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Veröffentlicht am 20.06.2022

Ein bittersüßer Kriminalroman

Süße Versuchung (Ein-Sardinien-Krimi 2)
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Der zweite Teil der Sardinien-Krimi-Reihe aus der Feder von Gesuino Némus liegt in deutscher Übersetzung vor. „Süße Versuchung“ ist ein Regionalkrimi mit etwas schrulligen Charakteren, die in ihrem kleinen ...

Der zweite Teil der Sardinien-Krimi-Reihe aus der Feder von Gesuino Némus liegt in deutscher Übersetzung vor. „Süße Versuchung“ ist ein Regionalkrimi mit etwas schrulligen Charakteren, die in ihrem kleinen Örtchen Telévras ihr Dasein fristen. Kein Tourist will sich hierher verirren, was der örtliche Heimatverein gerne ändern möchte.

Ein Unfall versetzt alle in Aufruhr, eine junge Frau war mit ihrem Auto von der Straße abgekommen und in eine Schlucht gestürzt. Der Busfahrer meldet den Unfall und bald darauf wird dieser erschossen aufgefunden. Keiner glaubt so recht an einen Selbstmord, auch wenn dies auf den ersten Blick so aussehen mag. Französin war die Verunfallte, ansonsten ist nichts bekannt über sie, also verbleibt sie erst mal im Kühlhaus. Hauptkommissar Marzio Boccinu ermittelt.

Den ersten Teil habe ich nicht gelesen, konnte aber problemlos mit Teil zwei losstarten. Charaktere, wie man sich die etwas abseits gelegenen Dorfbewohner vorstellt, sind aufs Trefflichste gezeichnet. Allesamt sind sie „Typen“, lassen sich nicht mehr verbiegen.

Schon die Beschreibung der Protagonisten ist es wert, diesen Krimi zu lesen. Wie etwa Michelangelo Ambéssi, der nur 153cm große, ehemalige Jockey, der alles über Pferde weiß oder Donamìnu Stracciu, Dichter seines Zeichens. Sie sind ebenso vertreten wie Titina Inganìa, die es dem Inspektor angetan hat.

Ein Mix aus kriminalistischen Elementen und Privatem ergeben zusammen eine „Süße Versuchung“ der etwas eigenwilligen Art. Bittersüß, wie schon der Titel und das Cover vermuten lassen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, die sardische Stimmung tut ein Übriges. Die Auflösung ist überraschend, aber dennoch schlüssig. Ein lesenswerter Krimi mit viel Lokalkolorit.

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Tod in den Dünen

Düsteres Watt
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Liv Lammers ermittelt wieder. Ihr mittlerweile sechster Fall führt sie auf Sylt zu den Schönen und Reichen. Sabine Weiß hat mit „Düsteres Watt“ einen wendungsreichen Krimi vorgelegt, in dem sie neben dem ...

Liv Lammers ermittelt wieder. Ihr mittlerweile sechster Fall führt sie auf Sylt zu den Schönen und Reichen. Sabine Weiß hat mit „Düsteres Watt“ einen wendungsreichen Krimi vorgelegt, in dem sie neben dem Kriminalfall auch zwei gravierende gesellschaftliche Probleme wie häusliche Gewalt und Selbstverletzung aufgreift.

Karl von Raboisen wird nach einem rauschenden Fest tot auf einer Düne gefunden und bald stellt sich heraus, dass er ertrunken ist. Wie passt der Fundort zum Tod durch Ertrinken? Die Ermittlungen gestalten sich schwierig, die Familie und deren Umkreis sind nicht gerade auskunftsfreudig.

Es ist zwar nicht erlaubt ist, die Wanderdünen auf eigene Faust zu betreten, jedoch hält sich beileibe nicht jeder dran. Auch Michelle Müller, die immer wieder die Herausforderung sucht und viel Zuspruch für ihre ins Netz gestellten Filme bekommt, will es wieder mal wissen. Ihre Drohne schwebt über die Lister Wanderdünen…

…von denen ich nebenbei viel Interessantes erfahre. Wie etwa vom Strandhafer, der die Wanderdünen etwas befestigen sollte oder Wissenswertes rund um das Watt.

Endlich Urlaub! Liv ist mit ihrer Familie auf Sylt und freut sich auf entspannte Tage, der Todesfall auf den Dünen kommt ihr dazwischen. Mit ihren Flensburger Kollegen durchleuchtet sie die adelige Familie, deren nach außen vermittelte schöne Fassade bröckelt, menschliche Abgründe tun sich auf.

Vielschichtige Charaktere beleben das Geschehen. Privates vermischt sich gekonnt mit den kriminalistischen Elementen, man nimmt den Figuren ihr Handeln sofort ab. Sylt ist landläufig als mondän bekannt, die Insel ist aber so viel mehr. Der Todesfall und die einhergehenden Ermittlungen sind anschaulich dargestellt, auch ein Vermisstenfall und eine später aufgefundene Leiche fügen sich in die Handlung ein.

Sylt ist immer eine Reise wert, aber auch wer die Insel nicht kennt, wird sich hier bald wohl fühlen. Der sechste Band um Liv Lammers ist wiederum – wie nicht anders erwartet – sehr kurzweilig und lesenswert und kann auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden.

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Veröffentlicht am 17.05.2022

Interessant

Der Tote aus Zimmer 12
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Eins vorweg: Man sollte sich die nötige Lesezeit nehmen, um dem „Toten aus Zimmer 12“ gerecht zu werden.

Es beginnt ganz zauberhaft in einer herrlichen Umgebung. Das Hotel auf Kreta, in welchem das Ehepaar ...

Eins vorweg: Man sollte sich die nötige Lesezeit nehmen, um dem „Toten aus Zimmer 12“ gerecht zu werden.

Es beginnt ganz zauberhaft in einer herrlichen Umgebung. Das Hotel auf Kreta, in welchem das Ehepaar Treherne absteigt, wird von Susan Ryeland und ihrem Lebensgefährten betrieben. Die Trehernes wollen hier jedoch nicht Urlaub machen, sie sind auf der Suche nach ihrer Tochter Cecily und nun bitten sie Susan, ihnen zu helfen. Aber was hat Susan damit zu tun? Nachdem ihr eine grotesk anmutende Geschichte erzählt, ihr außerdem eine hohe Summe versprochen wird, lässt sie sich auf das absonderliche Abenteuer ein und findet sich kurz darauf in London wieder.

Ein Buch im Buch – um Cecily ausfindig zu machen, sollte Susan „Atticus unterwegs“ lesen, denn hier sollte die Erklärung für ihr mysteriöses Verschwinden zu finden sein. Dieses Werk hat Susan vor Jahren lektoriert und nur sie könnte herauslesen, was passiert ist. Davon sind die Trehernes überzeugt.

In drei Teile hat Anthony Horowitz seinen Thriller gegliedert, wobei der erste Teil das Umfeld der Vermissten durchleuchtet, alle könnten etwas damit zu tun haben. Um dann abrupt bei Atticus Pünd und seinen Ermittlungen zu landen. Die Leser sind sozusagen mit Susan dabei, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Wir lesen hier einen ganz anderen Fall, ein Mord sollte aufgeklärt und bestenfalls zwischen den Zeilen Cecilys Versteck herausgelesen werden um dann im dritten und letzten Abschnitt wieder am Ausgangspunkt zu sein. Wird Susan den Fall auf diese sehr eigenwillige Weise lösen können?

Anthony Horowitz hat seinen ganz eigenen Schreibstil – etwas nostalgisch angehaucht, so mein Empfinden. Vor allem das Buch im Buch, welches im Gestern spielt, umgibt der vergangene Glanz. Ich war zunächst verwirrt und dachte eher an eine kurze Episode, um dann festzustellen, dass dies eine in sich abgeschlossene Geschichte ist, die mit der eigentlichen Story nur insofern zu tun hat, als hier des Rätsels Lösung gefunden werden sollte. Diese dazwischengeschobene Geschichte war in sich unterhaltsam und doch wurde ich nicht recht warm damit. Um dann wieder in die Ursprungsgeschichte zurückzukehren und mich mit Susan und ihren Methoden wieder ganz wohl zu fühlen.

Unterhaltsam war das gesamte Werk, keine Frage. Die Susan-Momente fand ich lebendig und kurzweilig, ich war jeden Moment dabei, konnte mich auf sie gut einlassen. Mit Atticus Pünd wurde es dann very british, etwas zu langatmig, als ob mich eine Zeitmaschine in eine andere Schreibepoche gebeamt hätte.

Ein interessantes Buch, das man so nicht alle Tage liest. Dranbleiben lohnt sich, auch wenn es durchaus einige Längen zu überbrücken gilt. Spannend war es allemal.

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Veröffentlicht am 16.05.2022

Die Entscheidung

Flug 416
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Es war alles nur ein Traum. Bill wacht auf, sein immer wiederkehrender Albtraum hat ihn wie so oft auch diesmal heimgesucht. Schon die ersten Seiten haben es in sich, sind bedrückend, um dann vom ganz ...

Es war alles nur ein Traum. Bill wacht auf, sein immer wiederkehrender Albtraum hat ihn wie so oft auch diesmal heimgesucht. Schon die ersten Seiten haben es in sich, sind bedrückend, um dann vom ganz normalen Familienalltag abgelöst zu werden. Die Familie Hoffman wartet auf den Techniker, das Internet streikt. Als er kommt, muss Bill weg, er ist außerplanmäßig für Flug 416 eingeteilt. Das schlechte Gewissen plagt Bill trotzdem, hat er doch das Saisoneröffnungsspiel in der Little League seines Sohnes verpasst. Wieder mal ist dem Flugkapitän der Job dazwischengekommen. Carrie ist deswegen sauer auf ihn, er will mit ihr reden. Endlich! Eine Mail von ihr, ein Foto im Anhang – aber hier stimmt doch was nicht! „Bring das Flugzeug zum Absturz, oder deine Familie stirbt.“ Der Albtraum in seinem ganzen Wahnsinn hat begonnen.

Der Klappentext und die Stimmen auf den Innenseiten des Umschlags wecken mein Interesse. Es geht gleich richtig los, ab der ersten Seite herrscht Chaos. Atemlos verfolge ich die Szenerie, ich bin entsetzt davon. Habe ich sowas nicht schon mal gelesen? Könnte durchaus sein und doch bin ich magisch angezogen. Allein das Cover macht neugierig auf diesen Flug vier-eins-sechs. „Willst du die Passagiere retten oder deine Familie“ ist eine Frage, die man nicht beantworten kann. Nicht beantworten will. Wie soll man über das Leben anderer entscheiden? Schon die ersten Seiten waren sehr verstörend, der kurze Einblick in die Familie war gleich vorbei, um zum Wesentlichen zu kommen. Eine unbeschreibliche Angst, der sich niemand aussetzen möchte und doch haben sie keine Wahl.

Zwischendurch lässt Bill sein Leben Revue passieren. Kurze Sequenzen eines glücklichen Lebens. Darf es sein, dass das schon alles war? Seine Kinder – Scott, der muntere 11jährige und Elsie, das Baby – kann, muss, darf er sie opfern, um die 149 Seelen im Flugzeug zu retten?

Dieser Flug ist eines der Bücher, die ich am Stück inhaliert habe. Einmal angefangen war es nicht möglich, diesem Grauen zu entkommen. Die Autorin hat als Flugbegleiterin gearbeitet, sie weiß um die Abläufe, hat mit Jo, der Chefstewardess, eine greifbare Figur geschaffen. Sie arbeiten sich vorwärts und doch fehlt ihnen ein entscheidendes Detail. Das FBI am Boden und die Crew in der Luft lassen nichts unversucht. Ihre Angst ist greifbar, die Spannung lässt nicht nach. Angst wechselt sich ab mit dem unbedingten Willen zu überleben. Aber wie sollte das möglich sein?

T. J. Newman ist mit ihrem Debüt ein actionreicher Thriller gelungen, den ich nicht mehr weglegen konnte. Das Szenario kam mir schon bekannt vor, ich hatte es so ähnlich schon des Öfteren gelesen. Die Dramatik und der Nervenkitzel waren da, diesen Flug von Los Angeles nach New York werde ich so schnell nicht vergessen, auch wenn er stellenweise Superheldentum erkennen ließ, was es so gar nicht gebraucht hätte, auch das lange nicht erkennbare Motiv war etwas fadenscheinig. Und doch war es ein rasantes Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Das Leben ist nicht immer paradiesisch

Die Paradiese von gestern
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Mario Schneider entführt seine Leser nach Südfrankreich in „Die Paradiese von Gestern“.

Unaufgeregt erzählt er von einer Gräfin, die am Ende ist. Ihr einst stolzer Besitz ist heruntergewirtschaftet, ihr ...

Mario Schneider entführt seine Leser nach Südfrankreich in „Die Paradiese von Gestern“.

Unaufgeregt erzählt er von einer Gräfin, die am Ende ist. Ihr einst stolzer Besitz ist heruntergewirtschaftet, ihr Hotel, das Chateau Violet, wird geschlossen. Außer ihrem treu ergebenen Diener ist keiner mehr da und in diesen letzten Tagen verschlägt es ein junges Pärchen aus dem Osten hierher: Ella und René - sie können endlich reisen, den Duft der weiten Welt atmen. Und nun sitzen sie hier beim letzten Diner mit Charlotte und Vincent, dem Diener. Charlottes Sohn gesellt sich kurzentschlossen dazu.

Es sind die gegensätzlichen Akteure, die diese Geschichte, die nach der Wende angesiedelt ist, sehr lebendig machen. Ich lerne Charlotte de Violet, die Gräfin, dreißig Jahre zuvor kennen. Sie ist mit ihrem dreijährigen Sohn Alain in Biarritz samt Kindermädchen und Diener. Hier kommt ihr Charakter schon gut zum Vorschein, ich werde mich noch des Öfteren an diese Urlaubstage erinnern.

Extreme lassen so manche Sequenz zuweilen überzogen daherkommen. Die sehr dominante Ella schickt René weg, sie drängt ihn direkt, mit Alain nach Paris zu fahren und hier spürt man eine abgehobene, sich selbst feiernde Gesellschaft, die es zwar geben mag, in die aber einer aus dem Osten so gar nicht hinpasst. Das normale Paris bleibt gänzlich außen vor.

Mario Schneider beschreibt verschiedene Gesellschaftsschichten, die im besten Falle unter sich bleiben. Die jungen Leute aus dem Osten sind ihrerseits sehr forsch, neugierig sowieso. Ihre Herkunft hat sie geprägt, aber nicht nur sie, auch die Gräfin vertritt ihren Adelsstand. Ihr Stolz, ihre selbst gewählte Abgrenzung ist stets spürbar. Das Ungesagte steht wie eine undurchdringliche Mauer zwischen ihr und denen, die ihr nie zu nahe kommen dürfen.

Der Autor überzeichnet seine Charaktere, sie sind allesamt ein wenig daneben, keinem der hier agierenden möchte man begegnen und doch entsteht eine Sogwirkung, die einen tief eintauchen lässt. Wie es scheint, passiert nicht viel und doch ist es eine ganze Menge, auch das Ende deutet eher an als das es preisgibt. Und doch ist der Schluss für mich die einzig mögliche Option. Das Leben geht weiter, endet bald oder irgendwann…

Nicht alle, aber so manche Darsteller waren mir äußerst unsympathisch, andere dagegen blieben eher im Hintergrund. Ein leises Buch, das ich gerne gelesen habe. Es erzählt von Liebe, auch vom Tod und ist doch voller Leben.

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