Polizisten alle Hände voll zu tun, bis Licht in das Durcheinander an völlig verschiedenen Tatmotiven und potenziellen Tätern gebracht werden kann.

Christine Drews versteht es, mit einem interessanten Plot und regelmäßigen Perspektivwechseln einen Krimi zu erzählen, der angenehm realitätsnah in Erscheinung tritt und aus verschiedenen Sichtweisen heraus erzählt worden ist. So kommen neben den Ermittlern auch der Täter und der geläuterte Hammermörder von einst zu Wort, wobei von ihm vor allem Auszüge aus seinem veröffentlichten Buch zur Gewaltverhinderung zu lesen sind. Aber auch die Psychotherapeutin Katrin Ortrup, die bereits im ersten Band der Münsterreihe als Mutter eines entführten Kindes im Mittelpunkt der Handlung stand, spielt eine wichtige Rolle in dem anfänglich ruhigen, später dann dramatisch werdenden Geschehen. Und ganz zum Schluss spitzt sich die Handlung noch einmal zu und die bisher geschickt im Verborgenen agierenden Täter zeigen ihr wahres Gesicht.

Fazit:
Ein realitätsnah in Erscheinung tretender Kriminalroman, der trotz kleiner Schwächen im Spannungsverlauf einige Stunden beste Unterhaltung verspricht.