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Veröffentlicht am 08.03.2022

Von begeistert und gespannt zu desillusioniert und gelangweilt in unter 80 Seiten

Jeder Tag für dich
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Den „unvergesslichsten Liebesroman des Jahres“ werde ich vermutlich deswegen nicht vergessen, weil er mich nach seinem Lesen völlig entgeistert zurückgelassen hat, denn hatte mich eine Leseprobe doch sehr ...

Den „unvergesslichsten Liebesroman des Jahres“ werde ich vermutlich deswegen nicht vergessen, weil er mich nach seinem Lesen völlig entgeistert zurückgelassen hat, denn hatte mich eine Leseprobe doch sehr von ihm überzeugt und absolut neugierig auf diese Geschichte gemacht, hat mich sein kompletter Rest doch völlig, nun ja, nicht abgeschreckt, aber absolut gelangweilt. Dies war für mich das ödeste Buch, das ich seit Langem gelesen habe.
Dass Mary seit sieben Jahren allabendlich, und zwar stundenlang, mit einem Schild, auf dem sie ihren verschwundenen Mann zur Heimkehr auffordert, am Bahnhof steht, klingt im ersten Moment wohl romantisch – kurz darauf begann ich aber zu denken, dass zum Einen dieses Schild keinen Sinn ergäbe (denn offensichtlich hielt sich Jim vermutlich ja eher nicht seit Jahren derart ortsnah auf, als dass sie sich nie wieder begegnet wären, und er würde das Schild von daher wahrscheinlich eher genau dann gesehen haben, wenn er eben bereits wieder auf dem Heimweg gewesen wäre) und dass es zum Anderen durchaus auffällig wäre, dass eine Frau in ihren Dreißigern jahrelang ein solches Ritual beibehält. Da begann ich mich alsbald doch auch zu fragen, ob Marys Engagement bei einer Hilfe-Hotline nicht auch eher fragwürdig war und ob sie aufgrund ihrer eigenen Situation da nicht viel mehr auch selbst hilfebedürftig war (was übrigens auch diverse ihrer dortigen Kolleg*innen zutraf). Insgesamt fiel da bald auf, dass in diesem Buch psychische Gesundheit sicherlich eine wesentliche Rolle spielen würde.
Generell ist übrigens alles, was in dieser Geschichte stattfindet, in meinen Augen daraufhin überdenkbar, ob es nicht von völliger Toxizität zeugt.

„Jeder Tag für dich“ ist achronologisch erzählt bzw. es gibt sehr häufig Rückblenden, in denen man erfährt, wie sich die Beziehung zwischen Mary und Jim überhaupt entwickelt hat; mit Alice kommt dann quasi noch eine zweite Protagonistin hinzu – und ich fand beide Frauen, ebenso wie Jim, völlig uninteressant und für mich blieb auch alles so farblos. Für mich kam auch an keiner Stelle rüber, dass das zwischen den Eheleuten überhaupt mal „die ganz große Liebe des Lebens“ gewesen sein sollte; für mich wirkte das eher wie eine schulterzuckend mit einem „das mit uns hat sich halt so ergeben“ abgetane Beziehung.
Das Spannungsfeld ergibt sich hier ausschließlich aus der Frage, warum/wohin Jim verschwunden ist, die auch sehr lange unbeantwortet bleibt, wobei mich diese Auflösung zum Schluss auch gar nicht mehr wirklich interessierte, obschon grade das es war, was ich nach der Leseprobe ganz unbedingt hatte wissen wollen. Da ging es für mich dann allerdings längst darum, dass Mary auch unabhängig von diesem Jim-Thema ihr Leben gestalten sollte.

Der Hintergrund von Jims Verschwinden ist übrigens durchaus ernst; es ist kein „ich hatte einfach spontan Lust, heimlich und alleine eine Weltreise zu unternehmen“-Grund; aber dass hier zuvor nie ein klarer Schnitt gemacht worden war (immerhin waren ja nun längst zig Jahre vergangen), hinterließ dann doch auch einen schalen Beigeschmack.
Insgesamt bin ich vom Romanende auch nicht so ganz überzeugt; irgendwie schrie das für mich alles zu sehr danach, dass „es ohne Mann halt gar nicht geht“.

Alles in Allem wirkte „Jeder Tag für dich“ auf mich schließlich wie ein grob ausgearbeitetes Manuskript, mit dem man Nicholas Sparks hat nacheifern wollen, wobei man aber auf jegliche (liebevollen) Gefühlsausdrücke verzichtet hat, wobei man die Thematik in diesem Fall ohnehin besser von jemandem wie Barbara Leciejewski hätte ausarbeiten lassen sollen, weil die Handlung auch für einen Sparks-Roman schon zu viel Tiefe gehabt hätte.
Ich finde das ursprüngliche Motiv nach wie vor spannend, aber in diesem Roman so miserabel umgesetzt, dass ich es wirklich kaum fassen kann, wie extrem für mich die Diskrepanz zwischen „Kennen der Leseprobe“ und „Kennen des kompletten Romans“ ist. Ich habe übrigens nun relativ lange überlegt, ob ich dem Roman dennoch zwei Sterne geben soll, da mein erster Eindruck immerhin so krass positiv war, aber dazu hat sich jener doch zu schnell quasi ins Gegenteil verkehrt und ich würde diesen Roman prinzipiell auch gar keinem ans Herz legen wollen, denn auch, wenn man ihn gar nicht als Liebes-, sondern eher als Erfahrungsroman betrachtet, sind die enthaltenen Themen wie eben psychische Erkrankungen, oder auch Suchterkrankungen, in anderen Erzählungen sicherlich einfach viel spezifischer und besser verarbeitet.

Veröffentlicht am 29.01.2020

Was sollte das denn sein?!

Draussen
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Ich bin kein treuer, aber doch sporadischer Leser der Kluftinger-Krimis und mit einem Thriller hat man mich schnell angelockt. Nachdem ich mir den Beginn dieses Romans als Leseprobe zu Gemüte geführt hatte, ...

Ich bin kein treuer, aber doch sporadischer Leser der Kluftinger-Krimis und mit einem Thriller hat man mich schnell angelockt. Nachdem ich mir den Beginn dieses Romans als Leseprobe zu Gemüte geführt hatte, war ich auch schnell gefesselt. Ein Typ, der sich mit fremden Kindern als Outlaws durchschlägt und komplett unter dem Radar agiert, und die Kinder mehr oder weniger zu Kampfmaschinen, die als Hardcore-Prepper leben, ausbildet, da sie sich in steter Lebensgefahr befinden sollen: Da bildete sich über meinem Kopf doch prompt ein „Warum?“-Fragezeichen.
Parallel findet man bald darauf übrigens immer mal wieder, auch durchaus längere, Einschübe, die von einem Fremdenlegionär berichten sowie Szenen, in denen Wirtschaft und Politik miteinander techtelmechteln… diese Kombination erschien sehr seltsam und eben auch arg zusammenhanglos; das Ganze hatte für mich schnell etwas von Verschwörung, bei dem entflohene Mutanten oder gejagt werden, auf dass man weiter mit ihnen herumexperimentieren kann. Oder wasauchimmer tun.

Eingangs war ich noch sehr begeistert, den „Prepperteil“, wenn man es denn so nennen will, fand ich ungemein spannend, aber später nahm meine Begeisterung Seite für Seite mehr ab, bis ich letztlich gar kurz davor stand, die Lektüre abzubrechen. Denn vor Allem, als der Fremdenlegionär und die Regierung mehr von der Handlung zu beanspruchen begannen, wurde „Draußen“ für mich derart absurd, dass ich tatsächlich überlegte, ob dieser Thriller überhaupt ernst oder nicht doch eher als Satire gemeint war? Nach der ersten Hälfte von „Draußen“ war ich mir auch sicher, dass das Autorenduo künftig von weiteren Thrillern besser Abstand halten sollte – und wollte eigentlich nur noch wissen, wie zum Geier der Plot sich denn noch glaubwürdig zusammenfügen sollte. Ähm ja, gar nicht.
Das war die albernste „Auflösung“, die ich bis heute je gelesen habe, und die für mich auch absolut keinen Sinn ergab: Die Hintergrundgeschichte hatte sich am anderen Ende der Welt abgespielt, als die jetzigen Jugendlichen noch Kinder gewesen waren… wie konnte sich da denn irgendwer noch von denen bedroht fühlen? Zumal erstmal gar niemand davon wusste, dass es da immer noch diese zwei Kinder gegeben hatte?! Und wieso war Stephan mit den Beiden ausgerechnet nach Deutschland gekommen, wenn er doch davon ausging, dass sie vor Allem da in Lebensgefahr schweben würden?! Zum Vergleich (um nicht das Ende zu spoilern): Wenn mich Stürme verängstigen, ziehe ich doch nun auch nicht von der Schweiz aus in einen US-Bundesstaat, der regelmäßig von Hurricanes heimgesucht wird, um denen näher zu kommen? Zugegeben, ein wenig hinkt dieser Vergleich, aber da hinkt die Auflösung wenigstens nicht länger alleine…


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalleyDE, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]

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Veröffentlicht am 24.08.2018

Faules Ei

Selbstverfickung
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Bis jetzt hatte noch nie ein Roman nach der Lektüre den Wunsch in mir geweckt, mich mitten in den Bahnhof zu stellen und über die Lautsprecher kundzutun, wie sehr das Lesen desselben doch völlige Zeitverschwendung ...

Bis jetzt hatte noch nie ein Roman nach der Lektüre den Wunsch in mir geweckt, mich mitten in den Bahnhof zu stellen und über die Lautsprecher kundzutun, wie sehr das Lesen desselben doch völlige Zeitverschwendung war, aber soll ich das diesem Roehler-Werk nun ernsthaft als Pluspunkt anrechnen?
Ich hatte Medienschelte auf skurrile Art erwartet – und wurde lediglich mit einem frustrierten, deprimierten, depressiven Griesgram von einem abgehalfterten Regisseur konfrontiert, der abwechselnd nur auf alles und jeden schimpfte und, trotz eines Potenzproblems, Prostituierte, einmal quer durch Berlin, von Stammnutte zu Stammnutte, besuchte, wobei Schimpftiraden und Bordellbesuche oftmals auch gleichzeitig stattfanden. Er ist mit nichts zufrieden, außer mit seiner Tochter, zu der in einem Verhältnis stand, von dem ich ständig erwartete, dass es völlig ins Inzestuöse abgleiten würde, hat offensichtlich aber auch nicht den Anspruch, in irgendeinem Punkt sowas wie Zufriedenheit zu erreichen.

Medienvertreter aus Film und Fernsehen lesen diesen Roman, den ich eher als Pamphlet bezeichnen würde, wohl aus demselben Grund, der auch mich mitgereizt hat: Kann man beschriebene Figuren tatsächlich identifizieren? Bei mir war das wohl eher die Lust an Klatsch und Tratsch; bei Erstgenannten wäre die Motivation wohl eher eine potentielle Klage, die man im Sinne des Esra-Urteils anstrengen könnte, gefolgt von der Überlegung, ob man so nicht einfach den Streisand-Effekt erzielen würde. Einige Schaffende der Showbranche sind hier allerdings so beliebig geschildert, wobei über die generelle Beliebigkeit des deutschen Films ohnehin ständig bitter lamentiert wird, dass sich diverse SchauspielerInnen und Co. wiederzuerkennen glauben könnten.

Nach dem ersten Drittel überlegte ich, dieses eBook zur DNF-Lektüre werden zu lassen, gab mich aber der irrigen Hoffnung hin, es müsse doch noch so etwas wie eine Geschichte entstehen und dass es nicht Hunderte von Seiten nur darum gehen könne, dass einfach so ziemlich alles doof ist und dass die Hauptfigur ständig wie eine Biene von Blume zu Blume fliegt, um es charmanter auszudrücken.
Im vorletzten Absatz vor dem Epilog wird dann erklärt, dass diese Geschichte keine Handlung hat, weder über Auflösung noch Konflikt verfügt und was das eigentliche Thema sei: hierfür wird zwar ein anderes Bild genutzt, aber eigentlich meint es letztlich auch kaum was Anderes als dass, was man unter einer quersitzenden Blähung verstehen würde. Dieser kleine Teil, weniger als zwei Seiten auf dem Kindle, viertkleinste Schriftgröße, fasst den gesamten Inhalt zusammen und mehr müsste man eigentlich auch gar nicht lesen. Na gut, dann vielleicht noch den Epilog, um sich zu verdeutlichen, dass von der Hauptfigur Samsa hier wirklich nix Gescheites zu erwarten ist/war.

Und weil ich aus diversen Buchgruppen von sehr vielen LeserInnen weiß, dass sie generell nichts lesen mögen, in dem Tiere gequält werden: Finger weg hiervon! Wobei ich das generell jedem anraten würde.


[Ein Rezensionsexemplar war mir, via #NetGalley, unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden.]