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Veröffentlicht am 05.08.2017

Irische Geister in einem außergewöhnlichen Dorf

Der Freund der Toten
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Mahony dachte sein ganzes Leben, seine Mutter hätte ihn aus egoistischen Gründen vor einem Heim abgelegt. Mit 26 erhält er jedoch eine Nachricht, die alles verändert. Also macht er sich auf den Weg ins ...

Mahony dachte sein ganzes Leben, seine Mutter hätte ihn aus egoistischen Gründen vor einem Heim abgelegt. Mit 26 erhält er jedoch eine Nachricht, die alles verändert. Also macht er sich auf den Weg ins irische Mulderrig, seinem Geburtsort. Dort sorgt er für ordentlich Wirbel, denn er verfügt, ganz wie seine Mutter, über eine ganz besondere Ausstrahlung – und über eine Fähigkeit, die nicht jedem gefällt. Die alte Mrs. Cauley, die sowieso gern provoziert, nimmt sich Mahony und der Recherche liebend gern an. Und so sind bald alle Einwohner auf irgendeine Art an Mahony interessiert.

Das Buch liest sich sehr interessant. Die Sätze sind teils fast schon Poesie. Immer wieder finden sich Passagen, die urkomisch sind, obwohl sie im Grunde einfach nur Tatsachen schildern. Aber auch irrwitzige Stellen finden sich zuhauf. Das ganze Buch ist im Präsens gehalten und schon allein diese Tatsache ist oft ein Grund, warum ein Buch etwas schwerer verdaulich ist. Aber Jess Kidd (was für ein Name! Schon der ist besonders und auffällig, wie sollte dann ihr Buch schnöde und Durchschnitt sein?) hat mich von Anfang bis Ende mit ihrer Sprache in ihren Bann gezogen. Passt dieser Stil zu Irland? Ein wenig schon. Passt er zur Story? Auf alle Fälle! Dennoch … insgesamt verliert sich die Autorin in eine unplausible und arg konfuse Story. Da mir die einzelnen Situationen aber sehr gut gefielen, macht das eine Bewertung ein wenig schwierig.

Die Stimmungen wurden wunderschön eingefangen. Auch die Charaktere gefallen mir ausnehmend gut – sowohl die Sympathieträger, als auch die Kotzbrocken. Die einzelnen Aktionen, die sich einige einfallen lassen, sind unterhaltsam und sprühen fast schon märchenhaften Witz aus. Eine Mischung aus wahrem Leben und irischer Mystik eben. Dennoch … meine Erwartungen wurden leider nicht erfüllt.

Schon der Titel hat mich ein wenig auf die falsche Spur gebracht. „Der Freund der Toten“ hat bei mir die Assoziation zweier Personen hervorgerufen: eine Tote und deren Freund. Gemeint ist hier jedoch, dass Mahony der Freund quasi aller Toten ist, mit ihnen kommuniziert und sie wahrnimmt. Der Originaltitel „Himself“ ist nicht wirklich besser getroffen. Nun denn!

Die Szenen mit den Toten sind wunderbar. Davon hätte ich so viel mehr lesen können, da steckt viel Potenzial drin. Nur leider … kommen diese Szenen dann doch zu kurz. Und die Frage bleibt: warum sieht Mahony gewisse Tote nicht? Sind die gar nicht tot? Oder hat es einen anderen Grund? Und warum helfen ihm die Toten nicht viel mehr? Zumindest für mich hat sich das im Laufe der Story nicht erklärt.

Für mich bleiben am Ende auch einfach zu viele Fragen offen. Mag sein, dass ich die Antworten schlicht einfach nicht erkannt habe, denn hin und wieder ist die Erzählweise doch ein wenig orakelig und verlangt vom Leser doch so einige Gehirnakrobatik. Das ist an sich nicht schlecht, dennoch ist es ein weiterer Tropfen im Fass der Punktabzüge. Warum heißt unser Held eigentlich Mahony? Die Antwort darauf muss mir entgangen sein.

Obwohl ich das Buch sehr gerne gelesen habe und an keiner Stelle gelangweilt (an einigen aber arg geschockt) war, bin ich am Ende etwas enttäuscht. Es fehlt etwas. Es ist nicht befriedigend. Dennoch will ich mehr von dieser Autorin lesen. Und so bleiben am Ende drei Sterne für „Der Freund der Toten“.

Veröffentlicht am 08.07.2017

Er neigte den Kopf zur Seite und ließ die Nackenwirbel knacken

Ich bin die Nacht
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Francis Ackerman junior ist ein brutaler, bestialischer Massenmörder. Seine Opfer müssen entsetzlich leiden, nachdem er mit ihnen „ein Spiel“ gespielt hat. Die Regeln sind schräg, der Gewinner immer er. ...

Francis Ackerman junior ist ein brutaler, bestialischer Massenmörder. Seine Opfer müssen entsetzlich leiden, nachdem er mit ihnen „ein Spiel“ gespielt hat. Die Regeln sind schräg, der Gewinner immer er. Der ehemalige Polizist Marcus Williams landet in Dimmit County, weil seine Tante, die ihn nach dem Tod seiner Eltern großgezogen hatte, vererbt hat. Schnell wird er in die Geschehnisse hineingezogen. Immer öfter kreuzen sich die Wege von Francis und Marcus. Die Katastrophe scheint vorprogrammiert …

Die Idee des Buches ist schlicht und ergreifend genial. Leider ist die Umsetzung nur bedingt gelungen. Insgesamt liest sich das Buch weg wie nix. Doch leider nicht, weil es so super toll und in sich stimmig wäre, sondern weil man immer öfter den Kopf schütteln muss und nur noch denkt: „Ja, nee, is klar!“, „Echt jetzt?!“, „Im Ernst??“ oder „Hallo?!?“. Ein Bolzen jagt den nächsten und in vielen Teilen habe ich mich gefragt, ob mich Ethan Cross verschaukeln will. Ich habe dann für mich beschlossen, das Buch als Persiflage zu lesen. Das machte es mir etwas leichter, wenn unser Held Marcus mal wieder aus einer ausweglosen Situation ohne jede Schramme herauskam und dabei noch die halbe Welt gerettet hat.

Viele Phrasen wiederholen sich immer und immer wieder. Besonders genervt hat mich irgendwann dieses elende Genickknacken von Marcus. Seine wundersamen Fähigkeiten hat er laut eigener Aussage von Chuck-Norris-Filmen – und das ist ein eindeutiger Hinweis auf alles, was kommt.

Cross versucht, den Leser eine gewisse Sympathie für Francis aufbringen zu lassen. Bei mir hat das allerdings nicht funktioniert. Auch die nach und nach einsetzende Entwicklung dieser Figur macht es nicht besser.

Der Titel ist, wie so oft, ganz gruselig gewählt worden. Im Original lautet er „The Shepherd“. Das macht in mehrerlei Hinsicht wesentlich mehr Sinn, als „Ich bin die Nacht“. Die Kapitel beziehen sich auf eine Herde und deren Schutz und in der Handlung wird ebenfalls mehrfach Bezug dazu genommen. Der Bezug zur Nacht ist kurz auch gegeben, spielt aber eine sehr viel kleinere Rolle.

Das Ende kommt mit einem gewaltigen, überwältigenden Showdown, der quasi die Krönung der ganzen Kampfszenen auf den vorherigen Seiten darstellt. Die einen nennen es Wendung, die anderen sehen darin die Bestätigung der Vermutungen beim Lesen. Für mich ist diese Auflösung ein wenig zu sehr drüber, auch wenn sie mich ein wenig mit dem Verlauf versöhnt.

Für mich ist „Ich bin die Nacht“ eine zu lang geratene Vorgeschichte für die folgenden Bände. Ob ich diese lesen werde, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Noch fühle ich mich zu sehr verschaukelt, noch habe ich keine Lust auf weitere Überhelden und bitterböse Psychopaten mit Wahnvorstellungen. Für die Älteren unter uns: das Buch hat einen „Dallas“-Faktor, Stichwort: Bobby unter der Dusche. Doch ein kleiner Funke in mir lodert immer wieder auf und will mich dazu bringen, herauszufinden, ob sich das Niveau doch noch steigert. Wir werden sehen.

Für den ersten Band der Shepherd-Reihe gibt es von mir jedenfalls nur drei Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Figuren
  • Handlung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 07.07.2017

Was man sonst nicht sieht

Unter Katzen
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Ich liebe Katzenpfötchen. Diese süßen, kleinen, weichen Ballen, die so scharfe Krallen verstecken, sind einfach zauberhaft. Ganz selten lassen meine Katzen mich diese süßen Pfötchen streicheln, denn es ...

Ich liebe Katzenpfötchen. Diese süßen, kleinen, weichen Ballen, die so scharfe Krallen verstecken, sind einfach zauberhaft. Ganz selten lassen meine Katzen mich diese süßen Pfötchen streicheln, denn es sind sehr empfindliche Stellen. Kein Wunder, nehmen sie doch damit kleinste Bewegungen und Erschütterungen wahr.

Auch ein Katzenbauch ist ein selten zu sehendes Körperteil. Hier sind Katzen angreif- und verletzbar, wie sonst an kaum einer Stelle. Andrius Burba hat aber genau diese Stellen ins Bild setzen wollen. Zu diesem Zweck hat er die Katzen auf eine Glasfläche gesetzt. Man sollte meinen, es gäbe nun tolle Fotos von süßen Pfötchen und knuddeligen Katzenbäuchlein, doch leider hat das nicht ganz so geklappt, wie ich mir das wünschen würde.

Es wurden hochedle Rasse- und somit Zuchtkatzen verwendet. Die Kater sind somit mit ihrem Beweis der Zeugungsfähigkeit gesegnet und das prangt dann deutlich ins Bild. Zudem merkt man den meisten Fotos leider an, dass die Katzen sich nicht wohlfühlen und sich fragen, was hier los ist. Sehr viele Fotos ähneln sich stark, was nicht nur daran liegt, dass viele Tiere mehrfach fotografiert wurden. Es sind immer wieder die gleichen Posen, kaum je Bewegung (eine laufende Katze von unten wäre sicher sehr viel eleganter, als eine, die sich ängstlich duckt).

Ich bin nicht halb so begeistert, wie ich gerne wäre. Von mir kann es deshalb nur drei Sterne geben – die Idee ist gut, aber leider nicht gut umgesetzt.

Veröffentlicht am 22.05.2017

Nicht so gut wie der erste Band

Schändung. Der zweite Fall für Carl Mørck, Sonderdezernat Q
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Carl Mørck und Assad rollen einen alten, scheinbar längst gelösten Fall noch mal auf. Es scheint so, als säße ein Mann hinter Gittern, der nicht wirklich der Mörder sein kann, wenn man alle Fakten genau ...

Carl Mørck und Assad rollen einen alten, scheinbar längst gelösten Fall noch mal auf. Es scheint so, als säße ein Mann hinter Gittern, der nicht wirklich der Mörder sein kann, wenn man alle Fakten genau betrachtet. Nur langsam kommt Mørck in die Gänge, irgendwie hat er gerade eine heftig Null-Bock-Phase und ist bockig. Da ändert auch die neue Kollegin Rose wenig dran. Aber Carl wird neugierig – denn niemand kann ihm sagen, wer ihm den Fall auf den Schreibtisch gelegt hat …

Vom ersten Band „Erbarmen“ war ich sehr begeistert. Gerade Carls Eigenarten haben mir gefallen. Aber hier stockt das irgendwie in sich selbst. Carl wirkt eher wie ein bockiges Kind und man möchte ihn immer wieder anschieben. Es ist anstrengend! Der Fall selbst ist für den Leser von Anfang an klar, die Feinheiten kann man sich fast denken. Das ist aber nicht mein Problem mit dem Buch. Mir gefällt es zwischendurch schon recht gut, dem Ermittler einige Schritte voraus zu sein und zu beobachten, wie er auf die Lösung kommt. Hier aber sind mir zu viele private Probleme und eben diese sinnlose Sturheit von Mørck ein wenig auf die Nerven gegangen. Einzig Assad, der für mich inzwischen der Hauptermittler und vor allem die Hauptfigur in Adler-Olsens Büchern ist, hat mich bei Laune gehalten und mich das Hörbuch zu Ende hören lassen. Die neue Figur Rose ist das pure Gegenteil von Assad und ich könnte gut auf sie verzichten.

Gut finde ich, dass man diesen Band ohne Probleme auch dann lesen/hören kann, wenn man den ersten Teil nicht kennt. Zwar fehlt dann ein bisschen das Wissen um den missglückten Einsatz und warum Carl im Keller haust, aber insgesamt gesehen sind beide Bücher getrennt lesbar.

Das Umfeld, in dem sich die drei diesmal bewegen, ist eine Eliteschule und die gehobene Gesellschaft. Hier passt Carl denkbar wenig hinein und das alles fördert auch nicht gerade gute Laune bei ihm.

Viele Namen, viele Verwicklungen und eine Figur, die eindeutig auf Rache aus ist und psychisch nicht ganz auf der Höhe sein kann, verwirren an vielen Stellen. Kaum hat man sich eingehört, verliert man auch wieder den Faden. Es ist anstrengend und sehr oft auch sehr abstoßend, brutal und eklig. Ganz so heftig muss ein Krimi nicht sein, um den Leser bei Laune halten zu können.

So viele so unsympathische Figuren in einem einzigen Buch – das ist mir bisher noch nicht begegnet.

Ich werde die Reihe um Carl Mørck weiter verfolgen, auch wenn ich diesmal recht enttäuscht war. Möglicherweise war Adler-Olsen nur von seinem eigenen Erfolg unter Druck gesetzt worden. Mir jedenfalls ist dieser Band nur drei Sterne wert.

Veröffentlicht am 02.05.2017

Die totale Überwachung

Bluescreen
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Wir machen uns so gern über Leute lustig, die rund um die Uhr ihr Smartphone in den Händen zu halten scheinen und immer und überall erreichbar sind. Smartphones, Notebooks, Tablets – all das ist für uns ...

Wir machen uns so gern über Leute lustig, die rund um die Uhr ihr Smartphone in den Händen zu halten scheinen und immer und überall erreichbar sind. Smartphones, Notebooks, Tablets – all das ist für uns schon „Standardausrüstung“ geworden. Dan Wells lässt dies in einer nicht allzu fernen Zukunft noch ein wenig stärker als Szenario für sein Buch Normalität werden. Ein Implantat im Kopf, das Djinni, lässt die Menschen 24 Stunden am Tag online sein. Klar, das liefert nicht nur dem Nutzer Informationen, sondern auch … ja, wem genau denn? Und wozu? Das findet man im Laufe der Story dann heraus …!

Eine gute Idee, wenn auch nicht wirklich nagelneu und unverbraucht, aber auch noch nicht ausgelutscht. Die Umsetzung ist gelungen, haut mich dennoch nicht aus den Schuhen, denn das ganze Buch lässt an Emotionen fehlen. Selbst der Widerstand ist reichlich unterkühlt, es gibt keine offene Kritik (klar, toll ist nicht, was da so vor sich geht, aber so wirklich gesagt wird das nicht so recht).

Die Figuren sind klar und gut gezeichnet, aber ich sympathisiere mit keiner wirklich. Ich bleibe als Leser außen vor, bringe mich nicht ein, werde nicht zum Mitstreiter, sondern bleibe Beobachter. Das gefällt mir nicht beim Lesen – ich will mitgerissen werden, mich und mein wirkliches Dasein vergessen und mich im Buch verlieren. Das kann ich hier leider nicht.

Der Stil ist flott und actionreich, das muss man Dan Wells zugestehen. Dass es um Manipulation und Viren geht, ist eigentlich klar. Ein Bluescreen ist nun mal kein gutes Zeichen, wie man weiß. Das Ende ist mehr oder weniger abgeschlossen, dennoch steht die Tür weiteren Bänden offen – und dass die zu erwarten sind, verrät der Untertitel: „Ein Mirador-Roman“.

Wer dieses Buch liest, sollte sich auf Jugendliche einstellen, die in der Gamerszene unterwegs sind und einfach anders reagieren, als Erwachsene das tun oder tun würden. Dennoch ist es kein Jugendbuch – dazu sind die Kids dann doch etwas zu erwachsen geraten.

Insgesamt war die Lesezeit nicht ganz vergeben, aber weitere Bände werde ich wohl nicht lesen wollen. Macht insofern dann drei Sterne.