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Veröffentlicht am 26.02.2017

Nach dem Motto: Save the best for last!

Der Kuss der Lüge
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Schon in der Leseprobe habe ich mich in dem Setting und in der Situation, in der die Prinzessin, Lia, flüchtet, sehr gut hineinfinden können. Es hat sich zügig gelesen, dank der sehr gewählten Sprache ...

Schon in der Leseprobe habe ich mich in dem Setting und in der Situation, in der die Prinzessin, Lia, flüchtet, sehr gut hineinfinden können. Es hat sich zügig gelesen, dank der sehr gewählten Sprache von der Autorin und es hat Spaß gemacht, das Abenteuer, bzw. die Flucht zu verfolgen. Doch schon schnell, nach einigen Kapiteln, als Lia und ihre Begleiterin Pauline, Teravin, ihr neues Zuhause, erreichen, erlitt ich die ersten Dämpfer, die es mir etwas schwer gemacht haben, das Buch lesen zu wollen. Ich hatte tatsächlich leichte Durchhänger. Ich würde sogar so weit gehen und sagen: Es kündigte sich eine Leseflaute an.

Wieso? Ich mag nicht genauer drauf eingehen (wegen Spoiler), allerdings ist es mehr oder weniger ein offenes Geheimnis, und auch von der Autorin so gewollt, dass in diesem Love Triangle, nicht sofort ersichtlich ist, wer von den beiden Jungs, Kaden und Rafe, der Prinz und der Attentäter ist. Im Lesefluss ist es mir erstmal gar nicht aufgefallen, dank der Leserunde dann schon. Denn im Kopf und von den Beschreibungen her, ordnete sich bei mir sofort zu jedem Namen ein Charakter zu. Schlau gemacht von der Autorin: Sie wechselt die Perspektiven. Nicht nur aus der Sicht von Lia erlebt man als Leser die Geschichte, sondern es gibt Kapitelüberschriften mit der Sicht aus Kaden/Rafe und dem Prinzen/Attentäter. Sehr irreführend. Ein interessantes Spiel.

Mit der Gewissheit, dass das aber noch immer offen war (und ziemlich lange so blieb…. ziiiiiemlich lange), wurde ich genervter von diesem „Stilelement“. Ich muss zugeben, ich bin eine von der ungeduldigen Sorte. Aber das war einfach zu lang gezogen. Es fühlte sich für mich nach der knappen Hälfte von Der Kuss der Lüge so an, als hätte die Autorin diesen Spannungsbogen überspannt. Ausgereizt und zwar extrem. Vor allem, da nichts Dramatisches zwischen den dreien passierte. Die Eifersüchteleien kamen mir kaum existent vor bzw. waren sehr lasch dargestellt und bis auf zwei oder drei Szenen war auch wenig Action zwischen Lia und ihrem favorisierten Love Interest.

Ich verstehe, dass die Autorin da den Leser mit einspannt, emotional auf die Folter spannen möchte und das finde ich im Prinzip auch gut. Aber die erste Hälfte des Buches besteht nahezu nur aus diesem belanglosen Geplänkel zwischen Lia, Kaden und Rafe und für wen ihr Herz schlägt, wer das Rennen macht, wer zuerst sein wahres Gesicht zeigt, etc. All das unglaublich unspektakulär. Und daneben handelt Lia naiv und kopflos und ich hätte sie mehr als einmal dafür schütteln können, wie unvorsichtig sie sich aufführt. Da hätte sie auch direkt mit einer Leuchtreklame über der Birne rumlaufen können, die sie als Prinzessin auszeichnet.

Ich mag kaum dran denken, dass ein nicht unerheblicher Teil in der Mitte für Beschreibungen zu einem religiösen, mehrtägigen Fest gehört, was mich, zusätzlich zu Lias Kopflosigkeit, Nerven gekostet hat. Weil einfach mal wieder nichts passierte. Es gab schöne Beschreibungen, zauberhafte Settings, liebevolle Dialoge und mehr nicht. Die Handlung, die Bedrohung seitens eines Attentäters, der in unmittelbarer Nähe um Lia rumschwirrt, oder dass ein Kopfgeld auf Lia ausgesetzt ist, dass zwei verdammte Königreiche nach dem Mädel suchen und sie mit ihrem Tattoo, was sie als Prinzessin auszeichnet, mehr oder weniger hausieren geht – all das spielt so gar keine Rolle, wie es scheint. Ich krieg eine Krise, wenn ich daran denke. In diesem Part des Buches hätte man hier und da kleine Spannungselemente einbauen können, der der guten Lia den Arsch auf Grundeis gehen lassen. Denn nachdem sie sich vom Acker macht, um den Prinzen nicht heiraten zu müssen, lebt sie in aller Friedlichkeit, ohne Angst und Paranoia weiter. Das ist, wie ich finde, sehr lasch.

Das bedeutet nicht, dass Lia als Charakter, oder das Buch selbst, total versagt hat. Wie ich ja bereits erwähnte, ab der zweiten Hälfte wurde es besser. Wesentlich besser. Ich würde nicht so weit gehen, dass es perfekt war. Aber Lia macht im Laufe der zweiten Hälfte eine enorme Entwicklung durch. Die ihr sehr gut steht. Die macht vieles wett.

Zwar wirken noch immer alle Figuren auf mich sehr vorhersehbar in ihren Aktionen und verhalten sich erwartungsgemäß, dennoch gibt es unter dem Aspekt auch ein paar Brüche. Da Mary E. Pearson in diesem Buch bewusst mit den Erwartungen spielt und ein Irrspiel per excellence aufgestellt hat, kann ich mir das nur so erklären, dass es einen Sinn und Zweck hat. Vielleicht noch nicht jetzt im ersten Band, aber vielleicht auf lange Sicht gesehen. Es folgen in der deutschen Übersetzung ja noch drei weitere Bücher.

Es passiert wirklich selten, dass ein Buch erst in der zweiten Hälfte so aufblüht und wirklich eine Entwicklung für den gesamten Plot abzusehen ist UND dass ich dann noch nicht das Buch abgeschrieben habe. Oder besser gesagt, all das Zeug, was in der zweiten Hälfte stattfindet, dieses zähe Plastikkaugummi aus der ersten Hälfte überflüssig macht und meine Meinung zum Buch zurücksetzt. Das ist etwas Großartiges, was mir so noch nicht passiert ist. Oder selten.

Tatsächlich wird es gegen Ende interessant, so interessant, dass es ungemein schade ist, dass man dann nicht direkt weiterlesen kann. Denn so viel sei verraten: Das Ende hat einen Cliffhanger, der mich hibbeln lässt.


Fazit
Nach einigen Schwierigkeiten und, für mich, unnötigen Längen, hat Mary E. Pearson in der zweiten Hälfte von Der Kuss der Lüge nicht nur mit Spannung, sondern auch an Handlung Vielfalt und Fantasie überzeugt. Zum Schluss wurde ich wieder so von der Geschichte eingenommen, dass sie mich noch überzeugen konnte, die Reihe fortzusetzen und ich bin nun sehr gespannt, wie es im Mai 2017 mit dem Folgetitel „Das Herz des Verräters“ weitergeht.

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  • Abenteuer
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.02.2017

Erst befremdlich, dann erstaunlich

Das Umgehen der Orte
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Lisa ist das dicke olle Mädchen. Sie friert nicht. Warum auch immer. Irgendwie verloren trifft sie auf Anne. Und mit Anne ändert sich so ein bisschen was. Vor allem, was die Gefühle angehen. Die Rechnung ...

Lisa ist das dicke olle Mädchen. Sie friert nicht. Warum auch immer. Irgendwie verloren trifft sie auf Anne. Und mit Anne ändert sich so ein bisschen was. Vor allem, was die Gefühle angehen. Die Rechnung hat Lisa aber nicht mit Magnus gemacht. Der klinkt sich irgendwann ein. Doch damit nicht genug, warum den Fokus auf Lisa, Anne und Magnus lenken, wenn es noch so viele anderen Menschen in ihren Leben gibt?

Das leidliche Spiel mit den Erwartungen kennen wir und ich denke, ich hab das in meinen letzten Rezensionen immer mal wieder thematisiert.

Man hätte meinen können, dass mich Das Umgehen der Orte von Fabian Hischmann komplett frei von allen Erwartungen überzeugen konnte. Ganz so leicht war es dann doch nicht. Ich brauchte etwas. Mein Buchmeinungsdealer des Vertrauens Fabian von Herr Booknerd, war höchst angetan von dem Schätzchen. Weswegen ich das Buch überhaupt in Betrachtung gezogen habe. Denn Fabian Hischmann ist mir neu als Autor.

Und vorab mag ich sagen: Es ist kein schlechtes Buch. Es ist aber auch nicht so geil, wie ich erhofft hatte. Weil ich eben anderes erwartet habe. Irgendwie. Ich hab es schon vor einer Weile ausgelesen und wusste ziemlich lange nicht, was ich zu diesem Buch sagen soll. Vielleicht ist Das Umgehen der Orte und die Art, wie Fabian Hischmann die Geschichte beschreibt und aufbaut, so eigen und anders, dass mir selbst erstmal die Worte dazu fehlten und nicht zu mir finden mochten.

Ich würde sogar eher sagen, dass die Art wie Hischmann schreibt ganz fein und subtil ist. Der Leser bekommt nicht einfach alles vorgekaut und auf dem Silbertablett serviert. Nein. Das Umgehen der Orte ist ein Buch, wo der Leser hin und her blättern, selbst die Verbindungen ziehen und erarbeiten muss. Aber es lohnt sich, denn diese kleinen „Aaaah, ach ja!“-Momente sind irgendwie das Salz in dieser Suppe. Hier und da mag mal die Sprache, mal gewisse Passagen dazu etwas vulgär erscheinen, plump, unnötig, plötzlich außergewöhnlich und brilliant und dann doch nur noch normal. Aber genau die Art unterstreicht das Konzept und den Inhalt von Das Umgehen der Orte.

Ich weiß gar nicht wirklich wieso, aber ich hatte anfangs gehofft, dass die Geschichte um Lisa wesentlich stärker und länger im Fokus des Buches stehen würde. Ich empfand sie als Person so stark und markant, ich hätte wirklich gerne mehr von ihr gelesen. Aber das lässt Hischmann nicht zu. Er reißt uns raus und in Leben hinein. Er liefert uns Momentaufnahmen, Bruchstücke von den Leben (junger) Menschen, die auf der Suche nach Liebe, Akzeptanz, Orientierung, Glück oder irgendetwas undefinierten, was sie aber brauchen, sind. Ich wäre gemein, wenn ich nicht erwähnen würde, dass das gesamte Buch einem gewissen Kreislauf folgt und Lisa am Schluss wieder ein präsenter Teil der Geschichte wird. Wer das Buch also liest und Lisa ebenso interessant findet, braucht nicht komplett auf sie zu verzichten.

Aber um zu diesen Punkt zu gelangen, wo wir als Leser Lisa wieder begegnen, schlüpfen wir immer wieder in die Leben anderer Protagonisten. Unter anderem eben auch in das jener Jugendfreundin von Lisa, Anne. Anne ist jemand besonderes für Lisa. Aber mehr sollte ich nicht verraten. Daneben finden wir aber noch Magnus, Tim oder auch Niklas. Jede Figur taucht so schnell auf, wie sie wieder in der Versenkung – oder sollte ich vielmehr in dieser vielschichtigen Welt sagen? – verschwindet.

Schön und gut, mag man sich denken. Dann ist das halt ein Buch mit vielen Charakteren. Und? Wo ist der rote Faden? Was ist mit der Geschichte?

Das Besondere tut sich erst mit der Zeit auf. Einen groß angelegten und spannungsgeladenen Plot habe ich aber weniger gefunden. Das Umgehen der Orte ist reduziert, auf eine gewisse Weise sehr ruhig erzählt. Viel Getöse benötigt man aber hier auch nicht. Denn was Fabian Hischmann hier schafft ist eine einzigartige Leistung. Jede Figur bekommt ihr eigenes Porträt. Ihre eigene Geschichte, ihre eigene Sprache, Stimmung und ein eigenes Wesen. Und doch verliert sich nie die Spur zu den anderen Figuren. Wie ich bereits erwähnt habe, am Ende schließt sich der Kreis auf eine gewisse Weise. Aber auf dem Weg dorthin pickt sich der Autor immer wieder Figuren aus dem Leben heraus, so nah, eigenwillig und doch stinknormal wie dein Nachbar, die Arzthelferin, die Bäckereifachverkäuferin, die dir morgens die Stulle in die Hand drückt.

Ich habe selten das Gefühl realen Menschen in einer fiktiven Geschichte zu begegnen. Und das ist anders. Das fand ich wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, aber im Nachhinein, ist es eine Außerordentlichkeit, die tatsächlich meiner Bewunderung bedarf.


Fazit
Der Anfang hat mich gepackt, darauf folgte leichtes Befremden, ein großes Fragezeichen, wohin die Geschichte gehen mag und zum Schluss schließt sich der Kreis und ich blieb als Leser irgendwie beeindruckt zurück. Irgendwie. Fabian Hischmann hat mich nicht komplett umgehauen. Aber er hat mir bewiesen, dass nicht viel Trara um eine Geschichte, einen Plot, gemacht werden muss, damit sich doch alles zu einem großen Sinn erschließt. Dass unser Leben nicht aus einer großen Geschichte, nicht aus einem Anfang, Mittelteil und Ende besteht, sondern aus einer Aneinanderkettung miteinander verknüpften Leben und Personen. Das Umgehen der Orte ist ein junges, deutsches literarisches Abenteuer, welches die paar Lesestunden wert ist. Weil die 208 Seiten extrem schnell zu lesen sind.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Wieder ein wunderbarer Schreibstil

Über mir der Himmel
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Jandy Nelson hat nach mir bereits mit Ich gebe dir die Sonne ein paar ganz besondere Lesestunden beschert, die ich nicht mehr missen mag. Zugegeben, ich habe nach dem Lesen relativ zeitnah mit Über mir ...

Jandy Nelson hat nach mir bereits mit Ich gebe dir die Sonne ein paar ganz besondere Lesestunden beschert, die ich nicht mehr missen mag. Zugegeben, ich habe nach dem Lesen relativ zeitnah mit Über mir der Himmel angefangen und hatte kurz danach leichte Bedenken, ob das nicht ein Fehler war. Denn auf den ersten Blick war ich noch so sehr von Ich gebe dir die Sonne gefangen, dass ich sehr viele Parallelen zu Über mir der Himmel gezogen habe. Warum das aber am Ende keine Bedeutung mehr hatte und warum das Buch selbst sehr schön, aber eben auch wieder nicht perfekt war – darauf gehe ich hier ein.

Will ich das eher negative direkt hinter mich bringen? Ja, will ich.

Wie ich bereits erwähnt habe, habe ich dieses Buch sehr zeitnah zu Ich gebe dir die Sonne gelesen und hatte leichte Schwierigkeiten für die Protagonistin Lennie, in diesem Buch, eine eigene Stimme, ein eigenes Wesen zu finden. Sie hat mich, bis auf diesen großen Kreativitätspart bei Jude aus Ich gebe dir die Sonne, kaum mit einer eigenen markanten Persönlichkeit überzeugen können. Jude und Lennie wirken so ähnlich vom Typ her, dass sich das erst später im Buch verflüchtigt hat.

Denn Lennie hat mit Jude so einiges gemein. Beide im ähnlichen Alter. Und da ist zum Beispiel der Verlust der Mutter. Das Verarbeiten von Tod. Das Auftauchen eines Jungen, der einen die Probleme vergessen lässt. Der Zwist, der eigentlich keiner ist, zwischen Geschwistern. Und all das passiert wieder in der gleichen Örtlichkeit, die ich auch schon in Ich gebe dir die Sonne kennenlernen durfte. Da keine Parallelen zu ziehen ist mir einfach schwer gefallen.

Wenn man die genauen Umstände der Geschichten nicht kennt, bedient sich Jandy Nelson einem einfachen Prinzip, welches auch zu funktionieren scheint. Denn Jandy Nelson hat da einen dicken Glücksgriff gehabt, was ihre schriftstellerischen Skills angeht. Ich liebe ihren Schreibstil. Auch hier war ich so schnell im Geschehen, in der Emotion drin, weil es die Autorin schafft mit einfachen, aber doch sehr wirkungsvollen Szenen und vor allem Sätzen den Leser zu faszinieren. Da sind wahre Perlen bei. Und auch hier liest sich das alles in einer so kurzen Zeit, die Seiten fliegen dahin.

Doch ich hatte angekündigt, dass das Buch nicht perfekt ist. Und das fängt mit dem Plot an, der sich im Verlauf auf gewisse Weise hin zuspitzt, dass ich nicht gerade selten mit den Augen gerollt habe. Oft war ich wirklich sauer auf Lennie. Sie macht es einem wirklich nicht leicht.

Ein grober Umriss: Nach dem Tod von Lennies großer Schwester befindet sich Lennie in einer Lethargie und einem Trauerzustand, zu dem wohl nur der feste Freund, Toby, von ihrer verstorbenen Schwester Zugang findet. Und in dieser Trauer stürzen sich die beiden aufeinander. Wortwörtlich. Dieser Gewissenskonflikt allein mag manchen vielleicht blöd aufstoßen, aber das war gar nicht das Ding, was mich am meisten gestört hat. Im Klappentext heißt es, dass Lennie irgendwann zwischen zwei Typen steht. Das tut sie tatsächlich. Irgendwie. Aber vor allem gibt es einen Moment, wo ihre Naivität und Kopflosigkeit solche Wellen schlägt, dass sie tatsächlich zweigleisig fährt. Mit vollen Bewusstsein. Mit dem Vorhaben, es nicht zu tun. Und sie macht es.

Und wenn man das ganze Drumrum vorher mit dem anderen Typen, Joe, verfolgt hat und sich denkt „Ja, das ist besonders, das kann funktionieren!“ ist das alles einfach nur Bullshit. Bullshit um Drama zu erzeugen. Keine wirklich kluge Protagonistin. Reines Impulsivverhalten. Und es war ätzend mitanzusehen.

Ich bin wirklich ein total offener Typ was solche Geschichten angeht. Ein wirklicher Fan bin ich nicht, aber ich kann das rational sehen. Wenn es denn rational ist. Aber das war … wirklich, es hat einfach nicht zu dieser angeblichen großen Liebe, dieser Situation und selbst zu Lennie in dem Moment, nicht gepasst.

Jetzt will ich aber auch was Nettes sagen. Denn das Buch hat ja trotzdem Spaß gemacht und es war ein wirklich gut zu lesendes Jugendbuch. Denn so absurd ich manches dazwischen fand, war die Geschichte doch sehr mitreißend. Vielleicht oder vor allem wegen des Dramas. Aber auch die Zerrissenheit von Lennie ist sehr oft großartig und authentisch geschildert, weswegen ich es hier und da halt schwer hatte, nicht ins Buch zu greifen und Lennie bis zur Besinnungslosigkeit zu schütteln.

Abgesehen davon, schafft es die Autorin mit schon erwähnten Skills eine besondere Atmosphäre zu schaffen. Und wieder schafft es die Autorin, in ganz besonderer Art, Nebencharaktere in ein selbstständiges Licht zu rücken. Wieder tauchen Figuren auf, die die Geschichte wirklich ergänzen. Sie sind nicht nur blasses Beiwerk, um den Kontrast der eigentlichen Protagonisten hervorzuheben. Sie sind genauso farbig, vielseitig und präsent. Und das liebe ich an der Art wie Jandy Nelson Geschichten schreibt. Jede Figur steht für sich, hat einen authentischen Background und du bemerkst sie. Die Nebenfiguren wachsen einem ebenso ans Herz, wie die eigentlichen Hauptfiguren. Das ist eine großartige Fähigkeit, die ich wirklich sehr an der Autorin schätze. Denn oft genug habe ich bei Büchern das Gefühl, dass Nebencharaktere wirklich nur Beiwerk sind, damit die Protagonisten nicht nur Monologe halten und ansatzweise ein Sozialleben antäuschen.

Und letztendlich ist es ein leichtes und schweres Buch zugleich. Trotz und wegen der Tragik, dem ganzen Trara darin. Die Passagen in denen man leicht und strahlend lebt, die Passagen, in denen man weint und still ist. Es hat mich nicht tief bewegt, es ragt nicht an diesen monstermäßigen „Flash“ von Ich gebe dir die Sonne heran, aber es ist definitiv ein paar Lesestunden wert, wenn man eben erwähntes Buch schon sehr mochte. Denn es gibt so viele Sätze in diesem Buch, die man einfach instant anstreichen mag, weil sie YES! IT’S TRUE! schreien.

Fazit
Ich kann Über mir der Himmel von Jandy Neslon jedem ans Herz legen, der schon Ich gebe dir die Sonne liebte. Aber auch den Leuten, die einfach eine leichte und junge Liebesgeschichte, mit dem Hang zur Problematik und Dramatik, suchen und/oder gerne lesen. Für Leute, die mehr auf Diversität stehen oder Klischees einfach nicht mögen, ist das nicht das richtige Buch. Und für Jandy Nelson-Fans ist es dann wohl einfach ein Muss. Denn auch hier strahlt ihr Schreibstil auf so viele Arten. Ich bin in diesen Stil einfach verknallt.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Anders, aber nicht schlechter

Angelfall - Tage der Dunkelheit
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Susan Ee konnte mich mit dem Auftakt zu dieser Reihe schwer begeistern und ich konnte es kaum abwarten, bis es endlich auf Deutsch weitergeht und der Heyne Verlag nachlegt. Wenn ich mir so die Rezension ...

Susan Ee konnte mich mit dem Auftakt zu dieser Reihe schwer begeistern und ich konnte es kaum abwarten, bis es endlich auf Deutsch weitergeht und der Heyne Verlag nachlegt. Wenn ich mir so die Rezension zu Angelfall – Nacht ohne Morgen ansehe, komme ich direkt wieder in dieses Feeling von permantenter Achtsamkeit und möchte meinen Blick, ähnlich wie Penryn, immer hoch in den Himmel werfen, um nachzusehen, ob nicht wieder irgendwelche überstarken Engel mich in Stücke reißen wollen. Ich habe direkt wieder Lust in diese apokalyptische Welt einzutauchen, die düster und gefährlich und brutal ist. Ich möchte die Dialoge zwischen Raffe und Penryn lesen und den irren Aktionen von Penryns Mutter mit einem Schmunzeln begegnen.

Dieses Problem mit so einem geilen Auftakt ist bekannt. Vor allem, wenn es eine Reihe ist. Und ich habe es sicher schon einmal erwähnt, ich erwarte mittlerweile von den zweiten Bänden von Trilogien, dass sie etwas abkacken. Die Erfahrung hat mich selten eines Besseren belehrt. Ist leider so.

An dem Punkt hat mich Angelfall – Tage der Dunkelheit tatsächlich nochmal überrascht. Denn als ich die letzten Seiten gelesen habe, musste ich kurz innehalten. Ich hatte das Buch in der Hand. Sah es mir so an, von allen Seiten und habe die Geschichte und die Ereignisse nicht direkt loslassen können. Wie schon beim ersten Band! Das ist super, oder? Und doch war da keine schiere Begeisterung, wie beim letzten Mal. Eher war es ein „Woah-Effekt“. Nicht zu verwechseln mit dem „Wow-Effekt“.

Ich fand Angelfall – Tage der Dunkelheit von Susan Ee wieder wirklich gut. Obwohl ich zu Beginn leichte Startschwierigkeiten hatte und schon das Schlimmste befürchtete. Trotz der raffiniert eingebundenen Rückblenden für den Leser, um nochmal die wichtigsten Ereignisse aus dem ersten Band Revue passieren zu lassen und daran anknüpfen zu können. Ich hatte trotzdem Probleme die Connection zu Penryn wiederzufinden, ich habe indirekt wieder auf diese Schlagabtäusche zwischen Raffe und Penryn gewartet und einfach mehr. Mehr von allem! Ich wollte, dass die Autorin mich wieder mindestens genauso schnell begeistert, wie beim ersten Mal. Ich wollte mehr Action, mehr Drama, mehr und mehr und mehr. Und das vermisste ich etwa die ersten 100 bis 150 Seiten lang. Dann wurde es besser.

Ob das wieder an diesem rasanten und fesselnden Schreibstil von der Autorin lag oder ich diese Seiten brauchte, um mich speziell auf den zweiten Band einzugrooven, kann ich gar nicht wirklich sagen. Allerdings hat Susan Ee in diesem Buch wieder großartige Arbeit geleistet, was die Details, auch sehr unschöne und unappetitliche, angeht. Wie ich bereits in meiner Rezension zu Angelfall – Nacht ohne Morgen erwähnt habe, hat sie eine sehr bildliche Schreibweise. Und auch in diesem Fall empfehle ich zarten Gemütern das Buch nicht. Denn es ist weiterhin roh. Es ist nackt und unschön und ich find das geil!

Manchmal habe ich mich gefragt, ob dieses Buch eine einzige Freakshow ist. Was da an Gestalten rumlaufen und was da alles rumexperimentiert wird. Ich habe bei diesem Buch nie nebenbei etwas gefuttert. Das geht einfach nicht. Was da passiert und beschrieben wird hat mich jetzt nicht unendlich verstört, aber Appetit auf Gummibärchen oder Schoki habe ich dabei auch nicht bekommen. Das Buch ist also kein Buch zum nebenbei snacken. Sorry.

Insgesamt fand ich diesen Band wesentlich bedrückender, gefährlicher und düsterer als den ersten Band. Was sicher daran lag, dass Raffe sehr lange nur passiver Teil der Geschichte ist und dieser passive Teil, sehr klein ausfiel. Das bedeutetete auch, dass Penryn größtenteils allein unterwegs war. Klar, sie hatte Abschnitte, wo sie andere Menschen an ihrer Seite hatte, z. B. ihre Mutter, aber auch das waren eher kurze Episoden. Und so kam es mir vor, dass wir, das Schwert von Raffe und Penryn allein auf Streifzug durch Amerika waren, um Paige mal wieder zu befreien.

Während dieses Streifzugs lernen wir Penryn genauer kennen. Und das äußert sich auf besondere, und wie ich finde, sehr reife und reflektierte Art. So schwierig die Familienbande durch die Veränderung an Paige und die Verrücktheit ihrer Mutter geworden sind, ist da diese Fürsorge, und ja, auch ein Pflichtgefühl seitens Penryn. Erstmals wird sehr unübersehbar, wie kräftezerrend all das für Penryn ist, als einzige „Normale“ die Verantwortung zu tragen. Sich immer um die anderen beiden aus ihrer Familie zu kümmern und auch, entgegen ihres Bestrebens, Seiten an sich zu entdecken, die ihrer Mutter nicht ganz unähnlich sind. Und diese nicht von sich zu weisen, sondern zu schätzen, liebevoll als Verbundenheit zu betrachten und irgendwie auch Frieden mit sich und ihrer Rolle in der Familie zu schließen.

Nichtsdestotrotz brodelt da etwas in Penryn, wo ich schon sehr gespannt bin, was passiert, wenn das alles an die Oberfläche kommt. So wie ich die Autorin einschätze, wird das ein Fest. Für mich zum Lesen, für Gegner und Feinde im Buch wahrscheinlich nicht so sehr.

Fazit
Angelfall – Tage der Dunkelheit von Susan Ee hat mich überzeugt. Auf ganz andere und eigene Weise. Es mag vielleicht das gleiche Plotkonzept wie beim ersten Band vorweisen, allerdings fand ich es da schon mega. Also kann ich das der Autorin nicht wirklich ankreiden. Insgesamt ist das Buch wieder auf verrückte Art und Weise besonders, bleibt im Kopf und hat mit seinen Pageturner-Qualitäten definitiv einen Platz in jedem Regal und bei einem jeden Leser verdient, welches und welcher mit dieser Art von Buch klarkommt. Ganz zu Schweigen davon, dass wenn man Band 1 schon mochte, hier etwas zeitverzögert, aber trotzdem, auf seine Kosten kommt.

Veröffentlicht am 01.02.2017

Nicht ganz so stark wie Band 1

Witch Hunter - Herz aus Dunkelheit
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Ein großer Pluspunkt, der mich schon auf den ersten Seiten wieder begeistern konnte, war die dichte Atmosphäre, die mich auch schon im ersten Band leicht fesseln und konstant durchs Buch tragen konnte. ...

Ein großer Pluspunkt, der mich schon auf den ersten Seiten wieder begeistern konnte, war die dichte Atmosphäre, die mich auch schon im ersten Band leicht fesseln und konstant durchs Buch tragen konnte. Virginia Boecker schafft es mit ihrem Schreibstil, der Sprache und feinen Details immer wieder lebhafte Bilder vor das innere Auge zu zaubern. Besonders in dem Genre kein schlechtes Attribut.

Im zweiten Band Witch Hunter – Herz aus Dunkelheit ist der Name Programm. Wer allerdings glaubt, dass es sich hierbei um Elizabeths Herz handelt, der irrt. Tatsächlich handelt es sich um das Herz von John. Es ist kaum möglich diesen Umstand ohne Spoiler zu beschreiben. So viel sei allerdings gesagt, Achtung, Spoiler!, wer den ersten Band schon gelesen hat, weiß, dass Elizabeth ihr Stigma auf John überträgt, damit sie ihn vor dem Tod bewahren kann. Eben dieses Stigma bedeutet aber eine immense Bürde, wie Elizabeth schon bald an John feststellt.

Und das ist der Punkt, wo das Buch merklich nachlässt, der mich als Leserin wenig gepackt, sondern mehr irritiert und auch etwas genervt hat. Die Autorin schafft es mit diesem Stigma John in einen kalten, sehr harten Charakter zu verwandeln, der aber dennoch keine Konstante kennt. Immer wieder blitzen Szenen mit ihm auf, wo ersichtlich ist, wie sehr Elizabeth und er miteinander verbandelt sind. Und dass dieser Charme, dieser fürsorgliche und doch sehr starke Wesenzug seines Charakters, in ihm ruht. Leider hat sich das auch nicht als Charakterentwicklung entpuppt, denn an anderer Stelle war wieder alles sehr schnell gut, oder wieder überdramatisch schlecht, so dass es mehr wie schriftstellerische Launen daherkam. Ich habe am Schluss John diese Bösartigkeit nicht abgekauft. Sie ging so schnell, wie sie kam und einen tieferen Sinn dahinter suche ich noch immer vergebens.

Das einzige was diese Dunkelheit tatsächlich mit der Geschichte macht, ist, dass da zwischen Elizabeth und John ein Streit, eine Distanz, wächst. Das traute Liebespaar entzweit. Ganz nett um in liebestechnischen Dingen Spannung zu erzeugen. Doch ehrlich? Das hat das Buch nicht in ein besseres Licht gestellt.

Wenn wir auch schon bei der eher schwachen Charakterumsetzung sind: Elizabeth war im ersten Band so eine starke und taffe junge Frau. Die zwar in ihrem Kern ein Herz hatte, aber nie dumm oder naiv wirkte. In diesem Band hingegen kam dieses ursprüngliche Wesen von Elizabeth so selten durch. Zu Beginn dachte ich mir noch, dass diese Entwicklung auch schön sein kann für Elizabeth, jetzt, da sie ja John hat und mit der Liebe eine zarte, eine feminine Seite in ihr erblüht.

Doch mit einem Seitenblick auf die Handlung, auf den gesamten Verlauf der Geschichte, ist das kein Wesenszug der sie ergänzt. Es wirkte manchmal in der Konstellation so, dass John und Elizabeth einfach die Rollen getauscht hätten. Das allein an den Besitz des Stigma festzumachen ist sehr plump gelöst und ich denke nicht, dass das auch die eigentliche Absicht der Autorin war. Zudem es Elizabeth eigentlich dank ihres antrainierten Bewusstseins und ihrem kühlen Verstand oftmals in Situationen besser wissen sollte und tut, aber trotzdem anders handelt.

Außerdem ist es unglaublich schade, dass sich die Geschichte gefühlt nur um John und Elizabeth dreht, die irgendwie durch die verschobenen Machtverhältnisse einen Zwist austragen, der total unnötig ist und auch viel zu viel Raum bekommt. Ähnliches gilt für die ausschweifende Kriegsvorbereitung, die zeitweilig sehr langatmig war. Im ersten Band fand ich es noch außergewöhnlich erfrischend, dass der Fokus wirklich auf Elizabeth lag, die versucht hinter die Geheimnisse von Perevil und später Blackwell zu kommen. Das die Magie immer irgendwie präsent war und die vielen Schauplatzwechsel dem Leser ein vielseitiges und buntes Bild von dieser Welt gegeben haben. Die Liebesgeschichte, die sich da mit John abzeichnete, stand null im Fokus. War Beiwerk. Nett anzusehen, aber nicht notwendig.

In Witch Hunter – Herz aus Dunkelheit sind all die erwähnten Dinge um 180 Grad gedreht und fühlen sich leicht fremdartig und sperrig an. Viel mehr Liebe, weniger Fokus auf die Handlung selbst, diese Welt oder die Bedrohung dieser. Gegen Ende hat die Autorin nochmal versucht alles zu geben, da kehrten auch wieder Elizabeth und John zu ihren eigentlichen Charakteren zurück, die Spannung war da, aber da war der größte Teil des Kuchens schon gegessen und hatte Bauchschmerzen verursacht.

Nach dem unmittelbaren Lesen fand ich das Buch wirklich gut. Es hat trotz all dieser Makel Spaß gemacht zu lesen. Allerdings mit etwas Abstand muss ich leider gestehen, dass es doch schwächer und blasser ist als der erste Band. Was wirklich sehr schade ist. Vielleicht sind die Erwartungen zu hoch gewesen? Denn inhaltlich kann Witch Hunter – Herz aus Dunkelheit nicht mit dem ersten Band mithalten.


Fazit
Das alles klingt natürlich sehr negativ. Ich möchte allerdings an dieser Stelle noch kurz hervorheben, wie schön ich insgesamt die Welt, in der diese Geschichte spielte, fand. Leicht urig, sehr ursprünglich, ein Hauch Magie und voller Farbe. Die Autorin ist wirklich gut darin Atmosphäre zu erschaffen. Aber in Witch Hunter – Herz aus Dunkelheit liegen einige Defizite im Bereich Handlungsverlauf und Charakterentwicklung und -authentizität vor. Das Finale dieser Dilogie hat mich schon etwas enttäuscht. Da hat selbst das sehr spannende Ende nicht mehr wirklich am Gesamteindruck rütteln können.