Hard and Heavy - gesellschaftskritische Unterhaltung
Chain-Gang All-StarsDas war mal ein fesselnder Pageturner! Spannend wie ein Hollywood-Film.
Allerdings könnte ich eine Verfilmung des Romans niemals im Kino sehen, denn es wird ordentlich und kreativ gemetzelt. Das kann ...
Das war mal ein fesselnder Pageturner! Spannend wie ein Hollywood-Film.
Allerdings könnte ich eine Verfilmung des Romans niemals im Kino sehen, denn es wird ordentlich und kreativ gemetzelt. Das kann ich auf Papier sehr gut lesen, aber ich möchte es mir nicht anschauen.
Warum wird gemetzelt?
Die USA hat ihr Strafvollzugssystem mit ihrer Unterhaltungsbranche fusioniert und eine Gladiatorinnen Liga gegründet.
An diesem Program können verurteilte Straftäterinnen teilnehmen und in tödlichen Kämpfen gegeneinander antreten. Im Gegenzug erhalten sie die Möglichkeit die Freiheit wieder zu erhalten, wenn sie das Programm erfolgreich absolvieren und lange genug überleben.
Organisiert ist die Liga in verschiedenen Chains, deren einzelnen Mitglieder, die Links, auf dem BattleGround gegen die anderer Chains antreten. Wer gewinnt, steigt im Rang auf und bekommt Blood Points, wer verliert…ist game over.
Die Links werden bei ihren Vorbereitungen und den Zeiten zwischen den Kämpfen wie bei einer Mischung aus Big Brother und Dschungelcamp permanent von Kameras begleitet.
Der unangefochtene Star der Liga und Publikumsliebling ist Loretta Thurwar, dicht gefolgt von Hamara Stacker, alias Hurricane Staxxx. Beide gehören zur erfolgreichen Angola-Hammond-Chain-Gang und sind ein unkonventionelles Liebespaar.
Die Ausstrahlung der Chain Gang All-Stars hat mittlerweile die 32. Staffel erreicht und Thurwar steht nur ein paar Siege vor ihrer Freilassung.
Auch wenn die Action Sport Liga in der amerikanischen Gesellschaft auf breite Begeisterung stößt, formiert mittlerweile sich in kleinen Gruppen der Widerstand gegen das kapitalistische und ummenschliche System und es kommt zu …Zwischenfällen. Außerdem sind für die 33. Staffel Regeländerungen mit weitreichenden Folgen geplant…
Du siehst, es mangelt nicht an Action. Es mangelt auch nicht an Gesellschaftskritik, denn der ganze Roman funktioniert wie eine Anklage das bereits bestehende und ungerechte amerikanischen Strafverfolgungs- und Vollzugssystems.
In Fußnoten lässt Adjei-Brenyah wahre Zahlen und Fakten zu Selbstmordraten in Gefängnissen oder das Verhältnis von schwarzen zu weißen Insassen.
Vieles ist mir davon bekannt und dass das US Strafvollzugssystem komplett kommerzialisiert ist und einen eigenen Wirtschaftszweig bildet, kenne ich ansatzweise aus der Serien „Orange is the new black“.
Adjei-Brenyah denkt in „Chain Gang All-Stars“ den nächsten Schritt, der sich aus der Kombination aus der Ausbeutung Gefangener mit immer entmenschlichteren Unterhaltungsformaten ergibt.
Mich hat der Roman begeistert, ich komme jedoch an einigen Kritikpunkten nicht vorbei. Zum einen mangelt es den Figuren in meinen Augen an charakterlicher Tiefe. Natürlich sind meine Sympathien auf der Seite der Kämpferinnen Thurwar und Staxxx, aber ihre beschriebene Gefühlspalette ist doch ein bisschen reduziert. Hier wäre ich den Frauen gerne noch näher gekommen. Auch die pathetischen und teilweise philosophisch abgehobenen Dialoge sind nicht unbedingt mein Ding. Sie passen zwar super in die harte Stimmung des Romans, aber die Worte empfinde ich teilweise als Platitüden.
Außerdem habe ich manchmal das störende Gefühl, mit der Setzung oder mit der Übersetzung stimmt in manchen Sätzen etwas nicht.
Doch in Summe war „Chain Gang All Stars“ großes und spannendes Kino und auf jeden Fall empfehlenswert, wenn du ungewöhnlichen und harten Stoff lesen willst!
Die Kurzgeschichten von Nana Kwame Adjei-Brenyah liegen jetzt zu Hause für mich schon bereit!
„Weil man versklavt wird, ist man noch lange kein Sklave. Sklave kann man niemals sein.“