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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2020

Speziell und originell - mir hat es gefallen!

Meine Schwester, die Serienmörderin
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Korede und ihrer Schwester Ayoola begegnet der Leser zum ersten Mal, als sie gerade dabei sind, eine Leiche zu entsorgen. Es handelt sich um Ayoolas Freund, auf den sie aus Notwehr mit einem Messer eingestochen ...

Korede und ihrer Schwester Ayoola begegnet der Leser zum ersten Mal, als sie gerade dabei sind, eine Leiche zu entsorgen. Es handelt sich um Ayoolas Freund, auf den sie aus Notwehr mit einem Messer eingestochen hat. Und Korede weiß als Krankenschwester eben, wie man sauber macht. Das Problem: Es ist bereits der dritte Vorfall dieser Art, und Korede kauft ihrer Schwester die Sache mit der Notwehr nicht mehr ab. Offensichtlich ist Ayoola eine Serienmörderin. Als Ayoola kurz darauf im Krankenhaus auftaucht und mit dem Arzt flirtet, in den Korede schon lange verliebt ist, bekommt sie es mit der Angst zu tun. Auf keinen Fall darf Tate das nächste Opfer von Ayoola werden!

Zu Beginn der Geschichte ist es eigentlich schon zu spät für die beiden Schwestern: Ayoola hat ihren dritten Mord verübt, und Korede hängt tief mit drin, weil die beiden die Leichen gemeinsam entsorgt haben. Zum einen fragt man sich, wie es so weit kommen konnte, zum anderen, ob Ayoola gestoppt werden kann. Es handelt sich um eine bitterböse Geschichte mit einer großen Portion schwarzem Humor. Die Atmosphäre ist entsprechend mehr „Das ist jetzt aber wirklich blöd.“ und weniger „Oh mein Gott! Mörderin!“. Die beiden Schwestern verbindet auf den ersten Blick nicht viel, doch im Verlauf des Buches erfährt man mehr darüber, was die beiden gemeinsam durchlebt haben, was Erklärungen für ihr Verhalten liefert. Das Thema der weiblichen Selbstbestimmung bildet den ernsten Kern des Buches. Bei hohem Tempo wird vor allem auf viele kurze Szenen gesetzt, die Koredes Dilemma zeigen, statt zu verweilen und in die Tiefe zu gehen. Speziell und originell - mir hat es gefallen!

Veröffentlicht am 21.04.2020

Einblicke in eine fremd erscheinende Welt

Kein Teil der Welt
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Esther und Sulamith waren von klein auf beste Freundinnen, die alle Geheimnisse miteinander geteilt haben. Für sie als Teil der Zeugen Jehovas war da immer eine Distanz zu den Weltmenschen in der Schule. ...

Esther und Sulamith waren von klein auf beste Freundinnen, die alle Geheimnisse miteinander geteilt haben. Für sie als Teil der Zeugen Jehovas war da immer eine Distanz zu den Weltmenschen in der Schule. Doch dann verliebt Sulamith sich und beginnt, den Glauben mit seinen Regeln und Pflichten zu hinterfragen.

Ein Jahr später ist Esther mit ihren Eltern aus dem Ruhrgebiet in das Heimatdorf ihres Vaters im Osten gezogen. Es ist kurz nach der Wende und die Zeugen Jehovas sind nicht mehr verboten. Nun bauen ihre Eltern hier einen neuen Königreichssaal auf und versuchen, neue Menschen für ihren Glauben zu gewinnen. Was mit Sulamith passiert ist, darüber redet niemand. Und Esther muss feststellen, dass ihre Eltern ihr schon lange einige Dinge verheimlichen.

Ich habe mich mit den Zeugen Jehovas bislang nur oberflächlich auseinandergesetzt und fand es interessant, Einblicke von einer Autorin zu erhalten, die im Alter von 15 Jahren die Gemeinschaft verlassen hat. Die Geschichte ist fiktiv, doch bei den Schilderungen von Esthers und Sulamiths Teenager-Alltag bei den Zeugen, wo sie unter anderem am Predigtdienst, Bibelstudium und Versammlungen teilnehmen und Dinge wie Geburtstag und Weihnachten nicht feiern dürfen, hat sie ihre Erfahrung einfließen lassen. Auf einer zweiten Zeitebene wird von Esthers Ankommen in Ostdeutschland berichtet, sodass man als Leser in der Zeit vor und zurück springt und allmählich erfährt, was vor dem Umzug passiert ist.

Das Buch ist keine Abrechnung und beschönigt auch nichts, sondern erlaubt eine kritische Auseinandersetzung. Gleichzeitig erzählt es vom Erwachsenwerden - es geht um Freundschaft, die erste Liebe, dem Loslösen vom Elternhaus und dem Streben nach Normalität. Hier kommen jedoch die Regeln der Zeugen Jehovas ins Spiel - unter anderem darf man nicht einfach so eine Beziehung anfangen, erst recht nicht mit einem Weltmenschen - durch die bald Konflikte mit weitreichenden Folgen entstehen. Eine tiefgründige Geschichte mit vielen Einblicken in eine fremd erscheinende Welt, die an vielen Stellen bedrückt und schleichend an Dramatik gewinnt bis hin zu einem offenen Ende, das ich als stimmig erlebte.

Veröffentlicht am 10.04.2020

Ein neues Leben in West-Berlin

Neuleben
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Im West-Berlin des Jahres 1953 studiert Therese Jura an der Freien Universität und steht kurz vor dem ersten Staatsexamen. In der DDR durfte sie nicht studieren, denn ihre Familie hatte Landbesitz und ...

Im West-Berlin des Jahres 1953 studiert Therese Jura an der Freien Universität und steht kurz vor dem ersten Staatsexamen. In der DDR durfte sie nicht studieren, denn ihre Familie hatte Landbesitz und ihr Ziehvater war als Offizier bei der Wehrmacht. Doch als eine von zwei Frauen wird ihr von dem Professoren und Kommilitonen auch nach mehreren Semestern noch immer das Leben schwer gemacht. Unterstützung erhält sie von ihrem leiblichen Vater Leo, der als Strafverteidiger arbeitet und bei dem sie wohnen darf.

Gisela hat gerade Thereses Halbbruder Felix geheiratet. Sie arbeitet als Schneiderin und tritt eine neue Stelle im Konfektionshaus Engelmann an. Er selbst studiert noch, sodass sie auf ihr Ankommen angewiesen sind. Doch viel lieber würde sie selbst Schnitte entwerfen wie einst ihre Mutter Anna. Nicht in allen Punkten sind sie und ihr Mann sich einig: Sie möchte auch nach seinem Studium gerne weiterarbeiten. Und sie macht sich Sorgen, dass auffliegen könnte, was Felix immer wieder in die DDR hinein- und aus ihr herausschmuggelt.

Nachdem mich die Geschichte von Anna und Charlotte in „Zwei Handvoll Leben“ begeistern konnte, habe ich mich über die Nachricht gefreut, dass in „Neuleben“ die Geschichte ihrer Kinder Gisela und Therese erzählt wird. Es handelt sich hierbei um die Mutter und die Tante der Autorin. Diese hat es im Jahr 1953 beide aus der DDR nach Westberlin verschlagen.

Katharina Fuchs konnte mich erneut mit ihrer Erzählung der Ereignisse fesseln. Gespannt verfolgte ich die Lebenswege der beiden Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen. Therese wir in der Universität regelrecht drangsaliert, und als ihre Mitstreiterin Marie wegen schlechter Noten aufgeben will fürchtet sie eine weitere Verschlechterung ihrer Lage. Gisela braucht als Ehefrau die Erlaubnis ihres Mannes, um arbeiten zu gehen. Doch das Schneidern allein reicht ihr nicht und sie sucht nach Wegen, um eine abwechslungsreichere Tätigkeit ausüben zu dürfen.

Das Lebensgefühl der 50er Jahre wurde in diesem Roman gelungen eingefangen. Es ist ein Aufbruch in eine neue Zeit, doch an vielen Stellen herrschen auch noch alte Denkweisen. Der größte Teil des Buches spielt in West-Berlin, wo die Entwicklungen in der DDR kritisch beäugt werden. Auch die Tätigkeit der Stasi wird thematisiert. Die Geschichte ist authentisch erzählt, nichts wird überdramatisiert oder beschönigt. Gleichzeitig bietet sie viele spannende, berührende und nachdenklich stimmende Momente.

Der Roman lässt sich ohne Vorkenntnisse lesen, was jedoch ganz sicher dazu führt, dass man „Zwei Handvoll Leben“ danach unbedingt lesen will. Also am Besten gleich chronologisch lesen! Von mir erhält „Neuleben“ eine große Leseempfehlung für alle Leser von Familiengeschichten!

Veröffentlicht am 30.03.2020

Ist Elizabeth eine Mörderin?

Miracle Creek
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In der amerikanischen Kleinstadt Miracle Creek kommt es zur Explosion eines Sauerstofftanks, wodurch ein achtjähriger Junge sowie eine fünffache Mutter sterben. Angeklagt wegen Mordes ist nun die Mutter ...

In der amerikanischen Kleinstadt Miracle Creek kommt es zur Explosion eines Sauerstofftanks, wodurch ein achtjähriger Junge sowie eine fünffache Mutter sterben. Angeklagt wegen Mordes ist nun die Mutter des Jungen: Sie soll das Feuer gelegt haben, das zur Explosion geführt hat. Für die Mehrheit ist klar, dass sie schuldig ist - schließlich hat man sie in der Nähe des Tatorts mit Wein und Pralinen gefunden, bei sich Zigaretten und Streichhölzer der gleichen Marken wie die Tatwerkzeuge. Doch im Kreuzverhör wird bald klar, dass nicht alles so eindeutig ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Bei der Verhandlung anwesend sind auch die anderen Personen, die an jenem Abend vor Ort waren. Und manch einer hat der Polizei nicht alles erzählt.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Erklärung zur sogenannten HBO-Therapie, bei der in Überdruckkammern reiner Sauerstoff verabreicht wird. Ein Risiko dabei ist die hohe Explosionsgefahr. Das erste Kapitel nimmt den Leser mit ins Jahr 2008, wo es zu solch einem Vorfall gekommen ist. Es ist aus der Sicht von Young geschildert, deren Mann Pak die Überdruckkammer betreibt und sie an jenem Abend bittet, kurz seinen Platz an der Schalttafel einzunehmen. Doch dann muss auch sie hinaus, um etwas aus dem nahegelegenen Haus zu holen. Als sie wiederkommt, brennt es bereits und sie sieht, wie ihre Tochter durch den Knall der Explosion durch die Luft fliegt.

Fast ein Jahr später beginnt der Prozess gegen Elizabeth, deren Sohn in der Überdruckkammer ums Leben kam. Sie ist an diesem Abend zum ersten Mal nicht mit ihrem Sohn gemeinsam in die Kammer gegangen - das ist nur eins von vielen Indizien, die für sie als Verursacherin des Feuers sprechen. Neugierig sog ich als Leserin alle Informationen auf, las Argumente und Gegenargumente und begann, mir mein eigenes Bild zu machen.

Das Besondere an dieser Geschichte ist aber nicht der Prozess an sich, sondern die wechselnden Perspektiven. Drei Mütter mit ihren Kindern und ein Mann waren an jenem Abend zur Therapie da, außerdem Young, Pak und ihre Tochter Mary. Die Überlebenden wohnen dem Prozess bei und denken darüber nach, wie sie den Vorfall sowie die Zeit davor und danach erlebt haben. Dabei wird bald klar, dass es einige Dinge gibt, die sie der Polizei nicht erzählt haben, um sich selbst oder andere zu schützen. Sie reden sich ein, dass es sich um nebensächliche Details handelt, die nichts an der Tatsache ändern, dass Elizabeth die Mörderin ist. Für den Leser, der als einziger alle Geheimnisse erfährt, entsteht dadurch jedoch ein neues Bild, das zahlreiche neue Fragen aufwirft.

Während ich gespannt weiterlas, erhielt ich umfassende Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Beteiligten. Young und Pak sind aus Korea ausgewandert, um ihrer Tochter Mary in Amerika ein besseres Leben zu bieten. Dazu mussten sie zahlreiche Entbehrungen in Kauf nehmen und vor allem Mary wird in der Schule immer wieder rassistisch beleidigt. In Teresa sehen viele Mitmenschen nur die Mutter eines behinderten Kindes, und auch bei Elizabeth war das lange so. Neben all den Geheimnissen, Lügen und der Frage, was denn nun wirklich passiert ist bietet der Roman eine interessante Auseinandersetzung mit der koreanischen Kultur, Rassismus und dem Umgang mit Kindern, die nicht dem Durchschnitt entsprechen.

Mich konnte das Buch von Beginn an packen. Auch während ruhigerer Episoden las ich neugierig weiter. Ich wurde ins Nachdenken gebracht und schließlich wieder von der nächsten Wahrheit überrascht, durch die manches neu interpretiert werden muss. Ein intensives Buch, das ich sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 26.03.2020

Eine spannende Geschichte, die Psychothriller- und New Adult-Elemente verbindet!

Verity
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Lowen ist Schriftstellerin und übt ihren Job am liebsten im Stillen aus - ohne Interviews, Lesereisen und Social Media. Nach dem Tod ihrer Mutter verlässt sie das Haus zum ersten Mal für einen Verlagstermin ...

Lowen ist Schriftstellerin und übt ihren Job am liebsten im Stillen aus - ohne Interviews, Lesereisen und Social Media. Nach dem Tod ihrer Mutter verlässt sie das Haus zum ersten Mal für einen Verlagstermin und wird auf dem Weg dorthin Zeugin eines tödlichen Unfalls. Dank der Hilfe eines Fremden kann sie zumindest ihre blutbefleckte Bluse gegen sein Hemd tauschen. Doch dann stellt sich der Fremde als ihr neuer Auftraggeber Jeremy heraus. Lowen soll die Thriller-Reihe seiner Frau, der berühmten Verity Crawford, fortsetzen, denn sie selbst ist dazu nicht in der Lage. Weil Lowen ihre Wohnung wegen Mietrückständen räumen muss stimmt sie zu, ein paar Tage bei ihm zu verbringen und das Material von Verity zu sichten. Dabei stößt sie auf einen Text, der ihr den Boden unter den Füßen wegzieht.

Ich muss gestehen, dass ich bislang nichts von Colleen Hover gelesen habe, da ich eher selten im New Adult Genre unterwegs bin. „Verity“ hat mich aufgrund der versprochenen Spannungselemente aber neugierig gemacht. Dass der Roman brutale Elemente enthält wird schon auf der ersten Seite deutlich, als vor Lowens Augen jemand überfahren wird. Der Mann, der ihr auf der Herrentoilette eines Coffeeshops ganz anständig sein Hemd leiht, behauptet allerdings, schon schlimmeres gesehen zu haben: Vor einigen Monaten musste er die Leiche seiner Tochter aus einem See ziehen.

Das Tempo ist von Beginn an hoch und die zweite Begegnung mit Jeremy lässt nicht lang auf sich warten. Es stellt sich heraus, dass er nicht nur eine Tochter, sondern zwei verloren hat, und seine Frau einen schweren Autounfall hatte. Kann eine solche Häufung von Unglücksfällen wirklich Zufall sein? Diese Frage stellt sich auch Lowen. Doch sie braucht das Geld und hat keine Wohnung mehr, sodass sie trotzdem für ein paar Tage bei Jeremy einzieht.

Der Autorin gelingt es in diesem Roman, eine höchst unheimliche Atmosphäre zu erzeugen und gleichzeitig emotionale Momente einzubinden. Veritys Aufzeichnungen enthüllen schreckliche Dinge über sie und ihre stille Anwesenheit als Pflegefall im Haus verursacht Lowen großes Unbehagen. Zu Jeremy fühlt sie sich jedoch immer mehr hingezogen. Komisch fand ich es in diesem Zusammenhang, wie lange die beiden sich in der deutschen Ausgabe Siezen - hier hätte ich einen früheren Wechsel zum Du als natürlicher empfunden.

Lowen liest in Veritys Aufzeichnungen nur kapitelweise, da sie hin- und hergerissen ist, ob sie so tief in ihre Privatsphäre eindringen darf und ihr das Gelesene gleichzeitig zusetzt. Dadurch entwickelte sich bei mir ein großer Lesesog, denn ich wollte natürlich wissen, ob hier Antworten auf den Tod der Töchter und Veritys Unfalls gegeben werden. Auch in der Gegenwart scheint etwas vor sich zu gehen.

Was hier schließlich geschildert wird ist wirklich nichts für schwache Nerven und die Trigger-Warnung zum Thema „Verlust eines Kindes“ wird niemanden überraschen, der die Rezension bis hier gelesen hat. Auch wenn ich einige Dinge erahnt habe und das Szenario nicht hundertprozentig plausibel fand konnte mich der Roman mit seinen Twists zum Ende hin noch mal richtig packen und ließ mich aufgewühlt zurück. „Verity“ ist eine spannende Geschichte, die Psychothriller- und New Adult-Elemente verbindet und die ich sehr gerne weiterempfehle!