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Veröffentlicht am 09.12.2021

Ein Dorf im Aufstand

Wie schön wir waren
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Das Dorf heißt Kosawa. Viele jüngere Dorfbewohner sterben, nicht nur Ältere (altersbedingt), sondern auch Kinder. Das hat mit der Verseuchung des Bodens durch die Ölförderung zu tun. Boden und Wasser wird ...

Das Dorf heißt Kosawa. Viele jüngere Dorfbewohner sterben, nicht nur Ältere (altersbedingt), sondern auch Kinder. Das hat mit der Verseuchung des Bodens durch die Ölförderung zu tun. Boden und Wasser wird verseucht.
Zu Beginn des Buches treffen sich die Dörfler in einer Dorfversammlung (im Turnus einberufen) mit Würdenträgern aus der Stadt und Mitarbeitern des Erdölkonzerns. Die Angereisten versuchen die Bevölkerung zu beschwichtigen. Doch bei dieser Versammlung ist es anders, kurz vor dem Aufbruch kommt es zu Tumulten, ein Unberührbarer (weil er angeblich verrückt ist) übernimmt plötzlich die Führung. Die aus der Stadt (einschließlich die Konzernmitarbeiter) werden festgesetzt. Und damit beginnen die schlimmsten Probleme für das Dorf Kosawa. Am Ende ist nichts mehr wie es war...

Eine Kameruner Autorin schreibt einen Roman über ein Dorf, das sich gegen Neo-Kolonialismus wehrt. Es erinnert an den Kampf der Ogoni in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ein großes Areal wurde im Nigerdelta von der Royal Dutch Shell verwüstet. Proteste der Ogoni wurden versucht zu ersticken. 1995 hängte die nigerianische Militärregierung den Führer der Ogoni, Ken Saro-wiwa und acht Mitkämpfer (trotz weltweiter Proteste).

IMBOLO MBUE stammt aus Limbe, an der Küste (Littoral) von Kamerun, in der Nähe des Kamerunbergs – eine wunderschöne Gegend. Das Gebiet der Ogoni liegt nur wenige hundert Kilometer weiter nördlich, ebenfalls im Littoral – Gebiet. Es ist durchaus ein wichtiger Stoff, den die Autorin hier angeht – Umweltzerstörungen im Auftrag großer multinationaler Konzerne, an denen machtgierige Einheimische auch groß verdienen.

Das Buch erzählt vom Leben im Dorf, vom Zusammenhalt, aber auch der Ängste und dass die Bewohner des Dorfes in Furcht vor dem Militär und den korrupten Politikern leben. Plötzlich gelten die alten Regeln nichts mehr, der Unberührbare wird berührt (weil die Eindringlinge die Regeln nicht kennen).
War es nicht immer so, dass welche von außerhalb der Perimeter des eigenen Kulturraumes die Regeln nicht kannten? Und dadurch einiges durcheinander kam...

In ihrem Buch beschreibt die Autorin am Ende, dass ‚die Kinder aus dem Dorf‘ alle Stipendien erhielten und in das Traumland jenseits des Großen Teiches verzogen sind, dann große Autos fuhren und ihr Herkunftsland mehr oder weniger vergaßen… Auch Frau Imbue ist US-Amerikanerin geworden. Verständlich, denn ihr Heimatland steckt in der politischen Zwangsjacke einer kleinen Clique um Paul Biya (Langzeitpräsident der Republik Kamerun). Der kleinen politischen Clique geht es gut, dem Rest des Landes weniger…

Aber vielleicht dient es als Anregung, denn Kamerun - oh Kamerun, ein wunderschönes Land mit viel Potential - wird seit Jahr und Tag von dieser despotischen Clique regiert.

Mit dem Schreibstil tue ich mir schwer – es zieht sich ... Es ist sehr gut, wie die Autorin, mit Beispielen, aus der lokalen Kultur berichtet. Man könnte dies jedoch auch mehr dramatisieren. Das Buch ist lesenswert, mit viel Geduld. Es ist keine Lektüre zur Unterhaltung, sondern zum Nachdenken.

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Veröffentlicht am 28.11.2021

Zwei Buben, die einander ähnlich sehen

Was dich nicht umbringt
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Zwei Mütter (befreundet) und ihre beiden Söhne (eng befreundet), beide alleinerziehend: Beide wohnen anscheinend nicht in 'High End' - Wohngebieten. Schwierige Lebensverhältnisse. Die zwei kleinen Jungs ...

Zwei Mütter (befreundet) und ihre beiden Söhne (eng befreundet), beide alleinerziehend: Beide wohnen anscheinend nicht in 'High End' - Wohngebieten. Schwierige Lebensverhältnisse. Die zwei kleinen Jungs spielen auf einem Waldspielplatz, die Mütter sitzen im Hintergrund, unterhalten sich. Die beiden Jungs laufen in Wald, doch nur einer kehrt zurück und er spricht kein Wort, sitzt nur da und wirkt völlig abwesend. Die Suche nach dem verschwundenen Jungen namens Kieron beginnt. Er ist unauffindbar. Polizeibeamte durchkämmen den Wald, doch finden nichts. Die Kripo kommt dazu und nimmt ihre Ermittlungsarbeit auf. Der Vater des verschwundenen Bubs, Kieron, sitzt im Knast (Hochsicherheitstrakt) wegen schwerer Körperverletzung. Die andere Mutter (von Josh) hat massive Probleme, Alkohol, und klammert sich an ihren Sohn.

Es ist die Zeit einer europäischen Fußballmeisterschaft, die zu 99% männliche Kripo-Mannschaft murrt wegen den Fußballspielen, die sie nun nicht gucken können, weiß aber Kindersuche hat absolut Vorrang.

Der Krimi (kein Thriller - die, wurde mir vor kurzem beigebracht, sind rasend schnell und mit Tötungsarien, dagegen ist ein Krimi ein Roman, bei dem viel von der Ermittlungsarbeit gesprochen wird) spielt im Jahr 1996 in Großbritannien (zur Zeit von Premier John Major), wo noch wenige Überwachungskameras hingen. Die einzige Polizistin im Team fragt, ob es eine Überwachungskamera am Entführungsort gibt - es gibt keine (das wäre ja fast zu leicht, heute ist in UK ist alles großflächig abgedeckt, obwohl nicht an jedem Baum eine Überwachungskamera hängen kann).

Ein Krimi ist mir lieber, den es ist spannender die Ermittlungsarbeit zu verfolgen. Und das ist spannend, denn Tom Thorne beobachtet, ermittelt und erinnert sich an seinen schwersten Fall. Zwischen Tom Thorne und seinem schottischen Chef läuft es nicht so gut. Und Thorne hat Alpträume von dem früheren Fall, außerdem hat ihn seine Frau verlassen und er soll das gemeinsame Haus verkaufen. Die Scheidung läuft.

Tom Thorne (von Mark Billingham) ist ein Ermittler, den es schon seit 2001 gibt und der bereits in vielen Krimis seine Fälle löste, dieser Fall ‚Was dich nicht umbringt...‘, scheint ein Fall aus seiner Anfangszeit zu sein. Tom Thorne ist kein Karrieremann, er ermittelt, weil er den Menschen, die einem Verbrechen anheim fielen, helfen will (in diesem Fall dem verschwundenen Kind und der Mutter).

Anfänglich zog sich der Krimi hin, aber nahm dann rasant an Fahrt auf. Und die Ereignisse überschlugen sich, bis dann wieder eine Ruhephase begann, weil die Ermittlung stecken geblieben waren … und plötzlich, Tom Thorne, der auch gerne auf seine Bauchgefühle hört (auch wenn das ihm sein dämlich Vorgesetzter gerne um die Ohren schlug) kombinierte und fühlte sich schuldig, weil er in seinen Ermittlungen etwas nicht untersuchte… Und mit einmal wird es dermaßen rasant, dass die Fetzen nur so fliegen… Mehr wird nicht verraten!

Interessant ist immer wieder die Perspektive der Mutter, wie es ihr geht, Gedanken, die Wut auf die Freundin (die hat nicht aufgepasst und die hat ihren Sohn noch, warum musste es ihr Sohn sein?)

Die unterschiedlichen Akteure im Roman sind sehr menschlich gezeichnet, die Mutter des verschwundenen Kindes natürlich völlig aufgelöst, vermisst den Jungen und klammert sich auch an ihren Freund und Vater des Jungen im Knast (zusätzliche Schwierigkeiten, kaum Telefonate möglich), dann ist da noch die Schwester des Vaters, Angie, die sich um die Mutter von Kieron kümmert. Die Mutter von Josh, dem anderen Jungen hingegen, kommt einem zuerst sehr schwach vor und gewinnt dann an Kraft, sie stellt sich sogar gegen ihren von ihr getrennt lebenden Gatten. Nur der kleine Josh, der leidet und wird immer unleidiger… hat er Probleme, braucht er einen Psychologen, leidet er unter der Trennung der Elten?

Es gibt einige 'rote Herringe', die ins Leere laufen, aber übel sind für die Beteiligten. Die Auflösung des Falles ist unglaublich. Könnte so auch in Realität passieren. Auch wenn es in der realen Welt ebenso unglaublich ist. Sind aber Verbrechen immer...

Ich werde mir mal andere Mark Billingham - Krimis anschauen. Dieser hat mich nicht so für das Thema eingenommen.

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Veröffentlicht am 15.11.2021

Suche nach sich selbst

Ich kann mich irren
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Aussteiger gibt es immer - nicht das erste Buch, in dem jemand seine Karriere hinschmeißt und etwas Sinnerfüllendes unternimmt. Die einen radeln um die Welt, die anderen arbeiten in Afrika, die dritten ...

Aussteiger gibt es immer - nicht das erste Buch, in dem jemand seine Karriere hinschmeißt und etwas Sinnerfüllendes unternimmt. Die einen radeln um die Welt, die anderen arbeiten in Afrika, die dritten gehen auf die Alm und hüten Ziegen.

"Dass ich nicht mehr an alles glaube, was ich denke... " Das ist schon mal ein guter Anfang, seine Superkraft... dazu muss man zwar nicht unbedingt 17 Jahre als Mönch in Thailand leben, das klappt durchaus auch auf einer Alm, in Afrika oder auf dem Rad um die Welt.

Auf jeden Fall ist es gut sich mal wieder den Spiegel vorzuhalten, dass unser westlicher Lebensstil nicht unbedingt der Beste ist. Im Gegenteil, er ist zerstörend, Menschen, Natur, Umwelt...

Sein 'innerer Gedankenzirkus' beim Meditieren hat mich mehr als einmal zum Lachen gebracht... insofern hat sich das Lesen gelohnt (ganz im westlichen Sinne). Und die Gegend, wo er sich aufhielt, kenne ich auch. Nur bin ich nicht in ein Kloster, sondern habe mich unter die Einheimischen gemischt. Da habe ich auch viel gelernt. Jede/r auf seine Weise.

Empfehlenswert für diejenigen, die auf der Suche sind

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Veröffentlicht am 03.11.2021

Junger Afghane in Frankfurt

Sandy / Das Kind mit der Knarre
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Gegendemo der Antifa… es kracht wie üblich, wenn die Antifa aufmarschiert. Und meistens sind Rechtsextreme oder das 'Establishment' das Ziel. Einer sagt, das Recht ist so, dass die auch demonstrieren ...


Gegendemo der Antifa… es kracht wie üblich, wenn die Antifa aufmarschiert. Und meistens sind Rechtsextreme oder das 'Establishment' das Ziel. Einer sagt, das Recht ist so, dass die auch demonstrieren dürfen. Gleichzeitig fliegt ein Molli in ein Asylantenheim (Rechtsextreme, heißt es, hätten den Molli geworfen). Antifa – Anhänger kümmern sich um Wahid, dessen jüngerer Bruder nach dem Brandanschlag starb. Wahids Onkel, der schon seit längerem in Deutschland lebt und eine Autowerkstatt hat, verschafft dem jungen Afghanen innerhalb von Minuten einen Job (in der Imbissbude eines anderen Afghanen). Sandy ist Privatermittlerin (mangels eines anderen Berufes) und soll Wahid suchen, der aus seinem Heim abgehauen ist und nicht mehr zum Deutschunterricht kommt. Freya, die Freundin von Sandy, bekommt eine Drohmail ‚Du Anwaltsfotze‘, unterschrieben mit NSU 2.0. Da wird also noch einiges passieren (ohne zu spoilern).

Katja Kleiber schrieb bereits einige Bücher und sie lebt in Frankfurt. Das heißt, sie kennt den Ort. Wenn sie Antifa – Leute reden lässt, dann reden die von ‚Bullen‘; der Afghane redet von den ‚Ungläubigen‘ und verbessert sich dann ‚Christen‘. Auch Aziz, der Onkel in der Autowerkstatt, redet von Ungläubigen und Besatzern (die in Afghanistan sind). Autorin Katja Kleiber schreibt ein Buch zum Zeitgeist: Da ist die Sprache von Flüchtlingen, die in einem Heim leben; da wird demonstriert und auf die Polizei geschimpft. Jeder lebt so in seinem Umfeld und schafft es nicht über die Nasenspitze zu schauen.

Leicht lesbarer Stil, außer dass ich immer wieder über die Begriffe ‚Bullen‘ oder ‚selber schuld, wenn man so einen Beruf wählt‘ (Steinewerfer) stolpere. Sehr provokant geschrieben ... ‚Die Bullen geben sich doch keine Mühen, wenn ein Ausländer verschwunden ist‘… immer wieder wird man mit Vorurteilen konfrontiert. Dabei ist doch die Detektivin in einen ‚Polizistenfreund‘ vernarrt. Wahid hat den Rauchmelder ausgeschaltet (Raucher)! Im Schlaf bemerkt man den tödlichen Rauch nicht. Ich möchte nicht wissen, wie viele das tun. S.70… der schwärzeste Mensch, der mir je begegnet ist – ein Somali (Somali sind nicht die Schwärzesten, sie sind eher arabisch heller, es gibt die Blauschwarzen - die Niloten, die sind richtig dunkelschwarz, z.B. Luo, Tuareg, Dinka, Nuer). ‚Da ist so eine Schlampe, die dich sucht!‘ (Der Kurde aus dem Heim zu Wahid). ‚In Afghanistan war es normal, dass jemand einem anderen Menschen das Leben nahm….

Der Roman ist gut beschrieben und man kann ihn flüssig lesen. Das Umschlagsbild ist rot auffällig, ein Mainhattan Wolkenkratzer (passt in die Reihe der bereits geschriebenen Krimis von Katja Kleiber). Der Titel ist ungenau: Das Kind mit der Knarre – Wahid ist irgendwie um die 18 (genau weiß er es selber nicht, sein Bruder war 15)… schon lange kein Kind mehr, nicht mal Jugendlicher, er sieht sich als Erwachsener. Aber der Titel ‚Das Kind mit Knarre‘ passt gut zu den andern Krimis von Katja Kleiber: ‚Der Prof mit dem Sarg‘, ‚Der Anwalt ohne Hose‘, ‚Der Banker mit dem Stöckelschuh‘.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Suche nach sich selbst

Ich hatte nicht immer, was ich wollte, aber alles, was ich brauchte
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Aussteiger gibt es immer - nicht das erste Buch, in dem jemand seine Karriere hinschmeißt und was Sinnerfüllende unternimmt. Die einen radeln um die Welt, die anderen arbeiten in Afrika, die dritten gehen ...

Aussteiger gibt es immer - nicht das erste Buch, in dem jemand seine Karriere hinschmeißt und was Sinnerfüllende unternimmt. Die einen radeln um die Welt, die anderen arbeiten in Afrika, die dritten gehen auf die Alm und hüten Ziegen.

"Dass ich nicht mehr an alles glaube, was ich denke... " Das ist schon mal ein guter Anfang, seine Superkraft... dazu muss man zwar nicht unbedingt 17 Jahre als Mönch in Thailand leben, das klappt durchaus auch auf einer Alm, in Afrika oder auf dem Rad um die Welt.

Auf jeden Fall ist es gut sich mal wieder den Spiegel vorzuhalten, dass unser westlicher Lebensstil nicht unbedingt der Beste ist. Im Gegenteil, er ist zerstörend, Menschen, Natur, Umwelt...

Sein 'innerer Gedankenzirkus' beim Meditieren hat mich mehr als einmal zum Lachen gebracht... insofern hat sich das Lesen gelohnt (ganz im westlichen Sinne). Und die Gegend, wo er sich aufhielt, kenne ich auch. Nur bin ich nicht in ein Kloster, sondern habe mich unter die Einheimischen gemischt. Da habe ich auch viel gelernt. Jede/r auf seine Weise.

Empfehlenswert für diejenigen, die auf der Suche sind

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