Eine vielschichtige und fesselnd beschriebene Gestaltwandler Geschichte
Wolf CallDer Einstieg in die Geschichte gefiel mir supergut. Er war flüssig und angenehm. Außerdem machte er mich sofort neugierig auf die kommenden Handlungen. Der personale Erzähler führte ausnahmslos durch diese ...
Der Einstieg in die Geschichte gefiel mir supergut. Er war flüssig und angenehm. Außerdem machte er mich sofort neugierig auf die kommenden Handlungen. Der personale Erzähler führte ausnahmslos durch diese Geschichte. Überwiegend ließ er mich über die Schulter von Charlotta gucken. Es gab aber auch Sequenzen, in denen ich auch Rob begleiten durfte.
So bekam ich ein gutes Gefühl für beide Protagonisten. Außerdem durfte ich an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben. Über die Länge des Buches hatte ich so die Möglichkeit, die beiden intensiv kennen zulernen und eine Beziehung zu ihnen aufbauen können.
Charlotta war mir am Anfang nicht ganz so sehr sympathisch. Ihre vorsichtige Art war für mich zwar nachvollziehbar, aber ihre Angst vor persönlicher Nähe ging mir manchmal ein wenig auf die Nerven. Stück für Stück wurde jedoch entschlüsselt, warum dies bei ihr so gewesen ist. Danach hatte ich mehr Verständnis für sie und auch die Sympathie ihr gegenüber stieg. Manchmal wirkte sie ziemlich zickig auf mich. Andererseits waren die Situationen nicht immer sehr einfach für sie. Mich hätten diese Ereignisse auch aus dem Konzept gebracht und mit Sicherheit auch überfordert. Daher konnte ich ihr Verhalten auf jeden Fall logisch nachvollziehen.
Mit der Zeit wuchs mir Charlotta ans Herz. Ich fühlte mit ihr und hätte sie so manches Mal auch gerne in den Arm genommen, um sie zu trösten oder ihr Mut zu machen. Für mich war sie ein sehr starker Charakter, der sich im Verlauf der Geschichte richtig toll weiterentwickelt hatte. Ihre charakterliche Reifung empfand ich durchweg positiv.
Bei Rob sah das Ganze schon anders aus. Ihn mochte ich von Beginn an gut leiden. Für mich war auch er ein kräftiger Charakter und ich fand ihn sehr ansprechend dargestellt. Nur im Verlauf der Geschichte zeigte sich bei ihm eine unschöne Charaktereigenschaft, die ich nicht sehr gut heißen konnte. Trotz dieses vermeintlichen Makels wurde Rob für mich aber durchaus interessanter. Er hatte Ecken und Kanten und das ist etwas, was ich an Figuren besonders mag. Komplexe Charaktere reizen mich viel mehr und Rob gehörte definitiv zu dieser Gruppe.
Trotz oder vielleicht gerade wegen Robs Fehlern mochte ihn sehr und er war einer meiner Lieblingscharaktere.
Die Liebesbeziehung zwischen Charlotta und Rob wurde schön aufgebaut. Es gab auch intime Szenen, die jedoch nicht zu ausführlich beschrieben wurden. So blieb noch genug Spielraum für die eigene Fantasie. Es war auch nicht alles eitel Sonnenschein, was ich positiv wahrnahm. Diese Beziehung musste wachsen und gedeihen, Tiefschläge gehörten ebenso dazu, wie im echten Leben.
Neben den beiden Protagonisten gab es noch etliche andere Figuren. Auch diese wurden mit sehr viel Detailliebe und Charaktertiefe dargestellt. Durch ihre Vielfältigkeit konnte ich sie aber alle prima auseinanderhalten.
Besonders hervorheben möchte ich noch den Schamanen der Dorfgemeinschaft, den Pisap Inua. Er war von Anfang an einer meiner liebsten Figuren. Mit ihm würde ich auch gerne mal ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht führen wollen. Vor allem seine Liebe für verschiedene Tees hatte mir sehr gut gefallen. Da würde ich als Teetrinkerin sehr glücklich sein.
Neben einem beeindruckenden Figurengeflecht und ihren Beziehungen untereinander, erschuf Jana Thomas auch eine sehr vielfältige Welt in denen die Figuren lebten. Diese beschrieb sie so ausführlich, dass ich mir alles sehr gut vorstellen konnte. Auch der durchgängig flüssige, sehr anschaulich und angenehme Schreibstil, sorgten für großen Lesegenuss. Dennoch gelang es mir nicht die Zeilen zügig zu lesen. So vielfältig die Menschen und die Umwelt auch gestaltet worden sind, so unglaubliche viele Details hatte die Autorin auch darin verwoben. Stellenweise musste ich höllisch aufpassen, damit ich ja nichts Wichtiges überlas. Alles hing irgendwie zusammen und dies erzeugte eine unglaubliche Spannung. Besonders angenehm empfand ich es, dass Jara Thomas sich nicht in unwichtigen Details verlor, sondern immer fokussiert darauf blieb, was nötig für eine fesselnde Geschichte war.
Ich wollte immer weiterlesen, kam aber gar nicht so schnell voran, wie ich es gerne gehabt hätte. Das gesamte Handlungsgerüst war so geschickt aufgebaut worden, dass die Geschichte wie von Zauberhand richtig lebendig wurde. So kamen auch die meisten Wendungen für mich absolut überraschend. Es gab nur wenige Szenen, die ich im Vorfeld richtig erahnt hatte. Ansonsten gab es für mich auch gar nicht so viele Möglichkeiten zu spekulieren, da es Jara Thomas gelang die Geschichte immer zügig voranzutreiben und ich gar keine Zeit hatte mir allzu viele Gedanken zu machen.
Manchmal gab es ein paar Längen in den Erzählungen, aber ganz ehrlich, ich war froh darüber. Es passierte dort so unglaublich viel, wenn es da nicht auch ruhigere Sequenzen gegeben hätte, wäre alles ins Unglaubwürdige abgerutscht. So ergab aber alles ein stimmiges und authentisches Gesamtbild.
Der Zeitraum der Ereignisse ging über mehrere Monate. Jedoch hatte die Autorin alles so geschickt aufgebaut, dass ich nie das Gefühl hatte, dass mir etwas fehlen würde. Mithilfe von Datumsangaben fiel es mir leicht der Geschichte und dem Handlungszeitrahmen gut zu folgen.
Fazit:
Eine sehr intensive, unglaublich vielschichtige und fesselnd beschriebene Gestaltwandler Geschichte.
Die Mischung aus Fantasy gepaart mit Alltagssituationen, jeder Menge Romantik und lebensgefährlichen Momenten war ausgeklügelt und glaubwürdig.