Nahbar und intensiv
Jedes Herz ist ein Puzzle aus ScherbenAdelaide ist fast am Ziel ihrer Träume angekommen! Sie lebt in der Stadt ihrer Wahl, hat ihren Master-Abschluss so gut wie in der Tasche, einen gut bezahlten Job, und fantastische Freundinnen, die ihr ...
Adelaide ist fast am Ziel ihrer Träume angekommen! Sie lebt in der Stadt ihrer Wahl, hat ihren Master-Abschluss so gut wie in der Tasche, einen gut bezahlten Job, und fantastische Freundinnen, die ihr immer zur Seite stehen. Nur eines fehlt ihr noch zu ihrem Glück: Der perfekte Freund. Als sie eines Tages den gutaussehenden Rory Hughes kennenlernt, schwebt sie auf Wolke sieben. Allerdings will sich die Verbindlichkeit in der Beziehung einfach nicht einstellen, denn Rory entzieht sich ihr jedes Mal aufs Neue. Da beginnt Adelaide an sich zu zweifeln und gerät immer mehr in einen Strudel aus Selbstvorwürfen, bis ein unbedachter Augenblick ihre Welt zusammenstürzen lässt.
Eine wirklich intensive, berührende Geschichte! Ich bin noch ganz atemlos, vom Tempo in Adelaides Gedankengängen und der Dichte an Demütigungen, die sie in dieser Lebensphase erleiden musste. Die Autorin schildert Adelaides Gefühlswelt nämlich sehr detailliert, mit allen dazugehörigen Verwirrungen und blinden Flecken, die wahrscheinlich jeder von uns auch durchaus kennen mag. Doch die Protagonistin entwickelte sich im Laufe der Handlung zu einer Meisterin der Aufopferung, deren Verhalten unfassbar erschütternde Züge annahm. (Ich möchte an dieser Stelle nicht ins Detail gehen, um den Verlauf der Handlung nicht zu spoilern.) Während des Lesens hatte ich immer wieder die Befürchtung, Adelaide würde sich im nächsten Moment in Luft auflösen, weil sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse für andere Menschen aufgab und damit selbst scheinbar überhaupt nicht mehr richtig existierte. So herausfordernd der Roman dahingehend auch war, die zerstörerische Entwicklung Adelaides wurde meiner Meinung fantastisch beschrieben! Die Erinnerung an einzelne Szenen zwischen ihr und Rory rufen immer noch Entsetzen und Wut in mir hervor.
Dabei meinte es die sympathische Adelaide doch nur gut. Sie wirkte immer freundlich und bodenständig, war aufmerksam und hilfsbereit. Eine Freundin, die man sich eigentlich wünschen würde. Doch scheinbar spürte sie ihre Grenzen nicht, denn sie konnte einfach schlecht Nein sagen. Sie komponierte ihr eigenes Drama - an Tragik nicht zu überbieten. Kein Wunder, dass der selbstbezogene Rory hier seine Chance sah.
Glücklicherweise standen der Hauptfigur wunderbare Freundinnen zur Seite. Ich mochte diese lebensfrohen Frauen, die ihre Freundschaft ernst nahmen und gemeinsam lachen und weinen konnten. Vor allem gefiel mir, dass die Freundinnen Adelaide nicht bevormundeten, sondern ihre Entscheidungen bis zu einem gewissen Grad respektierten und trotzdem für sie da waren.
In der zweiten Hälfte des Buches empfand ich die Handlung streckenweise allerdings etwas langatmig, und mit der Diagnose von Adelaides Krankheit ging ich auch nicht hundertprozentig mit. Die Vernachlässigung Adelaides in deren Kindheit und auch der deutlich zu erkennende Narzissmus von Rory wurde meines Erachtens überhaupt nicht beim Namen genannt. Auf mich machte es eher den Eindruck, als stellte man die Protagonistin kurzerhand als schicksalshaft psychisch krank hin – Punkt. Bis auf diesen Aspekt hat mich dann aber das letzte Kapitel, Adelaides neue Lebensphase, doch noch mit der Geschichte ausgesöhnt.
„Jedes Herz ist ein Puzzle aus Scherben“ hat emotional viel von mir abverlangt. Gut zu lesen, intensiv, aber nicht komplett zerschmetternd, lässt der Roman Raum hinter die Fassade so mancher Menschen zu blicken. Meines Erachtens ein lesenswertes Buch!