Verdammt schönes Buch!
Verdammt schönes LebenMEINUNG
Ein verdammt schönes Leben und ein verdammt schönes Buch. Diese Geschichte ist ein Roadtrip der anderen Art. Teils realistisch, teils völlig abwegig, doch wer weiß, was alles passieren kann in ...
MEINUNG
Ein verdammt schönes Leben und ein verdammt schönes Buch. Diese Geschichte ist ein Roadtrip der anderen Art. Teils realistisch, teils völlig abwegig, doch wer weiß, was alles passieren kann in Italien im Sommer, wenn das Leben frei ist und Vespas fliegen können?
Die 15-jährige Laura hat die Schnauze voll. Ihre beste Freundin spannt ihr den Freund aus, ihr Vater, den sie alle Jubeljahre mal sieht, weil er in Italien lebt, eröffnet ihr, dass er ein Kind mit einer anderen Frau bekommt und dann wird sie auch noch in die Psychiatrie eingewiesen, da sie selbstmordgefährdet ist. Alles nicht so einfach, gerade in dem Alter. Nach ihrer Entlassung kauft sie sich dann eine Fahrkarte nach Italien, mit einem bestimmten Plan im Kopf. Mit einer Vision von einer hellblauen Vespa, die sie in einer Kapelle hat, während das Jesusbaby ihr die Zunge rausstreckt, beginnt dann ihr großes Abenteuer, denn kurz danach trifft sie Guido, dem diese Vespa gehört.
Anfangs wird man gleich ohne Vorwarnung in die Geschichte geschmissen und findet sich mitten in einem Dialog wieder, der erstmal nur schwer nachzuvollziehen ist. Plötzlich ist man schon mitten drin und lernt gleich Guido, Walter, Laura und auch die Vespa kennen. Was anfangs noch sehr verwirrend ist, wird alles mit der Zeit erklärt. So erzählt Laura von der Zeit bevor sie nach Italien gekommen ist, aber auch davon, wie sie Guido und Walter kennen gelernt hat. So erfährt man stetig mehr von der Geschichte und lernt auch die Charaktere besser kennen.
So ist Guido zum Beispiel ein "typischer Italiener", der schon mit einigem an Machogehabe daherkommt, bereits im Knast saß und schwul ist.
Walter hat eine Flucht aus seinem Heimatland hinter sich und Laura kommt ja auch mit ihrem Päckchen daher. Von daher haben sich da drei gesucht und gefunden und ihr gemeinsames Leben, auch wenn dieses buchstäblich von der Hand in den Mund stattfindet und öfter auch aus klauen besteht, fühlt sich gut und frei und besonders an. Gemeinsam leben sie in einem alten Schuppen und genießen ihr Leben, in dem es dank der lieben Hormone bald schon drunter und drüber geht.
Alle drei haben mir als Charaktere sehr gut gefallen. Jeder hat seine Eigenarten und Probleme und auch wenn oft die Fetzen fliegen, so raufen sie sich doch immer zusammen und ihr besonderes Band wird spürbar.
Doch die wichtigste Rolle spielt in diesem Buch natürlich die Vespa. Dass es keine normale Vespa ist, ist ja schon klar geworden. Welches Fahrzeug kommt schon, wenn gepfiffen wird oder kann fliegen? Auch hier hat sich der Autor etwas Tolles ausgedacht und erzählt die Geschichte von Majorana, dem die Vespa ursprünglich gehörte und der dafür sorgte, dass sie besonders wurde und zu fühlen lernte.
Sehr gut hat mir der Humor gefallen, der geschickt durch bissige Bemerkungen, lustige Dialoge oder absurde Begebenheiten untergebracht wurde. Besonders die Tatsache, was für ein Chaos eine Wespe auslösen kann, hat mich laut auflachen lassen.
Doch nicht nur der Humor hat mir gefallen, ich träumte mich während des Lesens auch ständig nach Italien, denn während des gesamten Buches befindet man sich in einer Art Urlaubsstimmung. Christian Klippel hat es großartig hinbekommen, mich als Leserin Teil der Dreiergruppe werden zu lassen und so kam es mir vor, als würde ich alles mit ihnen erleben.
Der Schreibstil hat mir, wie man wohl auch an der Fülle meiner Lieblingszitate sehen kann, sehr gut gefallen. Vielen Textstellen lasen sich wie pure Poesie und gaben diesem Buch noch den extra Touch.
LIEBLINGSZITATE
Es war wie beim Domino Day. Alles war perfekt aufgebaut. Aber irgendwo in China lässt ein Schmetterling einen fahren und plötzlich ist es ein Fall für Kehrschaufel & Co.
Seite 18 (laut E-Reader)
Ich konnte meine Gedanken mit den Händen auseinander reißen. In das Loch, das dabei entstand, fiel ich selbst.
Seite 20 (laut E-Reader)
Die Zeit war ein Ei, das mit jemand auf den Kopf geklatscht hatte. Langsam, zäh und feucht flossen die Wochen über mein Gesicht. Es wurden Monate. Straußeneier.
Seite 21 (laut E-Reader)
Dann war es auf einmal ganz still. Diese Stille nach einem Kampf. wenn die Körper wie Steine werden und die Vögel noch nicht wissen, ob es sich schon wieder lohnt zu singen.
Seite 73 (laut E-Reader)
Schwarze Zypressen ragen wie Kuchenkerzen aus sanften Hügeltorten. Irgendwo bricht sich die Sonne durch eine Wolke und dippt einen Fleck Welt in kitschiges Erleuchtungsgelb.
Seite 93 (laut E-Reader)
Ich sah mir meine Angst an und bekam schreckliche Furcht vor ihr.
Seite 188 (laut E-Reader)
FAZIT
Ein Buch wie ein Roadtrip. Voller Spannung, Liebe, Urlaubsfeeling, Absurditäten, Gefühlen und noch vielem mehr. Ein verdammt schönes Buch!