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Marshall-Trueblood

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2019

Eine eigenwillige Ermittlerin

Agatha Raisin und der tote Richter
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Agatha Raisin hat ihre PR-Agentur verkauft und setzt sich auf dem Land, im beschaulichen Carsely, zur Ruhe. Bei einem Backwettbewerb, bei dem sie nur teilnimmt, um sich beliebt zu machen, stirbt der Preisrichter, ...

Agatha Raisin hat ihre PR-Agentur verkauft und setzt sich auf dem Land, im beschaulichen Carsely, zur Ruhe. Bei einem Backwettbewerb, bei dem sie nur teilnimmt, um sich beliebt zu machen, stirbt der Preisrichter, nachdem er ihre selbstgekaufte Quiche probiert hat. Agatha stolpert in ihre erste Ermittlung und gerät selber in Gefahr.

Lange habe ich einen Bogen um diese Serie gemacht und nicht zum ersten Mal habe ich festgestellt, wie unterschiedlich die Geschmäcker sein können. Der Kriminalfall ist wirklich nicht besonders, aber die Art, wie er erzählt wird, finde ich sehr besonders. Agatha Raisin ist kein wirklicher Sympathieträger. Ich mochte sie von Anfang an, weil sie kein Blatt vor den Mund nimmt und auch, weil ich ihre Ungeduld mit dummen und auch nicht so dummen Mitmenschen nachvollziehen kann. Auch die anderen Figuren sind witzig geraten, erinnern mich an die Inspector Jury-Reihe von Martha Grimes. Mit diesen skurrilen Gestalten möchte ich auch im Pub sitzen! Der Humor zieht sich durch den leider kurzen ersten Fall (256 Seiten) für die resolute Agatha, die bis auf ihre intelligenten Schlussfolgerungen nicht viel gemeinsam mit Miss Marple hat, an deren Figur sie offensichtlich angelehnt ist. Ich war sehr gut unterhalten und freue mich auf weitere Details rund um den Kosmos von Carsely.

Für Krimileser, die auch am Drumherum der Figuren und an Humor zwischen den Zeilen interessiert sind

Veröffentlicht am 19.08.2019

Finnische Ermittlungsarbeit

Auf die feine Art
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Als ein Freund des Mordes an seiner Freundin verdächtigt wird, übernimmt Maria Kallio ihren zweiten Fall.

Maria Kallio ist Oberhauptmeister a.D., hat Jura studiert und arbeitet mittlerweile in einer Anwaltskanzlei. ...

Als ein Freund des Mordes an seiner Freundin verdächtigt wird, übernimmt Maria Kallio ihren zweiten Fall.

Maria Kallio ist Oberhauptmeister a.D., hat Jura studiert und arbeitet mittlerweile in einer Anwaltskanzlei. Aber so ganz kann sie von der Polizeiarbeit nicht lassen. Sie lässt nicht locker, bis sie den wahren Täter überführt hat. Für mich eine Serie, die das Schattendasein in der Welt der Krimiliteratur nicht verdient hat. Unblutig und intelligent geschrieben. Man begleitet die eigenwillige Maria, die auch nicht davor zurückschreckt, bei ihren Ermittlungen der Sado-Maso-Szene undercover einen Besuch abzustatten; und das gelingt der Autorin besser als anderen, denn man fühlt sich nicht als Voyeur. Was mir auch sehr gut gefallen hat, war die Weiterentwicklung der Charaktere aus dem ersten Teil der Reihe. Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen! Was für mich hin und wieder schwierig ist: die finnischen Eigennamen, bei denen ich mich anfangs immer gefragt habe, wer das jetzt nochmal war. Ansonsten gibt es nichts zu meckern. Logisch aufgebaut und schlüssig zu Ende gebracht. Weiter so!

Für Krimileser, die es unblutig und intelligent mögen.

Veröffentlicht am 30.07.2019

Schnörkellos

Der Fall Collini - Filmausgabe
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Fabrizio Collini tötet in einem Berliner Luxushotel einen Mann; er richtet ihn regelrecht hin. Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt die Verteidigung. Nachdem der Täter schweigt, beginnt Leinen zu recherchieren ...

Fabrizio Collini tötet in einem Berliner Luxushotel einen Mann; er richtet ihn regelrecht hin. Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt die Verteidigung. Nachdem der Täter schweigt, beginnt Leinen zu recherchieren und stößt auf eine Spur, die unglaublich scheint.

Völlig schnörkellos führt uns Ferdinand von Schirach durch knapp 200 Seiten. Die Sprache ist sehr nüchtern, völlig emotionslos und das passt genau zu der Geschichte. Ein Buch, das man gelesen haben sollte. Nachdem ich den Trailer gesehen habe, glaube ich, den Film sollte man sich besser schenken. Ein Buch, das mich in seinen Bann gezogen und nachdenklich zurückgelassen hat. Am Ende bin ich sprachlos, ob mancher Wahrheit über das Justizsystem und ob der Entwicklung der Geschichte. Mehr bleibt nicht zu sagen, um nichts zu spoilern.

Die 200 Seiten sind zwar recht schnell gelesen, aber sie wirken noch lange nach.

Veröffentlicht am 29.07.2019

Agatha in Höchstform

Das Böse unter der Sonne
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Hercule Poirot macht Urlaub auf einer kleinen Insel in Devon. Aber das Böse macht keinen Urlaub unter der Sonne. Als die Schauspielerin Arlena Marshall erwürgt aufgefunden wird, läuft Poirot zur Hochform ...

Hercule Poirot macht Urlaub auf einer kleinen Insel in Devon. Aber das Böse macht keinen Urlaub unter der Sonne. Als die Schauspielerin Arlena Marshall erwürgt aufgefunden wird, läuft Poirot zur Hochform auf.

Das Böse unter der Sonne ist einer meiner persönlichen Lieblinge unter all den Agatha Christie Krimis, wozu auch die sehr gelungene Verfilmung mit Peter Ustinov als Poirot beiträgt. Ein Locked-Room Mystery, wie es besser nicht sein kann. Das Charaktere sind zwar sehr einfach gehalten, um nicht zu sagen stereotyp, aber das ist bei Christie ja keine Überraschung. Wie in all ihren Romanen geht es in erster Linie um das Verbrechen und um den Tathergang; und das ist ihr hier in Perfektion gelungen. Ein Mord, der sekundengenau geplant war, der gleichzeitig mit der Zeit spielt. Als Leser verfolgt man das Geschehen, verdächtigt mal hier, mal da, aber den grauen Zellen von Poirot und seiner Schöpferin ist man nicht gewachsen. Wie so oft bei Christie entpuppt sich dann als TäterIn, den man am meisten verdächtigt hatte, aber den man mangels Gelegenheit doch ausgeschlossen hatte. Da fragt man sich nach der Auflösung, kopfschüttelnd, wie man auf so eine Ausführung eines Mordes kommen kann.

Unter allen Krimis von Agatha Christie glänzt Das Böse unter der Sonne für mich besonders hell. Der beste Fall für Hercule Poirot, der im Urlaub zu Höchstform aufläuft.

Veröffentlicht am 23.07.2019

Außergewöhnlich

Die Farm
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In einer Winternacht irgendwo in Südafrika. Eine Farm wird belagert und beschossen. Im Farmhaus verschanzt sich ein Querschnitt der Gesellschaft. Und bald kämpfen alle Beteiligten um das nackte Überleben.

Was ...

In einer Winternacht irgendwo in Südafrika. Eine Farm wird belagert und beschossen. Im Farmhaus verschanzt sich ein Querschnitt der Gesellschaft. Und bald kämpfen alle Beteiligten um das nackte Überleben.

Was liegt hier vor? Ein Thriller? Ein Krimi? Eine Gesellschaftsstudie? Ein Überblick über die Situation der Menschen in Südafrika? Alles zusammen! Auf knapp 200 Seiten gelingt Max Annas ein Überblick über ein Südafrika, das man so nicht von Postkarten und Bildbänden kennt und gleichzeitig wird man Zeuge eines Kampfes. Dem Kampf zu überleben. Sofort im Geschehen wechselt die Perspektive im Minutentakt und das über den Zeitraum von rund neun Stunden.

Das Farmhaus dient als Symbol für die Gesellschaft, die Herrenrasse vermischt mit ihren schwarzen Arbeitern. Da hat jeder seinen Platz, auch am Ende der Apartheid. Der Boss, der Waffen verteilt, aber bloß nicht an die Schwarzen. Das Hausmädchen, das selbst unter Beschuss Kaffee und Kuchen serviert. Die Tochter des Hauses, die als erste und unbedingt mit ihren Kindern in Sicherheit gebracht werden muss. Die Unfähigkeit der Polizei. Das alles in einer Sprache, die die Grausamkeit und die Brutalität hervorragend transportiert. Am Ende weiß man alles und doch nichts. Ein Thriller, der keinen klaren Gewinner auf irgendeiner Seite erkennen lässt, aber das braucht es auch gar nicht.

Am Ende gibt es nur einen Gewinner: Den Leser. Für mich zu Recht ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis, denn hier werden dem Genre wirklich neue Impulse gegeben.