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Veröffentlicht am 15.09.2016

Anders & speziell, aber auch gut

Kreuzfahrt
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Inhalt
Meret trifft in ihrem Urlaub auf Jan. Ihren Nachbarn, den sie kaum kennt. In einem winzigen Augenblick scheint sich etwas zu verändern, die Perspektive verschiebt sich, alles scheint auf einmal ...

Inhalt
Meret trifft in ihrem Urlaub auf Jan. Ihren Nachbarn, den sie kaum kennt. In einem winzigen Augenblick scheint sich etwas zu verändern, die Perspektive verschiebt sich, alles scheint auf einmal möglich. Denn die jeweiligen Ehen der beiden sind ernüchtert und die Luft ist schon gefühlte Ewigkeiten raus. Zunächst unscheinbar und dann heftig, fallen beide in eine Affäre miteinander, bis Meret einen Schritt wagt, der so einiges ändert.


Meinung
Unromantisch. Glasklar. Rational und dabei authentisch. Mit diesen Worten assoziiere ich „Kreuzfahrt“ von Mireille Zindel. Der Schreibstil ist, vorneweg, nicht für jeden etwas. Innerhalb der Leserunde bei Lovelybooks, durch die ich die Möglichkeit bekam, dieses Buch zu lesen, haben sich schnell Stimmen erhoben, die sich wenig für den Schreibstil begeistern konnten. Und es ist wahr. Die Autorin schreibt recht sachlich und nüchtern. Die Emotionen bleiben ein wenig auf der Strecke. Allerdings hat mich das nie gestört. Warum?

Das Buch braucht eine gewisse Distanz, genauso wie die Protagonistin Meret sehr distanziert auf den Leser und sich selbst wirkt. Ich war mir schnell bewusst, dass dieser Roman, in welchem Meret in der Ich-Perspektive an Jan schreibt, eine Reflektion über Vergangenes ist. Damit fährt es sich ganz gut. Außerdem bekam ich das Gefühl, dass dieses gestörte Selbstbildnis, diese emotionale Sachlichkeit Teil ihrer momentanen Lebensphase ist. Sie neigt zu einer Depression und Resignation ihrer Situation, welche die Emotion nach außen hin schluckt. Das dermaßen auf den Leser übertragen zu können, ist schon eine schriftstellerische Leistung.

Auf diese Geschichte und die Art, wie sie erzählt wird, muss man sich einlassen. Neben einer doch etwas undurchdringbaren Hauptprotagonistin, finden sich noch die anderen drei Beteiligten in dem Buch wieder. Da ist zum Beispiel Romy. Die Ehefrau von Jan, die sehr offen und weltgewandt wirkt. Andererseits wird dem Leser bald klar, dass sie nicht ganz sauber tickt. Sie hat ein ganz komplexes und launenhaftes Wesen, ist sehr stark der Esoterik verschrieben und auch sie wirkt emotional etwas kühl und sich selbst entfremdet. Umso spannender ist die Tatsache, dass sich Meret Romy nicht entziehen kann, obwohl sie Romy nicht richtig leiden mag und sie diese Schwärmerei für ihren Ehemann hegt.
Bei Dress, dem Ehemann von Meret, ist es ein ähnlich stummes Bild zur Emotion. Nur das es zu ihm passt. Er scheint mehr der Pragmatiker zu sein und hat insgesamt die Rolle des Unscheinbaren eingenommen. Die Person Dress lernt man nur oberflächlich kennen. Das liegt derweil daran, dass Meret in ihrer Erzählung an und über Jan, hauptsächlich mit sich selbst und dieser Affäre beschäftigt ist. Nachvollziehbar, wenn die Ehe bröckelt und das neue Spielzeug vor der Nase rumturnt. Jan hingegen wirkte auf mich unwesentlich präsenter. Trotz seiner Rolle. Er hatte, der Natur des Buches sei Dank, einiges mehr an Präsenz, aktiv oder passiv, allerdings habe ich mir auch kaum ein Bild von ihm machen können. Er ist introvertiert, und doch zielstrebig und erfolgreich im Beruf. Er wirkt so geerdet, dass es so verwunderlich und auch unverständlich ist, wie seine Ehe mit Romy bisher hat halten können.

Der Titel des Buches ist ein kleines Mysterium. Im Buch findet man bei Begegnungen zwischen den Paaren immer wieder eine Geschichte vor, die Romy von Meret erzählt bekommen möchte. In dieser geht es tatsächlich um eine Frau mit dem Namen Gaia und eine Kreuzfahrt. Ich selbst bin ab von dem Gedanken, dass es so simpel ist. Es passt auch nicht zur Geschichte. Ich finde, das Cover repräsentiert wesentlich mehr den Sinn und Inhalt des Titels, passend zur Geschichte. Aber da darf jeder selbst Vermutungen anstellen.


Fazit
„Kreuzfahrt“ ist unglaublich nüchtern, dafür aber ehrlich. Die Autorin schildert auf eine gradlinige Weise wie das betäubte Innere einer verzweifelten und zur Depression und Langeweile neigenden Frau, ein Stück weit Leben sucht. Und sei es in einer Affäre. Der Schreibstil scheint nicht für jeden passend zu der Geschichte zu sein, wenn man sich einige andere Stimmen aus der Leserunde bei Lovelybooks durchliest. Ich allerdings kam sehr gut damit klar und finde das Buch in seinen Aspekten und seiner auch etwas schwierig greifbaren Art gut gelungen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hochspannung garantier!

Orphan X
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INHALT
Evan ist Orphan X. Oder besser, war es mal. Das elitäre Programm, in welchem junge Menschen zu militärischen Kampfmaschinen ausgebildet werden, ist seit Jahren eingestampft. Doch noch immer verfolgt ...

INHALT
Evan ist Orphan X. Oder besser, war es mal. Das elitäre Programm, in welchem junge Menschen zu militärischen Kampfmaschinen ausgebildet werden, ist seit Jahren eingestampft. Doch noch immer verfolgt Evan das Ziel seine Dienste anzubieten. Er will helfen. Auf unkonventionelle Art. Dafür hat er klare Regeln. Doch als er gerade einen Fall abgeschlossen hat und ein neuer seine Zeit beansprucht, werden die Grenzen dieser Regeln neu definiert oder gar dem Erdboden gleich gemacht. Und am Ende ist Evan in einer ihn unbekannten Situation: In Lebensgefahr.



MEINUNG
Der Autor Gregg Hurwitz spielt in „Orphan X“ direkt zu Beginn mit dem Leser. Er erwähnt die typischen Helden wie James Bond, Jack Reacher, Jason Bourne usw. Man merkt, der Autor hat einen Narren an solche Charaktere gefressen. Und das sollte einen, wenn man das Buch ausgelesen hat, nicht mehr wundern.
Am Anfang hatte ich so meine Schwierigkeiten ins Buch zu kommen. Es mag daran liegen, dass ich schon lange keinen derartigen Thriller gelesen habe oder der Schreibstil des Autors mir etwas zu distanziert, leicht unterkühlt oder einfach auch zum Teil sehr technisiert und sperrig vorkam. Eine Mischung von beidem scheint mir die Lösung. Denn nachdem ich mich mit der Zeit immer mehr in die Geschichte von Evan, einem anfangs zwölfjährigen Jungen, hineingelesen habe, zogen mich die ersten actionreichen Szenen in den Bann. Sobald man im aktuellen Zeitgeschehen und beim erwachsenen Evan, der um die Mitte dreißig anzusiedeln ist, ankommt, geht erst recht der Thriller-/Actionspaß los.

Ich möchte eigentlich so wenig wie möglich von der Handlung und den Personen im Buch wiedergeben, weil die sich doch selbstständig entfalten sollten. Denn mir haben diese unvorhersehbaren, aber relevanten Wendungen sehr gefallen, genauso wie die unterschiedlichen und charismatischen Charaktere im Buch. Klar, das Buch ist schon ein wenig „typisch Thriller“, wenn man sich so manche Szene anschaut, da die ja mittlerweile zum Standard zu gehören scheinen. Ich rede da von diesem „übermenschlichen Willen“ oder Kampfszenen, etc. Der allgemeine Thriller-Fan braucht sich also keine Sorgen machen und kommt auf seine Kosten. DerSpannungsbogen baut sich relativ ruhig auf, weil noch sehr wenig Info und Verwirrspiel zu Beginn vorherrscht, aber sobald die ersten Hinweise fallen, weiß man kaum noch wie man von A nach B kommt. Hervorragend!

Dennoch möchte ich hervorheben, wie vielseitig und tief Hurwitz Evan als Hauptfigur gezeichnet hat. Man hat zu Beginn wirklich nur diesen stereotypen Helden vor Augen, dessen emotionale Intelligenz und Empathie einfach nicht besonders ausgeprägt scheint. Dabei ist das nur unfassbar weit und tief bei Evan verborgen. So mancher Zivilist, der in diesem Buch auftritt, weiß an diesem Kern rumzufummeln. Und auch das ist so typisch. Es wirkt aber nicht so schrecklich klischeehaft, wie es klingt.

Das Buch selbst hat so einige Längen, die aber mit Szenen unglaublicher Spannung abgelöst werden. Kleine Rückblenden in die Vergangenheit lockern das Ganze auch noch sehr gut auf, sodass man doch recht zügig durch die Geschichte gleitet.
Wer im Anschluss noch mehr Bock auf Thriller oder „Orphan X“ hat, der kann auch den Blutdruck runterschrauben. Denn der Epilogklingt ganz stark nach Fortsetzung bzw. Auftakt einer Reihe.


FAZIT
Was ein Ding! Da bleibt einem der Atem weg! Die Spannung setzt jedes Mal noch ein Schippchen drauf, dann ist da dieses rasante Erzähltempo, welches dir kaum den Atem lässt. Was mich aber von diesem Buch am Ende überzeugt hat, sind die vielen Wendungen, die sich nur bis zu einem gewissen Grad vorhersehen lassen. Charismatische Charaktere und Hochspannung garantiert! Ich habe genau das bekommen, was ich erhofft und erwartet habe.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Trifft den Nerv einer Generation Y

Abwesenheitsnotiz
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INHALT
Claire Flannery hat ihren Job geschmissen und macht jetzt mal eine Runde Selbstfindung und Neuorientierung. Das könnte alles so schön einfach sein, wenn der Freund nicht erfolgreich Karriere machen, ...

INHALT
Claire Flannery hat ihren Job geschmissen und macht jetzt mal eine Runde Selbstfindung und Neuorientierung. Das könnte alles so schön einfach sein, wenn der Freund nicht erfolgreich Karriere machen, die Mutter nicht unnötig stressen und generell alle anderen sich weniger einmischen würden. Da man auch nicht 24/7 Bewerbungen schreiben kann, sollte man sich ebenso Zeit mit dem Personal Trainer gönnen, auch wenn man kein Geld hat; und lieber Internetvideos bis zum Erbrechen gucken, auch wenn es niemand anderen interessiert. Und dazwischen stellt sie sich die alles entscheidende Frage: Wer will ich sein?


MEINUNG
Undurchdringlich und doch offen und so klar. „Abwesenheitsnotiz“ von Lisa Owens hat mich nicht in Begeisterungsstürme versetzt, aber mir eine stille Bestätigung geschaffen, was junge Menschen. im Berufsleben oder um ihre Lebensziele herum, denken. Das solch kontroverse Gedanken „salonfähig“ sind und nicht künstlich beschönigt werden müssen. Stattdessen kann man sie mit einem sarkastischen Augenzwinkern Richtung Gesellschaft schieben und sich fragen, ob man nicht auch mal langsam aus dem Hamsterrad aussteigen will.

Mit einem trocknen, eher britischen Humor, einer eher nüchternen und doch leichten Schreibweise hat die Debütautorin eine junge Identifikationsfigur und ein alltagstaugliches und authentisches Umfeld geschaffen. In Kapitel und Unterkapitel schlüpft man in die Rolle von Claire Flannery und erlebt fetzenartige Gedanken, Situationen und Dialoge. Und das könnte in der Umsetzung kaum besser in diesen Roman passen.

So greift die Autorin die Komplexität und auch Sprunghaftigkeit von Claire und ihrer Grundsituation auf und schildert auf glaubwürdige Art, wie schwierig es ist, sich tatsächlich selbst zu finden, wenn man die Zeit dazu hat. Durch eine impulsive Handlung heraus, kündigt Claire ihren Job und ist zu Beginn noch mit Feuereifer dabei sich auf alles Mögliche zu bewerben. Denn der nächste Job könnte ihr den Sinninhalt für ihr Leben liefern, wonach sie sich so vergeblich sehnt. Und sei das als Drehbuchautorin, Bademeisterin oder als schnöde Mitarbeiterin beim Denkmalschutz. Hauptsache nicht das, was sie vorher gemacht hat. Die Welt steht ihr offen!

Doch aus einer anfänglichen Jobkrise, wird eine Sinn- und Lebenskrise. Was sehr gut zur Geltung kommt und den „Zeitgeist“ von Generation Y und einer Quarterlife Crisis einfängt, ist, dass Claire einen Sinn in allem hinterher hechelt. Ihr Job muss geil sein. Ihr Leben muss geil sein. Ihr Fachwissen, ihre Soft Skills, ihre Person muss geil sein. Ein Leben im Superlativ. Die Messlatte liegt ja auch hoch. Ihr Partner ist Assistenzarzt und klettert stetig, während sie arbeitslos zuhause rumdümpelt und sich um Unkraut kümmern soll, die Karriereleiter hinauf. Dann ist da noch ihre Mutter, die was in den falschen Hals bekommt und dramatischerweise monatelang Claire aus dem Weg geht und nur über den Vater kommuniziert. Ihre Freunde loben sie zuerst und hinterfragen ihre Entscheidung, je länger sie sich auf Jobsuche befindet. Und dann ist da die ganze viele freie Zeit, in der man sie sich fragt, ob der Partner noch treu ist, warum man nicht doch heiraten möchte oder dass man ja auch einfach jetzt Kinder bekommen könnte. Auch wenn das nicht der Plan war. Nur ist ja jetzt reichlich Zeit dafür da.

Ich finde das Buch einfach spitze in seiner Realisierung. Die Persönlichkeit von Claire ist etwas rotzig, etwas sehr auf „mir doch egal!“ getrimmt, aber gleichzeitig konnte ich mich super mit ihr identifizieren. Sie hat erstaunlicherweise mit manchen Sätzen wunde Punkte bei mir getroffen, die mich nach dem lesen noch lange beschäftigt haben. Denn da sind genauso viele Selbstzweifel und Unsicherheiten zur Person, zum (beruflichen) Werdegang, zum Umfeld… Die Autorin beschreibt unglaublich gut, wie es ist, unter innerem und äußerem Druck, eine Rolle bzw. Funktion in der modernen Gesellschaft einnehmen zu müssen. Denn Auszeiten werden beklatscht und toleriert, aber ab einer gewissen Zeitspanne, sollte man wieder wissen, wo sein Platz im Hamsterrad ist.

Wenn ich etwas kritisieren würde, dann das Ende. Ich fand es etwas schnell auserzählt und hätte mir da mehr Indizien gewünscht, wie Claire zu diesem Punkt gekommen ist. Und diese sprunghafte Art in Szenen reinzuspringen und zu wechseln, mag auch nicht jedermanns Sache sein. Allerdings kommt man durch die Unterkapitel gut zurecht, daher revidiert sich das wieder.


FAZIT
„Abwesenheitsnotiz“ ist ein großartiges und markantes Debüt einer jungen britischen Autorin. Die Geschichte und das Gefühl, mit welchem ich hier rausging, haben mich ein wenig an Sarah Kuttner-Bücher erinnert. Die sind auch oftmals „rotzig“, aber haben immer eine Botschaft, die mich zum Nachdenken anregt und die Gesellschaft kritisch beäugen lässt. Wer sich generell mit dem Thema „Generation Y“ und dergleichen beschäftigen möchte, sollte hier nicht dran vorbei.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Intelligent und spannend

Das Geheimnis des Schneemädchens
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INHALT
Durch Hochverrat gesellschaftlich stigmatisiert wächst Suzie Backer unter falschem Namen und zurückgezogen auf. Nach all den Jahren der Schmach will sie den Namen ihrer Familie wieder rein waschen ...

INHALT
Durch Hochverrat gesellschaftlich stigmatisiert wächst Suzie Backer unter falschem Namen und zurückgezogen auf. Nach all den Jahren der Schmach will sie den Namen ihrer Familie wieder rein waschen und begibt sich dabei auf die Suche nach Beweisen. Ihr Weg führt sie von einem Flugzeugwrack, tief im Mont-Blanc verschollen, zu Andrew Stilman und seinen journalistischen Fähigkeiten. Er soll ihr helfen das Rätsel, um bisher gesammelte Hinweise, zu lösen. Die Arbeit daran weckt schlafende Hunde, die unter keinen Umständen wollen, dass die Geschichte aufgewärmt, noch veröffentlicht wird. Doch Suzie und Andrew schrecken nicht zurück und das bringt sie in größte Gefahr.


MEINUNG
Mit einem besonders spannenden Anfang in „Das Geheimnis des Schneemädchens“ hat Marc Levy mich sofort abgeholt. Die ersten Szenen mit Suzie Backer im Eis vom Mont-Blanc und der da stattfindenden Dramatik ist herausragend inszeniert. Das findet auch nicht punktuell statt, sondern zieht sich komplett durchs ganze Buch. Mit seinem detailgetreuen und prägnanten Schreibstil setzt er Fakten und Fiktion zusammen und weiß ebenso gut aufzuklären, wie zu verwirren.

Denn zugegeben, Levy hat mich oft kalt erwischt. Falsche Fährten und den Leser in die Irre führen oder unvorhersehbare Elemente einbauen, das kann er. Zum einen hat er mir einen kleinen Aha-Effekt beschert, indem er Andrew Stilman, Hauptfigur aus „Mit jedem neuen Tag“, mit in diese Geschichte wirft. Denn man kann diese Geschichte schon als eine Art Fortsetzung sehen. Zum anderen liest sich die Geschichte komplett unabhängig und steht für sich allein. Empfehlenswert sind Hintergrundinfos immer, aber hier werden die nötigsten Infos an den richtigen Stellen gesät, damit der Leser nicht mit einem dicken Fragezeichen da steht. Andere Stellen im Buch waren mir hingegen manchmal etwas zu sprunghaft und wirr, vielleicht einfach zu undurchsichtig von Levy formuliert, als dass ich damit rundherum zufrieden bin. Das hat mich allerdings auch motiviert weiterzulesen, um diese Verwirrung aufzulösen. Und das hat sich gelohnt.

Was sich innerhalb des Buches an Handlungen und Verwirrungen entwickelt, die sich am Ende bündeln und mich als Leser vor einem riesigen Skandal und einer noch größeren Verschwörung stellen, ist von Marc Levy eine großartige Arbeit. Zum größten Teil legt der Autor ein ordentliches Tempo für die Geschichte vor. Es gibt kaum Punkte, wo ein wirklicher Leerlauf in der Geschichte stattfindet. Wenn die wenigen auftauchen, bemerkt man sie, findet sie auch etwas zäh, verschmerzt sie aber genauso schnell. Im Gesamtbild ist „Das Geheimnis des Schneemädchens“ ein sehr intelligent geschriebener Roman, der schlüssig und in seiner Logik stimmig ist.

Als Leser verfolgt man in verschiedenen Perspektivwechsel die Ereignisse. Aber nicht nur aus der Sicht von Suzie und Andrew, sondern die Nebencharaktere finden hier ebenfalls Raum. Das gibt der Geschichte eine Tiefe und vervielfältigt die Handlungsstränge und Ereignisse.

Ich muss gestehen, dass ich sehr lange eine gewisse Distanz zu allen Charakteren im Buch hatte. Das liegt aber daran, dass sich die Persönlichkeiten sehr langsam darlegen und nicht wie ein offenes Buch für den Leser bereit stehen. Vielmehr arbeitet man sich bis zum Schluss zu dem Kern der Personen vor. Die wie gewohnt sehr markant und eigen, in ihren Stärken und Schwächen, sind. Suzie ist sehr lange sehr verschlossen, dabei aber unglaublich stark und direkt. Andrew hingegen ist wesentlich zugänglicher, dafür hängen ihm Alkoholprobleme und alte Konflikte an. Das Zusammenspiel der beiden ist dann umso spannender. Beide lassen sich nicht vom jeweils anderen in die Karten sehen und doch herrscht eine gewisse Faszination und Spannung zwischen ihnen. Doch legt Levy hier keinen Wert auf Kitsch oder Liebeleien. Find ich gut.


FAZIT
„Das Geheimnis des Schneemädchens“ ist ein sehr spannender und fesselnder Roman mit einem kriminalistischen Touch. Marc Levy und das Buch schaffen es mit kaum durchschaubaren Charakteren, gesellschaftskritischen Tönen und einem aktuellen weltpolitischen Thema den Leser und mich persönlich zu begeistern.

Veröffentlicht am 27.06.2017

Gut, aber der Hype hat mich nicht gekriegt

Fuchsteufelsstill
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Auf Niah Finniks Debüt Fuchsteufelsstill war ich ungemein gespannt. Das Cover hat mich beim ersten Blick angesprochen und auch das Thema, die Geschichte, hinter dieser schönen Aufmachung klang anders, ...

Auf Niah Finniks Debüt Fuchsteufelsstill war ich ungemein gespannt. Das Cover hat mich beim ersten Blick angesprochen und auch das Thema, die Geschichte, hinter dieser schönen Aufmachung klang anders, frisch, ein bisschen tiefer als ein Standard-Gegenwartsroman. Ein ebenso großer Anreiz für mich das Buch zu lesen, war dazu, dass die Autorin selbst mit dem Asperger-Syndrom diagnostiziert wurde und für mich die Authentizitätsfahne mehr als mit dem Zaunpfahl winkte.

Und schlussendlich hat Niah Finnik mit Fuchsteufelsstill ein besonderes Buch geschaffen. Mir hat von Anfang an der sehr klare, schnörkellose Schreibstil gefallen, der besonders diese eigenwillige Charakteristik von Juli einfängt. Denn ihr Denken, ihr Handeln und das ganze dahinter sind nüchtern, sehr rational und passte einfach. Das an sich rundet die Charaktere und die Grundidee der Geschichte ingesamt ab.

Dennoch konnte mich das Buch nicht so umhauen, wie ich es mir erhofft habe und an anderer Stelle, bei anderen Bloggern, mitbekommen habe. Es war gut, es war nett und allem voran fand ich diesen besonderen Einblick in den Kopf eines Autisten spannend. Aber da war eben auch ganz viel Chaos, welches ich nicht greifen konnte. Was vielleicht mit einem anderen Blick, mit einem anderen Verständnis für dieses Buch und die Geschichte, wieder sehr authentisch ist und passen mag; für mich war es aber doch eher unschön an den Stellen.

Was am Anfang als einfacher Psychatrienroman beginnt, entwickelt sich schon bald zu einem Fußgänger-Roadtrip quer durch die Stadt. Juli ist in dieser Geschichte nicht allein und wird von zwei Mitpatienten, Sophie und Philipp begleitet, nachdem die drei einen weiteren Mitpatienten tot in seiner Wohnung vorfinden. Hier dreht es sich nicht darum, einander besser kennenzulernen, oder beste Freunde zu werden. Jeder der drei, obwohl die Geschichte ausschließlich aus der Sicht von Juli erzählt wird, kämpft mit sich selbst. Mit seinen eigenen Ängsten, Problemen und damit, sich eben aus diesem Kreis herauszubewegen. Die Komfortzone auszudehnen, soweit es eben geht. Und vielleicht, dem eigenen Wahnsinn für den Bruchteil einer Sekunde zu entkommen oder ihr mitten ins Gesicht zu sehen.

Und an und für sich wäre das Ding an vielen Stellen richtig geil geworden, wären da einfach nicht diese sonderbaren Zufälle, die das sehr authentische Beschreiben dieser drei Personen (Juli, Sophie und Philipp), wieder ziemlich unauthentisch machen. Denn die drei erleben Sachen, die mir zu abstrakt, zu konstruiert waren. Wer wird schon einfach mal so von einem Fremden auf der Straße zu einer Business-Party eingeladen? Wer quartiert sich bei einer offenen Wohnungsauflösung in eben dieser Wohnung ein und der (fremde) Mieter macht einen auf Herbergsleiter? Und manchmal hatte ich dann einfach das Gefühl, irgendwas verpasst zu haben. Da wechselte die Stimmung und die Handlung so schnell, dass ich mir schon vorkam, als hätte ich Filmrisse. Da blättert man dann zurück, liest gewisse Abschnitte erneut und man ist nicht klüger als vorher.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich mit diesen Brüchen umgehen soll. Sind es Stilelemente? Sind es Anfängerfehler des Autors? Ist das insgesamt doch nicht alles so rund?

Es ist schwer. Aber ich sehe dazwischen ganz viel Brillianz, ganz viele wunderbare Worte und Sätze, so viel großartige, überfällige und wahre Kritik an den Menschen, an der Gesellschaft, die was ganz spezielles mit dem Leser machen und einen durch die rund 300 Seiten des Buches tragen. Aber eben weil es nur 300 Seiten sind, bedeutet das nicht, dass man einfach nur durchrauscht. Tatsächlich hatte ich das Bedürfnis, das Buch ganz oft beiseite zu legen, damit das Gelesene sacken kann. Bei den nicht unlangen Kapiteln (die aber wieder in einige Absätze unterteilt sind), brauchte ich das auch. Und vielleicht ist es genau das.

Ein Buch, welches mit Bedacht und Zeit gelesen werden muss. Ein Buch, was in den Leser jedes Mal auf ganz eigene Weise in diesen eindringt. Ein Buch, was so anders ist, dass es mit jedem Satz, mit jeder Seite, so wahrgenommen wird und werden soll.


Fazit

Ich mochte Fuchsteufelsstill von Niah Finnik. Es hat mich mit seinem einzigartigen Blickwinkel und dem leicht zynischen Spiel von gesellschaftlichen Konventionen unterhalten und auch überzeugt. Der Pllot selbst ist nicht unbedingt der Burner, aber der Schreibstil, der Subtext, sind einfach Hammer.