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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2024

Und er liest ja doch... freiwillig!

Minecraft, Open World Band 01
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Ziemlich positiv: Ehe der Comic startet, gibt es Tipps zur „Online-Sicherheit für jüngere Fans“, in denen vor Allem darauf hingewiesen wird, weder sein Passwort (allenfalls außer den eigenen Erziehungsberechtigten) ...

Ziemlich positiv: Ehe der Comic startet, gibt es Tipps zur „Online-Sicherheit für jüngere Fans“, in denen vor Allem darauf hingewiesen wird, weder sein Passwort (allenfalls außer den eigenen Erziehungsberechtigten) noch welche Schule man besucht (oder andere Faktoren zu benennen, die einen leicht identifizierbar machen) je wem online zu verraten. „Ziemlich“ deswegen, weil sich diese Ratschläge nur kleingedruckt auf der Impressumsseite befinden und seien wir ehrlich: die wird von den Meisten doch eh überblättert. Mir sind diese Hinweise auch eher zufällig ins Auge gestochen, und das auch erst, als ich das kleine Büchlein nach dem Lesen nochmals kurz aufgeschlagen und durchblättert habe.
Ich habe „In den Nether“ meinem 9jährigen, sehr zockfreudigem, aber wenig lesebegeisterten, Neffen geschenkt, der es sich an Weihnachten, nachdem seine Onlinezeit vorbei war, gleich damit auf der Couch gemütlich gemacht hatte; definitiv ist er auch direkt zum „Bilderteil“ gegangen; und später stolz verkündete, er habe schon bis Seite 33 gelesen – tatsächlich hat er den Comic auch innert drei Tagen ausgelesen gehabt, was in seinem Fall schon beeindruckend ist, zumal ihm auch nie jemand nahegelegt hat, er könne/solle doch noch ein bisschen lesen, sondern er immer von sich aus beschlossen hat, dass „ich lese noch ein wenig“. Rein deswegen werde ich diesem Comic schon fünf Sterne geben müssen, da meine „Zielperson“ derart darauf angesprungen ist.

Der Comic spielt nicht direkt im Minecraft-Universum, so wie man es von den meisten anderen Minecraft-Stories kennt, sondern erzählt von der Begegnung zweier echter Spieler im Game, wobei Hektor eher ein Profi ist, der aber lieber im Single-Player-Modus spielt, während Sarah ein absoluter Neuling ist und sehr zu trial&error neigt, oder wie Hektor es vermutlich eher nennen würde, sich einfach absolut naiv und dämlich anstellt. Eher unfreiwillig wird er zu Sarahs Erklärbär und zu ihrem Verbündeten auf einer abenteuerlichen Spielmission.
Ich fand es schön, wie hier zusammen mit Sarah eher beiläufig auch der Leserschaft, die bisher eher wenig Berührungspunkte mit Minecraft hat, die wichtigsten Grundlagen des Spiels kurz angerissen wurden, und wie sehr sich Hektor letztlich auch auf das Spiel mit Sarah einließ und es nie in Richtung „mit diesem ahnungslosen Noob gebe ich mich nicht länger ab“ driftete, obschon sie ihn zwischendrin sogar mal wortlos sitzenließ, was beide aber sehr gut selbst miteinander zu klären vermochten.
Mir als Erwachsener ist es sehr aufgefallen, wie respektvoll da miteinander umgegangen wurde und wie beide Figuren auch ihre Gefühle deutlich zu äußern vermochten; ich denke, es ist sehr wichtig, Kindern beizubringen, ihre Emotionen nicht kleinzureden; und auch, wie der Comic sich selbst an die eingangs erwähnten Online-Sicherheits-Tipps hielt. So tauschen sich Hektor und Sarah zwar natürlich über das Spiel aus, reden eben auch über Gefühle wie z.B. empfundene Einsamkeit, aber äußere Faktoren wie beispielsweise eben der Wohnort werden nie erwähnt. In diesem Comic bleiben sie sozusagen „anonyme Freunde“.

Auf 88 Comic-Seiten entspinnt sich hier natürlich keine völlig in die Tiefe gehende Handlung, aber ganz subtil könnte da doch die ein oder andere Mitteilung beim Zielpublikum ankommen und wie gesagt: meinen Neffen hat der Comic definitiv begeistert, von daher empfehle ich ihn vor Allem für jüngere Minecraft-Fans, die ihre Lesefähigkeit noch ein wenig trainieren sollten, das aber sonst eher ungern tun.

Veröffentlicht am 08.10.2023

Aufregend, oder doch nur albern? Your Choice!

Hope's End
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"Eine Adaption der Geschichte rund um Lizzie Borden?", das war mein erster Gedanke angesichts des Klappentextes, und tatsächlich wird die Figur der Lenora Hope in diesem Roman auch frühzeitig von der ich-erzählenden ...

"Eine Adaption der Geschichte rund um Lizzie Borden?", das war mein erster Gedanke angesichts des Klappentextes, und tatsächlich wird die Figur der Lenora Hope in diesem Roman auch frühzeitig von der ich-erzählenden Protagonistin Kit als "die örtliche Lizzie Borden" bezeichnet;diese Assoziation ist also nicht allzu weit hergeholt.
Kit, eben noch selbst im Zentrum eines Skandals stehend, welcher zunächst zaghaft angedeutet wird und dem Leser im weiteren Verlauf des Romans in Gänze enthüllt wird, wird von ihrem Chef als Ersatz der bisherigen Pflegerin, die sich unvermittelt abgesetzt hat, nach Hope’s End geschickt, um die häusliche Betreuung Lenora Hopes sicherzustellen. Kit verspürt bezüglich dieses Engagements zwar gleich ein unbehagliches Gefühl, aber dies scheint im Nachgang des sie betreffenden Skandals ihre letzte Chance auf eine weitere Anstellung zu sein und hey, selbst wenn Lenora Hope vor (übrigens etwas mehr als) 50 Jahren ihre ganze Familie ermordet haben sollte - was soll sie einem nun, gelähmt und im Rollstuhl sitzend, schon groß antun können?
Im Hope-Anwesen trifft Kit noch auf die Verwalterin Miss Baker und den Koch Archie, die beide schon zum Zeitpunkt der Morde für die Familie tätig waren und Lenora Hope seither die Treue halten, sowie ein deutlich jüngeres Zimmermädchen sowie eine Art Gärtner-Hausmeister, die beide seit unter 5 Jahren dort angestellt sind: Kit ist Anfang 30, Lenora Hope ist rein rechnerisch 1912 geboren, der Roman spielt über 50 Jahre, nämlich Anfang der 1980er, nach der sich 1929 ereignet habenden Bluttat - und die Zeitstränge fand ich teils doch sehr seltsam, vor Allem da der aktuell immer noch aktive Polizist auch klare Erinnerungen an die Umstände des alten Falls hat. Zeitweise wirkte der Roman auf mich in diesem Sinne generell wie eine Ansammlung von alten Leuten, die von Dingen erzählten, die sich erst gestern (als sie dabei alle selbst erst 15-25 Jahre alt waren) zugetragen zu haben schienen, und von jungen Leuten, die von denselben Dingen wie von einer 100 Jahre alten Stadtlegende sprachen.
Ich glaube, für mich hätte es realer gewirkt, wäre der Hope-Mordfall etwas gewesen, das sich erst irgendwann in den Jahren kurz vor Kits Geburt ereignet hätte. Jedenfalls schien es heutzutage in der Stadt dort aber keine Menschen zwischen 40 und 60 zu geben.

Ich habe diesen Roman übrigens zwar geliebt; ich hatte zuletzt einige Schwierigkeiten, mich in Bücher einzufinden, aber diese Geschichte hat mich nun gleich eingesogen, dass ich auch nicht von ihr ablassen wollte, bis ich am Ende angekommen war, was nun für mich Grund genug ist, "Hope's End" mit 5 Sternen zu bewerten. Jedoch: Diese Geschichte hat dermaßen viele Logiklücken (nicht nur dass z.B. der erwähnte Polizist auffällig jung geblieben zu sein scheint; nein, er hat einerseits Kit noch immer auf dem Kieker und macht gar keinen Hehl aus seiner Abneigung ihr gegenüber, aber andererseits tritt er bereitwillig als wandelnder Wikipedia-Eintrag auf, wenn Kit etwas zur tragischen Geschichte der Hope-Familie wissen will) und überkandideltes Drama (natürlich droht das am Rande der Steilküste stehende Herrenhaus mitsamt des Felsens unter ihm nun gleich abzubrechen, aber solange Lenora Hope das selbst nicht will, wird natürlich nichts und niemand evakuiert, nach dem Motto "wenn das Haus runterfällt, sollten halt alle besser schnell zu fliegen lernen") und als ob das Ende des Hauptteils dann nicht schon spektakulär genug ausfiele, gibt es im Nachgang ein noch viel größeres Spektakel. Ein Showdown nach dem Showdown! Wie aufregend! Oder einfach nur albern. Wie gesagt: ICH hab’s geliebt. :)

Lenora Hope erzählt nun in diesem Roman also klammheimlich Kit mit Hilfe einer Schreibmaschine ihre gaaaaaanze Geschichte, zwar willens, den wahren Täter zu enthüllen, aber "XYZ war’s wirklich" ist natürlich zu einfach für eine gelähmte Frau, die unter Mühen nur noch vereinzelte Finger bewegen kann, und wie unaufregend! So muss man noch hoffen, dass die alte Dame überhaupt bis zum Schluss kommt, und bangen, dass sie just dann an Altersschwäche und Gebrechlichkeit sterben könnte, wenn sie erst am Tag der Morde angekommen ist.
Joah, diesen Roman kann man wohl wirklich nur aufregend oder albern finden.

Sagers zuletzt auf Deutsch erschienenes "NIGHT - Nacht der Angst" fand ich als Thriller doch überzeugender; da war alles sehr viel subtiler und feiner verwoben, aber der war halt auch nicht so aufregend wie "Hope's End: Du kannst niemandem trauen". Oder eben nicht so albern. (Aber das Lesen hat zumindest mir halt wahnsinnigen Spaß gemacht.)

Veröffentlicht am 01.09.2023

Ein Kind, das ebenfalls gerne noch Kind sein möchte

Sieben Tage Mo
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Mental Load. Ein Ausdruck reicht aus, um zu beschreiben, was dieses Buch widerspiegelt.

Überrascht war ich, dass es sich bei Karl und Mo tatsächlich um Zwillinge handelt. Nicht, weil einer von ihnen ...

Mental Load. Ein Ausdruck reicht aus, um zu beschreiben, was dieses Buch widerspiegelt.

Überrascht war ich, dass es sich bei Karl und Mo tatsächlich um Zwillinge handelt. Nicht, weil einer von ihnen behindert und einer eben nicht ist, sondern weil ich damit gerechnet hatte, dass Mo der jüngere Bruder wäre, mit dessen "Babysitting" Karl ab und an beauftragt ist - ich hätte nie erwartet, dass man einzig und alleine einem 12Jährigen nach Schulschluss die Betreuung eines geistig behinderten Gleichaltrigen überlässt, der noch dazu sehr fordernd ist.
"Sieben Tage Mo", aus der Perspektive Karls erzählt, zeugt auch genau von der Überforderung, die sich daraus ergibt, und den für ihn schwierigen Spagat zwischen den Bedürfnissen seines Bruders, den er zweifelsohne liebt, und seinen eigenen Bedürfnissen. Die Mutter ist zwar vor Ort, aber berufstätig, während der Vater jobbedingt ständig auf Reisen ist, woraus folgt, dass sich beide Söhne von ihrem Vater vernachlässigt fühlen, dessen Vorname von Mo inzwischen als Schimpfwort genutzt wird, um damit alles zu belegen, was ihm missfällt. Für mich einer der bedrückendsten Fakten in diesem Buch, da dieses "Synonym" offenbar längst alltäglich geworden ist.
Aber Karl, von seiner Mutter in die Rolle des "häuslichen Pflegers" gepresst, fühlt sich ferner als Kind weithin von der Mutter ignoriert und hat nun ein schlechtes Gewissen, dass er ebenfalls das Bedürfnis nach elterlicher Fürsorge hat, obschon sein Bruder doch eindeutig hilfsbedürftiger ist - und er zudem klar erkennt, dass seine Mutter auch ständig unter Strom steht und ihre Zeit abseits der Arbeit in der Pflege weiterhin davon geprägt ist, ferner die medizinische und therapeutische Betreuung des behinderten Sohnes sicherzustellen, so dass ihr Job eigentlich nie endet.

"Sieben Tage Mo" erzählt nun von einem kurzen Zeitraum im Leben Karls, der von eben diesem Frust geprägt ist, der sich allmählich Bahn bricht; es ist ein bedrückendes Zeugnis eines sehr reflektierten Jungen, der auch als eigenständige Person wahrgenommen werden will und der sich nicht nur mehr als einen freien Nachmittag in der Woche wünscht, sondern generell etwas mehr Beistand und Entlastung. Was mir zudem sehr gut gefallen hat, war die Darstellung der "Außenwelt", die dem behinderten Mo, vor Allem in der Gruppe, völlig anders begegnet als Karl, was diesem zusätzlichen Frust bereitet. Generell ist "Sieben Tage Mo" ein Buch, das ich definitiv in der sechsten oder siebten Klasse auch gerne in der Schule gelesen (die kürzere Länge ist da optimal auch für Nicht-Leseratten) und besprochen hätte; ich halte den Inhalt aber ebenso für ein älteres Publikum noch für mehr als lesenswert, da es, wie eingangs erwähnt, ganz besonders deutlich zeigt, was ein, noch dazu überbordender, Mental Load bedeutet und meines Erachtens weiterhin dazu animieren kann, zu überlegen, wem in seinem Umfeld man ggf. bestimmte Aufgaben einfach mal abnehmen oder leichter machen kann. Oder wem man einfach mal sagen sollte, dass er etwas echt gut macht. Ein eindrückliches Plädoyer für mehr Unterstützung sowie Anerkennung untereinander!

Veröffentlicht am 13.07.2023

"Gibt es nicht" ist manchmal nur "Kennst du (noch) nicht"

Die Gesellschaft der geheimen Tiere
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"Die Gesellschaft der geheimen Tiere" beginnt ohne lange Vorlaufzeit: Edith "Edie" lebt im Internat, während sich ihre Eltern ständig auf naturwissenschaftlichen Expeditionen befinden; erst mit dem Anfang ...

"Die Gesellschaft der geheimen Tiere" beginnt ohne lange Vorlaufzeit: Edith "Edie" lebt im Internat, während sich ihre Eltern ständig auf naturwissenschaftlichen Expeditionen befinden; erst mit dem Anfang der Ferien erfährt Edie, dass ihre Eltern aktuell als verschollen geführt werden, weswegen sie direkt zu ihrem Onkel abgesandt wird, den Edie gar nicht kennt, welcher aber als ihr Notfallkontakt gelistet ist. Dass Edies Eltern vermisst werden, spielt hier im Buch weiterhin eigentlich gar keine Rolle: eingangs hatte ich noch damit gerechnet, dass Edie und ihr Onkel in einem wesentlichen Teil der Handlung ihre Eltern suchen würden, aber die Geschichte rund um deren Verschwinden wird vermutlich/eventuell/wahrscheinlich erst in einem weiteren Band aufgearbeitet werden.
In diesem Auftaktband ist Edie, angesichts des spurlosen Verschwindens ihrer Eltern, auffallend wenig beunruhigt, was sich allerdings damit erklären lässt, dass sie es gewöhnt ist, dass ihre Eltern auch mal über längere Zeiträume hinweg bei ihrer Arbeit in der Wildnis unerreichbar sind - und vor Allem wirkt "Die Gesellschaft der geheimen Tiere" ab dem Zeitpunkt von Edies Ankunft bei ihrem Onkel ein wenig wie ein Mary-Poppins-Abenteuer, wie ein Bild aus Straßenkreide, in das jene Nanny auch mit den Banks-Kindern hineingesprungen sein könnte.

Es gibt jede Menge als ausgestorben geltende Tiere, aber auch angebliche Fantasiewesen. Dazu kommen noch die heimischen und bekannten (Wald)Tiere, so dass es also nicht so ist als gäbe es hier nur Lebewesen, denen man im Alltag so nicht begegnen würde und auch diese fremden Tiere werden konsequent so dargestellt, dass es sie eben doch gibt, sie aber eben dem Buchtitel gemäß "geheim" sind und nur wenige Menschen von ihrer tatsächlichen Existenz wissen, um auch ihren Schutz zu gewährleisten. In dem Zusammenhang dreht sich ein wesentlicher Strang auch um die Gefahr, die für diese Tiere grad auch von den sogenannten "Trophäenjägern" ausgeht, was sicherlich auch auf uns bekanntem Großwild zu übertragen ist.

Im Nachwort wendet sich der Autor als Tierarzt, welcher er ist, noch kurz weiter an seine junge Leserschaft, die ggf. später auch mit Tieren arbeiten möchte, und da habe ich auch das Buch als kleinen Abenteuerroman für Kinder empfunden, der Lust machen soll, sich in den Bereichen Tierschutz und Naturforschung zu engagieren bzw. Mut, ganz allgemein auch dann seine persönlichen Interessen zu verfolgen, wenn diese in kein gängiges Bild passen. Ich habe "Die Gesellschaft der geheimen Tiere" selbst auch ganz gebannt gelesen und werde das Buch mit Vergnügen an meine neunjährige Nichte weiterreichen, absolut überzeugt, dass sie den Inhalt innert kürzester Zeit gefressen haben wird. Ich hoffe, dass ein weiterer Band hier außerdem nicht allzu lange auf sich warten wird.

Veröffentlicht am 19.06.2023

Erfrischend anders

Liebe und andere Schwindeleien
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Meine 5-Bewertung entspricht eigentlich 4,8 Sternen und tatsächlich hat dieser Roman es geschafft, erst auf den allerletzten Seiten von mir doch noch "herabgestuft" zu werden, denn da gibt es eine Art ...

Meine 5-Bewertung entspricht eigentlich 4,8 Sternen und tatsächlich hat dieser Roman es geschafft, erst auf den allerletzten Seiten von mir doch noch "herabgestuft" zu werden, denn da gibt es eine Art "Konfettiregen-Showdown", den es in diesem Ausmaß nicht gebraucht hätte und der mir einfach viel zu überbordend war; dieses Riesenspektakel passte für mich auch irgendwie nicht zur restlichen Geschichte: War "Liebe und andere Schwindeleien" vorher eine vergnügliche und unterhaltsame RomCom (wenn auch deutlich mehr Romanze als Komödie), wirkte das Ende eher wie eine Persiflage auf das Genre. Schade.

Ansonsten erzählt der Roman aber auf sehr unterhaltsame Art die Geschichte einer Frau Anfang 30, die während ihres Kunststudiums in neu- bis schwerreiche Dunstkreise geraten ist und sich nun als "irgendwie in London übriggeblieben“" betrachtet, denn das Gros ihres Freundeskreises hat sich nach und nach längst aus der teuren Metropole verabschiedet, um auf dem Land die klassische Idylle "Mutter, Vater, Kinder, Hund, Haus, Gartenzaun" zu leben, während sie als Freiberuflerin kaum über die Runden kommt und nun schon seit Jahren, eigentlich übergangsweise, in einer WG mit einem schwulen Paar wohnt, das seine Lebenssituation nun aber auch verändern will, was bedeutet: die Hauptfigur muss sich bis zum Ende des Sommers ganz definitiv eine neue Bleibe suchen, wobei sie es sich angesichts ihrer gegenwärtigen beruflichen Lage, und ihrer damit verbundenen finanziellen Situation, eindeutig nicht leisten können wird, weiterhin in London zu leben.
Und betätigt sie sich grad zum Monatsende hin doch ohnehin schon regelmäßig als Taschendiebin, so kann sie es sich eigentlich auch nicht leisten, Brautjungfer auf der sehr kurzfristig angesetzten Hochzeit ihrer ehemals besten Freundin aus Studienzeiten zu sein, für die Geld ein völlig unwesentlicher Faktor ist - und deren millionenschwerer Verlobungsring für Cat das Ende ihrer Geldsorgen bedeuten würde, aber so einen Coup kann sie nicht alleine durchziehen.

Da hatte ich mir den Anfang des Romans übrigens spektakulärer vorgestellt: denn Jake erwischt Cat hier gar nicht, sondern die Beiden wissen da längst voneinander, dass sie beide Trickbetrüger sind und es wird auch ganz offen darüber gesprochen, was Cat erbeutet hätte und wem man das Diebesgut "zu verdanken" hätte.
Im Vorfeld fand ich es ein bisschen schwierig, dass man hier so ganz eindeutig einem Gaunerpärchen Glück wünschen sollte, zumal Cats hauptsächliches Problem darin bestand, dass sie einfach dem sauteuren London nicht den Rücken zukehren wollte, aber dem wurde gegenüber stand dann, dass in "Liebe und andere Schwindeleien" die Opfer doch eher sorgfältig gewählt wurden und es da insgesamt auch leicht kapitalismuskritisch wurde. Nicht, dass Multimillionär
innen es unbedingt verdient hätten, bestohlen zu werden (wobei: darüber ließe sich wohl auch diskutieren), aber es wurde doch sehr deutlich, dass es da vielen Leuten einfach nur um "haben, um des Habens willen" ging. Auch der Verlobungsring war eher ein Stück für den Safe, mit dem einfach angegeben wurde, dass er sich im Familienbesitz befände, und nichts, zu dem eine emotionale Verbindung bestanden hätte.
Cat und Jake verströmten da eher einen gewissen Hauch von Robin Hood, nur ohne den Teil mit dem Weiterverteilen.

"Liebe und andere Schwindeleien" war in meinen Augen nun eine sehr leichtfüßige, erfrischende Romanze mit Hauptfiguren, deren prägendes Merkmal (die Gaunereien) mal etwas Anderes war. Ich hab den Schreibstil sehr gemocht und hatte da auch immer ein entsprechendes Bild vor Augen; was mir auch aufgefallen ist, dass nur die wenigsten Charaktere optisch beschrieben wurden; es wurde zwar ab und an mal betont, jemand sähe nach Hollywood aus, aber auch das wurde kaum näher ausgeführt, so dass sich hier tatsächlich jede*r beim Lesen eigene Vorstellungen machen kann. Ich kann mir die Geschichte ansonsten aber auch sehr gut verfilmt vorstellen, wenn auch nicht unbedingt für die große Kino-Leinwand, es sei denn, dabei handelt es sich um eins der lässigen sommerlichen Open-Air-Kinos.
Generell ein schönes Buch, das für mich zudem in die Kategorie "optimale Strandlektüre" fällt.