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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.10.2022

Und zwischen den Zeilen Gesellschaftskritik

Butter
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Rika ist eine junge, engagierte Journalistin aus Tokyo, die fasziniert ist von dem Fall der inhaftierten vermeintlichen Mörderin Manako Kachii. Diese soll ihre Opfer, ausschließlich Männer, die deutlich ...

Rika ist eine junge, engagierte Journalistin aus Tokyo, die fasziniert ist von dem Fall der inhaftierten vermeintlichen Mörderin Manako Kachii. Diese soll ihre Opfer, ausschließlich Männer, die deutlich älter als sie selbst waren, mit Hilfe ihrer Kochkünste umgarnt und dann getötet haben. Man konnte ihr allerdings bisher nicht nachweisen, dass sie wirklich für die Tode der Männer verantwortlich war. Auffallend war nur, dass sie sich immer im Umfeld der Opfer aufgehalten hatte und sich von den wohlhabenden Junggesellen hatte aushalten lassen.Sehr gerne würde Rika sie für die Zeitschrift, für die sie arbeitet interviewen, doch Manako verweigert jeglichen Kontakt zu Journalisten. Ihre Freundin bringt sie schließlich auf die Idee, sie anzuschreiben und nach einem Rezept zu fragen. Das ist für Rika der Durchbruch, denn unter der Bedingung ausschließlich über Essen zu reden, willigt Manako doch noch in ein Interview mit Rika ein.

Der Roman ist wirklich eigenwillig und besonders. Die titelgebende Butter spielt eine große Rolle, denn wie die wenig häusliche Rika im Geföngnis von der Untersuchungsgefangenen Manako erfährt, ist Butter wahrer Genuss im Vergleich zu Margarine, die verabscheuungswürdig ist. Manako ist eine recht intrigante Person, die schnell auch Einfluss auf Rika ausübt, und ihr bisheriges Leben verändert. Sie zwingt sie ihre Rezepte nachzukochen und Restaurants zu besuchen, die sie selbst zuvor besucht hat, als Voraussetzung für weitere Gespräche. Manako , die vor ihrer Verhaftung einen Feinschmecker Blog im Internet betrieben hat, versteht es, Gerichte so zu beschreiben, dass man auch als Leser sofort den Kochlöffel schwingen möchte. Bei der ganzen Butter, die hier schmackhaft zum Einsatz kommt, nimmt man schon beim lesen zu.

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten, aber das Buch übt zwischen den Zeilen auch immer wieder Kritik am japanischen Schlankheitswahn und den veralteten Geschlechterrollen, die in der japanischen Gesellschaft noch tief verankert sind.

Auch wenn das Buch zwischendurch ein paar Längen hatte und ich die Handlungen der Nebencharaktere manchmal nicht richtig verstanden habe, fand ich das Buch insgesamt sehr interessant. Ich habe mich sehr gerne in dieses japanische Setting fallen lassen und eine Menge Neues über diese mir doch recht fremde Kultur erfahren.

Als Hörbuch war dieser Roman sicherlich eine gute Idee, da die Vertonung hervorragend gelungen ist und mich bei den vielen fremdartigen Namen von Personen und Orten nicht hat stolpern lassen.

„Butter“ war ein besonderes Lese- bzw. Hörerlebnis, dass ich nur empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 24.10.2022

Angst

Inmitten der Nacht
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Endlich Ferienzeit. Amanda und Clay haben sich für ihren Urlaub dieses Mal über Airbnb ein einsames Luxushaus auf Long Island geleistet. Alles ist etwas exklusiver als ihr New Yorker Zuhause. Auch ihre ...

Endlich Ferienzeit. Amanda und Clay haben sich für ihren Urlaub dieses Mal über Airbnb ein einsames Luxushaus auf Long Island geleistet. Alles ist etwas exklusiver als ihr New Yorker Zuhause. Auch ihre Kinder Archie und Rosie freuen sich schon darauf den ganzen Tag zu tun, was immer sie möchten z.B. Fernsehen schauen und den Pool genießen.

Das Haus ist eine Wucht. Die Familie fühlt sich direkt wohl. Sie haben großzügig und teuer eingekauft und wollen es sich mal so richtig gut gehen lassen. Da klopft es mitten in der Nacht an die Tür…..!

Ein dunkelhäutiges, älteres Paar steht vor ihrer Tür. Sie behaupten ihre Vermieter zu sein und bitten um Einlass. Es muss sich eine Katastrophe ereignet haben, behaupten sie. In New York hätte es einen Blackout gegeben, und seitdem wären alle Nachrichtenquellen tot. Soll man sie einlassen? Ist ihnen zu trauen? Wie können zwei Schwarze sich dieses Luxushaus überhaupt leisten? Sind die beiden vielleicht Betrüger, oder schlimmeres?

So beginnt das Buch und man spürt ein unbestimmtes Unheil herannahen. Worum geht es? Alltagsrassismus? Ja, auch, ein bisschen… !Im Grunde handelt es sich bei dem Buch um einen brilliant gemachten Horrorroman, in dem es hauptsächlich um Ängste geht. Der Autor spielt in diesem Buch sehr geschickt mit so ungefähr jeder Sorte Angst die ihm eingefallen ist, aber nie erfährt man wirklich was eigentlich los ist. Es wird aber heftig spekuliert was geschehen sein könnte , ein Terroranschlag, Krieg, eine Bombe, ein atomarer Unfall usw.

Unerklärliche Dinge passieren und heizen die Angst, ( auch die des Lesers) weiter an. Dann gibt es noch einen allwissenden Erzähler, der ab und zu zu Wort kommt und ein Stück weit in die Zukunft schaut.

Das Gruselige ist, dass man sich total gut in diese Situation einfühlen kann, weil diese so real sein könnte. Gerade jetzt befinden wir uns in einer Zeit, die nicht nur beängstigend sondern auch völlig unberechenbar ist. Eine Pandemie beherrscht unser Leben, ein Krieg findet in Europa statt und auch andere Regionen auf der Welt sind politisch instabil. Außerdem ist der Klimawandel nicht mehr zu verleugnen. Mensch und Natur sind nicht mehr im Einklang. Unsere Abhängigkeit von Technik und Rohstoffen ist enorm. Wir verfolgen ständig, was in der Welt geschieht und können doch rein gar nichts tun, um der nächsten Hiobsbotschaft zu entgehen. Wenn dann aber plötzlich keine Nachricht mehr zu einem vordringt, kann man schnell die Nerven verlieren und in Panik geraten. Das ist für mich sehr gut nachfühlbar gewesen.

Das Buch verbreitet eine sehr subtile Spannung und steigert sich natürlich zum Ende. Manchmal war es kaum auszuhalten, darauf zu warten, was als Nächstes passiert. Der Roman war verstörend und beängstigend und wirklich klug gemacht. Wie ich hörte soll das Buch demnächst verfilmt werden, was ich mir nur allzu gut vorstellen kann.

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Veröffentlicht am 22.10.2022

Die Dystopie schlechthin

1984
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Den Klassiker „ 1984“ von George Orwell wollte ich schon lange mal lesen und damit eine Bildungslücke schließen. Ich kann jetzt sagen, dass ich selten ein so düsteres und hoffnungsloses Buch gelesen habe. ...

Den Klassiker „ 1984“ von George Orwell wollte ich schon lange mal lesen und damit eine Bildungslücke schließen. Ich kann jetzt sagen, dass ich selten ein so düsteres und hoffnungsloses Buch gelesen habe.

Orwell entwirft in seinem Roman einen grausamen Überwachungsstaat aus dem es kein Entkommen gibt. Die Ideologie die hinter dieser Welt, die sich Ozeanien nennt, verbirgt, ist einfach nur menschenverachtend. Die Bewohner dieses totalitären Staates werden ständig überwacht und, fallen sie negativ auf, werden sie gefoltert ( und das zu lesen war nur schwer auszuhalten) oder getötet bzw. vaporisiert, wie man die Erschiessung hier nennt.

Wenn man bedenkt, wie alt das Buch ist (1949 erstmals erschienen) und wie viele der düsteren Visionen tatsächlich wahr geworden sind, ist dieser Klassiker wirklich ein wichtiges Buch, dass man vielleicht mal lesen sollte. Wir haben das Glück in einer Demokratie zu leben und holen uns Alexa freiwillig ins Haus, aber andere Staaten sind schon deutlich näher an die dystopische Welt von Orwell herangerückt. Das Buch kritisiert auch keinen speziellen Staat aber erinnert sehr massiv daran, dass Demokratie und Freiheit nicht selbstverständlich sind.

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Veröffentlicht am 14.10.2022

Eine süße Geschichte

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Liebesromane wandern bei mir eher selten auf den Lesestapel, aber manchmal braucht es etwas Romantik. Dann greife ich gerne dazu, insbesondere wenn es schon so viele begeisterte Stimmen zu der Geschichte ...

Liebesromane wandern bei mir eher selten auf den Lesestapel, aber manchmal braucht es etwas Romantik. Dann greife ich gerne dazu, insbesondere wenn es schon so viele begeisterte Stimmen zu der Geschichte gibt, wie in diesem Fall.

Der Roman ist im Wissenschaftsmilieu angesiedelt. Doktorandin Olive forscht an der Stanford University zu ihrem Herzensthema, einer Früherkennungsmethode für Bauchspeicheldrüsenkrebs. Um ihre Freundin Anh zu überzeugen, dass ihr nichts mehr an ihrem Exfreund Jeremy liegt, und diese ohne schlechtes Gewissen mit ihm ausgehen kann, küsst sie den erstbesten Mann, der ihr auf dem Flur entgegenkommt. Das ist ausgerechnet der gefürchtete, unnahbare Dozent Adam Carlsen, der gegenüber Olive aber gar nicht so gräßlich rüberkommt.
Dieser erste Kuss mündet in einer Vereinbarung, die die beiden zum beiderseitigen Nutzen knüpfen und der die Welt glauben lässt, sie wären ein verliebtes Paar. Natürlich schleichen sich in die Fake Dates, auch wenn sie jede Woche nur 10 Minuten dauern sollen dann doch Gefühle ein.
Die Geschichte war wirklich süß , ein bisschen wie eine romantische Komödie, die einen den schnöden Alltag manchmal prima vergessen lässt.

Olive ist eine kluge, liebenswerte Protagonistin mit einem Faible für ungesunde Lebensmittel, die vielleicht manchmal ein bisschen naiv ist, aber das hat mich in diesem Fall gar nicht gestört. Und Adam..sieht natürlich aus wie ein athletischer Gott und hat unter der harten Schale wie nicht anders zu erwarten einen weichen Kern. Auch der Freundeskreis von Olive ist eine nette Truppe, auch wenn Olive‘s schwuler WG Freund Malcom manchmal etwas übertrieben tuntig wirkt und Ahn ein bisschen überdreht , insbesondere wenn es um die Benutzung von Sonnencreme geht.
Der Roman thematisiert auch die Männer dominierte Welt der Wissenschaft und die Schwierigkeiten die Frauen immer noch haben in diesem Bereich Anerkennung zu erfahren. Es geht um den Reiz von wissenschaftlichem Arbeiten, den Kampf um die Bewilligung von Forschungsgeldern und vielem mehr.
Der Roman ist spritzig geschrieben und mit viel Humor unterlegt, so dass es einfach großen Spaß gemacht hat Icherzählerin Olive zu folgen.
Ich habe mich jedenfalls bestens unterhalten gefühlt.

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Veröffentlicht am 04.10.2022

Warmherzig und klug erzählt

Kleine Freuden
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Zum Inhalt:

Wir befinden uns im Jahr 1957 in London.Die ledige Journalistin Jean Swinney lebt ein recht einsames und eintöniges Leben. Für eine kleine Regionalzeitung schreibt sie kleinere Artikel, in ...

Zum Inhalt:

Wir befinden uns im Jahr 1957 in London.Die ledige Journalistin Jean Swinney lebt ein recht einsames und eintöniges Leben. Für eine kleine Regionalzeitung schreibt sie kleinere Artikel, in denen sie Kochrezepte und Haushaltstipps weitergibt, eine Arbeit die ihr durchaus Freude bereitet. Nach Feierabend wartet zu Hause aber nur noch ihre kränkliche, schwierige Mutter, die sie, die nicht verheiratete Tochter zu betreuen hat. Freundschaften pflegen ist ihr mit dieser Verpflichtung unmöglich, und die Liebe hat Jean mit ihren 40 Lebensjahren nach einer gescheiterten Beziehung aufgegeben.

Jean‘s beschauliches Leben ändert sich schlagartig mit dem Erscheinen eines Leserbriefes, in dem eine Mrs Gretchen Tilbury behauptet, dass ihre 10jährige Tochter Margaret eine „Jungfrauengeburt“ sei. Zur Zeit der Empfängnis hätte sie sich bettlägerig in einer Klinik befunden, immer unter der Aufsicht der Schwestern und ihrer Zimmergenossinnen, die ebenfalls ans Bett gefesselt waren.

Keiner der Zeitungsredakteure will sich diesem Thema widmen, und so ist die Recherche und das Verfassen des Artikels für Jean eine große Chance. Jean geht auch sehr gewissenhaft und mit Hilfe aktueller wissenschaftlicher Methoden daran den Wahrheitsgehalt des Leserbriefes zu prüfen. Nie hätte sie gedacht, dass sie diese eher unglaubwürdige Geschichte in große Gewissenskonflikte stürzen wrüde.

Die Charaktere:

Jean Swinney war mir wirklich sympathisch. Ich fand es schrecklich, wie sie ihr eigenes Leben ständig zurückgestellt hat. Man konnte ihr nicht verdenken, dass sie hin und wieder gegen ihre Schwester, die weit weg in Kenia ein aufregendes Leben führte, Groll empfand.

Jede Stunde Freizeit musste sich Jean erst erkämpfen, denn die Mutter konnte man nicht alleine lassen. So habe ich mich sehr über die zarten freundschaftlichen Bande zur Familie Tilbury für Jean gefreut, auch wenn immer die Gefahr für sie bestand, ihre Objektivität zu verlieren.

Ein weiterer wichtiger Charakter in dem Roman ist Howard Tilbury. Er ist ein bescheidener, freundlicher Mann, der seiner Frau und Margaret, die er wie sein eigenes Kind angenommen hat, treu ergeben ist. Auch er ist ein Sympathieträger, der im Gegensatz zu seiner quirligen Frau und der liebenswerten Margaret eher im Hintergrund bleibt.



Was macht das Buch aus?

Da ist zunächst einmal die Zeit. London in den 50er Jahren zu erleben hat schon mal einen gewissen Reiz. Da wabert der Nebel von der Themse über die Gassen und die Sekretärin konzentriert die Kurbel der Kopiermaschine. Herrlich!

Der Erzählton ist sehr ruhig und warmherzig und irgendwie sehr britisch.Trotzdem gibt es durch die Recherche von Jean und gewissen Entwicklungen auch einen Spannungsbogen, und man möchte als Leser dem Rätsel unbedingt auf die Sprünge kommen.

Außerdem beinhaltet die Geschichte noch eine zarte Liebesgeschichte, die sehr berührend und kein bisschen kitschig ist.

„Kleine Freuden“ ist auf jeden Fall sehr schön zu lesen, auch wenn es für mich jetzt kein absolutes Lesehighlight war.

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