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Veröffentlicht am 04.03.2019

Auf der Suche nach Verbindung

Auf dem Wasser treiben
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Theresa Prammer beschreibt in ihrem im Ullstein Verlag erschienenen Roman "Auf dem Wasser treiben" eine Familie, die aus dem Lot geraten ist. Alle Familienmitglieder leiden auch Jahre später noch darunter, ...

Theresa Prammer beschreibt in ihrem im Ullstein Verlag erschienenen Roman "Auf dem Wasser treiben" eine Familie, die aus dem Lot geraten ist. Alle Familienmitglieder leiden auch Jahre später noch darunter, dass der Vater eines Tages die Familie verlässt und für immer verschwindet.

Dabei schien das Familienglück perfekt zu sein. Das Ehepaar liebte sich aufrichtig. John war seine Kindern immer ein guter Vater. Doch dann an einem schönen Sommertag rutscht der jüngste Sohn bei einem Ausflug an den Fluss unglücklich aus und wäre fast ertrunken. In der Nacht darauf verschwindet der Vater.

Die Geschichte springt ins Erwachsenenleben der Familie. Es gibt einen neuen Mann im Leben der Mutter Hannah. Die Kinder haben alle einen Beruf ergriffen. Alles scheint sich eingespielt zu haben. John ist verstorben,und die Familienmitgliedet haben sich mit seiner Abwesenheit abgefunden. Bei der Geburtstagsfeier zu Hannah's 55zigsten Geburtstag brechen plötzlich alte Wunden wieder auf. Jedes Familienmitglied fühlt sich noch immer verletzt und hat den Weggang von John vielleicht verdrängt aber nicht verarbeitet. Das zeigt sich in Schuldgefühlen, dem Unvermögen eine glückliche Beziehung zu führen, der Flucht in andere Welten, Ängsten und der Sprachlosigkeit gegenüber anderen Menschen.

Als Leser fühlt man mit den Protagonisten mit, begreift aber nicht, warum sie nicht miteinander sprechen. Die Geheimnisse werden erst nach und nach aufgelöst und diese Last, die von der Seele genommen wird, bewirkt auch wieder ein besseres Verständnis untereinander. Das hat Frau Prammer wirklich großartig beschrieben.

Veröffentlicht am 01.03.2019

Abgründe einer Frauenseele

Frau im Dunkeln
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Ich muss gestehen meine Erwartungshaltung an diesen schon 2006 im Suhrkamp Verlag erschienenen Roman, der aber jetzt erst in die deutsche Sprache übersetzt wurde, war groß. Die Neapolitana Saga von der ...

Ich muss gestehen meine Erwartungshaltung an diesen schon 2006 im Suhrkamp Verlag erschienenen Roman, der aber jetzt erst in die deutsche Sprache übersetzt wurde, war groß. Die Neapolitana Saga von der Autorin ist ja in aller Munde , und ich habe sie noch nicht gelesen.

Nachdem ich mit dem Buch also freudig begonnen hatte, war ich dann nach kürzester Zeit schon fast versucht diesen Roman abzubrechen, so unsympathisch war mir ihre Protagonistin Leda und so wenig nachvollziehbar ihre Denkweise und ihr Handeln.

Die Handlung ist schnell erzählt! Leda, die vordergründig einen Strandurlaub an der süditalienischen Küste verbringt und dabei einen neapolitanischen Familienclan beobachtet, insbesondere einer jungen Mutter und ihrer Tochter beim Spielen zuschaut, reflektiert ihr eigenes Familienleben, ihre Mutterschaft und ihren beruflichen Werdegang. Leda lässt sich zu einer Tat hinreißen, die das Familienleben der Strandnachbarn durcheinanderwirbelt.

Elena Ferrante ist sicher eine tolle Autorin, aber in diesem Buch bündelt sie soviele negative Gedanken, dass es mir fast zuviel wurde. Ihre Potagonistin entpuppt sich nach und nach zu einer egozentrischen Person, einer Frau die mit dem Muttersein völlig überfordert ist, die diesem Leben dann entflieht und ihre Kinder zurücklässt, bevor sie bereut und zu ihnen zurückkehrt.

" Ich bin weggegangen . ich habe sie sitzenlassen, als die große 6 war und die Kleine 4. Nach 3 Jahren habe ich sie wieder zu mir genommen. Manchmal muss man fliehen, wenn man nicht sterben will."

Schlimm fand ich die Wortwahl die sie verwendet als sie über die Geburt ihrer jüngsten Tochter berichtet: " Sie war von Anfang an nicht Marta, sondern ein lebendiger Eisenklumpen in meinem Bauch. Mein Leib war nichts als blutiger Schleim, mit einem breiten Bodensatz, in dem sich ein aggressiver Polyp ausbreitete, der so fern war von jeder menschlichen Natur, dass er mich , obwohl er sich von mir nährte und aus mir wuchs, auf eine faulige Substanz ohne Leben reduzierte." Bitte ? Geht es noch? Ich hatte den Film "Alien" vor Augen bei dieser völlig überzogenen Beschreibung!

Derer Beispiele gibt es viele. Ich habe das Buch letztendlich zu Ende gelesen, aber ich bin davon überzeugt, dass Sie schon Besseres geschrieben hat.

Veröffentlicht am 26.02.2019

Brillianter Frauenroman

Die Liebe im Ernstfall
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Mit ihrem Buch "Die Liebe im Ernstfall", erschienen im Diogenes Verlag, verbindet die Autorin Daniela Krien die Lebensgeschichten von 5 Frauen miteinander, deren Lebenswege sich auf unterschiedlichste ...

Mit ihrem Buch "Die Liebe im Ernstfall", erschienen im Diogenes Verlag, verbindet die Autorin Daniela Krien die Lebensgeschichten von 5 Frauen miteinander, deren Lebenswege sich auf unterschiedlichste Arten gekreuzt haben. Wie eigenständige Kurzgeschichten kommen die Kapitel daher, die jeweils mit den Namen einer jeden Frau überschrieben sind, und mit jeder einzelnen Geschichte vervollständigt sich das Bild auch von den anderen Frauen.

Der Roman hat mich von Anfang an begeistert. Wie der Titel schon vermuten lässt, ist das Buch kein locker leichter Roman zum Thema Liebe. Im Ernstfall, das wird schnell klar, bleibt man am Ende alleine. Im Klappentext heißt es: "Als Kinder und Jugendliche erlebten sie den Fall der Mauer, und wo vorher Grenzen und Beschränkungen waren, ist nun die Freiheit. Doch Freiheit müssen sie erkennen, ist nur eine andere Form von Zwang, der Zwang zu wählen." Das mag so sein, ich fand aber, dass die beschriebenen Biografien auch durchaus zu Frauen aus dem Westen passen könnten, die ohne Prägung der DDR aufgewachsen sind.

Der Schreibstil der Autorin ist brilliant, analytisch auf den Punkt gebracht, oft mit trockenem Humor versehen. Die Charktere sehr authentisch.

Paula , der Buchhändlerin ist schnell klar, dass ihr Mann Ludger, der stets bemüht ist seinen ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten und seine Mitmenschen diesbezüglich auch ständig missionieren muss, vielleicht doch nicht ganz ihrem Bild vom perfekten Mann entspricht.Trotzdem redet sie sich ihn schön. " Kein Mensch war, wie man ihn haben wollte. Paula hoffte, dass die Zeit die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit schließen würde."

Judith, die Ärtztin versucht immer wieder über Datingportale den Richtigen zu finden. Sie kommunziert mit diesen fremden Männern, muss ihr Leben immer wieder von vorn erzählen und wartet auf ihre Antwort. "Das Warten ist schlimm. Selbst einen Mann, den sie nicht will, will sie spätestens dann, wenn er sie warten lässt."

Auch das Cover finde ich sehr gut gewählt. Eine Frau auf einem Sprungbrett, kurz davor ins kühle Nass zu springen. Sie scheint zu zögern, Die Liebe ist ein Sprung ins kalte Wasser? Kann man es wagen? Ist sie es wert?

Ich habe die Lektüre sehr genossen und kann das Buch nur unbedingt empfehlen.

Veröffentlicht am 23.02.2019

Die Geschichte eines fiktiven Hamburger Kakao Kontors nach historischem Vorbild

Die Villa an der Elbchaussee
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Der Roman beginnt im Jahre 1919 und begleitet die 17jährige Frieda Hannemann, jüngste Tocher einer traditionsreichen Kaufmannsfamilie die mit Kakao handelt, bis ins Jahr 1924. Das Buch ist der 1. Band ...

Der Roman beginnt im Jahre 1919 und begleitet die 17jährige Frieda Hannemann, jüngste Tocher einer traditionsreichen Kaufmannsfamilie die mit Kakao handelt, bis ins Jahr 1924. Das Buch ist der 1. Band der neuen Hamburgsaga, erschienen im Aufbau-Verlag und geschrieben von Lena Johannson.

Der 1. Weltkrieg ist gerade zu Ende gegangen und die deutsche Bevölkerung hat unter den Reparationen zu leiden. In weiten Teilen der Bevölkerung herrscht Armut und Hunger. Frieda wächst previligiert in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie auf und bekommt das Elend nur am Rande mit. Neben dem Handel mit Kakao gibt es eine kleine Schokoladenmanufaktur in der Frieda nach Lust und Laune experimentieren darf. Hier entfaltet sie ein Talent für neue Rezepturen. Mit Hilfe Ihres Vaters liest sie sich darüberhinaus ein großes Wissen über den Kakao an. Am liebsten würde sie bei dem Vater in die Lehre gehen aber sie ist ein Mädchen, und von ihr wird lediglich erwartet, dass sie einen annehmbaren Ehemann findet, eine Arbeit kommt nicht in Frage.

Ihr Bruder Hans ist der Erbe des Unternehmens. Er wird zu Beginn des Romans noch vermisst, kehrt dann aber körperlich unversehrt aber vom Krieg gezeichnet und traumatisiert in sein Elternhaus nach Hamburg zurück. Ihm die Verantwortung für die geschäftlichen Belange des Kontors zu übergeben, das muss Frieda's Vater irgendwann einsehen, funktioniert nicht. Hans kann die furchtbare Kriegszeit alleine nicht verarbeiten und flüchtet sich in Drogen und Rotlichtmilieu. Eine schnelle Heirat für Frieda scheint unausweichlich.

Lena Johannson hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben, der mir auch die Stadt Hamburg, die ich sehr mag, ein Stück weit näher gebracht hat. Ausführlich beschreibt sie z.B das Hamburger Gängeviertel, in dem Not und Elend herrschten und welches so im heutigen Hamburg gar nicht mehr existiert. Ihre Figuren sind authentisch und ausdrucksstark gelungen. Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Frieda wirkt mir wohl manchmal zu perfekt und muss in der Zeitspanne von 5 Jahren wirklich sehr viele Schwierigkeiten überwinden. Den Titel fand ich nicht so treffend, die Villa wird erst ziemlich am Ende erwähnt und spielt für die Geschichte erst einmal keine große Rolle.

Andere Figuren des Romans wie Frieda's jüdische Freundin Clara, Ernst Krüger, ein Arbeiterjunge mit dem Frieda aufgewachsen ist, sind eng mit Frieda's Geschichte verwoben und sind ebenfalls spannende Charaktere.

Es hat großen Spaß gemacht diesen gelungenen Hamburgroman zu lesen und ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.

Veröffentlicht am 15.02.2019

Toller schwedischer Politthriller, erschreckend real

Der Patriot
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Dunkle Wolken ziehen auf über Stockholm. Das Cover dieses Thrillers könnte passender nicht sein. Pascal Engman ist mit seinem Debüt ein wahnsinnig spannender und erschreckend realer Thriller geglückt. ...

Dunkle Wolken ziehen auf über Stockholm. Das Cover dieses Thrillers könnte passender nicht sein. Pascal Engman ist mit seinem Debüt ein wahnsinnig spannender und erschreckend realer Thriller geglückt. Man merkt der Story an, dass er sich in dem Metier über das er schreibt sehr gut auskennt. Der 1986 in Schweden geborene Autor war selbst Journalist und hat sich nach massiven Morddrohungen aus dem Buisiness zurückgezogen.

Auch in Engman's Thriller müssenStockholms Zeitungsredakteure zunehmend mit Morddrohungen leben,nachdem Schweden für immer mehr Flüchtlinge eine Zuflucht bietet. Eine rechtsradikale Gruppe hat sich auf die Fahnen geschrieben die sogenannte "Lügenpresse" mundtot zu machen und beginnt Journalisten zu ermorden. Die Täter fühlen sich als Patrioten und Helden, weil sie das edle Ziel haben mit ihrer selbsternannten Stadtguerilla Schweden an die schwedischen Bürger zurückzugeben. Die Rechtfertigungen für das sinnlose Morden sind nur schwer zu ertragen und selbst gut integrierte Ausländer werden nur aufgrund ihrer Herkunft dazu missbraucht den Hass in weiten Teilen der Bevölkerung zu schüren.

Ein 2. Handlungsstrang führt nach Südamerika, nach Chile, wo der Schwede August Novak nach einiger Zeit in der Fremdenlegion nun als Leibwächter für einen russischen Waffenhändler arbeitet. Dieser hat auch Kontakte zur Drogenmaffia. Das Leben in dem kleinen Dorf Vallenar wird zunehmend gefährlicher. Um sein Leben zu schützen ist August schließlich gezwungen nach Schweden zurückzukehren.

Der Handlungsteil, der in Chile spielt ist für die Gesamtgeschichte nicht wirklich relevant, bringt dem Leser aber die Person August Novak näher.

Ich fand das Buch sehr angenehm zu lesen, äußerst fesselnd aber auch brutal. Von Pascal Engman wird man sicher noch hören. Dieses Erstlingswerk hat mir jedenfalls richtig gut gefallen.