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Veröffentlicht am 22.05.2024

Großartig!

Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art
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DIE EINSAMKEIT DER ERSTEN IHRER ART
Matthias Gruber

Die 14-jährige Arielle ist anders als ihre Freundinnen: Sie hat einen seltenen Gendefekt, der sich bei ihr dadurch äußert, dass sie kaum Haare auf dem ...

DIE EINSAMKEIT DER ERSTEN IHRER ART
Matthias Gruber

Die 14-jährige Arielle ist anders als ihre Freundinnen: Sie hat einen seltenen Gendefekt, der sich bei ihr dadurch äußert, dass sie kaum Haare auf dem Kopf hat, fehlerhafte Zahnreihen ihr Gebiss prägen und sie keine Schweißdrüsen besitzt, die für einen normalen Temperaturausgleich sorgen ...
Um ein schönes Lächeln vor dem Spiegel zu erhalten, gibt es nur die Möglichkeit, Münder aus Illustrierten auszuschneiden, diese an einem Strohhalm zu fixieren und sich diese Lippen anderer Frauen vor den eigenen Mund zu halten.
Ihr großer Traum ist es, makellos schön zu sein, perfekte Selfies zu machen und diese auf den angesagten Foren zu posten.

Da kommt es ihr gerade recht, als sie bei einer Wohnungsentrümpelung ein gebrauchtes Handy findet, dass voll mit Fotos eines wunderschönen Mädchens ist.
Diese Bilder lädt sie hoch, beschreibt diese mit interessanten Untertiteln, erlangt auf diese Weise schnell den begehrten blauen Haken und steigert sich so in eine Abhängigkeit hinein, die böse enden könnte …

Was für ein gelungenes Debüt!
Der leichte Schreibstil, welcher mich nur so durch die Seiten fliegen lies, hätte doch fast einige Male den tiefen Inhalt vertuscht.
Traurig und berührend ist diese Geschichte, die auf Gefahren in der Social Media weist, ohne den Finger zu erheben.
Das Ende hat mir mein Herz gebrochen 💔 passte aber perfekt zum Buch.
Chapeau Matthias Gruber, ich freue mich auf weitere Bücher.
Große Leseempfehlung.
5/ 5

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Veröffentlicht am 20.05.2024

Tolles Buch

Heimkehren
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HEIMKEHREN
Yaa Gyasi

Goldküste:
In den 1760er-Jahren bekommt Maame zwei Mädchen von unterschiedlichen Männern. Die Halbschwestern Effia und Esi haben sich nicht kennengelernt.
Esi wird als Sklavin nach ...

HEIMKEHREN
Yaa Gyasi

Goldküste:
In den 1760er-Jahren bekommt Maame zwei Mädchen von unterschiedlichen Männern. Die Halbschwestern Effia und Esi haben sich nicht kennengelernt.
Esi wird als Sklavin nach Amerika verschifft und wächst in Armut auf, während Effia die Frau eines britischen Offiziers und Sklavenhändlers wird und im Reichtum lebt.
Ihre Lebenswege werden sich nicht kreuzen.

Heimkehren ist die Geschichte ihrer Nachkommen. Wir lernen sieben Generationen auf zwei Kontinenten kennen und begleiten diese bei diversen historischen Ereignissen bis ins 20. Jahrhundert.
Dabei stehen die Sklaverei und die Rassengesetze Amerikas im Vordergrund.

„Es gibt in Fante-Land eine Festung an der Küste, sie heißt Cape Coast Castle. Dort wurden die Sklaven gefangen gehalten, bevor sie mit den Schiffen weggebracht wurden nach Aburokyire: Amerika, Jamaika. Asante-Händler brachten ihre Gefangenen dorthin. Fante-, Ewe- oder Ga-Zwischenhändler hielten sie fest, bevor sie sie an die Briten verkauften oder an die Holländer, wer immer gerade am meisten bezahlte. Alle haben mitgemacht. Wir waren verantwortlich … sind es noch.“ (S. 200)

Mir war nicht bewusst, dass die afrikanischen Stämme sich gegenseitig bekriegt haben und das diese ihre Gefangenen als Sklaven an die Briten verkauft haben.

Ein großartiges Buch, das ich in nur zwei Tagen verschlungen habe. Allerdings hat mir der Stammbaum hinten im Buch geholfen, mich zurechtzufinden, ansonsten wäre ich verloren gewesen.
Ich möchte euch das Buch, solltet ihr es noch nicht kennen, unbedingt ans Herz legen.
Große Leseempfehlung von mir.
5/ 5

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Veröffentlicht am 15.05.2024

Highlight

Windstärke 17
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WINDSTÄRKE 17
Caroline Wahl

Wir sind zurück in der Welt von Tilda und Ida, die wir bereits in Caroline Wahls Debüt „22 Bahnen“ kennenlernen durften.
Dieses Mal steht die junge Erwachsene Ida, die kleine ...

WINDSTÄRKE 17
Caroline Wahl

Wir sind zurück in der Welt von Tilda und Ida, die wir bereits in Caroline Wahls Debüt „22 Bahnen“ kennenlernen durften.
Dieses Mal steht die junge Erwachsene Ida, die kleine Schwester Tildas, im Vordergrund:

Ida macht sich große Vorwürfe, an dem Tod ihrer Mutter schuld zu sein.
Ihre Mutter war seit langem Alkoholikerin, doch in der letzten Zeit ging es ihr bedeutend schlechter. Statt Trost zu spenden, reiste Ida mit ihrer Freundin nach Prag. Als sie nach Hause kam, lag ihre Mutter tot im Bett. Sie hatte sich mit einer Überdosis umgebracht.
Ihr war es nicht möglich, Tilda auf Mutters Beerdigung zu begleiten und alleine der Gedanke daran, dass sie keinen Abschied von ihrer Mutter nahm und keine Stärke zeigte, macht jetzt alles nur noch schlimmer.

Ida packt ihren kleinen Hartschalenkoffer und verlässt die Wohnung - für immer. Tilda hat ihr ein Zugticket nach Hamburg geschickt, wo sie selbst mit Viktor und den Zwillingen seit einigen Jahren lebt. Aber Ida kann es nicht - Tilda sehen, ihr gestehen, dass sie einfach die Wohnung gekündigt hat, dass sie ihr Studium nicht fortsetzen wird - sie kann den vielen Fragen Tildas nicht standhalten.
Also sucht sie einen Zug heraus, der am weitesten fährt und landet mit ihrem Klumpen voll Wut und Trauer im Bauch auf der Insel Rügen. Als sie nach einigen Tagen einen Job in der Kneipe „Robbe“ antritt, lernt sie den freundlichen Wirt und dessen Frau Marianne kennen, die Ida bei sich aufnehmen und sich rührend um sie kümmern. Und dann verliebt sie sich auch noch in Leif, den coolen DJ aus Hamburg. Alles könnte jetzt ganz toll werden, wenn ihr doch nur nicht das ganz normale Leben über den Weg laufen würde, welches gerne mal ein paar Haken schlägt und Rückschläge parat hat …

Wow, wow, wow, was für ein tolles Buch! Ich habe mit Ida geweint und gelacht und das Buch mit einer Gänsehaut zugeklappt - das passiert mir nicht oft.
Ich mochte bereits "22 Bahnen" von der Autorin sehr, aber dieses Buch hat mich von der ersten Seite an begeistert und ich habe es förmlich weginhaliert.
Dieser außergewöhnlich fantastische Schreibstil von Caroline Wahl ist einfach beeindruckend und hat einen hohen Wiedererkennungswert.
Jetzt muss nur noch die Geschichte der Mutter erzählt werden!

Fazit:
Ein Buch voller Emotionen. Jahreshighlight! Riesen Leseempfehlung von mir!
5+/ 5

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Veröffentlicht am 07.05.2024

Einfach toll!

Ein einfaches Leben
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EIN EINFACHES LEBEN
Min Jin Lee

1910:
Sunja ist die Tochter eines einfachen Fischers und dessen Frau im von Japan annektierten Korea. Als diese korrupten neuen Herrscher wieder einmal die Pachten und ...

EIN EINFACHES LEBEN
Min Jin Lee

1910:
Sunja ist die Tochter eines einfachen Fischers und dessen Frau im von Japan annektierten Korea. Als diese korrupten neuen Herrscher wieder einmal die Pachten und die Steuern erhöhten, nahmen die Eheleute Logiergäste auf, um die zusätzlichen Abgaben zu leisten. Drei Männer, die am Tage schliefen und nachts arbeiteten und drei weitere, die dann arbeiteten, wenn die anderen schliefen. Die Eltern arbeiteten hart und waren fleißig.
Als der Vater starb, gab es nur noch Sunja und ihre Mutter. So gut es ging, versuchten sie die Lücke, die ihr Vater gerissen hatte, zu stopfen.

Eines Tages wurde Sunja auf dem Markt von vier jungen Japanern bedrängt. Wenn ihr nicht der angesehene Händler Hansu zur Hilfe gekommen wäre, hätte dieser Marktbesuch für sie ein schlechtes Ende genommen.
Sunja und Hansu kommen sich näher und verlieben sich ineinander. Erst als Sunja ihm glücklich eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwartet, erfährt sie, dass Hansu bereits eine japanische Frau und drei Töchter in Osaka hat. Hanus Angebot, seine koreanische Geliebte zu werden, ihr ein Haus zu kaufen und für alle Kosten aufzukommen, lehnt sie ab - lieber nimmt sie die Schande in Kauf, zukünftig im Dorf ignoriert zu werden.

Der Zufall kommt ihr zu Hilfe, indem ein weiterer Logiergast namens Pastor Isak, der sich auf dem Wege nach Osaka befindet, um Unterkunft bittet. Dieser Mann erkrankt in der ersten Nacht an Typhus. Aufopferungsvoll pflegen Sunja und ihre Mutter ihn gesund.
Als dieser wieder genesen ist, bittet er um Sunjas Hand. Nach der Hochzeit reisen sie gemeinsam nach Osaka, wo es nicht so wird, wie sie es sich erhofft haben.

Min Jin Lee schickt uns nach Japan, wo wir Zeuge werden, wie koreanische Einwanderer behandelt werden:

„Niemand vermietet gern an Koreaner. Als Pastor haben sie Gelegenheit, zu sehen, wie die Koreaner hier leben. Es ist unvorstellbar: zwölf in einem Raum, der für zwei geeignet ist, Männer und Familien, die schichtweise schlafen. Schweine und Hühner im Haus. Kein fließend Wasser. Keine Heizung. Die Japaner halten die Koreaner für schmutzig, aber die Koreaner können nicht anders, als im Schmutz leben. Ich habe Adlige aus Seoul gesehen, die nichts mehr hatten, kein Geld für die Badeanstalt, nur in Lumpen gekleidet und barfuß, und sie bekommen nicht einmal Arbeit als Träger auf dem Markt. Sie haben keine Möglichkeiten, Unterkunft zu finden. Selbst diejenigen, die Arbeit und Geld haben, finden keine Wohnung.“ (S. 146)

Wir begleiten fünf Generationen, die mit Ausgrenzung und Diskriminierung zu tun haben, und das, obwohl sie in Japan geboren wurden und seit mehreren Jahrzehnten dort leben.
Wunderbar ist auch beschrieben, wie sich die Rolle der Frau - vermeintlich das schwächste Glied der Familie, jedoch am Ende der Fels in der Brandung - verändert hat, während die Rolle des Mannes bis heute stagniert.

Nachdem ich „Gratisessen für Millionäre" von Min Jin Lee im letzten Jahr verschlungen habe, wollte ich unbedingt ein weiteres Buch von ihr lesen.
Diese Geschichte hat die Autorin fast dreißig Jahre begleitet, wurde diverse Male umgeschrieben und erschien erstmals auf Deutsch 2018 im dtv-Verlag.
Für mich ist dieses Buch eine ganz besondere Perle und wird in meine Highlights einziehen. Ein Buch, das man trotz des Tiefgangs einfach so weg liest, dabei einen tiefen Eindruck in die Familienaufstellung der Koreaner erhält und zusätzlich einen umfangreichen historischen Einblick erfährt.

Fazit:
Grandios, eindringlich, einfach toll!
5+/ 5

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Veröffentlicht am 03.05.2024

Er ist ein Meister der Erzählkunst!

Ein Mann der Tat
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EIN MANN DER TAT
Richard Russo

Wie auch im letzten Buch „Ein grundzufriedener Mann“ schickt uns Richard Russo nach North Bath, Upstate New York, wo wir erneut die „etwas speziellen“ Einwohner der Kleinstadt ...

EIN MANN DER TAT
Richard Russo

Wie auch im letzten Buch „Ein grundzufriedener Mann“ schickt uns Richard Russo nach North Bath, Upstate New York, wo wir erneut die „etwas speziellen“ Einwohner der Kleinstadt treffen.

10 Jahre ist es her, dass Sully seine 3er Wette gewonnen hat. Erst dachte er, dass es ein einmaliger warmer Regen sei, doch dann hielt die Glückssträhne an und bescherte weitere Geldregen.

Eine Glückssträhne zu besitzen kann in Bath jedoch nicht jeder von sich behaupten:
Carls Firma ist mittlerweile bankrott, seine Frau ist ihm davongelaufen und gerade hat er eine Prostata Operation hinter sich, die ihm wiederum sein bestes Stück "außer Gefecht“ gesetzt hat.
Derweil beschäftigt sich Chief Raymer mit ganz anderen Dingen: Er trägt stets einen Garagenöffner mit sich herum - immer in der Hoffnung, die dazu passende Garage zu finden, die sich mit diesem öffnen lässt. Erst dann weiß er, mit wem ihn seine Ehefrau betrogen hat.
Janeys gewalttätiger Ex ist aus dem Gefängnis entlassen und will nicht begreifen, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben will.
Ach, ich könnte euch jetzt noch etwas von Schlangen, Grabschändung, Ehebruch, Blitzeinschlägen, Scheidungen und einem abgerissenen Ohr erzählen, aber liest dieses Buch doch am besten selbst!

Russo ist ein Meister der Erzählkunst.
Mit leicht sarkastischen Humor und unglaublich detailverliebt beschreibt er das Leben in einer Kleinstadt.
Ich habe mich ein weiteres Mal bestens unterhalten gefühlt und kann es kaum erwarten, bis der neue Russo „Von guten Eltern“ am 15. Mai erscheint, in dem ich hoffentlich Sully und Co in North Bath erneut treffen werde.

Große Leseempfehlung für diejenigen, die große Erzählkunst schätzen.

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