Profilbild von Kristall86

Kristall86

Lesejury Star
offline

Kristall86 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Kristall86 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.03.2019

Der „Donnerstagsclub“

Die Spionin der Charité
0

Lily Kolbe trägt ein großes Geheimnis in ihrer Seele. Sie gehörte dem ´Donnerstagsclub´an. Eine unbekannte Wiederstandsgruppe die ihren Mittelpunkt in der berühmten Berliner Charité hatte. Und mit ebensolchen ...

Lily Kolbe trägt ein großes Geheimnis in ihrer Seele. Sie gehörte dem ´Donnerstagsclub´an. Eine unbekannte Wiederstandsgruppe die ihren Mittelpunkt in der berühmten Berliner Charité hatte. Und mit ebensolchen berühmten Persönlichkeiten wie Prof. Sauerbruch oder Neumann und Wetterstein und einigen anderen das Fundament dafür bildete.
Lily hatte den Auftrag Fritz Kolbe zu bespitzeln. Daraus entwickelte sich aber ihre richtige und einzige große Liebe sowie das Vertrauen gemeinsam mit dem Wiederstand zusammen zu arbeiten.
Nach einiger Zeit kommt die Gestapo der Sache auf die Spur und bringt alle Mitglieder unter Druck. Gibt es einen Maulwurf unter den Mitgliedern? Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges ist der Chef des Sicherheitsdienstes angefixt, die Charité persönlich zu bewachen. Alles arbeitet in dieser schwierigen Zeit wie auf Messers Schneide.
30 Jahre später muss Lily Kolbe ihr Gelübde brechen und der Nachwelt von „ihrem Donnerstagsclub“ erzählen. Diese Geschichte muss aus ihr raus, sonst explodiert sie und die Menschen müssen erfahren wie hart damals dafür gearbeitet wurde, das Nazi-Regime zu putschen. Zuhörer wird der Reporter Bauer aus den USA. Er hört sich jedes Detail an was Lily zu sagen hat. Von Anfang bis Ende. Aber sie ahnt noch nicht das dabei ein falsches Spiel gespielt wird und ihr Leben dabei in Gefahr ist.

Christian Hardinghaus hat den Roman „Die Spionin der Charité" verfasst und damit ein Stück Zeitgeschichte auf Papier festgehalten. Sein Schreibstil ist dabei unheimlich rein und selbstbewusst. Er beginnt die Geschichte mit der Zeit 1974 und mit Lilys Alltagsgedanken. Wir tauchen tief in ihre Seele und erfahren dabei auch schon einiges zum Donnerstagsclub und dessen Weggefährten. Wir erfahren aber auch, das ihr „neuer“ Freund die große Martini-Flasche ist. Aber in ihrem Kopf ist alles klar und deutlich. Ihre Zeit damals in der Charité wird uns rasch näher gebracht. Hardinghausens bildhafte Beschreibungen tragen dazu bei, dass das Kopfkino ununterbrochen läuft. Nachdem der Reporter bei Lily eintrifft geht die Reise zurück in Vergangenheit los und wir reisen in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Hardinghaus wechselt sehr gekonnt dabei immer wieder die Zeitebenen und hält die Geschichte sehr flüssig am laufen. Ein wenig irritiert haben mich die Namen der Protagonisten. Hardinghaus verändert aus Prinzip einige Namen. In meine Augen ist das nicht notwendig, denn jede reelle Figur von damals hat doch genug zu erzählen und hat es auch verdient beim Namen genannt zu werden. Bei einigen speziellen Personen wie Sauerbruch oder de Crinis bleibt er bei der Realität. Hardinghaus vermischt die Realität von damals immer wieder mit fiktionalen Geschichten die aber, zum Teil, sehr ähnlich abgelaufen sein müssen. Somit bleibt die Geschichte mehr als spannend aber sie zeigt auch, wie krank die damalige Zeit damals war. Vieles ist jedem von uns bekannt aber es gibt Themen und Geschichten die selten oder auch bewusst ausgeklammert werden. Die Charité hatte auch ihre schwarzen Stunden. Wenn Professor Sauerbruch und seine Mitglieder vom Donnerstagsclub nicht gewesen wären, wäre es für das Krankenhaus noch dunkler geworden als ohnehin schon. Hardinghaus hat ein unheimlich starkes Gespür für diese Geschichte aufgebracht. Jede Seite fliegt so beim lesen dahin. Wir lernen die Menschen kennen und blicken hinter ihre Fassaden. Wir bekommen Einblicke in den Klinikalltag damals und auch in das Verhalten der damaligen NS-Funktionäre. Es ist grausam und erschreckend zu lesen, wie damals mit Menschen umgegangen wurde, aber es ist unheimlich bewundernswert, dass es Menschen wie Kolbe oder Sauerbruch gab, die ihre Stellung und ihr Leben für den Wiederstand eingesetzt haben. Sie wollten das Ende des Krieges und den Frieden für die Menschen. Sie wollten Hitler entmachten. Stauffenberg, ein Freund von Sauerbruchs Sohn, hatte dabei auch seine Finger mit im Spiel...das Attentat in der Wolfsschanze auf Hitler kennen wir alle.
Es ist extrem bemerkenswert, was damals so entstand, und im Geheimen arbeiten konnte. Wir können stolz sein auf diese Personen und uns mal vor Augen halten, das wir aufstehen müssen und etwas tun müssen, wenn uns etwas nicht passt. Es bringt nichts einfach alles nur auszusitzen...
Hardinghaus hat ein Stück Zeitgeschichte sehr gut greifbar gemacht! Dieses Buch erhält eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 27.02.2019

Wie es euch gefällt!

Der Genussgarten
0

Wer einen Garten hat, hat da so seine eigenen Gestaltungsvorstellung - kurzum - man ist eingefahren in seiner Planungsweise. Aber warum eigentlich entscheiden zwischen Stauden-, Bauern- oder Gemüsegarten? ...

Wer einen Garten hat, hat da so seine eigenen Gestaltungsvorstellung - kurzum - man ist eingefahren in seiner Planungsweise. Aber warum eigentlich entscheiden zwischen Stauden-, Bauern- oder Gemüsegarten? Warum denn nicht das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden? Warum denn nicht Artischocken zwischen Rittersporn setzen oder dunkelroten Grünkohl zwischen pinken Zinnien? Klingt doch gar nicht so schlecht, oder? Das witzige an dieser Thematik ist, diese Art des Gärtnerns ist schon sehr alt und wurde schon in Zeiten der Renaissance in Frankreich so praktiziert. Christine Breier, Autorin des Buches „Der Genussgarten“, hat sich dieser wundervollen Art des Gärtnerns angenommen und dieses tolle Buch verfasst. Sie beleuchtet die unterschiedlichen Möglichkeiten Zier- und Nutzpflanzen gekonnt im eigenen Garten zu kombinieren. Und wer meint, dass er in seinem Garten keinen Platz mehr hat oder dass das gar nicht gut aussehen könnte, der irrt auf ganzer Linie. Breier zeigt in ihren verschiedenen Bereichen vom Bauerngarten bis hin zur kleinen Pergola was alles wie und wo möglich ist. Sie geht dabei behutsam vor, denn sie weiß genau das ein Gärtner sich nicht gleich auf sie Schnelle überrumpeln lässt. Sie beschreibt in den ersten Kapiteln des Buches sehr flüssig und rund, was denn Genussgärten überhaupt sind, was es heißt eine ausgewogene Gartenkultur zu führen und natürlich die verschiedenen Gartenarten, wo sich jede Gärtner wieder findet (vom Cottage-Garten bis hin zum Urban Gardening). Im mittleren Teil geht sie auf verschieden Gartenstile ein sowie eben über das gute Miteinander mit den Pflanzen, schließlich vertragen sich nicht alle im Beet. Damit es zu keinen Streitereien zwischen den Pflanzen kommt, hat sie die letzte Hälfte des Buches den Pflanzen gewidmet. Breier nimmt jedes Pflänzchen unter die Lupe und gibt Charaktereigenschaften und Lieblingsplatz preis und zeigt auf was alles so gehen könnte in der Gartengestaltung. Ihr Motto: „Erlaubt ist, was gefällt“ war mir dabei sehr nützlich und hat mir imponiert. Gerade bei den Pflanzenbeschreibungen braucht man wieder einen Notizzettel, denn man kommt nicht drumherum diese Art des Gärtnerns einfach auszuprobieren. Oder hätten Sie Fenchel, dunkle Minze und rote Lupinen zusammen in ein Beet gepackt? Nein? Ich ehrlich gesagt auch nicht, aber ich werde es tun, denn es ist nicht nur für uns Menschen schön und nützlich sondern auch für unsere kleinen Bienen und Hummeln sowie andere Insekten. Apropos, wer hier ein Kapitel zum Bienenschutz etc. erwartet ist hier ein wenig falsch. Breier beschreibt zwar welche Pflanzen bienenfreundlich sind, zeigt aber auch anhand von Fotos sogenannte „Steinwüsten-Gärten“, die jedem Bienenfreund das Blut in den Adern gefrieren lassen, und dessen Bepflanzungsmöglichkeit. Dieses Buch ist wunderbar geeignet für Menschen die sich etwas trauen wollen in ihrem Garten, die vielleicht zum „alten Stiefel“ zurückkehren wollen oder einfach sich und ihrer Insektenwelt eine Symbiose schaffen wollen. Dieses Buch bietet für JEDEN Gärtner genug „Futter“ zum ausprobieren und planen. Egal ob Bauerngarten oder Steinwüste...
Zur Optik und Haptik: sofort aufgefallen ist mir der Buchrücken! Er ist genau so typisch sonnengelb (die Erkennungsfarbe von GU) wie beispielsweise bei „Mein Garten summt“ von Cynthia Nagel. Da ist der Wiedererkennungswert in der eigenen Bibliothek sehr groß. Der Einband kommt in einer sehr fröhlichen fliederfarbenen Aufmachung daher und verrät dem Leser gleich um was es geht. Die einzelnen Seiten sind wunderschön bebildert und die Texte fügen sich harmonisch ein. Ebenso ihre Stärke ist wieder hervorzuheben: gut stark und griffig zum blättern.
Hier wirkt einfach jedes Kapitel lesenswert und interessant.
Ich bin wieder sehr begeistert von diesem Buch und hoffe es gibt genügend Nachahmer! Christine Breier hat mich jedenfalls angesteckt mit ihrem „Genussgarten“!
Dieses Buch erhält eine klare Lese- und Nachahmempfehlung!

Ich danke dem Verlag für das Leseexemplar!

Veröffentlicht am 25.02.2019

Keda und ihre Äpfel

Das Apfelsorten-Backbuch
0

Wer über einen großen Garten verfügt, hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch einen Apfelbaum im Garten. Nur was machen mit den leckeren Früchten wenn sie reif sind? Was steckt eigentlich alles hinter einem ...

Wer über einen großen Garten verfügt, hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch einen Apfelbaum im Garten. Nur was machen mit den leckeren Früchten wenn sie reif sind? Was steckt eigentlich alles hinter einem Apfel außer das er gesund ist? Welche Sorten gibt es? Was machen „Apfelbewahrer“ und Pomologen? Welche Ansprüche stellt so ein Apfelbaum überhaupt an den Garten?
Keda Black ist der Sache mit dem Apfel auf den Grund gegangen. Sie nimmt den Apfel auseinander und das macht sie, wortwörtlich, mit dem größten Vergnügen. In ihrem Buch „Das Apfelsorten-Backbuch“, erschienen beim Verlag Thorbecke, gibt sie diesem wunderbaren Obst genügend Raum zur Entfaltung. Sie beleuchtet die beliebtesten Sorten wie Jonagold, Boskoop, Granny Smith, Elstar und auch, die für mich unbekannten Sorten, die Graue Renette oder auch die Goldparmäne.
Nach einer Einleitung, die farblich sehr schön sich von den anderen Seiten abhebt (siehe sehen aus wie braunes Packpapier), kommt Blacks Lieblingsthema auf den Tisch: Rezepte. Jeder Apfel wird nochmal kurz beleuchtet und dann geht es schon los. Bei Keda Black scheint nichts unmöglich zu sein. Vom Granny Smith-Apfelsorbet bis hin zum klassischen Apfel-Eierkuchen ist alles dabei. Dabei schöpft sie die Thematik Apfel komplett aus. Sie benutzt Apfelsaft, Cidre, den Apfel komplett, Apfelessig etc....Die Rezepte sind sehr schön beschrieben, sodass wirklich jeder Lust bekommt daraus etwas nachzukochen. Ihr Schreibstil ist dabei sehr spritzig und witzig. Sie weiß ein Kochbuch völlig neu zu interpretieren was mir unheimlich gut gefallen hat.
Zur Optik und Haptik: allein der Buchdeckel lockt schon richtig dieses Buch in die Hand zu nehmen. Typisch für den Thorbecke-Verlag ist der, in Leinen gebundene, Buchrücken. Sehr sehr edel - wie immer. Wie schon beschrieben, heben sich die Buchseiten durch ihre verschiedene Farbgebung sehr gut ab. Nur ein Manko muss ich hier anbringen! Die Textgröße ist in meinen Augen viel zu winzig und auf den Seiten herrscht noch genügend Platz. Da hätte die Textgröße das Blatt besser ausfüllen können und an sich muss man sich schon sehr konzentrieren nicht in der Zeile zu verrutschen bzw. etwas, aus Versehen, zu überlesen. Beim flotten Blick ins Backbuch beim eigentlich „Tathergang“ wird es dann schon echt schwierig das Rezept weiter nachzuverfolgen. Aber das tut diesem wunderbaren Buch keinen weiteren Abbruch, denn die Rezepte sind köstlich und der Apfel ist es wert, das ihm ein einzelnes Backbuch gewidmet wurde! Danke Keda Black, bei der nächsten Apfelernte im Herbst, wird ihr Backbuch mein neuer ständiger Begleiter!
Dieses Buch erhält eine klare Leseempfehlung!

Ich danke dem Verlag für das Leseexemplar!

Veröffentlicht am 24.02.2019

„Eine Liebeserklärung an den Spatz und ein Appell für seinen Schutz!“

Mehr Platz für den Spatz!
0

Wenn der bekannte Ornithologe Uwe Westphal ein Buch über einen bestimmten Vogel schreibt, da muss da etwas ganz wichtiges sein. Etwas, das die Menschen wissen müssen, was sie beschäftigen muss. Und genau ...

Wenn der bekannte Ornithologe Uwe Westphal ein Buch über einen bestimmten Vogel schreibt, da muss da etwas ganz wichtiges sein. Etwas, das die Menschen wissen müssen, was sie beschäftigen muss. Und genau das hat er mit „Mehr Platz für den Spatz!“ getan. Nur ist dieses Buch nicht nur eine „Autobiografie“ dieses Vogels, sondern vielmehr ein Mahnmal und ein Aufruf, denn, den Spatzen geht es nicht sonderlich gut. Sie finden kaum noch genügend Futter, die richtigen Schlaf- und Nistplätze, geschweige denn eine attraktive Sandbadestelle. Westphal beleuchtet in diesem Buch den Spatz mit der Lupe. Er zeigt die verschiedenen Arten auf, die einem aus dem Staunen nicht mehr rauskommen lassen. Des weiteren beschäftigt er sich mit der aktuellen Bauweise der Häuser der Menschen. Warum? Denn es gibt immer weniger Nistmöglichkeiten für unsere kleinen Freunde. Und natürlich wird es auch mit der Nahrung knapp. Die Landwirtschaft ist hierbei ein großer Faktor. Westphal geht hier wieder unheimlich behutsam vor. Er erklärt alles sehr ruhig, interessant und auch, zum Teil, spannend. Wobei das bei einem Sachbuch ja wirklich ein großes Kompliment ist. Er nimmt die Töne der Spatzen wieder so gut auseinander, das wir einzelne Laute, bei genauem hinhören, sehr gut unterscheiden können. Und wenn wir richtig gut sind, können wir diese Kommunikation sogar verstehen: „»tschilp schielp tschirp tschep tschlp tschirripp tschili« ... »Biete gemütlichen Nistplatz, suche schöne Frau!«“. Hätten Sie das gedacht? Ich auch nicht, aber seit diesem Buch kann ich noch intensiver „meine“ Spatzen am Futterhaus beobachten und definieren und höre ihnen einfach bewusster zu.
Das schöne an diesem Buch, Westphal erhebt wieder den Zeigefinger aber, er gibt uns wieder unheimlich viele Tipps und Kniffe, wie wir es unseren kleinen gefiederten Freunden so wohnlich wie möglich gestalten können. Aus diesem wunderbaren Buch, wieder, wie anders zu erwarten, aus dem Pala-Verlag, habe ich so viele Ideen für mich sammeln können, das ich gleich in diesem Frühjahr einen Spatzenvillen-Nistkasten im Carport aufgehängt habe. Die kleinen Kollegen lieben es bei Wind und Wetter darin Schutz zu suchen, also warum auch nicht gleich ein „Mehrfamilienhaus“ anbieten? Und mit meiner durchgängigen Jahresfütterung an Vogelfutter, werde ich definitiv nicht sparen. Die Vögel brauchen das und wer hier gleich dagegen schreit: bitte erstmal sich genau informieren warum es wichtig ist. Uwe Westphal gibt dazu genügend Tipps!
Zur Optik und Haptik: dieses Buch hat wieder eine sehr handliche und kompakte Größe. Das Cover besticht schon durch seine traumhaften Zeichnungen von Christopher Schmidt. Schmidt und Westphal scheinen in jedem zusammen gestaltetem Buch eine Symbiose einzugehen. Es ist so traumhaft schön wie die Texte von Westphal sich mit den Zeichnungen von Schmidt, die durchgängig im ganzen Buch zu finden sind, verbinden. Da bedarf es nicht im er Fotos. Ebenso ein Highlight sind die sehr gut ausgewählten Gedichte über Spatzen. Ich war verwundert das dieser Vogel so eine Aufmerksamkeit schon eh und je auf sich gezogen hat und selbst in Gedichten eingebettet wurde. Die Seitendicke ist wieder typisch Pala...sehr angenehm dick und hervorragend zum blättern. Alles in allem: eine grandiose Hommage an den kleinen gefiederten Freund „Spatz“, die in Wort und Bild wieder überragend ist. Jeder Vogelfreund sollte dieses Buch lesen und sich bitte darüber Gedanken machen, oder wollen Sie sich nicht mehr über den kleinen frechen Spatz erfreuen, der Ihnen ihre Pommes an Ihrer Lieblings-Imbiss streitig macht?! Geben Sie es zu, die eine oder andere Pommes ist Ihnen doch bestimmt schon mal „aus Versehen“ runtergefallen weil Ihnen der kleine Kerl so sympathisch ist. Schließlich teilt man ja nicht mit jedem sein Essen (auch wenn es nicht immer gesund ist).
In diesem Sinne: dieses Buch erhält wieder eine klare Leseempfehlung und hat mehr als 5 Sterne verdient!

Ich danke dem Pala-Verlag für dieses Leseexemplar!

Veröffentlicht am 21.02.2019

Ein Zauberbuch gegen das Vergessen

Die verlorenen Wörter
0

Es gibt Wörter im Leben die hat man ständig im Gebrauch und dann gibt es die, die man vergisst...die einem nie einfallen wenn man sie braucht. Aber sind sie wirklich vergessen? Wie kann ich sie wieder ...

Es gibt Wörter im Leben die hat man ständig im Gebrauch und dann gibt es die, die man vergisst...die einem nie einfallen wenn man sie braucht. Aber sind sie wirklich vergessen? Wie kann ich sie wieder in Erinnerung bringen?
Im Buch „Die verlorenen Wörter“ beleuchten der Autor Robert Macfarlane und der Maler Jackie Morris die Sache genauer. Wörter wie „Eisvogel“, „Zaunkönig“, „Reiher“ oder „Otter“ werden genauer betrachtet. Die Autoren haben sich die Frage gestellt, warum diese Wörter aus der Sprache so verschwunden sind. Was wäre wenn wir sie gar nicht mehr kennen? Wann sind sie uns aus dem Mund „gefallen“? Ist es denn nicht so, dass wenn wir etwas nicht mehr benennen können, wir es dann nicht mehr wertschätzen, es vielleicht sogar missachten, es vergessen? Die beiden Autoren versuchen mit „Zaubersprüchen“ oder auch „Beschwörungszauber“ der Entfremdung entgegen zu wirken.
Die Aufmachung ist dabei ein absolutes Highlight. Es gestaltet sich sie folgt: wir starten mit einer Doppelseite, die aufgebaut ist, wie ein Suchspiel „Finde das Wort“. Die verschiedenen Farben helfen dabei der Sache auf die Spur zu kommen. Darauf folgt eine Seite mit dem „Zauberspruch“, danach eine traumhafte Aquarellzeichnung von Jackie Morris und danach eine Doppelseite des bereits beschworenen Tieres. Und wenn man nach jedem Zauberspruch in sich geht, was hierbei sehr ratsam ist, merkt man rasch, dass einem alles vor der Nase sitzt. Wir gehen nach draußen in die Natur und finden die „verlorenen Wörter“ wenn wir genauer hinsehen, uns mit ihnen beschäftigen und sie eben wertschätzen. Vom einfachen Löwenzahn bis hin zum Wunderwicht der Vögel, dem Zaunkönig. Der Blick in die Natur und in den Garten ist der Schlüssel zu diesem Buch. Die große Gabe der Erkennung und Wahrnehmung ist das oberste Gebot. Wer die Sicht verliert, verliert die Wörter. Die Gedichte von Robert Macfarlane wurden von Daniela Seel ins Deutsche übersetzt. Keine einfache Aufgabe, aber Seel hat es geschafft. Der Aufbau ist wunderbar lyrisch und literarisch besonders hervorzuheben. Die Texte/Wörter strotzen nur so vor Aufnahme und wollen gründlich beachtet werden. Wer hier oberflächlich liest, verliert die Wörter wieder. Die Zeilen sind so voller Liebe und Besonnenheit ausgewählt, dass man sofort als Leser merkt, das der Autor hier etwas Einmaliges schaffen wollte und es ist ihm gelungen. Es gibt für mich kein vergleichbareres Buch wie dieses. Es ist ein echtes Zauberbuch. Es verzaubert den Leser ab der ersten Seite bis zur letzten. Es nimmt den Leser ein, strahlt Ruhe und Besonnenheit aus, macht nachdenklich und verführt zum wieder-lesen und empfehlen.
Dieses Buch gehört empfohlen, allein wegen der verlorenen Wörter und das es niemals mehr werden. Jedes Wort ist kostbar! Jedes Wort hat seine Berechtigung und seine Eigenheit.
Zur Optik und Haptik des Buches: der Buchdeckel ist einfach nur traumhaft schön. Die Wörter „Die verlorenen Wörter“ sind tief eingeprägt und glänzen in einem Goldton. Der Distelfink flattert im Pulk umher. Allein seine Farbgebung fasziniert immer wieder. Die Dicke des Papiers der einzelnen Seiten ist grandios. So stellt man sich ein hochwertiges Buch vor. Sie lassen sich sehr angenehm blättern. Die Gestaltung durch die Aquarellzeichnungen ist fantastisch. Es lockert die Zaubersprüche auf und verdeutlicht ihre Dringlichkeit und ihre Schönheit. Die Bindung des Buches ist ebenfalls edel gearbeitet - stramm und gut zum umblättern gebunden. Was will man als anspruchsvoller Leser mehr.
Dieses Buch ist mehr als nur ein „Bilderbuch“ mit ein paar Texten. Es ist ein Highlight von vorn bis hinten. Genießen Sie es beim „lesen“ und „zaubern“ und geben Sie dem Hinweis des Autors nach und sprechen Sie die Texte laut aus - die Wirkung ist unbeschreiblich!
Bei jedem Distelfink, der unsere Vogelhäuser besucht, werde ich nun dabei an dieses Buch denken und es immer wieder zur Hand nehmen - ich will keine Wörter mehr verlieren.

Dieses „Buch-Wunder“ erhält von mir eine klare Lese- und Genussempfehlung.

Ich danke dem Verlag für dieses literarische Highlight! Es wird einen Ehrenplatz in meiner Bibliothek erhalten.