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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2020

Bisheriges Jahreshighlight

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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Ihr Lieben, auch heute habe ich eine Literaturbesprechung für euch. Von der Autorin Daniela Krien habe ich im letzten Frühjahr bereits »Die Liebe im Ernstfall« gelesen und konnte mich voll und ganz auf ...

Ihr Lieben, auch heute habe ich eine Literaturbesprechung für euch. Von der Autorin Daniela Krien habe ich im letzten Frühjahr bereits »Die Liebe im Ernstfall« gelesen und konnte mich voll und ganz auf die Geschichte einlassen, was auch damals schon an den sanften Zwischentönen und der einnehmenden und poetischen Sprache lag. Auch »Irgendwann werden wir uns alles erzählen«, welches im Jahr 2011 erschien und das der Ullstein-Verlag als Taschenbuch im letzten Sommer neu auflegte, löste in mir große Euphorie aus. Deshalb möchte ich euch mit dieser Rezension das Buch näher bringen.

Es ist Sommer 1990. Maria ist siebzehn Jahre alt und lebt mit ihrem Freund Johannes auf dem Bauernhof seiner Familie. Maria liest leidenschaftlich gerne, hat ein kompliziertes Verhältnis zu ihrer Mutter und besucht seit einiger Zeit die Schule nicht mehr. Auf dem Nachbarhof lebt der vierzigjährige Eigenbrötler Henner, den die Bewohner des Dorfes voller Argwohn begegnen. In seiner Vergangenheit soll etwas Einschneidendes passiert sein. Für Maria reicht ein kurzer Augenblick und eine beiläufige Berührung, um eine tiefe Sehnsucht in ihr zu wecken.

Kaum ein Buch konnte mich zuletzt sprachlich so begeistern, wie dieses. Daniela Krien hat ein großes Talent, ihren Figuren durch ihren sinnlichen Ton Leben einzuhauchen und sie für ihre Leser identifizierbar zu machen. Von der ersten Seite an war ich verliebt in die Geschichte und mochte besonders auch die einmalige Atmosphäre, die geprägt ist durch die Verbundenheit zur Familie und das Leben auf dem Bauernhof. Die klare, ruhige und doch angespannte Grundatmosphäre begleitet den Leser die gesamte Handlung hindurch. Im Mittelpunkt steht eine Liebesgeschichte, die fast gänzlich ohne große Worte auskommt und doch ans Herz geht.

Trotz der leisen Töne, die Krien bewusst zu wählen scheint, ist die Geschichte von großer Intensität und hoher Dramatik. Die Frage nach der Moral stellt sich einem unweigerlich und doch fiebert man mit der Protagonistin mit und hofft auf einen guten Ausgang. Ich mochte insbesondere die unvoreingenommene Erzählweise, die es mir beim Lesen erlaubte, mir ein eigenes Bild von der Lage und der Beweggründe der Charaktere zu machen.

»Irgendwann werden wir uns alles erzählen« überzeugt nicht zuletzt durch seine wunderbare Sprache, auch die Charaktere und die durchweg knisternde Atmosphäre machen das Buch zu einem absoluten Wohlfühlroman.

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Veröffentlicht am 20.01.2020

Schwieriges Thema, sensationell umgesetzt

Bösemann
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Auch aus beruflichen Gründen sind mir Kinderbücher eine Herzensangelegenheit. Kinder sind die schärfsten Kritiker und geben ein aussagekräftiges Feedback für eine gelungene oder weniger geglückte Geschichte. ...

Auch aus beruflichen Gründen sind mir Kinderbücher eine Herzensangelegenheit. Kinder sind die schärfsten Kritiker und geben ein aussagekräftiges Feedback für eine gelungene oder weniger geglückte Geschichte. Vorwiegend sind es Themen wie Geburt, Freundschaft, Mut und Vielfalt, die in Kinderbüchern berücksichtigt werden. Alles durchaus wichtige und besonders für Kinder präsente Themen. Dennoch werden auch oder gerade in Kinderbüchern Thematiken tabuisiert, indem sie nicht gar nicht erst aufgegriffen oder unglücklich umschifft werden. Dazu gehört auch häusliche Gewalt. Jeder Erwachsene weiß, dass es sie gibt und manche Kinder wachsen mit ihr auf.

Aus Verantwortung gegenüber Kindern halte ich es für unumgänglich, dieses, wenn auch schwierige und sehr sensible Thema nicht unter den Tisch zu kehren, sondern darauf aufmerksam zu machen und betroffene Kindern zu ermutigen, darüber zu sprechen. Die norwegische Schriftstellerin Gro Dahle erzählt in ihrem Kinderbuch »Bösemann« auf kindgerechte Weise von Gewalt im Elternhaus. Der Text hat poetische Züge, beschreibt aber in einfacher Sprache die Not eines kleinen Jungen, dessen Vater seine unkontrollierten Wutausbrüche nicht im Griff hat und seiner Familie Angst bereitet. Die vielfältigen Gefühle der Angst des kleinen Boj werden differenziert und sehr klar beschrieben.

Svein Nyhus hat künstlerische und ausdrucksstarke Bilder geschaffen, welche die kindliche Perspektive wiedergeben. Während seiner Ausbrüche wird der Vater überdimensional groß dargestellt. Dabei sind vor allem seine Hände riesig und sein Gesicht zornig. Die Machtverhältnisse innerhalb der Familie und die Ohnmacht der Opfer der Gewalt werden durch die klaren Zeichnungen sehr deutlich. Der Vater ist groß, laut und mächtig, während die Mutter immer kleiner und leiser dargestellt wird. »Bösemann« beschreibt die traumatisierenden Auswirkungen auf das Kind und seine Mutter und zeigt Lösungsansätze auf. Es zeigt Kindern, die häusliche Gewalt erleben, dass sie nicht alleine sind und wie sie sich Hilfe holen können.

Ein schwieriges, sensibles und oft verschwiegenes Thema wird hier gekonnt in Wort und Bild vermittelt. Auch wenn die Tatsache selbst, dass Kinder Gewalt erfahren, Beklemmungen und Unbehagen auslöst, so ist es an uns Erwachsenen, ihnen Mut zu vermitteln und sie zu unterstützen, ihr Leid zu versprachlichen. Aus meiner Sicht ein gewaltiges, wichtiges und sensationell umgesetztes Kinderbuch.

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Veröffentlicht am 14.12.2019

Erinnert an "Zwei an einem Tag"

Die Wege, die wir kreuzen
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Vor ca. dreizehn Jahren las ich Dave Nicholls´" Zwei an einem Tag". Besonders Filmliebhabern dürfte der Titel etwas sagen, denn das Buch wurde mit Anne Hathaway und Jim Sturgess in den Hauptrollen verfilmt. ...

Vor ca. dreizehn Jahren las ich Dave Nicholls´" Zwei an einem Tag". Besonders Filmliebhabern dürfte der Titel etwas sagen, denn das Buch wurde mit Anne Hathaway und Jim Sturgess in den Hauptrollen verfilmt. Das erzähle ich deshalb, weil "Die Wege die wir kreuzen" von der Autorin Katy Mahood mich stark an Nicholls Roman erinnert. Immerhin spielt die Geschichte auch über einen Zeitraum von vielen Jahren und erzählt von Verliebten, deren Wege sich kreuzen.

Die Emotionalität, mit der Mahood arbeitet, gefällt mir ebenso wie die hoch sensible Handlung in "Zwei an einem Tag". In der Geschichte werden zwei Paare thematisiert, deren Wege sich im Laufe des Lebens immer wieder kreuzen. Die Charaktere John, Stella, Charlie und Beth begegnen sich immer wieder in den Straßen Londons. Zunächst wissen alle vier nichts voneinander und das macht den Zauber der Geschichte auch aus, die ich sehr gern zur Adventszeit gelesen habe.

Wer mich kennt oder meine Rezensionen verfolgt hat, weiß, dass ich eine Vorliebe für Familiengeschichten habe. So konnte mich das Buch durch wachsende Liebe, gescheiterte Pläne, folgenreiche Begegnungen und Familienfreuden überzeugen. Die Frage, wie uns zufällige Begegnungen beeinflussen können, steht durchweg im Raum.

Ein so gefühlvoller Roman, der mitten ins Herz trifft.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Winterliche Atmosphäre

Wintergeschichten
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"Wintergeschichten" heißt mein aktuelles und zur Jahreszeit sehr passendes Buch aus dem Hause Diogenes. Wer meinen letzten Blog etwas verfolgt hat, weiß, dass ich die Bücher dieses Verlages zu meinen liebsten ...

"Wintergeschichten" heißt mein aktuelles und zur Jahreszeit sehr passendes Buch aus dem Hause Diogenes. Wer meinen letzten Blog etwas verfolgt hat, weiß, dass ich die Bücher dieses Verlages zu meinen liebsten zähle. Auch hier hat mich das schlichte und dennoch hübsche Cover sofort angesprochen. Es versprüht winterliche Atmosphäre und passt herrlich zur Adventszeit.

Geschrieben hat das Buch der russische Schriftsteller Anton Cechov. Inhatlich dreht sich alles um Ereignisse um die Weihnachtszeit. Der Autor versteht es, mit seinen lebendigen Formulierungen die Erlebnisse auf den Punkt zu bringen. Cechov ist bekannt für seine Winter- und Weihnachtsgeschichten, die sich großer Beliebtheit erfreuen. In diesem Band finden sich seine schönsten Geschichten als Sammlung.

Tannenbäume, Lichterketten, Winterlandschaften, Schnee und Kälte sind steter Begleiter der Erzählungen. Mich freuts, wieder einen Klassiker gelesen zu haben, der dann auch noch so gut in diese Jahreszeit passt. Schreibstil und Übersetzung gefielen mir sehr und in mir kam beim Lesen das erste Mal in diesem Jahr richtig Weihnachtsstimmung auf.

Stimmungsvolle, lebendige und atmosphärisch-harmonische Winter- und Weihnachtserzählungen, die sofort in Weihnachtsfeeling versetzen.

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Veröffentlicht am 04.12.2019

Wichtiger Klassiker neu aufgelegt

Wer die Nachtigall stört ... Graphic Novel
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Vorweg: ich liebe klassische Literatur. Historische Geschichten, die schon Menschen in früheren Zeiten gelesen haben und die immer wieder neu aufgelegt wurden, finde ich aufregend und spannend. So haben ...

Vorweg: ich liebe klassische Literatur. Historische Geschichten, die schon Menschen in früheren Zeiten gelesen haben und die immer wieder neu aufgelegt wurden, finde ich aufregend und spannend. So haben sie meist einen ewigen Platz in meinem Herzen und gehören zu meinen bevorzugten Büchern. Erzählungen, die bereits lange Wege zurück gelegt haben und vielen Leser zuteil wurden, lösen in mir grundsätzlich Neugier aus. Eines dieser Bücher ist Harper Lee´s Südstaatenroman "Wer die Nachtigall stört".

Die Geschichte spielt in Alabama zu Beginn der Dreißiger Jahre. Besonders die Landbevölkerung hat es schwer in dieser Zeit. Die Arbeit ist knapp und der Verdienst gering. Im Mittelpunkt steht die Familie Finch, bestehend aus Atticus, der Rechtsanwalt ist und seinen Kindern Scout und Jem. Atticus macht seinen Beruf aus ganzer Überzeugung und hilft auch denen, die keine finanziellen Mittel zur Verfügung haben. Zunächst haben Scout und Jem wenig Berührungspunkte mit der Arbeit ihres Vaters. Das ändert sich aber, als dieser einen folgenschweren Fall übernimmt. Atticus soll einen schwarzen Landarbeiter vor Gericht verteidigen, der bezichtigt wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. Der Hass auf die schwarze Bevölkerung ist ohnehin schon groß und so gerät die Familie Finch in den Blickpunkt der Nachbarn, die wenig Verstämdnis dafür haben, das Atticus einen Schwarzen vor Gericht vertritt, der sich an einer Weißen vergangen haben soll.

Ich finde die Aussage des Buches überragend und habe sicher mehrere hundert Zitate im Laufe der Jahre aus der Geschichte gesammelt. "Wer die Nachtigall stört" ist ein sehr wichtiges, aufklärendes und gleichermaßen präventionelles Buch, dass dem Leser die damalige Zeit und die Schwieirzgkeiten, aber auch die Ungerechtigkeit und den Rassismus demontrieren soll. Besonders in unseren Zeiten ist das Thema aktuell wie nie und soll davor warnen, gleiche Fehler zu machen, wie es Menschen in früheen Zeiten taten.

Besonders jungen Menschen und Lesemuffeln werden so auch Klassiker schmackhaft gemacht. Die Vorfreude auf diese Graphic Novel war also groß. Allein schon der Einband ist beeidnruckend. Der Buchtitel ist geprägt, sodass ein optisches Highlight geschaffen ist. Auch bekommt man sofort einen Eindruck von den sehr gelungenen Illustrationen. Besser hätte ich mir die Gestaltung einer Graphic Novel zu diesem Buch nicht vorstellen können. Auch inhaltlich überzeugte mich "Wer die Nachtigall stört" vollends. Natürlich kenne ich die Handlung, war aber gerade deshalb neugierig, wie diese in Comic-Form ausfallen würde. Die Tragik der Geschichte wird dem Leser durch die lebendigen Bilder und die auf den Punkt und die aufs Wesentliche reduzierten Texte gut vermittelt. Die Figuren, und das war mir sehr wichtig, konnten mich auch hier wieder überzeugen. Sie wurden detailliert und originalgetreu wiedergegeben.

Ich bin bis zuletzt von Illustrationen und Erzählung begeistert gewesen. Hier wurde ein zeitloser Klassiker auf moderne Weise gekonnt neu aufgelegt.