Profilbild von Nabura

Nabura

Lesejury Star
offline

Nabura ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Nabura über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2022

Wer ist für die Wetter-Katastrophen verantwortlich?

Vega – Der Wind in meinen Händen
0

Vega und ihr Freund Esper arbeiten als Wettermacher und werden zum Beispiel gerufen, um für ihre Auftraggeber Regen auf bestimmte Flächen zu bringen. Was keiner ahnt: Vega ist nicht nur die Assistenin, ...

Vega und ihr Freund Esper arbeiten als Wettermacher und werden zum Beispiel gerufen, um für ihre Auftraggeber Regen auf bestimmte Flächen zu bringen. Was keiner ahnt: Vega ist nicht nur die Assistenin, die aufgrund ihrer siebzehn Jahre noch keine eigene Lizenz hat und Esper bei seiner Tätigkeit mit Chem-Patronen und Drohnen hilft. Ganz im Gegenteil: Esper ist die Ablenkung, während Vega Wind und Wolken ohne jegliche Hilfsmittel kontrollieren kann. Das darf außer Esper aber niemand wissen.

Bei dem Einsatz in einer Gartenanlage kommt es eines Tages zur Katastrophe: Vega ruft Regen herbei, doch dieser stellt sich als ätzend heraus. Verletzte Kinder müssen ins Krankenhaus und Vega gerät als Hauptverdächtige ins Visier der Prüfstelle für atmosphärische Optimierung, kurz PAO. Unverhofft komtm ihr Leo zur Hilfe und den beiden gelingt die Flucht. Doch wie soll es für sie weitergehen? Weitere Zwischenfälle machen Vega bewusst, dass nicht nur ihre eigene Zukunft auf dem Spiel steht.

Das Buch beginn mit dem Eintreffen von Vega und Esper in der Gartenanlage und schon nach wenigen Seiten ist Vega aufgrund des ätzenden Regens gezwungen, unterzutauchen. Der Start in diese mehrbändige Reihe ist rasant. Ich freute mich darauf, Vega und ihre Fähigkeiten besser kennenzulernen. Gleichzeitig werfen die ersten Szenen jede Menge Fragen auf, sowohl rund um das Thema, wie es zu dem Zwischenfall überhaupt kommen konnte als auch dazu, in welchem Zustand sich der Planet grundsätzlich befindet und wie die Gesellschaft sich organisiert hat.

Vega verschlägt es bei ihrer Flucht in die verschiedensten Ecken ihrer Stadt und der Umgebung. Daduch erfuhr ich allmählich mehr über die Welt, in der sie lebt. Auch ihre eigene Geschichte lernte ich durch immer wieder eingestreute kurze Erinnerungen kennen. Wie genau ihre Fähigkeit funktioniert wird hingegen nur vage ausprobiert. Da das Buch aus der Ich-Perspektive Vegas geschrieben ist fühlte ich mich ihr schnell nahe, während ich mich genau wie sie selbst fragte, mit welcher Motivation ihr Begleiter Leo ihr hilft.

Nach dem vielversprechenden Start zog sich das Buch im Mittelteil für meinen Geschmack sehr in die Länge. Zwar bleibt das Tempo hoch, da Vega kreuz und quer durch die Stadt hetzt. Mir fehlten dabei aber neue Erkenntisse und echte Fortschritte. Außerdem wurde mir für ein als Auftrakt der Klima-Saga angekündigtes Buch das Thema Klima zu oberflächlich behandelt. Irgendwann gehen Vega die Ideen aus, was sie noch tun könnte, und ich fühlte mich ebenso orientierungslos.

Zum Ende hin wird es durch einen neuen Schauplatz wieder interessanter, doch dann endet das Buch auch schon mit einem fiesen Cliffhanger. Der Fokus dieses Auftakts lag sehr auf Worldbuilding und Charaktervorstellung und ich hatte das Gefühl, dass viele Antworten für weitere Teile zurückgehalten wurden, sodass mich das Buch für sich stehend nur mäßig überzeugen konnte. Nun ist aber alles vorbereitet, damit Vega in kommenden Bänden so richtig durchstarten kann!

Veröffentlicht am 03.06.2022

Fünf Menschen und ein Sommer auf dem Campingplatz

Ein unendlich kurzer Sommer
0

Ohne jeglichen Plan trifft Lale auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit in einem kleinen Dorf irgendwo in Deutschland ein. Hier gibt es nur einen Campingplatz am See, auf nicht viel los ist. ...

Ohne jeglichen Plan trifft Lale auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit in einem kleinen Dorf irgendwo in Deutschland ein. Hier gibt es nur einen Campingplatz am See, auf nicht viel los ist. Geführt wird er von Gustav, der sich meist mürrisch gibt, Lale aber im Gegenzug für etwas Hilfe in einem Wohnwagen unterbringt. Allmählich arrangieren die beiden sich miteinander. Einige Zeit später trifft Chris ein, der ähnlich wie Lale zunächst nicht verraten will, was genau ihn hergeführt hat. Auch der siebzehnjährige Nachbarsjunge Flo immer mehr Zeit auf dem Campingplatz. Als dann noch Gustavs alter Freund James eintrifft, ist Gustav von mehr Trubel umgeben, als er es sich für seinen letzten Sommer am See vorgestellt hätte.

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Prolog, in dem zwei Liebende miteinander Zeit auf einem Floß im See verbringen. Um wen es sich handelt und wann die Szene spielt wird erst später aufgedeckt. Erst einmal lernte ich Christophe kennen, der auf Réunion lebt und gerade die Asche seiner Mutter im Meer verstreut. Einige Zeit später findet er in ihren Sachen einen Brief, der ihn dazu bewegt, nach Deutschland zu reisen. Obwohl er Deutsch von seinem Vater gelernt hat, war er noch nie dort, und nun zieht es ihn ausgerechnet auf einen Campingplatz im Nirgendwo.

Lale hingegen ist auf dem Campingplatz gelandet, nachdem sie den erstbesten Zug genommen hat, um Abstand zwischen sich und ihr bisheriges Leben zu bringen. Sie hat sich unbezahlten Urlaub genommen und ihrem Mann ein Post-It dagelassen mit der Bitte, sie nicht zu suchen. Im Gegensatz zu Chris’ Motivation war mir als Leserin lange nicht bekannt, was Lale zu der Reise bewegt hat. Die beiden helfen Gustav bei Renovierungsarbeiten auf dem Campingplatz und verbringen zunehmend Zeit miteinander. Auch der Nachbarsjunge Flo, der seine Kaninchen auf dem Platz hält und Gustav helfen soll, nachdem er seinen Zaun umgefahren hat, schließt sich der Runde immer wieder an. Später trifft mit James noch ein spirituell geprägter alter Freund von Gustav ein, sodass ich fünf sehr unterschiedliche Charaktere durch den Sommer begleitete.

Mit der Ruhe auf dem Campingplatz ist es durch das Eintreffen der Charaktere sowie einem überraschenden Fund gleich neben dem Platz erst einmal vorbei. Es gibt eine trubelige Phase, in der allerhand passiert und ich neugierig war, wohin das führend wird. Bald spielen sich die Charaktere miteinander ein und es wird wieder ruhiger. Die Geschichte ist dialoglastig, wobei über die wirklich wichtigen Themen lange nicht gesprochen wird. Meist schwingt eine melancholische Stimmung mit. Für meinen Geschmack tritt die Handlung zu lange auf der Stelle, während der Alltag auf dem Campingplatz geschildert wird. Das emotionale Ende hat mir dann wieder deutlich besser gefallen. Ein atmosphärischer Roman über fünf sehr verschiedene Menschen, die für eine Weile zusammenfinden, bei dem man während des Lesens die Hitze des Sommers spüren kann.

Veröffentlicht am 23.04.2022

Tomaten über Tomaten

Tomaten
0

Von Adora bis zur Zahnradtomate: Der dreizehnte Band der illustrierten Lieblingsbücher von Kat Menschik widmet sich ganz der großen Vielfalt an Tomatensorten, die es zu entdecken gilt. Außen ist das Buch ...

Von Adora bis zur Zahnradtomate: Der dreizehnte Band der illustrierten Lieblingsbücher von Kat Menschik widmet sich ganz der großen Vielfalt an Tomatensorten, die es zu entdecken gilt. Außen ist das Buch knallrot, doch innen entdeckt man schnell eine die verschiedensten Farben und Formen.

Der Reise durch die Welt der Tomaten vorangestellt ist ein kurzer persönlicher Text von Kat Menschik, in welchem sie sich als ausgesprochene Tomatenliebhaberin zu erkennen gibt und die Entstehungsgeschichte des Buches beschreibt. Die folgenden 69 Seiten sind je einer Tomatensorte gewidmet. Die Seiten sind alle gleich aufgebaut: Sie zeigen eine Illustration der ganzen Frucht, welche mit dem Namen der Sorte und einem Kommentar von Kat Menschik versehen ist. Diese Kommentare sind meist zwei oder drei Sätze lang und informieren zum Beispiel über den Geschmack, Verwendung oder Besonderheiten.

Kat Menschik gelingt es, ihre große Begeisterung für Tomaten und Tomatenzucht an die Betrachter:innen dieses Buches zu vermitteln. Sie lädt dazu ein, neue Sorten zu entdecken und die Unterschiede zu erleben. Nach „Essen essen“, dem sechsten Band der illustrierten Lieblingsbücher, ist dies das zweite Buch, in dem nicht nur die Illustrationen von Kat Menschik stammen, sondern auch alle Texte. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass diese Lieblingsbücher-Reihe nicht nur optisch, sondern auch thematisch kunterbunt ist und bei jedem Band eine neue Überraschung wartet.

Im Vergleich hat mir „Essen essen“ noch etwas besser gefallen: Dort waren die Seiten randvoll beschrieben und illustriert, wodurch ein schöner Wimmeleffekt entstand. Hier ist der Stil deutlich nüchterner mit genau einer Tomate pro Seite auf weißem Grund, wodurch je nach Größe der Sorte viel Platz frei bleibt. Im Vergleich ist auch relativ wenig Text enthalten, wodurch das Buch innerhalb weniger Minuten gelesen ist. Es zielt vor allem auf die Inspiration durch Betrachtung der gelungenen Illustrationen ab und eignet sich daher vor allem als (Selbst-)Geschenk für alle Tomatenliebhaber:innen, die Lust auf das Züchten und Kosten neuer Sorten haben.

Veröffentlicht am 15.04.2022

Was ist auf der „Lazy Susan“ geschehen?

Sturmopfer
0

Lucy lebt mit ihrem Mann Daniel und ihren Kindern Billie und Fin in einem abgelegenen Touristenort an der zerklüfteten Südwestküste Englands. Eines Mittags ist sie allein zu Hause, als sie die Nachricht ...

Lucy lebt mit ihrem Mann Daniel und ihren Kindern Billie und Fin in einem abgelegenen Touristenort an der zerklüfteten Südwestküste Englands. Eines Mittags ist sie allein zu Hause, als sie die Nachricht erhält, dass die „Lazy Susan“, das Boot der Familie, auf dem Meer treibend gefunden wurde. War es etwa nicht richtig festgemacht? Aus Lucys Unruhe wird bald Bestürzung, als sie erfährt, dass Daniel nicht wie geplant in seiner Firma ist. Während ein Sturm herannaht, läuft die Suche auf offener See an. Dann stellt sich heraus, dass auch Lucys Kinder nicht dort sind, wo sie sein sollten. Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit beginnt, der dominiert wird von der Frage, was auf der „Lazy Susan“ vorgefallen ist.

Ich habe mich sehr über einen neuen Thriller aus der Feder von Sam Lloyd gefreut, nachdem mich sein Debüt „Der Mädchenwald“ vor anderthalb Jahren begeistern konnte. Gleich auf der ersten Seite wendet sich eine unbekannte Stimme direkt an die Protagonistin Lucy und spricht von Schmerzen, die sie ihr zufügen wird. Doch diese Botschaft erhielt nur ich als Leserin. Danach wechselt die Perspektive zu Lucy und ich erlebte hautnah mit, wie die finanziellen Sorgen, die sie umtreiben, plötzlich zum kleinsten Problem werden und ihr ganzes Leben zerbricht.

Der Autor schreibt sehr atmosphärisch und schafft starke Bilder: Während ein schwerer Sturm heranrollt und das Meer aufwühlt, suchen Helfer nach Lucys Familie, die vermutlich auf dem Boot war. Aus Lucys Handlungen spricht pure Verzweiflung und ich bangte mit, zu welchem Ergebnis die Suche führen wird. Die Kapitel aus Sicht von Detective Inspector Abraham Rose, der mit der Untersuchung der Vorfälle betraut wird und dem apokalyptische Bibelzitate im Kopf herumschwirren, verstärken die bedrohliche Stimmung noch weiter.

Lucy erlebt eine konstante Abwärtsspirale, bei der eine schreckliche Nachricht die nächste jagt und die Situation immer tragischer wird. Die Suche nach Antworten auf das Warum ist jedoch wenig ergiebig und die Situation erscheint ausweglos. Hilflos muss Lucy zusehen, wie ihr Leben zerbricht. Diese Chronik einer Tragödie ist harter Lesestoff, bei dem ich persönlich eine Möglichkeit für die Protagonistin vermisste, irgendwie Einfluss zu nehmen.

Weitere Einschübe der Stimme von der ersten Seite machten mir klar, dass Lucy noch mehr Leid erwarten wird. Erst im letzten Drittel des Buches kommt allmählich Licht ins Dunkel, was die sich aufdrängenden Fragen angeht. Aus meiner Sicht hat der Autor beim Versuch, eine möglichst undurchsichtige Handlung zu schaffen, für ein Ungleichgewicht gesorgt, bei dem ich lange nichts als Fragezeichen im Kopf hatte und plötzlich alles sehr schnell geht und eine Erklärung geliefert wird, bei der ich die Raffinesse vermisst habe. Mir hat die Gelegenheit zum Miträtseln gefehlt. Wer Lust auf einen atemlosen, tragischen und sehr atmosphärisch erzählten Thriller hat, für den könnte „Sturmopfer“ genau das Richtige sein.

Veröffentlicht am 26.03.2022

Was geht hier vor sich?

Das Spiegelhaus
0

12 Jahre sind vergangen, seit Cat ihrem Leben in Edinburgh und ihrer Zwillgsschwester El den Rücken gekehrt und sich ein neues Leben in Los Angeles aufgebaut hat. Doch nun kehrt sie in ihre Heimat zurück, ...

12 Jahre sind vergangen, seit Cat ihrem Leben in Edinburgh und ihrer Zwillgsschwester El den Rücken gekehrt und sich ein neues Leben in Los Angeles aufgebaut hat. Doch nun kehrt sie in ihre Heimat zurück, denn El ist verschwunden: Von ihr und dem Segelboot, mit dem sie allein hinausgefahren ist, fehlt seit Tagen jede Spur. Dennoch kann Cat einfach nicht glauben, dass El tot sein soll.

Cat kommt vorerst im Spiegelhaus unter, dem Haus ihrer Kindheit, das El gemeinsam mit ihrem Mann Ross vor einigen Jahren gekauft hat. Hier haben die beiden Zwillinge sich einst eine eigene Welt erschaffen: Das Spiegelland, ein Ort voller Abenteuer, Piraten und Hexen. Als Drohbriefe auf der Türschwelle auftauchen und Cat mysteriöse Mails mit einer Schatzsuche in ihrem eigenen Haus erhält, ahnt sie, dass irgendetwas nicht stimmt. Doch um aufzudecken, was vor sich geht, muss sie sich erinnern, was damals im Spiegelhaus wirklich geschehen ist...

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, in dem Cat und ihre Schwester El völlig verängstigt an einem Hafen ankommen, um mit einem Piratenschiff in See zu stechen. Doch vorher müssen sie noch Cats Pulli im Wasser versenken. Sie schwören, einander nie zu verlassen. Nach diesem reichlich verwirrenden Start springt die Geschichte zwanzig Jahre in die Zukunft und berichtet von Cats Ankunft in Schottland nach Els Verschwinden. Sie kann nicht aufhören, daran zu denken, dass sie nicht da war, als El starb, und das auch nicht gespürt hat.

Die meiste Zeit verbringt Cat mit Els man Ross im Spiegelhaus, während die beiden auf Neuigkeiten von der Polizei oder der Seenotrettung warten. Immer wieder kehren Cats Gedanken zurück zu Els und ihren Kindheitserlebnissen im Haus und insbesondere im Spiegelland, welches durch einen verborgenen Durchgang in einem Schrank in der Speisekammer besucht werden kann.

Cats Erinnerungen sind so stark von fantastischen Vorstellungen durchwebt, dass ich beim Lesen nur schwer differenzieren konnte, welche Orte und Figuren real sind und welche nicht. Auch Cat selbst gelingt diese Unterscheidung nicht immer. Die Briefe und Mails, die Cat erhält, werfen zusätzliche Fragen auf. Für meinen Geschmack tappte ich jedoch insgesamt zu lange im Dunkeln und hätte mir früher erste Antworten gewünscht, die mir helfen zu begreifen, was überhaupt vor sich geht.

Die zweite Buchhälfte fand ich stärker, hier gibt es regelmäßige Plottwists und Enthüllungen, die das Geschehene in neuem Licht erscheinen lassen. Das Buch wird düsterer und aus einer Ahnung wird allmählich Gewissheit. Bis zuallerletzt gibt es überraschende Wendungen, die ich zwischendurch erwartet und dann wieder verworfen hatte. Doch auch wenn sich die Autorin große Mühe gegeben hat, Plausibilität in die Auflösung der Ereignisse zu bringen, war mir diese etwas zu dick aufgetragen.

„Das Spiegelhaus“ ist ein Mystery-Thriller, der durch die überbordende Fantasie in den Erinnerungen der Protagonistin Cat zu einem Leseerlebnis der besonderen Art wird. Wenn ihr düstere Geschichten mögt, in denen ihr zu Beginn eine ganze Weile keinerlei Ahnung habt, was eigentlich vor sich geht, und ihr euch auf die Suche nach Erklärungen begeben müsst, dann ist dieses Buch das Richtige für euch.