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Veröffentlicht am 27.05.2021

Wenn Eisbären auf Braunbären treffen und Rotfüchse Eisfüchse verdrängen...

Die Natur auf der Flucht
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vorbeigeht.
In Die Natur auf der Flucht beschreibt Benjamin von Brackel die Auswirkungen des Klimawandels auf Fauna und Flora und dabei ist der Titel nur die halbe Wahrheit. Den Klimawandel kann man nicht ...

vorbeigeht.
In Die Natur auf der Flucht beschreibt Benjamin von Brackel die Auswirkungen des Klimawandels auf Fauna und Flora und dabei ist der Titel nur die halbe Wahrheit. Den Klimawandel kann man nicht leugnen, auch wenn es schwer fällt und man doch andere Vorstellungen davon hat. Aber das Ansteigen der Temperaturen (wenn auch nur um ein paar Grad) bedeutet nicht, dass wir uns von einer Hitzeperiode zur nächsten quälen. Es bedeutet weitaus mehr (und beinhaltet nicht nur Hitze, sondern viele Arten unterschiedlicher Wetterphänomene bis hin zu nie dagewesenen und fast jährlich übertroffenen Extremen.
Die Natur flieht nicht. Es mag sein, dass es für manche eine Flucht ist, aber für andere ist es eine Erschließung neuer Lebensräume und Möglichkeiten. Es gibt Gewinner, es gibt Verlierer und um sie geht es in DIE NATUR AUF DER FLUCHT. Um sie und um die Menschen, die das neue Verhalten und die Veränderungen, die es nach sich zieht, erforschen.
Polarfüchse treffen auf Rotfüchse und werden von diesen verdrängt. Eisbären treffen auf Braunbären und zeugen Hybridbären, die ebenfalls zeugungsfähig sind, Wale verschwinden aus Alaska und Biber erobern die Arktis …
Es ist ein hin und her und für die einen mag das keine Rolle spielen, für andere hat das dramatische Folgen.
Manche Neubürger kann man dulden, manche bereichern sogar die Natur, andere dagegen bringen Tod und Verderbnis (man muss nur an die tropischen Mückenarten denken, die nach Europa kommen und dort Malaria und andere „tropische“ Krankheiten verbreiten.
DIE NATUR AUF DER FLUCHT ist ein Bericht über die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt. Es ist ein erschreckendes Bild, das nüchtern und fachlich dem Leser nahegebracht wird.
Aber es gibt Lösungswege um zu retten, was zu retten ist. Das sind jedoch nur kleine Schritte und ein Umdenken in unsere Lebensweise wird auch dieses Buch nicht schaffen. Aber es ist eines in einer Reihe anderer Bücher zu einem ähnlichen Thema, und wer weiß … vielleicht hört man auf die Autoren mit ihren Berichten.
Benjamin von Brackel erhebt nicht den mahnenden Zeigefinger, aber sein Buch darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Und es darf nicht untergehen, nur weil wir müde sind von Klimawandel und seinen Folgen zu hören.

Lesenswert!

Veröffentlicht am 27.05.2021

Augen auf und die Natur sehen

Mikroorgasmen überall
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Der Titel ist Programm, auch wenn man vielleicht etwas anderes erwarten würde, andererseits hilft das Cover beim verstehen des Titels. Und irgendwie ist das Wortspiel auch genial. Dominik Eulbergs Buch ...

Der Titel ist Programm, auch wenn man vielleicht etwas anderes erwarten würde, andererseits hilft das Cover beim verstehen des Titels. Und irgendwie ist das Wortspiel auch genial. Dominik Eulbergs Buch handelt von der Natur vor unserer Haustür und wenn man die Augen öffnet wird man keine Löwen, Tiger oder Elefanten sehen. Man muss schon genauer hinsehen um die heimische Natur zu sehen und so behandelt Mikroorgasmen überall Tiere von der Größe des Rothirschs bis hin zum Bärtierchen, das man kaum mit bloßem Auge erkennen kann. Und manche von Eulbergs Beobachtungen können durchaus zu kleinen Freudentänzen führen, wenn man sie selbst erleben kann, wie etwa den Flug der Kraniche, das Leuchten der Glühwürmchen oder die interessanten Fähigkeiten von Pflanzen und Pilze (wobei man da noch genauer hinsehen muss, als bei Tieren).
Eulberg hat Ökologie mit dem Schwerpunkt Naturschutz studiert, engagiert sich für naturnahe Forstwirtschaft und ist Autor von Beiträgen in wissenschaftlichen Zeitschriften, sowie Produzent (dessen Label, Apus apus, nach dem Mauersegler benannt ist) von Minimaltechno (was aber nicht meinen Musikgeschmack trifft, weshalb ich Dominik Eulberg auch eher aus diversen Naturdokumentationen kenne), aber auf youtube und spotify findet man einige seiner Tracks.

Seine Musik kann ich nicht beurteilen (weil sie meinen Geschmack nicht trifft) aber über sein Buch kann ich mich äußern. Und er lädt zum Schwärmen ein. Schon das Cover lädt zum Entdecken ein und macht neugierig auf den Inhalt, zumal vermutlich nur ein Bruchteil der zu sehenden Tiere bekannt sein dürften. In kurzen Kapiteln bringt er uns die Heimat näher und lädt ein mit offenen Augen durch die Gegend zu gehen (und das funktioniert auch in der Stadt).
Jedes Kapitel wird mit einer Illustration der Cramers Gallery of Nature eingeleitet. Manche Kapitel befassen sich mit einem Tier oder einer ganzen Gruppe (an Tieren, Pflanzen und Pilzen). Man könnte denken, dass man aufgrund der Kürze der Kapitel mit Wissen erschlagen wird, aber so ist das nicht. Tatsächlich bekommt man eher den Eindruck sich mit sympathischen Audioguide in der Natur zu befinden und eigene Entdeckungen zu machen.
Dominik versteht es wissenschaftliche Fakten mit seinen eigenen Erfahrungen zu verbinden und macht dem Leser das Wissen noch leichter zugänglich. Und diesem dürstet danach das gelesene auch in der Natur zu sehen. Augen auf!

Ein wunderschönes Buch für jeden der die Natur liebt und mehr über seine Bewohner erfahren möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 14.05.2021

Was man mit offenen Augen sehen könnte

Heimat Natur
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Nach DIE WIESE ist HEIMAT NATUR das zweite Buch von Jan Haft und wie der Vorgänger gibt es auch einen Film dazu. Das aber nur nebenbei.
Jan Haft zeigt ins einem Buch (und im Film) verschiedene Lebensräume ...

Nach DIE WIESE ist HEIMAT NATUR das zweite Buch von Jan Haft und wie der Vorgänger gibt es auch einen Film dazu. Das aber nur nebenbei.
Jan Haft zeigt ins einem Buch (und im Film) verschiedene Lebensräume unserer Heimat, von den Alpen bis zu den Küsten von Ost- und Nordsee. Er zeigt bekannte Tiere und Pflanzen und solche, die kaum oder gar nicht bekannt sind (von diversen gruselig aussehenden Weberknechten las ich zum ersten Mal, wie etwa den Schneckenkanker, der sich, wie man es vermuten kann, von Schnecken ernährt). Jan Haft geht aber auch auf die Lebensräume ein, erzählt von vergangenen Zeiten und von der Entstehung von Gebirge und Wald. Dabei kratzt er nur an der Oberfläche, aber anders ist es nicht möglich, denn Deutschland hat soviel mehr zu bieten als Städte (und selbst die darf man als Lebensraum für Tiere und Pflanzen nicht unterschätzen, aber um die geht es in HEIMAT NATUR nicht). Jan Haft zeigt die Schönheit unseres Landes, steckt mit seiner Begeisterung an und verführt dazu, die Natur mit anderen Augen neugierig zu betrachten.
Das Buch zeigt in Wort und Bild was uns umgibt und was wir entdecken können, was wir wollen. Jan Haft will begeistern und das schafft er (nicht nur mit seinen Büchern, auch seine Filme sind immer wieder Highlights und gern gesehen). Doch neben all der Schönheit zeigt er auch die Schattenseiten, denn nicht alles ist Friede. Freude, Eierkuchen, denn trotz zahlreicher Umweltschutzmaßnamen ist unsere Heimat bedroht.
Es ist ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche, erst wird die Schönheit gepriesen und gezeigt, was man alles entdecken kann (und man kann viel entdecken, man muss nur die Augen öffnen …), dann werden die Schattenseiten der menschlichen Existenz in den Raum geworfen. Nicht mahnend, die Tatsachen sprechen für sich.

HEIMAT NATUR ist ein Buch wie man es von Jan Haft erwartet. Lesenswert für all jene, welche die Heimat entdecken wollen und nur einen kleinen Anstupser brauchen.

Veröffentlicht am 13.05.2021

Sehr unterhaltsam aber zu kurz

Ein Stadtmensch im Wald
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Manche Bücher sind einfach zu kurz. Man vergisst die Zeit, amüsiert sich und dann … Ende… und das viel zu schnell.
Ein Stadtmensch im Wald ist auch wirklich viel zu kurz (andererseits ist die Länge vielleicht ...

Manche Bücher sind einfach zu kurz. Man vergisst die Zeit, amüsiert sich und dann … Ende… und das viel zu schnell.
Ein Stadtmensch im Wald ist auch wirklich viel zu kurz (andererseits ist die Länge vielleicht genau richtig). COVID-19 hat uns fest in der Hand und sowohl im TV als auch in literarischer Form wird uns die Pandemie serviert. Und hier passiert es auf unterhaltsame und erstaunlicherweise lehrreiche Weise.
Die Flucht vor dem Virus in den Wald von jemandem, der von Natur keine Ahnung hat. Und während sich Herr Walden, der Schriftsteller mit der Natur auseinandersetzt kann ihm COVID egal sein. Er stellt fest, wie wenig er von seinen Mitgeschöpfen weiß und so ändert er das. Zeit hat er.
Und so lernt er nicht nur die verschiedenen Vogelarten in seiner Umgebung kennen sondern auch ihre Persönlichkeiten. Er stellt fest dass Mäuse nachts genauso viel Lärm machen wie Ratten und dass Waschbären keine Haustiere sind. Eine Jägerin macht leidenschaftlich Jagd auf Waschbären, will aber räudige Füchse ihrem Schicksal überlassen. Nicht nur der Autor erfährt so den Unterschied zwischen Heim-, Nutz- Haus- und Wildtiere. Und alles wird sehr unterhaltsam präsentiert. Man kann auch aus Unwissenheit eine Tugend machen und dann mit seinem erlernten Wissen punkten.
Ich habe mich königlich amüsiert, von der ersten bis zur letzten Seite. Und ich gebe zu, dass ich das nicht erwartet habe.
Lehrreich, unterhaltsam und sehr witzig. Linus Reichlin, pardon, H. D. Walden, weiß wie er erzählen muss.

Tatsächlich ist das Negativste am Buch die Kürze. Hervorzuheben sind die Bilder von Elisa Rodriguez Scasso … jemand der von Beginn an Ahnung von Tieren hatte und durch die schwarzweiß Zeichnungen den Text unterstützen. Hier passt alles.

Veröffentlicht am 22.04.2021

Goethe kann mehr als FAUST

Der Atem der Welt
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Ich kann mich wohl als Goethefan bezeichnen. Ich kann zwar nicht sagen, dass ich schon viel von ihm gelesen habe (eigentlich kann ich mich nur an den ERLKÖNIG erinnern), aber ich habe gelernt darauf zu ...

Ich kann mich wohl als Goethefan bezeichnen. Ich kann zwar nicht sagen, dass ich schon viel von ihm gelesen habe (eigentlich kann ich mich nur an den ERLKÖNIG erinnern), aber ich habe gelernt darauf zu achten, wo Goethe seine Spuren hinterlassen hat. Und das ist nicht nur in der Literatur. Goethe war ein vielseitiger Mensch und nicht nur einer der wichtigsten Personen seiner Zeit.
Der Atem der Welt wirft ein Bild von Goethe, das ihm absolut gerecht wird.
Natürlich spielen FAUST, DIE LEIDEN DES JUNGEN WERTHER, GERTRUDE VON STEIN und andere Zeitgenossen eine Rolle, aber es wird auch Goethes Interesse an der Natur und vor allem der Gesteine gezeigt.
"Man wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen, dass Deutschlands größter Dichter Naturwissenschaftler war." Und wer sich Thüringens Bergwerke und Schauhöhlen anschaut wird fast auf jedem Schritt neben der heiligen Barbara (der Schutzheiligen der Bergleute) auch Goethe finden.
Goethes naturwissenschaftliche Arbeit wurde von den zeitgenössischen Fachkollegen anerkannt und ernst genommen; er diskutierte nicht nur mit Literaten der damaligen Zeit, auch zu Alexander Humboldt hatte er regen Kontakt. In der Fachliteratur wurden seine Schriften, allen voran die Farbenlehre, von Beginn an kontrovers diskutiert; vieles davon kann heute als überholt gelten, aber in vielen Teilen der Naturwissenschaft kann man Goethe als Vorreiter betrachten.
Wie gesagt: Goethe konnte mehr als Literatur, Goethe war ein vielseitig interessierter Mensch und Stefan Bollmann hat eine Biographie geschaffen, die diesem Mann gerecht wird. Aus literarischer und naturwissenschaftlicher Seite.
Und dabei gelingt es ihm Johann Wolfgang sehr lebendig werden zu lassen. Man taucht in seine Zeit ein und glaubt schon fast dabei zu sein, wenn er auf Reisen geht oder Briefe an seine Freunde schreibt und heftig über diverse Theorien streitet.
Lesenswert!