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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2023

Die Geister, die ich nicht rief

Spuk und Schmied
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Das Cover passt durch die dunklen, aber dennoch leuchtenden Farben perfekt zu einem Geisterbuch und hat mich direkt neugierig gemacht.
Zum Inhalt: Josh konnte schon immer Geister sehen, was sich nicht ...

Das Cover passt durch die dunklen, aber dennoch leuchtenden Farben perfekt zu einem Geisterbuch und hat mich direkt neugierig gemacht.
Zum Inhalt: Josh konnte schon immer Geister sehen, was sich nicht gerade vorteilhaft auf sein Leben ausgewirkt hat. Doch dann findet er eine Stelle auf Mannix Estate, einem Hotel, das ganz offiziell mit seinem Spuk wirbt. Zu schön, um wahr zu sein?
Der Schreibstil hat mir grundsätzlich gut gefallen, nicht zuletzt dank der wechselnden Erzählperspektiven, einer großen Prise Humor und urkomischen Schlagabtauschen zwischen den Menschen und der Geisterwelt. Dazu kommen eine Miniportion Gruselfeeling und so manche Spice-Szene. Das Buch lässt sich super schnell lesen, da die Handlung Schlag auf Schlag vorwärtsrast. So wird es zwar nie langweilig, allerdings wirken manche Entwicklungen so doch recht überhastet und Themen werden lediglich oberflächlich angerissen.
Besonders die erste Hälfte der Geschichte hat mir sehr gefallen. Bei einer paranormalen Wendung zur Mitte der Handlung hat das Buch mich kurzzeitig etwas verloren. Allerdings möchte ich lobend herausstellen mit wie viel gesundem Menschenverstand hier an übermenschliche Probleme herangegangen wird. Nichts wird ins Lächerliche gezogen. Nur das Ende enthielt für meinen Geschmack dann doch eine Spur zu viel Kitsch.
Die zu großen Teilen queeren Charaktere sind zwar furchtbar sympathisch, dennoch hätten ihre Hintergrundgeschichten gerne etwas mehr ausgeführt werden dürfen. Das gilt besonders auch für die Geister. Was die menschlichen Protagonisten angeht, hat Ewan als love interest auch mein Herz zum Schmelzen gebracht. Bei Josh hat mir vor allem seine zugegeben nur knapp skizzierte Entwicklung gefallen. Jeder Charakter hat seine liebevoll dargestellten Eigenarten verpasst bekommen, was sie nahbar und authentisch erscheinen lässt.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Kritikpunkte gut unterhalten und freue mich auf den Folgeband. Wer eine hervorragend lesbare m/m-Liebesgeschichte im Urban Fantasy-Setting mit einer ordentlichen Prise Humor sucht, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 30.11.2023

Eine berührende Graphic Novel

Der Magische Fisch
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Schon das Cover deutet die unglaubliche Liebe zum Detail und zu Geschichten an, die uns dann auch im Inneren der Graphic Novel weiter begleiten.
Zum Inhalt: Tién ist in den USA geboren und aufgewachsen, ...

Schon das Cover deutet die unglaubliche Liebe zum Detail und zu Geschichten an, die uns dann auch im Inneren der Graphic Novel weiter begleiten.
Zum Inhalt: Tién ist in den USA geboren und aufgewachsen, seine Mutter hingegen aus Vietnam geflohen. Im Versuch eine gemeinsame Sprache zu finden und ihren aktuellen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, lesen sie sich regelmäßig Märchenbücher aus der Bibliothek vor. Tién hofft außerdem, dass es ihm mithilfe dieser Geschichten gelingen wird, seine Homosexualität vor seinen Eltern anzusprechen.
Wie die Inhaltsangabe schon andeutet, bewegt sich die Graphic Novel auf verschiedenen Zeitebenen: Gegenwart, Vergangenheit und Märchen. Diese Perspektiven sind durch Farbwechsel zur vereinfachten Orientierung kenntlich gemacht. Tiéns Familiengeschichte wird so direkt mit den Märchen verwoben. Nachdem ich anfangs etwas verwirrt war, worauf das ganze hinausmöchte, gelingt die Verblendung dieser Zeitebenen im Lauf der Handlung immer besser.
Der Zeichenstil ist genauso märchenhaft wie die vorgelesenen Bücher selbst. Ich könnte mich stundenlang in der Betrachtung der wunderschönen und detailreichen Zeichnungen verlieren. Die Graphic Novel beweist, dass Bilder mehr sagen können als Worte. In diesem Sinn bietet die Geschichte einen einfühlsamen Umgang mit vielen ernsten und brandaktuellen Themen, beispielsweise rund um kulturelle Identität, familiärem Zusammenhalt, Freundschaft oder Verlust. Aufgrund dieser Fülle ist diese Graphic Novel definitiv eine Kandidatin für einen reread. Die Emotionen werden perfekt eingefangen, weshalb ich spätestens am Ende Tränen in den Augen hatte. Ich habe beim Lesen eine wahre Achterbahnfahrt der positiven wie negativen Gefühle mitgemacht.
Insgesamt wurde ich hervorragend unterhalten. Auch wenn ich die Geschichte schnell verschlungen hatte, beschäftigt mich das Gelesene noch immer.
Wer an die Macht von Geschichten glaubt oder sich dafür interessiert, wie Märchen sie je nach kulturellem Kontext verändern, sollte hier unbedingt einen Blick reinwerfen.
Hierbei handelt es sich grundsätzlich auch um ein Jugendbuch, dass ich aufgrund mancher Zeichnungen und Schwere der behandelten Themen allerdings erst ab dem mittleren Teenageralter empfehlen würde.

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Veröffentlicht am 13.11.2023

Überzeugende Fortsetzung für Fans klassischer Krimis

Der Cocktailmörderclub
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Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren ...

Das Cover ist farblich ein echter Eyecatcher, passt super zum Vorgängerband der Reihe und verweist gelungen auf den Inhalt.
Worum geht’s? Bei einer Wohltätigkeitsorganisation treffen aufstrebende Hobbyautoren auf ihre berühmten Vorbilder. Mittendrin und Organisatorin des Ganzen ist Agatha Christies Haushälterin Phyllida Bright. Doch dann kommt es zu einem Todesfall während der Auftaktveranstaltung und Phyllida muss einmal mehr ermitteln…
Der Schreibstil überzeugt durch die gemütliche und zugleich klatschsüchtige Dorfatmosphäre, unterhaltsame Schlagabtausche und fein beobachtete, authentisch präsentierte zwischenmenschliche Beziehungen.
Der Aufbau ähnelt einem klassischen britischen Krimi, wodurch wir ziemlich früh in etwas ausufernder Weise mit einem großen Kreis Verdächtiger bekannt gemacht werden. Lange Zeit bleibt die Lage dank spannender Wendungen undurchsichtig und so gut wie jede Person wirkt einmal verdächtig. Auch wenn die ausgeklügelte Auflösung für mich als geübte Krimileserin nicht komplett unvorhersehbar war, so habe ich die Lektüre doch sehr genossen. Besonders im letzten Drittel konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen.
Der Krimi besticht neben einer fesselnden kriminellen Einlage vor allem durch seine eigenwilligen, teilweise herrlich kauzigen Charaktere, die wir in diesem zweiten Band näher kennenlernen dürfen. Phyllida Bright als starke Protagonistin stellt mit ihrer scharfen Zunge, ihrem Organisationstalent und ihrer Kombinationsgabe für mich nach wie vor ein Highlight dar. Besonders ihre Auseinandersetzungen mit dem Butler und Chauffeur des Hauses ergeben einen wahren Lesegenuss. Zudem sorgt die Einbindung des Dienernetzwerks für eine gehörige Prise Downtown-Abbey-Charme.
Man kann diesen Band sicher auch ohne Vorkenntnis des Reihenauftakts lesen. Wer jedoch die jeweiligen Beziehungsgeflechte näher erkunden und den Erfahrungswerten der Protagonisten nachspüren will, sollte lieber die Reihenfolge einhalten.
Insgesamt wurde ich trotz kleinerer Abzüge wirklich gut unterhalten und würde jederzeit mehr mit Phyllida Bright als Ermittlerin lesen wollen. Fans klassischer whodunnits im Stil von Agatha Christie sollten hier unbedingt einmal reinlesen.

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Veröffentlicht am 01.11.2023

Ein Künstler und seine Zeit

Um 1500
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Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen ...

Albrecht Dürer ist einer der wohl bekanntesten Künstler der Zeit um 1500. Anhand seiner Werke und Aufzeichnungen bekommen wir einen Einblick in die alltägliche Lebenswelt eines Menschen am Übergang zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit.
Zuerst ein paar Worte zur äußeren Aufmachung des Buchs: Die Gestaltung von Vor- und Nachsatzpapier, Lesebändchen, Papierdicke und die enorme Abbildungsqualität der Werke Dürers - all das macht einen hochwertigen Eindruck und das Buch so schon oberflächlich betrachtet zu einem Gewinn für jedes Bücherregal.
Der Schreibstil ist für mich der größte Kritikpunkt an diesem Sachbuch. Am ehesten ähnelt der Aufbau einer gut aufbereiteten Überblicksvorlesung für Studierende. Für Leute vom Fach enthält es potenziell nur wenig Neues. In den kurzen und inhaltlich weit reichenden Kapiteln werden die Themen oft nur knapp angerissen, was schnelles Umdenken beim Lesen erfordert. Auch Fachbegriffe werden kaum erklärt; insgesamt wird bei den Ausführungen so einiges an Vorwissen vorausgesetzt.
Die Grundidee überzeugt. Anhand von Dürers Werken und unter Berücksichtigung verschiedener historischer Teildisziplinen werden die familiäre Situation des Künstlers, die ihn umgebenden Personennetzwerke aber auch die Nürnberger Stadtgeschichte als sein Lebensmittelpunkt rekonstruiert. Durch Vergleichsaspekte, deren Untersuchungspersonen allerdings quellenbedingt meist aus Adel und Bürgertum stammen, bekommen Lesende Einblick in verschiedene soziale Schichten. Gleiches gilt auch für betrachtete Regionen, die sich jedoch an Dürers Lebenshorizont und Reisen orientieren, also in der Regel eher nicht aus Europa hinausführen.
Die behandelten Themen reichen von Familie, Geschlechterrollen, Bildung, sozialen Aufstiegsmöglichkeiten, politischen Entwicklungen, Ernährung und Religion bis hin zu Altersvorsorge. Der Autor ist dabei stets um Anschaulichkeit bemüht und behandelt so beispielsweise auch die Frage, wie die Welt um 1500 roch. Besonders durch die alltagsgeschichtlichen Einblicke wird es möglich, sich Dürer und den Menschen der Zeit um 1500 trotz der zeitlichen Distanz näherzufühlen. Dürers Lebenszeit war geprägt von Umbrüchen und Unsicherheiten, dieses Spannungsfeld wird ebenso gelungen deutlich wie die gesellschaftlichen Rahmenbedingen, die die Entwicklung des oder der Einzelnen der Zeit prägten.
Daneben bietet das Buch kunsthistorisch Interessierten viel Input durch die dargebotenen Interpretationsansätze zu den Dürergemälden. Nicht zuletzt führt es das Talent des Künstlers, seine Beobachtungsgabe sowie die Vielseitigkeit seiner Werke vor Augen und lädt so zur tiefgreifenden Beschäftigung mit diesen ein.
Insgesamt stellt dieses Buch eine stimmige Einführung in die europäische Geschichte der Zeit um 1500 und damit dem Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit dar, weshalb ich es geschichtsinteressierten Personen nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 16.10.2023

Grundkurs in Archäologie

Staub, Steine, Scherben
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Das Cover wirkt ansprechend, passt hervorragend zum Genre eines Sachbuchs und schlägt dank der Illustrationen bereits einen gelungenen Bogen zum Inhalt des Buchs.
Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag ...

Das Cover wirkt ansprechend, passt hervorragend zum Genre eines Sachbuchs und schlägt dank der Illustrationen bereits einen gelungenen Bogen zum Inhalt des Buchs.
Wie sieht eigentlich der Arbeitsalltag von Archäologinnen und Archäologen aus? Wie läuft eine Ausgrabung ab? Durch welche Vor- und Nachbereitungen wird diese ergänzt? Welche technischen Hilfsmittel stehen heute zur Verfügung und wo ist noch Handarbeit gefragt? Wer schon immer mal eine Antwort auf eine oder mehrere dieser Fragen gesucht hat, sollte einen Blick in dieses Buch werfen.
Gleich vorab: Selten hat mich ein Sachbuch in einem solchen Maß zum Schmunzeln gebracht. Der Autor hat ein gut verständliches und dabei auch noch wahrlich unterhaltsames Buch geschrieben, bei dessen Lektüre man fast schon unbewusst Wissen anhäuft. Ich möchte ganz ehrlich sein: Gerade bei den Ausführungen zu technischen Hilfsmitteln oder naturwissenschaftlichen Fachtechniken war das Ganze dann doch schon mal etwas zäher, jedoch schafft Jens Notroff es mit gut gewählten Beispielen und dem ein oder anderen Augenzwinkern für Nahbarkeit und Nachvollziehbarkeit zu sorgen. Dazu haben nicht zuletzt die liebevollen Illustrationen beigetragen, die der Autor selbst beigesteuert hat.
Jens Notroff beschreibt nicht nur die Rahmenbedingungen des archäologischen Arbeitsalltags - verglichen mit so manch idealisiertem Filmhelden - und das Erkenntnispotenzial hinter interdisziplinärer Zusammenarbeit, sondern stellt auch einen Aktualitätsbezug her, durch den sich die zeitlich zum Teil weit entfernten Forschungsgegenstände der Archäologie plötzlich gar nicht mehr so fremd anfühlen. Besonders interessant fand ich die ausgewählten Beispiele aus dem Arbeitsalltag des Autors. Von solchen persönlichen Erfahrungsberichten hätte ich gerne noch etwas mehr gelesen.
Alles in allem eine lohnenswerte Lektüre. Ich wage zu behaupten, dass dieses Buch nicht zuletzt neben einem Überblickswerk für interessierte Laien auch eine gelungene Werbung für das Fach darstellt.
Wer das eigene Wissen rund um Archäologie auffrischen, in einem Pubquiz oder beim nächsten Kreuzworträtsel- oder Filmmarathon mit Expertise glänzen möchte, sollte hier unbedingt einmal reinlesen.

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