Ein Versehrter, eine Aufmüpfige, ein Unangepasster und ein Zauberer
BrüderchenIn einem Bergdorf in den Cevennen wird eines Tages ein unangepasstes Kind geboren, ein Brüderchen, das dritte Kind einer jungen Familie.
„Unangepasst“ hingegen benennt die Tatsache, dass das Kind nicht ...
In einem Bergdorf in den Cevennen wird eines Tages ein unangepasstes Kind geboren, ein Brüderchen, das dritte Kind einer jungen Familie.
„Unangepasst“ hingegen benennt die Tatsache, dass das Kind nicht nach gängigen Maßstäben funktionierte (eine Hand ist zum Greifen da, die Beine zum Laufen), dass es in vielerlei Hinsicht außen vor war, aber trotzdem am Leben teilhatte, wie ein Schatten in der Ecke des Gemäldes, der nicht so ganz dazuzugehören scheint, obwohl der Künstler ihn absichtlich dorthin gemalt hat.
Es ist schwierig zu beschreiben, was es für eine Familie bedeutet, ein besonderes Kind zu haben. Diese Geschichte erzählt und berichtet, wie die Kinder der Familie mit dieser Besonderheit zurechtkommen und mit ihr leben müssen. Sie werden ein Parallelleben aufbauen, eines für die Familie und eines für außerhalb. Und während der Ältere sich aufopferungsvoll um seinen kleinen Brüder kümmert, wird die Schwester dem Kleinen die Schuld geben, ihr den großen Bruder genommen zu haben.
Jeder lebt sein Leben, bis der Moment kommt, an dem klar wird, dass die Familie in Gefahr ist. Die Schwester spürt, dass es an der Zeit ist zu kämpfen.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Brüderchen ist ein ganz außergewöhnliches Buch. Es erzählt von einer intensiven Geschwisterliebe, von extremer Zuneigung und starker Ablehnung, von körperlichem Entzug, Wut und schlechtem Gewissen.
Faszinierend ist wie die Autorin die psychologische Seite der Geschwister tiefgründig und gleichzeitig überaus menschlich darstellt. Jedes Kind verkörpert ein Gefühl, wie man es in so einem Fall fühlen könnte. Und damit bietet sie dem Leser die Möglichkeit ein Auge auf die Geschwister zu werfen, die mit diesem Kind, dem es schlecht geht, zusammenleben. Dass sie den Steinen im Hof die Erzählerrolle zuteilt, finde ich eine geniale Idee. Sie stehen auf der Seite der Kinder, auch des Nachgeborenen, das vollkommen unerwartet in die Familie kommt und mit sich den Geist seines verstorbenen Bruders trägt.
Und so ist das die Geschichte einer Familie mit vier Kindern, jedes mit seinem ganz eigenen Charakter: ein Versehrter, eine Aufmüpfige, ein Unangepasster und ein Zauberer. Es überwiegt dabei ein unendliches Zartgefühl und obwohl der Stoff doch eigentlich ernst oder gar bedrückend scheinen mag, bestimmt hier nur die Einfühlungskraft der Romanfiguren.
In einem Interview hat Clara Dupont-Monod erklärt, dass die Geschichte einen autobiografischen Hintergrund hat. Die Autorin hatte selbst einen kleinen Bruder, der mit einer Behinderung zur Welt kam.
Fazit
„Brüderchen“ von Clara Dupont-Monod ist die Erzählung von 4 Kindern: eines Versehrten, einer Aufmüpfigen, eines Unangepassten und eines Zauberers, die in einem Bergdorf in den Cevennen aufwachsen. Es ist die Geschichte einer Familie, die am Unangepassten fast zerbricht, doch der die Zeit durch den Nachgeborenen, den Zauberer, Verbundenheit und Zuversicht zurückgibt.