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Veröffentlicht am 08.05.2022

Highlight

Das Seelenhaus
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Es gibt Bücher, die Spuren hinterlassen, die in einem etwas bewegen.

Das Seelenhaus
Hannah Kent

Island 1828:
Die 34-Jährige Magd Agnes Magnúsdóttir ist des Mordes an ihrem Dienstherren Natan schuldig ...

Es gibt Bücher, die Spuren hinterlassen, die in einem etwas bewegen.

Das Seelenhaus
Hannah Kent

Island 1828:
Die 34-Jährige Magd Agnes Magnúsdóttir ist des Mordes an ihrem Dienstherren Natan schuldig gesprochen worden. Sie hat ihn brutal und auf hinterlistigster Weise ermordet, besagt das Urteil. Seit Wochen sitzt sie in einem dreckigen und dunklen Verlies und wartet auf ihre Hinrichtung, welche der König erst noch bestätigen muss.
Da sie den Pfarrer ablehnt und einen anderen Priester fordert, beschliesst man sie auf einen ehrbaren Bauernhof zu bringen, wo sie bis zur Vollstreckung ihres Urteils arbeiten soll.
Die Familie des Korsahofes, dessen Gesinde und deren Nachbarn sind außer sich, als sie davon erfahren. Wie kann der Landrat von ihnen verlangen eine Mörderin, ja ein Monster zu beherbergen?
Doch mit der Zeit wächst das gegenseitige Vertrauen, auch zu dem jungen Pfarrvikar Toti, und Agnes beginnt ihre Geschichte zu erzählen, die wahre Geschichte, die wahrscheinlich anders verlaufen wäre, wenn sie sich nicht in ihren Dienstherren verliebt hätte:
„Anschließend hätte ich weinen können. Es war so überaus wirklich. Ich empfand so viel, als dass ich es für das hätte erkennen können, was es war.“ (Seite 252)

Der Debütroman von Hannah Kent konnte mich von Beginn an fesseln. Er wird aus unterschiedlichen Perspektiven in einem wunderbaren Schreibstil erzählt.
Die geschickte Zusammenführung von historischen Personen in einer fiktionalen Geschichte ist der Autorin perfekt gelungen.
Ein beeindruckender und ruhiger Roman, der am Ende trauriger nicht sein könnte.
Highlight und eine große Leseempfehlung
5 / 5

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.05.2022

Highlight

Dschinns
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Endlich durfte ich es lesen:

Dschinns
Fatma Aydemir

Von vielen hier auf Instagram gehypt. Zu Recht oder haltet ihr alle nur zusammen?


Familienvater Hüseyin zieht in den 70er Jahren nach Deutschland, ...

Endlich durfte ich es lesen:

Dschinns
Fatma Aydemir

Von vielen hier auf Instagram gehypt. Zu Recht oder haltet ihr alle nur zusammen?


Familienvater Hüseyin zieht in den 70er Jahren nach Deutschland, um dort als Gastarbeiter zu leben. Hier verdient er in ein paar Tagen das, was er, in seinem kleinen kurdischen Dorf, in einem Jahr verdienen würde.
Seine Frau Emine und ihre gemeinsame Tochter Sevda lässt er in der Türkei zurück. Die ersten sechs Jahre kommt er nur in den Sommerferien zu Besuch, bringt Geschenke mit und zeugt zwei weitere Kinder.
Nach sechs Jahren holt er seine Frau Emine und die zwei jüngeren Kinder nach. Die 12-Jährige älteste Tochter Sevda muss vorerst bei den Großeltern bleiben. Sie wird erst zwei Jahre später nachgeholt. In Deutschland wird dann ihr jüngstes Kind geboren. Alle Kinder fühlen sich in Deutschland heimisch, obwohl ihnen eine Welle von Anfeindungen und Rassismus entgegenschlägt.
Hüseyin ist ein stiller und fleißiger Mann. Er arbeitet in einer Fabrik am Fliessband und spart jede Markt für eine Wohnung in Istanbul, wo er seine Rente mit seiner Frau verbringen möchte. Emine jedoch beklagte sich oft. Sie kann die deutsche Sprache nicht und kennt nur den Weg zu Aldi und zurück.

Eine Woche vor seinem Renteneintritt fliegt Hüseyin nach Istanbul, um alles für die Ankunft seiner Familie vorzubereiten, doch es kommt anders als geplant: Hüseyin bekommt einen Herzinfarkt und stirbt.
Zur Beerdigung reisen Emine und die vier Kinder an, zumindest versuchen sie es, denn zwei von ihnen kommen zu spät zum Begräbnis.

Ein wunderbares Buch über eine türkische Familie mit all ihren Generations-, Gastarbeiter- und Familienproblemen.
Was mir besonders gut gefiel, ist der ungewöhnliche Aufbau des Buches: Jeder in der Familie kommt zu Wort, aber nacheinander. Wir erfahren nicht nur ihre Lebensumstände, sonder auch deren Vergangenheit. Einige Punkte werden nur erwähnt oder in Frage gestellt und erst später bei einem anderen Familienmitglied aufgeklärt.
Ein Buch, das unterschiedliche Betrachtungsweisen aufzeigt und das in einer ungeschönten, jedoch fast poetischen Sprache. Dschinns konnte mich von Beginn an einfangen und bis zum Ende nicht loslassen, ein Buch das noch lange nachwirken wird.

Eine absolute Leseempfehlung und mit Sicherheit ein Highlight in diesem Jahr.
5 / 5

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Packend

Brunnenstraße
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Das Buch von

Andrea Sawatzki
Brunnenstrasse
lässt mich tief bewegt zurück:

TW: Tod, Krankheit, Gewalt an Kindern und Tieren

Andrea Sawatzki wuchs die ersten 8 Lebensjahre bei ihrer Mutter auf. Es ...

Das Buch von

Andrea Sawatzki
Brunnenstrasse
lässt mich tief bewegt zurück:

TW: Tod, Krankheit, Gewalt an Kindern und Tieren

Andrea Sawatzki wuchs die ersten 8 Lebensjahre bei ihrer Mutter auf. Es waren wunderbare Jahre, die besten ihrer gesamten Kindheit. Auch wenn stets andere Leute auf Andrea aufpassten, während ihre Mutter als Krankenschwester arbeitete und sie ein wenig hin- und hergeschoben wurde, waren sie ein eingespieltes Mutter-Tochter-Team.
Ihr Vater, der bekannte Journalist Günter Sawatzki, kam nur selten zu Besuch. Er lebte bei seiner anderen Familie, mit seiner ersten Frau.
Andreas Mutter arrangierte sich mit dieser Situation, forderte kein Geld von dem Kindsvater und beklagte sich nie. Sie wartete einfach geduldig ab, bis Günter mal wieder vorbei kam. Andrea jedoch fand diesen alten Mann befremdlich. Sie spürte weder gegenseitige Zuneigung, noch mochte sie auf seinem Schoss zu sitzen. Im Gegenteil: Sie spürte, dass ihr Vater auf sie eifersüchtig war. Es störte ihn, dass Andrea bei seinen Besuchen dabei war.
Aber wenn der Mann dann endlich wieder ging, war die vertraute Zweisamkeit mit ihrer Mutter wieder da.

Als Andrea 8 Jahre alt war, nahm sich die erste Frau ihres Vaters das Leben. Ihre Eltern beschlossen zu heiraten.
Nach der Hochzeit, zogen sie gemeinsam zu ihren Vater in das Haus in der Brunnenstrasse.
Zu Beginn freute sich Andrea: Würde ihre Mutter doch nicht mehr arbeiten müssen und hätte so mehr Zeit für sie?
Leider kam es anders: Günther Sawatzki war arbeitslos, hoch verschuldet und das Schlimmste war, dass man ihm Alzheimer diagnostizierte.
Für Andrea und ihrer Mutter folgten fürchterliche Jahre, denn während die Mutter sich immer mehr aus ihrer Verantwortung zog, musste Andrea die Versorgung und Pflege ihres Vaters übernehmen.

Die Geschichte spielt in den 70-Jahren, in der Zeit, wo die Kinder noch gezüchtigt wurden und oft auf sich allein gestellt waren. Andreas Mutter hat ihre Tochter nicht beschützt, ja, ihr sogar die Kindheit geraubt ... Es war erschreckend zu lesen, wie hilflos sie mit der Krankheit Ihres Mannes umgegangen ist und Verantwortung einfach abgeschoben hat.
Das Hörbuch, das die Autorin selbst liest, konnte mich von Beginn an packen und hat mich wirklich sehr berührt. Ein Buch, was noch länger nachwirken wird.

Fazit: Eine gut gelungene autofiktionale Biografie. Eine klare Leseempfehlung von mir.

  • Einzelne Kategorien
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Veröffentlicht am 05.04.2022

Wunderschön

Für immer ein Teil von dir
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Habe ich euch eigentlich schon erzählt, dass ich keine Liebesgeschichten mag? Und das mich kitschige Cover abschrecken?
Sie zünden einfach nicht bei mir.
Nur gut, dass ihr mich gerade nicht sehen könnt, ...

Habe ich euch eigentlich schon erzählt, dass ich keine Liebesgeschichten mag? Und das mich kitschige Cover abschrecken?
Sie zünden einfach nicht bei mir.
Nur gut, dass ihr mich gerade nicht sehen könnt, denn meine dunklen Augenringe würden mich Lügen strafen.
Ich habe die letzten zwei Nächte dieses Hörbuch durchgesuchtet, anstatt zu schlafen. Nicht, dass ich das beabsichtigt hätte, denn auch das spannendste Hörbuch lässt mich irgendwann einschlafen (das nervige Suchen, bis wohin man gehört hat, am nächsten Tag, lasse ich jetzt mal unerwähnt), aber dieses Buch hat mich gefesselt. Und das direkt von Beginn an:

Für immer ein Teil von dir
Colleen Hoover,
gelesen von Marlene Rauch und Sven Macht

Nachdem Kenna ihre 5-Jährige Haftstrafe verbüßt hat, kehrt sie in das Dorf zurück, wo ihre einstige Liebe Scott aufwuchs. Scott war der Mann, den Kenna vor fünf Jahren tötete und mit dem sie eine gemeinsame Tochter hat. Diese Tochter durfte Kenna allerdings nie sehen, denn direkt nach der Geburt nahm man sie ihr im Gefängnis fort und gab sie zu Scotts Eltern in die Obhut. Diese hatten das Sorgerecht erwirkt.
Kenna hat weder Geld, Handy noch ein Auto und keinerlei Unterstützung von ihrer eigenen Familie und so ist es ihr erstes Anliegen einen Job zu finden. Gleich zu Beginn läuft ihr ein gut aussehender Mann über den Weg, mit dem sie fast geschlafen hätte. Erst später realisiert sie, dass es sich um Ledger handelt, Scotts ehemaliger bester Freund und Nachbar. Beiden ist diese Begegnung unangenehm, denn Kenna hofft darauf eine Chance von Scotts Freunden und Familie zu erhalten, während Ledger die letzten Jahre seinen Hass auf die Frau geschürt hat, die seinen besten Kumpel umgebracht hat.
Und auch die Eltern von Scott sind alles andere als begeistert, als die Frau es wagt in ihre Nähe zu kommen um ihnen womöglich das geliebte Enkelkind wegzunehmen.

Hört es sich kitschig an? Wenn ja, ist es meine Schuld. Dieser Roman ist alles andere als kitschig. Es ist eine wunderbare Geschichte, die mich zu Tränen gerührt hat.
Die Autorin hat so einen leichten Schreibstil und die zwei Leser:innen haben den Rest dazu beigetragen, dass ich noch immer total aufgewühlt bin. Dies war nicht das letzte Buch, was ich von C. Hoover gelesen habe.

P.S. Ich glaube, heute Nacht schlafe ich gut und könnt ihr ein Geheimnis für euch behalten? Ich bin ein kleines bisschen in Ledger verliebt ;)

5 / 5 Sterne und eine große Lese/Hörempfehlung von mir.
Das Buch ist im DTV-Verlag erschienen.

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Veröffentlicht am 31.03.2022

Lesehighlight

Der Papierpalast
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Kennt ihr das auch? Ihr schleicht um ein Buch herum, weil ihr es einfach nicht zu Ende lesen wollt? Es ist so spannend, dass der Körper kribbelt, ja, wie elektrisiert ist?

Der Papierpalast
Miranda Cowley ...

Kennt ihr das auch? Ihr schleicht um ein Buch herum, weil ihr es einfach nicht zu Ende lesen wollt? Es ist so spannend, dass der Körper kribbelt, ja, wie elektrisiert ist?

Der Papierpalast
Miranda Cowley Heller
Aus dem Englischen von Susanne Höbel
Triggerwarnung: Sexuelle Gewalt an Minderjährigen, Tod, Vernachlässigung von Kindern

...lässt mich aufgewühlt zurück. Warum hat das Buch nur 448 Seiten? Da fehlen ja mindestens 200!
Der Schreibstil ist wunderbar und ja, der ganze Buchaufbau ist so interessant und speziell und einfach GENIAL! (Ups, darf ich hier so laut schreien? Nein? Also Entschuldigung, aber das musste laut verkündet werden!). Ich bin von dem Buch einfach gefangen und gefesselt und das ab Seite 2:

Elle Bishop, 50 Jahre alt, glücklich verheiratet mit drei gemeinsamen Kindern, ist alles andere als „wohlbehütet“ aufgewachsen:
"In der Familie meiner Mutter ist Scheidung einfach nur ein Wort. Ausdruck einer Haltung wie "Mir reicht’s" oder “Schiefgegangen“. Ihre Eltern haben dreimal geheiratet.“ (S. 68)
Dementsprechend hatten sie nie Zeit für ihre Mädchen, waren immer nur mit sich selbst oder mit ihren jeweiligen Liebschaften beschäftigt. Und so ging auch einiges an ihnen vorbei, etwas, was Kindern eigentlich nicht passieren darf, wovor man sie beschützen sollte…

Doch ihr bester Freund Jonas stand ihr damals zur Seite. Kennengelernt haben sie sich an dem See in Black Woods, dem Sommerdomizil ihrer Familie, der auch Papierpalast genannt wird.
Jeden Sommer verbringen die Familien hier ihre Ferien in den Ferienhäusern, wie auch in diesem Jahr, doch gestern ist etwas geschehen, was ein ganzes Leben verändern könnte...

Lesehighlight: 6 / 5 Sternen
Große Leseempfehlung für alle, die den "Gesang der Flusskrebse" und "Die Überlebenden" mochten!

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