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Veröffentlicht am 21.06.2017

Tätersuche in Christchurch

Die Toten schweigen nicht
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Theo Tate, ehemaliger Polizist und nun Privatdetektiv, findet bei einer Exhumierung nicht die erwartete Leiche im Sarg vor, sondern den Körper einer jungen Frau. Als dann noch drei Tote an der Oberfläche ...

Theo Tate, ehemaliger Polizist und nun Privatdetektiv, findet bei einer Exhumierung nicht die erwartete Leiche im Sarg vor, sondern den Körper einer jungen Frau. Als dann noch drei Tote an der Oberfläche des Friedhofssees auftauchen ist allen klar, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Eine Sensationsreporterin jagt Tate, der bei der Recherche nicht immer nüchtern ist und auch nicht immer ganz legal handelt. Wie sehr er selbst tatsächlich von der Sache betroffen ist, weiß sie nicht, doch sie will ihn eindeutig vernichten. Und Tate hat nichts mehr zu verlieren …

Stefan Kaminski hat mich von ersten Satz an tief in die Story gezogen. Paul Cleave gibt seinen Charakteren sehr viel Raum und Leben, doch dieser Sprecher schaltet ein Kopfkino sondergleichen ein. Einzig seine Art, wie er Frauen verkörpert, gefällt mir nicht sonderlich, denn sie scheinen bei ihm alle arme Hascherl zu sein und wirken zu verschreckt, stereotyp und hilflos. Keine seiner Frauenfiguren ist tough oder selbstbewusst, wobei ich mir sehr gut vorstellen kann, dass sie es bei Paul Cleave sehr wohl sind. Dennoch – er gibt Tate die perfekte Stimme und was er erzählt, bewegt mich tief. Nein, das stimmt so nicht – es ist wohl eher das, was er nicht erzählt und was der Leser sich zusammenreimen muss und kann.

Ermittler mit einem mehr oder minder großen Knacks sind seit einigen Jahren in. Theo Tate hat ein wenig was von Stefan Bergmann von Hjorth und Rosenfeldt, ist aber – vielleicht weil nicht skandinavisch, sondern dem völlig anders geprägten neuseeländischen Lifestyle entsprechend – energischer und kämpferischer. Als Hörer ist man auch dann geneigt, ihn zu mögen, wenn er etwas macht, das man nicht gutheißen mag. Kurz: er ist trotz allem ein Sympathieträger. Seine nach und nach ans Licht kommende Vergangenheit erklärt vieles.

Die Story selbst ist spannend von Anfang bis Ende. Immer mehr zieht Cleave die Schraube enger an, sodass der Hörer atemlos den Worten lauscht. Immer verworrener und dramatischer wird es, als selbst diejenigen bei der Polizei, die Theo Tate wohlgesonnen waren, diesen ins Fadenkreuz nehmen. Es gibt keine überraschenden Wendungen, aber doch überraschende Erkenntnisse. Besonders gefällt mir die gekonnt dosierte Zugabe eine Prise bissigem, schwarzem Humor.

Es wundert nicht, dass „Die Toten schweigen nicht“ der Auftakt einer Reihe ist. Theo Tate bietet viel Potenzial für einen besonderen Ermittler. Sein Background ist interessant und als Hörer möchte man tatsächlich gerne wissen, wie es mit ihm weitergeht und ob er in ein normales Leben zurückfinden kann. Bisher hatte ich noch kein anderes Hör-/Buch dieses Autoren genossen, werde mir den Namen aber ganz sicher gut merken!

Veröffentlicht am 16.06.2017

Heinz Erhardt bleibt immer der liebenswerteste Komiker

Ach, wie schön ist doch die Welt
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Die Liebe zu Wortwitzen verdanke ich sicher nicht zuletzt Heinz Erhardt. Meine Mutter mochte diesen legendären Humoristen sehr gern und durch sie lernte ich ihn kennen. Die Filme mit ihm liebt auch mein ...

Die Liebe zu Wortwitzen verdanke ich sicher nicht zuletzt Heinz Erhardt. Meine Mutter mochte diesen legendären Humoristen sehr gern und durch sie lernte ich ihn kennen. Die Filme mit ihm liebt auch mein Mann, obwohl er noch gar nicht geboren war, als diese gedreht wurden.

Dieses Hörbuch zeigt eine etwas andere Seite dieses großartigen Mannes. Die Gedichtchen und Lieder kennen nicht alle so gut, wie seine Wortspielereien. Auch die Vorträge und Sketche haben eine ganz eigene Note. Diese 55 Minuten sind rundum gelungen. Die Zeit vergeht in Nu – und bei aller Fröhlichkeit findet sich auch immer wieder ein Kern Wahrheit. Doch das Leben ist zwar ernst, aber dennoch kann man alles mit Humor nehmen.

Gerade in unserer Zeit, in der alle hektisch und sehr auf sich selbst bedacht sind, gibt die Art von Heinz Erhardt zu denken. Ein bisschen mehr Miteinander und Rücksichtnahme täte uns allen gut. Entschleunigung und ein etwas anderer Blick auf die Dinge, das kann uns Heinz Erhardt fast 40 Jahre nach seinem Tod noch immer lehren.

Ein wunderbares Hörbuch – von mir fünf Sterne!

Veröffentlicht am 09.06.2017

Die Krönung jedes BBQs: Pulled Meat!

Pull it!
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Wir grillen super gern und recht häufig. Und Pulled Meat lieben wir ganz einfach! Da ich kein Schweinefleisch esse, ändern wir gern mal Rezepte ab (tauschen also das Fleisch gegen Rind, Geflügel, Lamm ...

Wir grillen super gern und recht häufig. Und Pulled Meat lieben wir ganz einfach! Da ich kein Schweinefleisch esse, ändern wir gern mal Rezepte ab (tauschen also das Fleisch gegen Rind, Geflügel, Lamm oder Fisch aus). Umso mehr freue ich mich, dass Carsten Bothe hier ein Buch präsentiert, in dem auf alle Fleischarten eingegangen wird. Doch auch Gemüse kann man pullen! Die Rezepte dafür sind überraschend und überzeugend.

Wie es sich für ein gutes Grillbuch gehört, finden sich hier auch Rezepte für Buns & Brötchen und Saucen, Rubs und Beilagen. So hat man alles kompakt in einem Buch.

Die Niedergarmethode hat uns auf Anhieb überzeugt. Da war es klar, dass wir über kurz oder lang auch beim sous-viden landen würden und – nicht nur im Sommer – auch beim pullen. In diesem Buch finden sich Tipps, wie Pulled Meat nicht nur im Smoker, sondern auch mit dem Kugelgrill (oder auch Keramikgrill), im Dutch Oven, im Backofen und mit dem Sous-Vide-Gerät gelingt. Somit ist man rundum flexibel und jeder findet seine perfekte Methode und sein perfektes Rezept.

Die Ideen für die einzelnen Fleischsorten sind kunterbunt und so vielseitig, dass kein Wunsch offen bleibt. Auch ist Carsten Bothe ein Befürworter des Variierens und Probierens. Er lässt dem Leser freie Hand beim Umstellen der Rezepte.

Der Aufbau der Rezepte ist sehr übersichtlich. Zunächst findet sich für jede Fleischart erst einmal ein Grundrezept. Danach folgen dann die Ideen, was mit dem fertigen Pulled Meat alles für Köstlichkeiten gezaubert werden können. Auf der linken Seite findet sich jeweils die Beschreibung des Gerichtes, darunter die Zutatenliste, einige Hinweise, oftmals auch Tipps und natürlich die eigentliche Anleitung. Die rechte Seite ist für die Fotos der fertigen Gerichte reserviert. Da macht eins mehr Appetit als das andere! Ein wunderbares Buch!

Carsten Bothe hat unsere Kochbuchsammlung mit seinem „Pull it!“ sehr bereichert. Nicht alle Rezepte sind nach unserem Geschmack, aber das ist bei jedem Kochbuch so. Dennoch finden wir immer wieder neue Anregungen, neue Kombinationen und neue Impulse. Deshalb soll es auch das verdiente Lob erhalten: die vollen fünf Sterne!

Veröffentlicht am 05.06.2017

Zeuge: Internet

Fenster zum Tod
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Ray Kilbride kümmert sich seit dem Tod des gemeinsamen Vaters um seinen Bruder Thomas. Dieser ist zwar schon über 30, doch ist er in psychiatrischer Behandlung. Er leidet an Schizophrenie. Seine Tage verbringt ...

Ray Kilbride kümmert sich seit dem Tod des gemeinsamen Vaters um seinen Bruder Thomas. Dieser ist zwar schon über 30, doch ist er in psychiatrischer Behandlung. Er leidet an Schizophrenie. Seine Tage verbringt er damit, an drei Monitoren alle Städte und deren geographischen Besonderheiten quasi auswendig zu lernen. Er ist davon überzeugt, für die CIA zu arbeiten. Eines Tages werden alle Papierkarten verschwunden sein und nur er, mit den Karten in seinem photographischen Gedächtnis, kann der Regierung dann noch helfen. Die Seite Whirl360, eine Art Google Earth, ist deshalb seine Welt. Hier entdeckt er eines Tages einen Kopf in einer Tüte in einem Fenster und ist beunruhigt. Da er nicht aus dem Haus will und ihm sowieso keiner glauben würde, überredet er Ray, nach New York zu fahren und zu sehen, was er über das Haus, die Wohnung und die Bewohner erfahren kann. Ray hilft ihm widerwillig. Was er erfährt, ist seltsam genug, aber dann verschwindet das Bild aus dem Netz und Thomas und Ray geraten in Gefahr …

Linwood Barclay hat nicht nur Hitchcocks „Fenster zum Hof“ genial neu erfunden, sondern auch noch Humor in einen super spannenden Thriller gepackt. Jedenfalls musste ich sehr oft sehr breit grinsen, teils sogar lachen. Doch das darf man nicht falsch verstehen, denn diese Stellen lassen den Thriller nicht ins Lächerliche gleiten, sondern erhöhen noch zusätzlich den Thrill und die Spannung. Das ist einfach genial! Es ist Situationskomik, die wunderbar realistisch ist und den Leser bzw. Hörer noch mehr in den Bann zieht.

Auch eine kleine Romanze ist in diesem Thriller versteckt. Diese nimmt aber nicht so viel Raum ein, als dass sie störend wirken würde. Die Dosis ist exakt bemessen, um perfekt zu passen.

Sehr gelungen finde ich die verschiedenen Erzählstränge. Sie sind in unterschiedlichen Erzählperspektiven gehalten, sodass noch mehr Abwechslung dazukommt. Mich hat das sehr angesprochen und gerade beim Hörbuch hilft es sehr, die Stränge auseinanderzuhalten.

Die Charaktere sind wunderbar gestaltet. Besonders Julie, eine ehemalige Schulfreundin von Ray, inzwischen Reporterin, ist hier zu erwähnen. Sie bildet das Bindeglied zwischen Ray, der seinen Bruder oft versehentlich und unbewusst unfair behandelt, und Thomas. Durch sie wird die Bindung der beiden eine andere. Ray selbst, den man anfangs als sehr anstrengend empfindet, wächst so auch dem Leser/Hörer immer mehr ans Herz und irgendwann staunt man, wozu sein Hobby tatsächlich taugt. Die Verwicklungen und Wendungen, die zunächst verwirrend erscheinen, ergeben am Ende einen unglaublich stimmigen Sinn. Der Showdown ist fulminant und rund, das Ende gut ausgearbeitet und für einen Thriller erstaunlich ruhig. Dennoch passt es wunderbar und überzeugt durch die Realitätsnähe.

Ich mag Frank Arnold als Sprecher sehr, doch hier gibt er Thomas eine total nervige Lautstärke und Tonlage. Auch wenn Thomas an Schizophrenie leidet, ist diese Art von Betonung für ihn nicht passend. Das klingt eher nach einem hysterischen Autisten oder aufgedrehtem Mann mit Down-Syndrom – aber selbst für diese beiden wäre das noch zu krass. Dadurch wirkt Thomas, der meiner Meinung nach sehr intelligent ist, als sei er „zurückgeblieben“. Mir tun die Passagen für/mit Thomas extrem in den Ohren weh.

Dennoch mag ich keinen Stern abziehen, denn der Thriller hat mir extrem gut gefallen und ich finde die Grundidee sowie die Umsetzung äußerst gelungen. Ich habe das Hörbuch in nur zwei Sitzungen gehört, so sehr hat es mich gefesselt. Linwood Barclay hat mich wieder einmal komplett mitgerissen und überzeugt. Deshalb gebe ich die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 03.06.2017

Das Chaso geht weiter!

Tot war ich gestern
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Da hat Denton Little sein eigenes Todesdatum unerwarteter Weise überlebt, doch von Freude kann keine Rede sein: wie sich herausstellt, hat seine leibliche Mutter ihn als Fötus mit einem Virus geimpft, ...

Da hat Denton Little sein eigenes Todesdatum unerwarteter Weise überlebt, doch von Freude kann keine Rede sein: wie sich herausstellt, hat seine leibliche Mutter ihn als Fötus mit einem Virus geimpft, der das Todesdatum auslöscht. Denton kann und soll diesen Virus weitergeben. Sie will damit ihrer Untergrundbewegung ein Druckmittel verschaffen, die Datierungspflicht aufzuheben. Sie selbst ist an ihrem geplanten Todestag abgetaucht. Denton wusste nichts davon und erlebt auf seiner Flucht vor der DIA einige haarsträubende Dinge. Nebenbei erfährt er, dass so gut wie jeder all das wusste, nur er nicht. Doch alles, was er will, ist seinen Freund Paolo zu retten, dessen Todestag ebenfalls bevorsteht. Nur klappt das alles nicht so, wie es seine Mutter geplant hatte. Eine irre Odyssee beginnt …

Nun musste ich doch ein ganzes Jahr auf die Fortsetzung warten – aber es hat sich gelohnt! Denton ist so cool und sarkastisch, wie eh und je – aber es fehlt ihm auch nicht an Selbstironie. Das macht ihn extrem sympathisch.

Lance Rubin geht in diesem Band einem Teil der Fragen nach, die mir nach dem ersten Band lange im Kopf herumschwirrten. Er hat es geschafft, diverse Sichten und Lösungen zu präsentieren, ohne dabei die jugendlichen Charaktere zu altklug oder kindisch werden zu lassen. Im Gegenteil, ich finde, es ist ihm ausgezeichnet gelungen, die Gedanken und Gefühle der 16-18jährigen einzufangen und darzustellen. Besonders V gefällt mir sehr. Sie hat eine ganz eigene Art, mit Gefühlen umzugehen, weiß das auch und steht dazu. Und Denton darf ganz hormongeplagter Junge sein, der aber dennoch versucht, alles richtig zu machen und dabei oft genug grandios – und für den Leser urkomisch - scheitert.

Lance Rubin ist sich selbst treu geblieben. Er hat auch diesmal nicht krampfhaft die Jugendsprache bemüht, sondern sie sehr gut dosiert eingesetzt. Bei den Wendungen in diesem Band kommt man – wie Denton – manchmal kaum hinterher, sich neu auszurichten und zu überlegen, wie Denton wohl jetzt am besten handelt. Einige Dusseligkeiten von Denton hätte ein Erwachsener wohl vermieden – aber dafür anderen Blödsinn angestellt.

Auch diesmal sind Familie und Freundschaft zentrale, wichtige Themen. Die Freundschaft von Denton und Paolo wird in „Tot war ich gestern“ auf eine harte Probe gestellt. Denton selbst wird mehrfach und bei ganz verschiedenen Gelegenheiten in Versuchung geführt. Dennoch schwingt Rubin nicht die Moralkeule, sondern zeigt, dass Teenager eben Teenager sind.

Vom ersten Band übernommen hat der Verlag auch die kleinen Kreuze bei den Seitenzahlen und die Särge bei den Kapitelnummern. So hat man gleich einen Wiedererkennungswert. Super! Ob es einen weiteren Band geben wird, vermag ich nicht zu prognostizieren. Einerseits ist die eigentliche Geschichte abgeschlossen und rund, andererseits ergeben sich dennoch neue Fragen und Möglichkeiten. Ich lasse mich überraschen! Auf alle Fälle würde ich sehr gerne mehr von Lance Rubin lesen.

Ich hatte an diesem Band genauso viel Freude, wie an „Bin mal kurz tot“. Auch diesmal bleiben Fragen im Hinterkopf, die nicht so schnell loslassen. Doch weniger um die Fortsetzung, als um die Zukunft und welche Möglichkeiten auf welchen Gebieten sie uns wohl bringen könnte. Vielleicht ist es nicht die anspruchsvollste Literatur für Jugendliche, aber in meinen Augen um Klassen besser, als so mancher Vampir- oder Endzeit-Roman. Ich bewerte diesen Band ebenfalls mit fünf Sternen.