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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.02.2018

Unglaublich, aber wahr!

Libellenschwestern
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1939 leben Queeny und Briney mit ihren 5 Kindern als sogenannte Flusszigeuner auf einem Hausboot auf dem Mississipi in der Nähe von Memphis. Queeny ist hochschwanger und es gibt Komplikationen bei der ...

1939 leben Queeny und Briney mit ihren 5 Kindern als sogenannte Flusszigeuner auf einem Hausboot auf dem Mississipi in der Nähe von Memphis. Queeny ist hochschwanger und es gibt Komplikationen bei der Entbindung, weil es sich dieses Mal um Zwillinge handelt. Es bleibt keine andere Möglichkeit, als sie ins Krankenhaus zu bringen. Diesen Umstand nutzen gewissenlose Menschen aus, die kurzzeitig auf dem Boot alleine gelassenen Kinder zu verschleppen. Die Töchter Rill, Camellia, Fern, Lark und ihr Bruder Gabion werden in ein Weisenhaus der Tennessee Childrens's Home Society gebracht unter dem Vorwand, dass ihre Eltern sie dort bald abholen würden, sobald es der Mutter besser gehe - die Babies sollen bei der Geburt verstorben sein.
Mehr als 70 Jahre später trifft die junge Avery Stafford zufällig in einem Altenheim auf die inzwischen über 90jährige Rill, die inzwischen May genannt wird. Sie erkennt das Armband wieder, dass Avery von ihrer Großmutter bekommen hat und hat zudem ein Foto ihrer Oma im Zimmer stehen. Alles in ihr gerät in Aufruhr und sie beginnt, der Geschichte ihrer Großmama, die inzwischen an Demenz erkrankt ist, nachzuforschen. Bald stößt sie auf verstörende Informationen, die ihr bisheriges, sorgenfreies Leben infrage stellen.

So viel zum Inhalt, denn ich möchte nicht zu viel verraten. Das Buch bietet zwar eine fiktive Geschichte, was die Protagonisten angeht, beruht jedoch leider auf Tatsachen was die Tennessee Childrens's Home Society anbetrifft, die bis 1950 ihr Unwesen in mehreren Niederlassungen treiben konnte. Mir war dieses unrühmliche Kapitel amerikanischer Geschichte bisher unbekannt und schon aus diesem Grund hat sich die Lektüre gelohnt. Aber nicht nur deshalb.
Das Buch ist überwiegend wechselnd aus der Perspektive von Avery und Rill/May geschrieben, wobei Rills Kapitel in den Monaten nach ihrer Verschleppung spielen. Man erlebt den grausamen Alltag der gefangenen Kinder mit, die z. T. daran zu zerbrechen drohen. In dieser Hinsicht werden sich die zu jener Zeit existierenden hiesigen Kinderheime nicht extrem von den dortigen unterscheiden. Heute wäre so etwas kaum mehr vorstellbar.
Dieser Perspektivwechsel gestaltet das Buch lebhafter, auch wenn ich zugeben muss, dass ich hauptsächlich von Rills Berichten gefesselt war und immer sehr gespannt, wie es ihnen weiter erging. Ein kleiner Wermutstropfen waren die mich irgendwann nervenden Wiederholungen in Rills Gedankengängen. Vielleicht sollten sie die Denkweise einer 12jährigen deutlich machen aber mich haben die ständigen Hinweise alá "Flusskinder können so etwas" auf die Dauer gestört. Trotzdem war die Handlung in diesen Teilen so spannend, dass ich immer bedauerte, wenn ich das Buch zur Seite legen musste, weil der Mensch ja schließlich auch mal essen muss.
Averys Anteil war deutlich farbloser und zudem noch mit einer überflüssigerweise eingestreuten Liebesgeschichte dekoriert. Darauf hätte ich gut verzichten können, denn ehrlich gesagt interessierte mich Averys Leben kaum bis gar nicht. Mich interessierten an ihr lediglich ihre Nachforschungen und alles übrige störte mich mehr als dass es mich begeistert hätte. Zumal man schon sehr früh ahnt, worauf es hinaus läuft. Zum Glück hielt sich die Romantik jedoch erfreulich zurück, sodass ich damit leben konnte.
Erfreulicherweise gibt es auch kein wirkliches Happy End - wie sollte es das auch nach über 70 Jahren. Aber es wird aus den Bruchstücken der Schicksale das Bestmögliche gemacht.

Der Schreibstil war, davon mal abgesehen, sehr gut zu lesen. Ich bin förmlich durch das Buch geflogen, was aber doch eher am Thema als am Schreibstil lag. Wer sich gerne mit solchen nicht einfachen Themen beschäftigt, dem kann ich das Buch wärmstens ans Herz legen.

Veröffentlicht am 11.01.2018

Es ist nicht einfach, erwachsen zu werden!

Der gefährlichste Ort der Welt
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Das Buch führt uns in die Welt des Städtchens Mill Valley in der Nähe von San Francisco. Eine Stadt für die Besserverdienenden, die dort in großzügigen Villen leben. Ein beschaulicher Ort, in dem sich ...

Das Buch führt uns in die Welt des Städtchens Mill Valley in der Nähe von San Francisco. Eine Stadt für die Besserverdienenden, die dort in großzügigen Villen leben. Ein beschaulicher Ort, in dem sich eigentlich ruhig und sicher leben ließe. Wenn da nicht der für Jugendliche offenbar gefährlichste Ort der Welt wäre: die Schule...
Das Buch wird mit einem Aufsatz Tristan Blochs über Mill Valley eingeleitet. Es folgen 3 Teile, die von unterschiedlichen Schuljahren handeln: 8., 11. und 12. Schuljahr. Tristan ist ein sensibler Junge, der aus dem üblichen Rahmen fällt. Er scheint auch etwas "besonders" zu sein - in Richtung Asperger vielleicht. Jedenfalls verhält er sich wie das Gros der Schüler, ist ausgesprochen uncool und schon von der Erscheinung her auffallend. Dann verliebt er sich auch noch in Cally und begeht den Fehler, ihr einen Liebesbrief zu schreiben.
Cally ist einerseits geschockt, andererseits überfordert und lässt sich von ihrer besten Freundin überreden, den Brief ihrem Ex zu zeigen, damit der "etwas unternimmt" gegen den komischen Tristan. Es kommt was kommen muss: Ein Shitstorm ergießt sich über Tristan in den SocialMedias und dieser ist dem auf Dauer nicht gewachsen und nimmt sich nach wenigen Wochen das Leben.
Danach beginnt der 2. und folgend der 3. Teil des Buches. Nach und nach erfährt der Leser mehr über Tristans Mitschüler, zumindest diejenigen, zu denen er einen Bezug hatte oder die in das Geschehen der 8. Klasse irgendwie eingebunden waren. Der Storyverlauf ist äußerst geschickt angelegt. Beginnend mit einem Kapitel über Callys ehemals beste Freundin Abigail entwickelt sich eine fortlaufende Geschichte. In jedem Kapitel wird einem der/die entsprechende Jugendliche näher gebracht, bis es jeweils auf einen für diesen Protagonisten wichtigen Endpunkt hinausläuft. An diesem Endpunkt startet das Kapitel des nächsten Protagonisten und so fort. Das hat mir ausgesprochen gut gefallen, da die einzelnen persönlichen Geschichten sich so zwar immer wieder überkreuzten - in Rückblicken - jedoch insgesamt ausschließlich nur am jeweils Betroffenen orientiert waren. Alles wurde in der dritten Person absolut sachlich geschildert, sodass keine Wertungen vorgenommen wurden. Trotzdem erfuhr man auch die Gefühle und Gedanken desjenigen, weshalb irgendwann klar war, dass es eigentlich keinen Guten oder Bösen gab in dieser Story. Selbst die erst unsympathischen Protagonisten wurden so menschlicher und man konnte irgendwann zumindest verstehen, warum sie irgendwann auf die schiefe Bahn gerieten oder zu dem Ekel wurden, das sie waren.

Eigentlich getrauert oder zumindest nachhaltig berührt von Tristans Selbstmord wurden offensichtlich lediglich Cally, die sich daraufhin auch gänzlich in ihrem Verhalten und Auftreten änderte, sowie Dave, der seit der Einschulung einst Tristans bester Freund war. Der offensichtliche Bösewicht Ryan hatte ihn allerdings auch nicht vergessen und schien sogar von seiner Macht, die er ausgeübt hatte, betroffen. Ansonsten lebten eigentlich alle weiter vor sich hin und versuchten, irgendwie zu überleben und heil aus der Schule ins "richtige Leben" zu geraten - was nicht jedem gelang.
Insgesamt hat mir das Buch wirklich gut gefallen, auch wenn ich ihm nicht die volle Punktzahl geben kann. Eine Stelle störte mich massiv, denn war m. E. ein Logikfehler. Außerdem hatte das Buch mittig einige Längen. Trotzdem war es sehr gut zu lesen gerade die fließenden Übergänge zu den nächsten Kapiteln haben mir sehr gut gefallen. Berührt hat mich das letzte Kapitel über Cally, die irgendwie ja Auslöser des ganzen Desasters um Tristan war, auch wenn sie eigentlich keine wirkliche Schuld traf.
Johnson hat für mich einen sehr guten Ton getroffen, nicht rührselig aber trotzdem berührend zu schreiben. Auch wenn ich mit der Wortwahl so manches Mal haderte. Etliche Worte hätte ich nachschlagen müssen, weil sich mir der Jugendslang nicht erschließt. Ich habe es dann aber einfach überlesen, weil es für den Verlauf quasi uninteressant war.
Das deutsche Cover finde ich sehr unglücklich gewählt. Das Cover der Originalausgabe gefällt mir da wesentlich besser, auch wenn es nicht so schön daher kommt.

Fazit:
Ein sehr intensives Buch über die Hölle der Pubertät und die tlw. unerfüllbaren Ansprüche, die Eltern, Schule und vor allem soziales Umfeld an Jugendliche stellen. Ein wunderbarer Filmstoff!

Veröffentlicht am 13.11.2017

Eine neue Spezies...

Verschieben Sie die Deutscharbeit - mein Sohn hat Geburtstag!
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...die Helikopter-Eltern
Lena Greiner und Carola Padtberg führen sie nach Strich und Faden schonungslos vor, indem sie eine Sammlung eingesandter Beiträge an die Spiegel-Online-Redaktion veröffentlichen. ...

...die Helikopter-Eltern
Lena Greiner und Carola Padtberg führen sie nach Strich und Faden schonungslos vor, indem sie eine Sammlung eingesandter Beiträge an die Spiegel-Online-Redaktion veröffentlichen. Realsatire in Vollendung!
Sicher - nach einer insgesamt 21jährigen Schulzeit mit unseren Kindern waren wir schon einiges gewohnt und erinnerten uns bald an diese Zeit. Die auf dem Gehweg unmittelbar vor dem Grundschulhof-Zugang parkenden SUV-Mütter, die ausschließlich das Wohl ihrer eigenen Kinder interessierte. Oder die Mütter, die ihren Kindern das vergessene Pausenbrot oder auch den Turnbeutel hinterher trugen. Auch noch im 4. Schuljahr (und wahrscheinlich noch länger).
Diese Auswüchse jedoch, die es in vielen im Buch enthaltenen Schilderungen annimmt, waren mir total fremd! Eltern, die mit auf Klassenfahrten wollen und den Lehrer den Unterricht diktieren möchten, die gab es zu unserer Zeit noch nicht. Gott sei Dank!
Das Buch ist in unterschiedliche Kapitel aufgeteilt - von der Schwangerschaft bis hin zum Erwachsenenalter mit Uni bzw. Ausbildung. Manchmal kann man nur ungläubig mit dem Kopf schütteln, was sich Mama und Papa so erdreisten. Manches ist durchaus amüsant - wirklich gelacht habe ich bei diesem Buch jedoch nie. Ganz im Gegensatz zu ihren bisherigen Büchern, bei denen mir teils wirklich die Tränen vor lachen liefen. Insofern war ich ein ganz klein wenig enttäuscht.
Gut fand ich, dass zum Schluss hin noch die Eltern selbst zu Wort kamen, auch wenn die Reaktion einer Mutter haarsträubend war und mindestens so unverständlich wie der überwiegende Teil der bisherigen Schilderungen.
Die Schreibweise ist unkompliziert und flott. Hier kommt es mehr auf den Inhalt als auf großartigen Stil an.

Fazit: Durchaus empfehlenswert wenn man kurze Strecken leichter Lektüre genießen möchte (Klobuch). Für die Lektüre am Stück eignet es sich weniger.

Veröffentlicht am 30.10.2017

Nett und unterhaltsam

Die Wurzel alles Guten
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Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) ...

Pekka Kirnuvaara lebt in Helsinki und arbeitet für eine Werbeagentur. Eines Tages plagen ihn Zahnschmerzen und er sucht einen Zahnarzt mit gleichem Namen (der wohl in Finnland ausgesprochen selten ist) auf. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Zahnarzt Esko und Pekka Halbbrüder sind. Über Pekkas Mutter erfahren sie, wo sie mehr über ihren Vater, der beide Familien verlassen hat, erfahren können. Sie machen sich gemeinsam auf den weiten Weg der Wurzelsuche, nämlich auf die Suche nach ihrem Vater. Auf diesem Weg lernen sie nicht nur die Welt etwas besser kennen, sie stellen ebenfalls erstaunt fest, dass ihre Verwandschaft schneller wächst als erwartet.

Ich habe eine Schwäche für humorvolle finnische Autoren. Ich mag die teils abstrusen Ideen, die sie in ihre Literatur einbringen. In dieser Hinsicht war dieses Buch nicht gerade ein Volltreffer. Die Idee ist durchaus witzig, aber der Schreibstil doch halbwegs "normal" zu nennen. Er schreibt gefällig und auf angenehm straffe Art ohne allzu komplizierte Verschachtelungen oder sperrigen Satzbau.
Die Haupt-Charaktere sind ordentlich heraus gearbeitet, sodass man bald die einzelnen Protagonisten recht gut einschätzen kann. Das Buch ist in Kapitel gegliedert, die den Stadien einer Überkronung eines wurzelbehandelten Zahns entsprechen. Diese Stadien lassen sich problemlos auf den Verlauf der Geschichte übertragen. Eine wirklich nette Idee!
Die Kapitel sind unterteilt in Abschnitte, die entweder aus Pekkas oder Eskos Sicht die Ereignisse und Gedanken schildern. Ebenfalls ein nettes Schmankerl, das die Story nochmals auflockert und vor allem den Leser auch nicht im Unklaren lässt, ob der jeweilige Erzähler tatsächlich mit seinen Vermutungen hinsichtlich seines Bruders richtig liegt oder eben nicht.
Insgesamt handelt es sich um ein Buch, das man hervorragend zur Unterhaltung lesen kann. Es ist einfach leichte Lektüre, die gut zu unterhalten versteht. Mehr leider nicht, aber diesen Zweck erfüllt es hinreichend. Selbstredend findet sich genügend Küchenphilosophie darin wieder, die einen hin und wieder genauer hinhorchen lässt.

Fazit:
Ein gelungener Unterhaltungsroman mit wirklich liebenswerten Protagonisten

Veröffentlicht am 23.06.2017

Amüsant und hintergründig

Das Känguru-Manifest (Die Känguru-Werke 2)
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Ich habe das Känguru-Manifest als Klobuch eingesetzt, wegen seiner überschaubaren Kapitel, die eigentlich als in sich geschlossene kurze Geschichten gelesen werden können. Teils waren sie wirklich erfrischend ...

Ich habe das Känguru-Manifest als Klobuch eingesetzt, wegen seiner überschaubaren Kapitel, die eigentlich als in sich geschlossene kurze Geschichten gelesen werden können. Teils waren sie wirklich erfrischend frech und böse, mit einer guten Portion politischem Engagement und Satire gewürzt. Teils waren sie mir aber auch einfach etwas albern.

Das Känguru lebt beim Autor Marc-Uwe Kling und man ist sich nie ganz sicher, ob es ihn mehr nervt oder er doch eher an ihm hängt. Das Beuteltier ist süchtig nach Weinbrandbohnen und überzeugter Kommunist. Es gründet ein Asoziales Netzwerk und startet Antiterror-Anschläge mit seinen Anhängern, die mehr als einmal daneben und am Ziel vorbei gehen.

Lieblingsfeind in diesem Buch ist der gegenüber eingezogene Pinguin. Die beiden machen sich gegenseitig das Leben schwer und der feinere Sinn dessen leuchtete mir ehrlich gesagt nicht so ganz ein. Vermutlich soll es nur etwas frisches Leben in die Wohnumwelt bringen.

Insgesamt ist das Känguru schon ein Schnorrer vor dem Herren. Es lässt sich von Wohnungsbesitzer Kling aushalten, hat keine Lust zu arbeiten (auch nicht zu Hause) und obendrein noch einen ausgesprochen großen Appetit. Die Storys sind oft herrlich absurd, manchmal jedoch erschreckend realistisch.

Wer gern Satire liest oder hört, der ist hier bestens aufgehoben! Wenn ihm der Humor des Marc-Uwe Kling liegt, der wirklich nicht jedermanns Sache ist.