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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Klassik & Moderne - Ein Glanzdebüt!

Jane & Miss Tennyson
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INHALT
Devon ist eigentlich in ihren besten Freund Cas verliebt. Und obwohl er ihre Gefühle offensichtlich nicht erwidert, gibt sie sich mit dem kleinsten Zipfel, nämlich der Freundschaft und das gemeinsame ...

INHALT
Devon ist eigentlich in ihren besten Freund Cas verliebt. Und obwohl er ihre Gefühle offensichtlich nicht erwidert, gibt sie sich mit dem kleinsten Zipfel, nämlich der Freundschaft und das gemeinsame Autowaschen, zufrieden. Doch dann zieht ihr Cousin Foster bei ihr und ihren Eltern ein und beweist ein erstaunliches Talent für Football. Das wiederum entdeckt Ezra. Footballkapitän der Highschool-Mannschaft und menschlicher Eisklotz. Für Devon steht fest, dass sie ihn nicht mag. Dass er, wie Devon, Jane Austen gelesen hat, überrascht und fasziniert Devon dann doch mehr, als ihr lieb ist.


MEINUNG
Vielleicht hat sich Emma Mills gefragt, wie und ob Jane Austens Geschichten in der heutigen Zeit geschrieben worden wären. Mit welchen Themen sich die Figuren aus den Romanen gegenüber konfrontiert sähen. Ich weiß es nicht. Aber was Emma Mills mit „Jane & Miss Tennyson“ erschaffen hat, hat mich auf eine besondere Art angesprochen und begeistert.

Emma Mills muss Austen lieben, denn sie hat die Art wie Austen schreibt inhaliert. Das spürt man in den Vergleichen, Anlehnungen und Zitaten aus den Austen-Büchern. Und dennoch hat die Autorin ihre ganz eigene Note in dieses Buch gebracht und entwickelt. Mit jungen, intelligenten, aber auch vor Humor strotzenden Worten schafft sie eine Atmosphäre um Hauptfigur Devon, die mich schon auf den ersten Seiten zum Lachen brachte. Nicht selten haut Devon Sprüche heraus, die ich einfach genial finde.

Zugegeben, ich hatte so meine Bedenken was diese Football-Thematik in dem Buch betrifft, aber diese sind unbegründet. Stattdessen sind diese Teile sogar richtig interessant und heben den „platten“ Lieblingssport der Amerikaner in eine sport-politische Kontroverse. Aber viel wichtiger und vordergründiger ist Devon. Ihre Persönlichkeit, ihre Beziehungen zu ihrem Cousin, ihrem besten Freund und auch Ezra, dem Football-Star der Highschool. Sie ist unglaublich vielschichtig, sehr tiefsinnig und die Entwicklung, die sie vollzieht, ist so schleichend, manchmal schmerzhaft und dann wieder so leicht, dass man sie kaum wahrnimmt. Dennoch ist die vorhanden und berührt auch mal zu Tränen. Sie wirkt mal so verloren und ziellos und scheint immer wieder Impulse zu brauchen, um sich selbst näher an sich und ihre Ziele zu tragen.

Devon allein ist schon grandios und damit könnte man sich auch zufrieden geben. Denn sie ist schon, auch oder trotz leicht lethargischer Phasen sehr interessant. Doch auf den Lorbeeren braucht sich die Autorin nicht ausruhen. Denn die anderen Figuren sind ebenfalls hervorragend skizziert. Vielmehr kristallisieren sich beim Lesen auch Favoriten bei den Nebenfiguren heraus, die man nicht missen möchte. Ungern nehme ich Personen vorweg. Habe aber einen besonderen Narren an Foster und Jordan gefressen. Warum, sollte jeder für sich herausfinden. Trotzdem werden diese Figuren nicht einfach in den Raum der Geschichte platziert und allein gelassen. Jeder hat so eine markante Geschichte, dass hier der Stoff für je ein eigenes Buch garantiert wäre.

Ja und dann ist da noch Ezra. Der Football-Star. Der Überflieger. In jedem anderen Jugendbuch wäre er einfach nur heiß und super beliebt. Aber Ezra hat Macken und Kanten. Er ist zwar auf den ersten Blick attraktiv, aber Devon bemerkt beim genauen Hinsehen kleine Makel. Beliebt scheint er auch, aber es gibt auch viele Neider. Er ist unperfekt. Und das macht ihn so reizvoll. Es ist so erfrischend, dass der männliche Part nicht ein gestriegeltes Pony ist. Von Anfang an herrscht so eine leicht unterkühlte Aura um Ezra, man kann ihn nicht richtig greifen. Das liegt aber besonders an seiner wortkargen Art. Wer Austen-Fan ist, zieht da schnell den Vergleich zu Darcy aus „Stolz und Vorurteil“. Man verliebt sich langsam und zögerlich, zusammen mit Devon, in Ezra.

Dieses Buch hat eine sehr süße und zuckrige Hülle, mit einem Inhalt der so viel mehr verspricht. Zweifel und Ängste bezüglich der eigenen Identität, seiner Rolle im Gesellschaftsgefüge und der Zukunft von sich und Familienmitgliedern zählen darunter. Darüber hinaus findet man als Leser Geschichten aus dem Leben, die manchmal die harte Realität sind, die einen erschüttern und wieder zu sich und den Charakteren selbst finden lassen. Und ja, es gibt eine Liebesgeschichte. Die ist aber so leise und unscheinbar, brilliert trotzdem (oder gerade?) in dieser Ruhe.


FAZIT
Dieses Buch hat mich auf eine ganz neue und bisher unbekannte Art berührt. Ich habe jede Seite, jede Zeile dieses Buchs genossen und aufgesogen. Ich habe nicht mit so etwas gerechnet, klingt es doch erstmal sehr nach typischer Highschool-Kitsch-Geschichte. Doch die Elemente davon wurden hier neu interpretiert und dargestellt. Das typische und auch klassische Austen-Feeling wurde, meiner Meinung nach, glaubwürdig in die Moderne getragen.

Für ein Debüt eine Glanzleistung und eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Besonders in seiner Ruhe

So wüst und schön sah ich noch keinen Tag
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INHALT
„Tritt ein, um Freundschaft zu schenken und zu finden“
Das sind die Worte, die jeder Schüler der Irving School, einem Internat, beim Eintritt liest. Darunter auch Duncan, der sein letztes Jahr an ...

INHALT
„Tritt ein, um Freundschaft zu schenken und zu finden“
Das sind die Worte, die jeder Schüler der Irving School, einem Internat, beim Eintritt liest. Darunter auch Duncan, der sein letztes Jahr an der Schule antritt. Es beginnt bescheiden. Er bekommt das Zimmer des ehemaligen „Schulfreaks“ Tim. Tim leidet unter Albinismus. Und jeder Vorgänger hinterlässt einen Schatz. Als Duncan die CDs, seinen Schatz, findet, könnte dieser kaum uncooler sein. Doch schnell fesselt Tim Duncan mit seiner Sicht der Geschehnisse aus dem letzten Schuljahr. Denn Duncan und Tim sind durch ein Schicksal miteinander verbunden, welches beide wohl niemals in ihrem Leben mehr vergessen werden.


MEINUNG
Elizabeth Laban hat mit „So wüst und schön sah ich noch keinen Tag“ einen unaufgeregten und doch fesselnden Jugendroman verfasst. Ab der ersten Seite merkt man, dass die Wortwahl sehr fein ist und dementsprechend die Zerbrechlichkeit, Momente und Gefühle zwischen zwei Menschen und Freunden, sowie das soziale Gefüge bei Jugendlichen eingefangen und transportiert wird. Und obwohl diese sanfte Art sich wie ein roter Faden durch die Erzählungen der Figuren Tim und Duncan zieht, wirkt es auch etwas kühl und distanziert. Leider bleiben die beiden sehr blass als Charaktere. Im Fokus stehen vielmehr die Verbindung zwischen den Zweien und die Geschehnisse aus dem letzten Jahr.

Der Einstieg in die Geschichte fällt sehr leicht. Man wird zu Beginn in die Sicht von Duncan eingeführt, der gerade zurück ans Internat gekommen ist und noch herausfinden muss, welches Einzelzimmer er als Senior bekommt. Als er herausfindet, dass Tim, der Albino, sein Vorgänger war, ist er nicht begeistert und als Leser versteht man noch nicht viel, warum das so ist. Es wirkt, als wäre Duncan auf Tim sauer. Und die Aufklärung dazu bekommt man sehr lange nicht gesagt. Man ahnt, man vermutet. Die Geschichte selbst verrät schnell, dass man auf einen Schlüsselmoment hin liest. Dass Vanessa, der Schwarm von Tim, hierbei eine große Rolle zu spielen scheint, wird einem auch deutlich. Kurzum: Vorhersehbar sind da schon einige Sachen. Da muss man nicht mal Vielleser sein. Da ist das Buch im Aufbau einfach nicht besonders subtil.

Und während man auf diesen Schlüsselmoment wartet, passiert eigentlich auch sehr wenig. Man erlebt eine vergangene Geschichte aus der Sicht von Tim. Durch die Gegenwart liest man sich mit Duncan. Beides wechselt sich in den Kapiteln mal mehr, mal weniger ausgewogen, ab. Man könnte fast behaupten, die Geschichte plätschert so ein wenig vor sich hin. Dennoch bannt es einen auf eine sehr merkwürdige Art und Weise, die auch entspannt. Die Momente, wenn sich Duncan in sein Zimmer mit dem kleinen Fenster zurückzieht, die Kopfhörer überzieht und der Stimme von Tim lauscht, sind auch für den Leser recht intim und ruhig.

Kurz vor dem Höhepunkt der Geschichte ist man als Leser emotional sehr mit dem Buch verbunden, die Ereignisse reißen mit. Was bis hierhin dann schon mehr als deutlich wird, ist, dass die große Thematisierung der Tragödie eins zu eins von der Autorin für den Aufbau der Geschichte selbst angewandt wird und Tim und Duncan selbst eine eigene wiederfährt. Hübsche Matroschka. Der Schluss ist eher offen und mittendrin gehalten, lässt aber kein unbefriedigtes Gefühl zurück. Zwar hängt man den Figuren und den Geschehnissen etwas nach, aber das ist nach dieser Geschichte auch nötig, damit man, in bereits erwähnter Ruhe, abschließen kann.


FAZIT
Ich finde, dass dies ein sehr gefühlvoller und schöner Roman mit vielen sanften Tönen und einer eigenen Magie ist. Und obwohl sehr viel auf Tragödien und der Auseinandersetzung mit ihnen rumgeritten wird, fand ich es sehr entspannend das Buch zu lesen. Es hat schon etwas leicht Poetisches in der Stimmung und im Aufbau. Sehr schön thematisiert und auch speziell, ist die Sache mit dem Albinismus, wie Jugendliche oder gesellschaftliche Gruppierungen mit dem „Anders-Sein“ umgehen und was Eigenverantwortung und Selbstbestimmung bedeutet. Ich habe das Buch sehr genossen und kann es sehr empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Leider schwach und zäh

Dark Heroine
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INHALT
Blutig. Gewalttätig. Violet ist geschockt, als sie einen Massenmord an einer Gruppe von Männern am Trafalger Square in London, mitten in der Nacht, mitansehen muss. Bilder, die sie nie wieder vergessen ...

INHALT
Blutig. Gewalttätig. Violet ist geschockt, als sie einen Massenmord an einer Gruppe von Männern am Trafalger Square in London, mitten in der Nacht, mitansehen muss. Bilder, die sie nie wieder vergessen wird. Doch die größte Folter sind nicht die Bilder. Die Mörder, Vampire, entdecken und entführen sie. Schnell stellen sie die Forderung, dass sie entweder sterben oder eine von ihnen werden muss. Eine andere Wahl hat sie nicht. Unnachgiebig leistet sie Widerstand, doch der sehr launische und gefährliche Kronprinz Kaspar, übt eine besondere Anziehung auf sie aus…


MEINUNG
Wattpad-Suchties mag „Dark Heroine“ ein Begriff sein. Die britische Autorin Abigail Gibbs hat als blutjunge Userin im Alter von 15 Jahren begonnen an dieser Romantasy zu schreiben. Und diese beiden Fakten machen sich am manchen Stellen bemerkbar. Die Geschichte, vor allem der Verlauf und die Sprache sind mehr als ausbaufähig. Zwar liegt in dem Schreibstil kein großer Anspruch, doch an manchen Stellen überrascht er sogar mit einer guten Qualität und Vielfältigkeit. Die Tatsache, dass an der Geschichte zwar schon ordentlich lektoriert und Stellen gestrichen wurden, ist irrwitzig wie traurig. Denn dieses 608-Seiten-Buch hätte locker um weitere 300 Seiten gekürzt werden können. Das hätte der Atmosphäre und dem Verlauf der Geschichte eine größere Spannungsdichte geliefert.

Leider passiert in den ersten 400 Seiten nämlich so unfassbar wenig. Was da passiert lässt sich schnell zusammenfassen: Violet sieht einen brutalen Massenmord mit an, wird von Kaspar und seiner „Gang“ entführt. Sie lebt dann auf dem Vampirschloss seiner Familie, unter weiteren Vampiren, rätselt Ewigkeiten und noch mehr darüber, ob sie sich verwandeln lassen soll oder nicht. Und als Sahnehäubchen verknallt sie sich in Kaspar, den Kronprinzen der Vampiren-Sippe und am Schluss soll das alles sogar noch ein prophezeites Schicksal sein.

Dieses „Universum“, welches die Autorin hier schafft ist unglaublich groß und vielfältig. Es wirkt sehr zauberhaft, interessant, zum Teil auch sehr blutig und brutal und mit einem unglaublich großen Potential gesegnet. Und auch die Hauptfigur Violet, welche die Geschichte zum größten Teil in der Ich-Perspektive erzählt, ist so schön bockig. Sie ergibt sich nicht sofort in traditioneller „Devote-Mädchen-Art“ dem Kronprinzen, noch dem Gezeter des Königs oder dem „Rat“, der sich über Dimensionen hinweg mit all diesen übernatürlichen Wesen beschäftigt. Das ist erfrischend.

Doch diese positiven Aspekte sind so bruchstückhaft im Buch verteilt. Es wird so lange nicht klar, warum Violet mit einer sagenumwobenen Prophezeiung in Verbindung gebracht wird, das dann stellenweise auch wieder geleugnet wird…. Das gipfelt dann in der Auflösung zum Teil auch in Widersprüche. Und der mächtige, düstere und sehr streng dargestellte König ist so oft inkonsequent und sowas von nicht furchteinflößend. Die Charaktere haben einfach keine klare Linie und im Verlauf kommen Randfiguren schier willkürlich in der Geschichte vor, ohne dass sie dem Sinn oder dem Plot irgendwie zuträglich sind.
Im letzten Viertel der Geschichte bekommt das Ganze endlich Drive und lebt auf. Da wird es spannend, da bewegen sich die Entwicklungen zwischen Kaspar und Violet nach vorne und auch die Handlung nimmt endlich einen dezenten, aber doch roten Faden auf. Doch zu spät.


FAZIT
Ich kann das Buch leider nicht oder nur bedingt empfehlen. Selten war ich so genervt und angeödet von einer Geschichte. Nicht mal das Ende konnte mich irgendwie besänftigen. Hier scheinen zwar eine Qualität und ein Potential durch, die dem Hauptteil der Geschichte aber gänzlich fehlt. Wer vielleicht Vampire-Romane mag, so ein bisschen im Stil der Black Dagger-Reihe, der kann hier unter Umständen was mit anfangen. Reine Romantasy-Fans die trotzdem reinschnuppern möchten, würde ich erstmal nur zur Leseprobe oder Ausleihe des Titels raten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Name ist Programm!

Einfach unvergesslich
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INHALT

Du triffst die Liebe deines Lebens. Du bist älter als er. Doch das ist dir egal. Du bekommst ein Kind von ihm. Und das ist dein größtes Glück. Deine älteste Tochter, von einem Mann, den du verlassen ...

INHALT

Du triffst die Liebe deines Lebens. Du bist älter als er. Doch das ist dir egal. Du bekommst ein Kind von ihm. Und das ist dein größtes Glück. Deine älteste Tochter, von einem Mann, den du verlassen hast, als du schwanger wurdest. …. Vergessen.
Claire ist an Altersdemenz erkrankt. Dabei ist sie noch so jung. Anfang vierzig. Sie kämpft jeden Tag gegen den Nebel, gegen diese unsichtbare, aber unumstößliche Wand im Kopf. Doch was bleibt, wenn du alles und jeden um dich herum vergisst? Was passiert mit den Menschen, die dich lieben? Die du liebst?


MEINUNG

Wenn man ein Buch sucht, welches wieder auf gefühlvolle Art eine Krankheit authentisch erzählt und erklärt, greift man auf „Einfach unvergesslich“ von Rowan Coleman zurück. Unbeschreiblich ist schon der Beginn des Buches. Er holt einen in der ersten Sekunde ab. Die Wörter lesen sich so leicht und positiv, in den Passagen der Erinnerungen fast schon poetisch. Und genau dieses Gefühl überträgt sich. Diese sanften Worte spinnen ein weiches Netz um den Leser und das Buch, man mag es einfach nicht hergeben, geschweige denn unterbrechen.

Nachdem zügig klar wird, dass die Krankheit bei Claire schneller fortschreitet, macht man sich als Leser schon Gedanken, wohin das führen mag. Klar ist erstmal nur eins, es wird für alle Beteiligten nicht schöner. Obwohl Claire mit jeder Seite, die man wegliest immer öfter in Phasen des Vergessens abdriftet, wird die Entwicklung der Figuren im Buch doch schöner und feiner. Und mit jedem liebevollen Satz, aber auch mit jedem Wutausbruch, jeder noch so unvorsichtigen Handlung, lernt man Claire und ihre Familie schätzen und lieben. Ganz besonders ist die Perspektive von Claire, in der man erlebt, in der man versucht mit seinem Schicksal umzugehen, gegen das Vergessen ankämpft. Und die große und schier unendliche Frustation erlebt, welche sich auftut, wenn die eigene Mündigkeit abhanden kommt. Claire ist nämlich durchweg eine so strahlende und lebensbejahende Persönlichkeit, dass diese Tragik in der Geschichte so schwer zum Tragen kommt.

Ein wichtiges und sehr kreatives Schlüsselelement, für die Wirkung und die Figuren, wird das Erinnerungsbuch. Claire bekommt dieses Buch von Greg, ihrem Ehemann, geschenkt. Eigentlich soll dieses Buch Claire dazu dienen, wichtige Erinnerungen für sich festzuhalten. Doch die kindliche Naivität von Claires jüngster Tochter schmeißt dieses Vorhaben um. Kurzerhand wird dieses Buch ein Familienprojekt. Das sind die Möglichkeiten für den Leser in die kostbarsten Erinnerungen der anderen Familienmitglieder, von Ruth, Caitlin oder Greg, zu schlüpfen. Und wenn in diesem Buch geschrieben oder gelesen wird, sind die Erinnerungen und das häppchenweise Verlieren von Claire ganz nah. Das spürt man. Diese Szenen sind so berührend und beeindruckend. Es ist ein wundervoller Umgang sich mit diesem Prozess des Verlustes auseinander zu setzen.

Neben all dem Herzschmerz, der ja wirklich vorprogrammiert ist, sind da noch diese feinen komplexen Familienirrungen und –wirrungen, die auch sehr gefühlsbetont und nicht weniger authentisch beschrieben sind. Das alles passiert, ohne dass es zu kitschig wird. Gerade bei so ausweglosen Erkrankungen, wo einfach kein Happy End möglich ist, ist es auch schwierig den richtigen Ton zu finden. Nicht zu kreativ in den sentimentalen und stillen Szenen zu werden. Denn wie endet man so ein Buch? Rowan Coleman hat das mit viel Seele beschrieben und den richtigen Mittelweg gefunden.



FAZIT

Tenthousand tears falling. Punkt. Ich habe schon lange nicht mehr so viel bei einem Buch geweint. Vor Freude, vor Wehmut, vor Trauer. „Einfach unvergesslich“. Da ist der Name Programm. Ich kann selbst jetzt, nachdem ich das Buch schon eine Weile lang ausgelesen hab, ein sanftes Echo der Erinnerungen von Claire, Ruth, Caitlin und Greg hören. Dieses Buch ist ein kleiner Schatz, den man verschenken, immer wieder lesen und genießen sollte. Nie war die Botschaft, dass Liebe und Familie stets da sind, schöner und tröstlicher, wie diese warme Umarmung, verpackt zwischen Seiten und Zeilen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Intelligent und spannend

Das Geheimnis des Schneemädchens
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INHALT
Durch Hochverrat gesellschaftlich stigmatisiert wächst Suzie Backer unter falschem Namen und zurückgezogen auf. Nach all den Jahren der Schmach will sie den Namen ihrer Familie wieder rein waschen ...

INHALT
Durch Hochverrat gesellschaftlich stigmatisiert wächst Suzie Backer unter falschem Namen und zurückgezogen auf. Nach all den Jahren der Schmach will sie den Namen ihrer Familie wieder rein waschen und begibt sich dabei auf die Suche nach Beweisen. Ihr Weg führt sie von einem Flugzeugwrack, tief im Mont-Blanc verschollen, zu Andrew Stilman und seinen journalistischen Fähigkeiten. Er soll ihr helfen das Rätsel, um bisher gesammelte Hinweise, zu lösen. Die Arbeit daran weckt schlafende Hunde, die unter keinen Umständen wollen, dass die Geschichte aufgewärmt, noch veröffentlicht wird. Doch Suzie und Andrew schrecken nicht zurück und das bringt sie in größte Gefahr.


MEINUNG
Mit einem besonders spannenden Anfang in „Das Geheimnis des Schneemädchens“ hat Marc Levy mich sofort abgeholt. Die ersten Szenen mit Suzie Backer im Eis vom Mont-Blanc und der da stattfindenden Dramatik ist herausragend inszeniert. Das findet auch nicht punktuell statt, sondern zieht sich komplett durchs ganze Buch. Mit seinem detailgetreuen und prägnanten Schreibstil setzt er Fakten und Fiktion zusammen und weiß ebenso gut aufzuklären, wie zu verwirren.

Denn zugegeben, Levy hat mich oft kalt erwischt. Falsche Fährten und den Leser in die Irre führen oder unvorhersehbare Elemente einbauen, das kann er. Zum einen hat er mir einen kleinen Aha-Effekt beschert, indem er Andrew Stilman, Hauptfigur aus „Mit jedem neuen Tag“, mit in diese Geschichte wirft. Denn man kann diese Geschichte schon als eine Art Fortsetzung sehen. Zum anderen liest sich die Geschichte komplett unabhängig und steht für sich allein. Empfehlenswert sind Hintergrundinfos immer, aber hier werden die nötigsten Infos an den richtigen Stellen gesät, damit der Leser nicht mit einem dicken Fragezeichen da steht. Andere Stellen im Buch waren mir hingegen manchmal etwas zu sprunghaft und wirr, vielleicht einfach zu undurchsichtig von Levy formuliert, als dass ich damit rundherum zufrieden bin. Das hat mich allerdings auch motiviert weiterzulesen, um diese Verwirrung aufzulösen. Und das hat sich gelohnt.

Was sich innerhalb des Buches an Handlungen und Verwirrungen entwickelt, die sich am Ende bündeln und mich als Leser vor einem riesigen Skandal und einer noch größeren Verschwörung stellen, ist von Marc Levy eine großartige Arbeit. Zum größten Teil legt der Autor ein ordentliches Tempo für die Geschichte vor. Es gibt kaum Punkte, wo ein wirklicher Leerlauf in der Geschichte stattfindet. Wenn die wenigen auftauchen, bemerkt man sie, findet sie auch etwas zäh, verschmerzt sie aber genauso schnell. Im Gesamtbild ist „Das Geheimnis des Schneemädchens“ ein sehr intelligent geschriebener Roman, der schlüssig und in seiner Logik stimmig ist.

Als Leser verfolgt man in verschiedenen Perspektivwechsel die Ereignisse. Aber nicht nur aus der Sicht von Suzie und Andrew, sondern die Nebencharaktere finden hier ebenfalls Raum. Das gibt der Geschichte eine Tiefe und vervielfältigt die Handlungsstränge und Ereignisse.

Ich muss gestehen, dass ich sehr lange eine gewisse Distanz zu allen Charakteren im Buch hatte. Das liegt aber daran, dass sich die Persönlichkeiten sehr langsam darlegen und nicht wie ein offenes Buch für den Leser bereit stehen. Vielmehr arbeitet man sich bis zum Schluss zu dem Kern der Personen vor. Die wie gewohnt sehr markant und eigen, in ihren Stärken und Schwächen, sind. Suzie ist sehr lange sehr verschlossen, dabei aber unglaublich stark und direkt. Andrew hingegen ist wesentlich zugänglicher, dafür hängen ihm Alkoholprobleme und alte Konflikte an. Das Zusammenspiel der beiden ist dann umso spannender. Beide lassen sich nicht vom jeweils anderen in die Karten sehen und doch herrscht eine gewisse Faszination und Spannung zwischen ihnen. Doch legt Levy hier keinen Wert auf Kitsch oder Liebeleien. Find ich gut.


FAZIT
„Das Geheimnis des Schneemädchens“ ist ein sehr spannender und fesselnder Roman mit einem kriminalistischen Touch. Marc Levy und das Buch schaffen es mit kaum durchschaubaren Charakteren, gesellschaftskritischen Tönen und einem aktuellen weltpolitischen Thema den Leser und mich persönlich zu begeistern.