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Veröffentlicht am 15.02.2023

Drei Freundinnen, drei Storys

Die Unannehmlichkeiten von Liebe – Die deutsche Ausgabe von „Loathe to Love You“
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Mara, Sadie und Hannah sind seit ihrem Promotionsstudium an der Caltech beste Freundinnen. Während Mara anschließend nach Washington, D.C. gezogen ist, um für die Environmental Protection Agency zu arbeiten, ...

Mara, Sadie und Hannah sind seit ihrem Promotionsstudium an der Caltech beste Freundinnen. Während Mara anschließend nach Washington, D.C. gezogen ist, um für die Environmental Protection Agency zu arbeiten, entwickelt Sadie in New York bei einem Start-Up okologisch nachhaltige Gebäude. Und Hannah hat sich auf Raumfahrt spezialisiert und einen Job bei der NASA ergattert, für die sie in einer Forschungsstation in Norwegen Experimente mit Marsrovern macht. "Die Unannehmlichkeiten von Liebe" beinhaltet drei Storys, die sich jeweils einer der Freundinnen widmen, sowie ein Bonuskapitel.

Die beiden Romane von Ali Hazelwood habe ich sehr gern gelesen, weil mir das naturwissenschaftliche Setting und die humorvollen Szenen gefallen haben. Ich habe mich deshalb gefreut, dass nun auch ihre drei auf Englisch als "STEMinist Novellas" veröffentlichten Storys auf Deutsch gebündelt als Buch erschienen sind. Sie bieten alle einen Enemys-to-Lovers Plot, der je mit einer überraschenden Situation in der Gegenwart beginnt und dann in Rückblicken erklärt, welche Ereignisse dorthin geführt haben.

Grundsätzlich fand ich alle drei Protagonistinnen sympathisch und fand es schön, dass die Storys über gemeinsame Videocalls verbunden sind. Leider hatte ich gleich mit der ersten Story meine Probleme, da ich mit dem Szenario wenig anfangen konnte. Ich kenne mich im amerikanischen Rechtssystem nicht aus, finde es aber so oder so merkwürdig, dass Mara in ein bereits bewohntes Haus ohne Einverständnis einziehen kann und will, weil sie daran Anteile geerbt hat. Die ausführliche Sexszene dieser Story fand ich eher befremdlich und obendrein etwas fraglich in Sachen Consent.

Die anderen beiden Storys haben mir deutlich besser gefallen. Sadie bleibt mit einem Mann im Fahrstuhl stecken, mit dem sie nichts mehr zu tun haben wollte, und Hannah gerät während ihres Aufenthalts in Norwegen in Schwierigkeiten. Auch wenn die Resultate der Storys natürlich vorhersehbar sind, boten die Rückblicke einige Überraschungen. Das Bonuskapitel spielt einige Jahre später, hier finden alle drei Storys noch einmal zusammen und es gibt ein kurzes Wiedersehen mit jeder Protagonistin.

Trotz der unterschiedlichen Situationen hatte ich beim Lesen das Gefühl, drei im Kern extrem ähnliche Storys zu lesen. Zum einen sind die Männer trotz unterschiedlicher Haarfarben immer derselbe Typ: Sehr groß und muskulös, nach außen tough, aber eigentlich sensibel und - was immer wieder betont wird - mit einem riesigen Penis ausgestattet. Aufgrund der geringen Länge der Storys fallen auch die Einblicke in das naturwissenschaftliche Berufsleben der Protagonistinnen, die mir in den Romanen so gefallen haben, extrem kurz aus.

Der ständige Gebrauch des f-Wortes bei Abwesenheit sämtlicher anderer Symonyme für Geschlechtsverkehr zeigt, dass die Storys auch sprachlich an Variation vermissen lassen. Ich habe trotz der Kritikpunkte mit dem Buch leichte, unterhaltsame Lesestunden verbracht und darauf hingefiebert, dass die Paare trotz der Umstände zusammenfinden. Allerdings haben mir die beiden Romane der Autorin deutlich besser gefallen.

Veröffentlicht am 17.12.2022

Was ist in der Silvesternacht wirklich geschehen?

Happy New Year – Zwei Familien, ein Albtraum
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Nina und Fredrik sind bei ihren Freunden Lollo und Max zur Silvesterparty in ihr Haus eingeladen. Währenddessen feiern die Teenager-Töchter der beiden Paare, Smilla und Jennifer, im anderen Haus ihre eigene ...

Nina und Fredrik sind bei ihren Freunden Lollo und Max zur Silvesterparty in ihr Haus eingeladen. Währenddessen feiern die Teenager-Töchter der beiden Paare, Smilla und Jennifer, im anderen Haus ihre eigene Party. Der nächste Morgen scheint zunächst ganz normal zu sein. Doch dann fällt auf: Jennifer, die bei Smilla übernachten sollte, hat die Party nachts verlassen und ist unauffindbar. Ist sie untergetaucht oder ist ihr etwas zugestoßen? Während die Suche anläuft, geht es Fredrik zunehmend schlechter. Denn er scheint der einzige zu sein, der in der Silvesternacht noch Kontakt zu Jennifer hatte. Eine Tatsache, die er lieber verschweigen will...

Das Buch beginnt am Silvesterabend des Jahres 2018. Nina und Fredrik feiern den Abend bei ihren Freunden Lollo und Max. Die beiden Paare verbindet eine lange Freundschaft, doch inzwischen sehen sie sich nur noch zweimal im Jahr. Die Stimmung angespannt, denn Fredrik hat vergessen, ein Taxi für den Heimweg zu bestellen. Auch sonst hält sich die Freude in Grenzen, da Nina Lollo beneidet und Max mit rassistischen Sprüchen auffällt.

Die Dinge geraden in Bewegung, als Fredrik eine SMS erhält, die ihn von der Party weglockt. Als Leserin begleitete ich ihn und beobachtete sein Handeln, was viele Fragen aufwirft. Dann gibt es plötzlich einen Cut, die Handlung geht am nächsten Morgen weiter und Jennifer ist verschwunden. Schnell stellte ich erste Theorien auf, was geschehen ist, während die Charaktere noch gar nicht so recht wissen, wie ihnen geschieht.

Jennifers Schicksal bleibt sehr lange unklar, wodurch die Geschichte seine Spannung vor allem aus der psychologischen Komponente zieht. Ich beobachtete interessiert, wie die verschiedenen Charaktere mit der Situation umgehen. Dabei war niemand so wirklich sympathisch. Die meisten machen sich in erster Linie Gedanken um ihren Ruf und was für Auswirkungen die Situation auf sie selbst hat. Dass Fredrik irgendetwas verheimlicht wird mehr als deutlich gemacht, doch ich war mir sicher, dass noch mehr Geheimnisse darauf warten, gelüftet zu werden. Einige sind jedoch so gut versteckt, dass ich nicht die geringsten Hinweise darauf wahrgenommen habe, bis sie zum Ende hin plötzlich aus der Kiste springen und vieles in eine neue Richtung lenken.

Insgesamt ließ sich das Buch zügig lesen und ich war neugierig, endlich mehr über Jennifers Verschwinden zu erfahren. Für meinen Geschmack war das Buch aber zu lange auf einen Aspekt fixiert und neue Themen wurden zu spät eingebracht. Ein Roman für alle, die psychologische Spannung und ein eiskaltes Setting mögen!

Veröffentlicht am 25.11.2022

Düsterer Fantasy-Roman, in dem ich mich nicht gut zurechtfand

Book of Night
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Charlie Hall hat jahrelang als Diebin der besonderen Art gearbeitet. Unter dem Decknamen Charlatan hat sie Gloamisten bestohlen, also magiebegabte Menschen, die gelernt haben, ihre Schatten zu kontrollieren. ...

Charlie Hall hat jahrelang als Diebin der besonderen Art gearbeitet. Unter dem Decknamen Charlatan hat sie Gloamisten bestohlen, also magiebegabte Menschen, die gelernt haben, ihre Schatten zu kontrollieren. Nachdem etwas Schreckliches passiert ist, hat sie jedoch beschlossen, ihre Finger von solchen Aufträgen zu lassen. Stattdessen arbeitet sie als Barkeeperin, so auch an jenem Abend, an dem eine Bekannte sie völlig aufgelöst aufsucht und um Hilfe bittet. Deren Freund Adam, der Charlies Nachfolger in Sachen Diebesaufträge ist, ist spurlos verschwunden. Charlie ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihren Abstand zu der Welt der Gloamisten zu wahren, und ihrer Bereitschaft, zu helfen. Schließlich willigt sie ein, dass sie versucht, zu Adam Kontakt aufzunehmen. Damit setzt sie Ungeahntes in Gang...

In einem kurzen Prolog zu Beginn des Buches lernte ich Remy kennen, einen Jungen, der mit seinem Schatten spielt und ihn mit seinem Blut füttert. Danach springt die Geschichte zu Charlie, die sich dazu entschieden hat, ein normales Leben zu führen, dass keine Diebestouren mehr enthält. Jahrelang hat sie vor allem Bücher über Magie gestohlen. Während sie der Welt der magischen Schatten den Rücken zukehren will, ist ihre kleine Schwester Posey besessen von der Idee, ihren eigenen Schatten zu beleben. Charlies Freund Vince ist sein Schatten hingegen gestohlen worden, über die Umstände schweigt er sich aus.

Von Beginn an hatte ich meine Probleme damit, in die Geschichte hineinzufinden. Die Autorin hat eine komplexe magische Welt geschaffen, nimmt sich allerdings kaum Zeit, diese zu erklären. Stattdessen muss man sich die Spielregeln der Welt aus dem Kontext erschließen, was mir mal mehr und mal weniger gut gelang. Auch wenn dieser düstere Fantasy-Roman in gutem Tempo voranschreitet und Charlie allerlei brenzlige Situationen bewältigen muss, konnte meine Begeisterung für die Story nicht vollends geweckt werden.

Es gab zahlreiche überraschende Entwicklungen, die vor allem daraus entstanden, dass man selbst und auch viele Charaktere erst im Verlauf der Geschichte herausfinden, was mit Magie alles möglich ist. Zum Ende hin wartet ein spannender Showdown, der viele Antworten gibt, aber auch einige Fragen offen lässt. Gemeinsam mit dem abschließenden Cliffhanger wird so der zweite Teil vorbereitet. Wer Lust auf eine komplexe Fantasy rund um das magische Thema belebter Schatten hat, der kann diesem Buch eine Chance geben.

Veröffentlicht am 07.10.2022

Auftakt einer neuen Reihe mit Schauplatz Wien

Stille blutet
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Nadine Just arbeitet in Wien als Nachrichtensprecherin bei Quick-TV. Mit ihrer provozierenden Art hat sie schon so manchen gegen sich aufgebracht, insbesondere in den Sozialen Medien, wo sie mit Hohn und ...

Nadine Just arbeitet in Wien als Nachrichtensprecherin bei Quick-TV. Mit ihrer provozierenden Art hat sie schon so manchen gegen sich aufgebracht, insbesondere in den Sozialen Medien, wo sie mit Hohn und Spott nicht spart. Eines Abends geschieht das Unglaubliche: Vor laufender Kamera liest sie die Ankündigung ihres eigenen Todes vom Teleprompter ab. Kurz darauf findet ihr Ex-Freund Tibor sie gemeinsam mit einer Redakteurin ermordet in ihrer Gaderobe vor.

Fina Plank ist neu bei der Wiener Mordkommission und die einzige Frau im Team. Gemeinsam mit Oliver, der sich mit ihr als neuer Partnerin noch schwer tut, werden sie zum Tatort gerufen. Wer könnte den Text auf den Telepromter geschmuggelt und anschließend den Mord begangen haben? Eigentlich kommt dafür nur ein Insider in Frage. Doch dann wird ein Journalist tot aufgefunden, dessen Ermordung auf seinem Blog angekündigt wurde. Vor der Wohnung des Toten treffen sie ausgerechnet Tibor Glaser an. Hat er mehr mit den Morden zu tun als zunächst vermutet?

Nach dem Abschluss der Vanitas-Trilogie war ich gespannt, welches Setting Ursula Poznanski für ihre neue Reihe entwickeln wird. "Stille bluet" spielt wieder in Wien und ist zum einen aus der Sicht der jungen Ermittlerin Fina erzählt, die sich in der Mordkommission inmitten ihrer ausschließlich männlichen Kollegen behaupten muss, und zum anderen aus der Sicht von Tibor, dem Ex-Freund des ersten Opfers, dessen Rolle bei den Morden viele Fragen aufwirft. Der Titel ist einem Gedicht von Georg Trakl entnommen, das hinten im Buch abgedruckt ist.

Die Geschichte beginnt mit hohem Tempo. Im Prolog kündigt Nadine Just ihren Tod an und schon wenige Seiten später wird sie ermordet aufgefunden und die Polizei trifft am Tatort ein. Fina als Ermittlerin hat mir sehr gut gefallen. Sie ist aufmerksam und hat gute Ideen, muss sich ihr Ansehen in der Mordgruppe aber erst erarbeiten. Tibor hingegen war ein Charakter, bei dem ich immer auf der Hut geblieben bin, denn ich fragte mich, ob in den Kapiteln aus seiner Sicht wichtige Informationen zu seiner wahren Rolle bei den Morden verschwiegen werden oder nicht.

Nach dem Fund der zwei Toten entwickelt das Buch einige Längen. Die Ermittlungen der Polizei drehen sich ausschließlich um Tibors Rolle, während Tibor damit beschäftigt ist, seinen Namen rein zu waschen. Auch wenn die Ermittlungen auf mich einen authentischen Eindruck machten, war das für meinen Geschmack zu einseitig. Erst zum Ende hin kommt wieder Schwung ins Geschehen und in kürzester Zeit werden alle Erklärungen geliefert und ein Motiv enthüllt, das für mich nicht zu der hinter den Morden steckenden Logistik passte.

Wer die Erzählstimme ist, die in kurzen Abschnitten zu Wort kommt und ebenfalls ein Verbrechen begeht, wird nicht geklärt und vermutlich in der Fortsetzung aufgegriffen. Ich fand dieses Buch etwas schwächer als die vorherigen Bücher der Autorin. Dennoch freue ich mich auf die Fortsetzung, da ich den Charakter der Fina Plank für vielversprechend halte und auf ihren nächsten Fall gespannt bin.

Veröffentlicht am 21.08.2022

Komplexer Kunstkrimi auf drei Zeitebenen

Das neunte Gemälde
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Der Kunstexperte Dr. Lennard Lomberg erhält im April 2016 einen mysteriösen Anruf: Ein Monsieur Dupret kontaktiert ihn im Auftrag einer Stiftung, die nicht genannt werden will. Sie befindet sich im Besitz ...

Der Kunstexperte Dr. Lennard Lomberg erhält im April 2016 einen mysteriösen Anruf: Ein Monsieur Dupret kontaktiert ihn im Auftrag einer Stiftung, die nicht genannt werden will. Sie befindet sich im Besitz eines Gemäldes, das NS-Beutekunst ist und das zurückgegeben werden soll. Der Anrufer macht außerdem Andeutungen, dass Lomberg an diesem Fall ein persönliches Interesse haben sollte. Weitere Informationen sollen bei einem Treffen gegeben werden. Doch dazu kommt es nicht, denn einige Tage später wird Dupret tot augefunden. Das BKA vermutet einen Mord und möchte die Verbindung Lombergs zum Fall genau untersuchen. 

Rückblicke führen den Leser zum einen ins Jahr 1943 nach Paris, wo Juden enteignet und ihre Kunstsammlungen von den Nazis beschlagnahmt werden. Auch Verbrennungen der angeblich "entarteten Kunst" werden geplant. Das ehrgeizige SS-Mitglied Franz Eylmann möchte sich auf eigene Faus bereichern undeine strahlende Zukunft verschaffen. Opfer dieses Komplotts ist unter anderem Ernst Lomberg, Lennard Lomberts Vater. Dieser arbeitet 23 Jahre später im Ministerium des Inneren, wo er überraschend einen Termin im Kanzleramt wahrnehmen soll. Sein enger Freund Max Rischer-Wasserberg macht bei einem Termin mti BKA-Chef Paul Bärlach unterdessen eine erstaunliche Endeckung.

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Prolog im Jahr 1914, der davon berichtet, dass die Künstler Georges Braque und André Derain nach einer gemeinsamen Schaffensphase in den Krieg aufberechen, während Pablo Picasso zurückbleibt. Danach springt die Handlung ins Jahr 2016, wo der rätselhafte Anruf von Monsieur Dupret bei Lennard Lomberg den Stein ins Rollen bringt. Ich war neugierig, mehr über das erwähnte Gemälde zu erfahren und den Hinweisen zur Entschlüsselung des Mordfalls zu folgen.

Der Mord rückt nach dem ersten Kapitel zunächst in den Hintergrund, denn die Geschichte springt in der Zeit zurück und berichtet von Ereignissen aus den Jahren 1943 und 1966. Ich erhielt Einblicke in das skrupellose Vorgehen der Deutschen während des Krieges in Paris und das heikle Thema der NS-Raubkunst, die sich heute noch heimlich in Privatbesitz befindet. Auch der internationale Kunstmarkt wird intensiv beleuchtet, ebenso das politische Parkett der Nachkriegszeit, wo sich ehemalige NS-Mitglieder in politisch einflussreiche Positonen bringen konnten.

Die Geschichte ist sehr komplex aufgrund der Vielzahl an Charakteren, die zum Teil auch noch mehrere Identitäten haben, und der zahlreichen Handlungsstränge. Die Sprache ist anspruchsvoll und dialoglastig. Man merkt dem Roman die intensive Recherche an, die hineingeflossen ist, um dieses fiktive Werk möglichst authentisch zu machen. Für meinen Geschmack hätten es weniger Nebenhandlungen sein dürfen, um weniger Längen und mehr Spannung zu erzielen. Aufgrund der hohen Informationsfülle ist es keim Krimi für Zwischendurch, sondern ein sehr konzentriertes Lesen ist nötig, um nichts zu verpassen. Ein Roman für alle Leser:innen, die Lust auf einen intellektuell fordernden Kriminalroman in der Kunstszene haben.