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Veröffentlicht am 25.03.2017

Eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund häuslicher Gewalt gegenüber Kindern

Liebe verletzt
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Seit ihr Vater tot und ihre Mutter krank ist, lebt die sechszehnjährige Emily bei ihrer Tante und ihrem Onkel. Doch ihre Tante Carol hasst sie, und das lässt sie Emily nicht nur mit Worten, sondern auch ...

Seit ihr Vater tot und ihre Mutter krank ist, lebt die sechszehnjährige Emily bei ihrer Tante und ihrem Onkel. Doch ihre Tante Carol hasst sie, und das lässt sie Emily nicht nur mit Worten, sondern auch mit grausamen körperlichen Übergriffen spüren. Emily weiß, dass ein Gespräch mit dem Schulpsychologen ihre Situation verändern könnte, doch das möchte sie Carols beiden Kindern, denen sie eine liebevolle Mutter ist, nicht antun. Stattdessen bemüht sie sich um ein College-Stipendium, um in zwei Jahren das Haus verlassen zu können. Ihr einziger Halt ist ihre beste Freundin Sara. Doch dann kommt Evan neu an ihre Schule und wirbelt das Leben, mit dem sie sich abgefunden hat, völlig durcheinander.

Vor der Lektüre hatte ich nur eine sehr grobe Idee davon, was mich in „Liebe verletzt“ erwarten könnte. Vorn auf dem Buch steht Thriller, hinten Romantic Thrill. Ich selbst habe unter dieser Genrebezeichnung auf jeden Fall etwas anderes erwartet. Nach der Lektüre würde ich es als Liebesgeschichte vor dem Hintergrund schwerer häuslicher Gewalt bezeichnen.

Da Thema ist ernst, und daher wirkt die Geschichte auch von Beginn an bedrückend. Emilys Tante Carol ist eine Person, die mir vom ersten Moment an mehr als unsympathisch war. Sie ist gewalttätig, verletztend, lügnerisch, heuchlerisch. Doch außer Emily scheint niemand ihr wahres Gesicht zu kennen. Ihre Motivation, Emilys körperlich und psychisch zu zerstören, bleibt im Dunklen, weshalb mich diese scheinbar völlig grundlosen Übergriffe umso mehr schockierten. Ebenso schockierte mich, dass die Übergriffe während des gesamten Buches fast ohne Konsequenzen für Carol bleiben, denn Emily lässt alles wortlos über sich ergehen. Wie gerne hätte ich sie ermutigt, einen Ausweg zu suchen! Wer sich von dem Buch eine Antwort darauf erhofft, wie man am besten aus einer solchen Situation herauskommt, wird hier nicht schlauer werden.

Carols Übergriffe haben in Emilys Psyche ihre Spuren hinterlassen, das wird während des gesamten Buches deutlich. Immer wieder stößt sie Menschen von sich, die ihr helfen wollen, erlebt Aussetzer und Panikattacken. Doch dank ihrer besten Freundin Sara, dem beliebtesten Mädchen der Stufe, nimmt sie auch am Highschool-Leben teil. Die Angst, dass Carol einen Partybesuch oder ähnliches entdeckt, ist zwar immer präsent, doch mit der Zeit geht in Emily selbst eine Veränderung vor, außerhalb der Reichweiter ihrer Tante wird sie mutiger.

Emilys Schulalltag, ihre Sportaktivitäten und ihre Zeit bei Sara werden ziemlich ausführlich beschrieben, weshalb sich das Buch immer wieder in die Länge zog und nichts wirklich Bedeutsames geschah. Hier liest sich das Buch fast wie eine ganz normale Highschool-Geschichte, bis die Stimmung durch eine Begegnung mit Carol dann wieder kippt.

Einen großen Raum nimmt die Geschichte von Emily und Evan ein. Die beiden lernen sich zu Beginn des Buches kennen, und bald wird er in Emilys Leben eine fast ebenso wichtige Stütze wie Sara. Doch Emily ist sich absolut unsicher, ob sie ihn in ihr kompliziertes Leben lassen will und kann, weshalb sich alles nur sehr langsam entwickelt. Obwohl er Emilys große Liebe zu sein scheint, gab es für mich nur wenige intensive Momente, in denen die Liebe zwischen den beiden spürbar wurde.

Über das Ende möchte ich nicht viel verraten, aber nachdem die ganze Zeit alles so ausführlich beschrieben wurde und viele Dinge auf der Stelle treten, geschieht schließlich alles so abrupt und ganz ohne Vorwarnung, dass ich gar nicht mehr glauben konnte, dass ich immer noch dieselbe Geschichte lese. Für den Cliffhanger am Ende des Buches wird der Leser dann aber immerhin mit den ersten Seiten von Band 2 entschädigt. Hier merkte ich jedoch gleich wieder, dass Emilys Verhalten für mich nur bedingt verständlich ist und bleibt.

„Liebe verletzt“ spricht das ernste Thema der häuslichen Gewalt gegenüber Kindern an, und die entsprechenden Buchszenen haben mich schockiert. Gleichzeitig findet in Bezug auf dieses Thema aber im Buchverlauf kaum eine Entwicklung statt. Sobald Emily das Haus verlässt, wird das Buch zur Highschool-Geschichte, die zahlreiche Seiten füllte und das ernste Thema immer wieder in den Hintergrund rückten ließ. Mich hat das Buch auf jeden Fall zum Nachdenken gebracht und es wird mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen. Gleichzeitig habe ich aber auch einige Kritikpunkte und habe Emilys Handeln oft nicht nachvollziehen können. Wer sich mit dem schockierenden Thema der häuslichen Gewalt gegenüber Kindern auseinander setzen möchte, sollte „Liebe verletzt“ eine Chance geben. Ich vergebe 3 Sterne.

Veröffentlicht am 25.03.2017

Ein eher schwächerer Zwischenband

Vollendet – Die Rache
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Nach den verheerenden Ereignissen auf dem Flugzeugfriedhof sind Connor und Lev auf dem Weg nach Akron, um mit Sonia zu reden, die mehr über die Anfänge der Umwandlung zu wissen scheint. Doch ein Unfall ...

Nach den verheerenden Ereignissen auf dem Flugzeugfriedhof sind Connor und Lev auf dem Weg nach Akron, um mit Sonia zu reden, die mehr über die Anfänge der Umwandlung zu wissen scheint. Doch ein Unfall bringt ihre Pläne schnell durcheinander und lässt Ohio in weite Ferne rücken. Währenddessen befindet sich Ria auf der Flucht. Als sie nur knapp einem Teilepiraten entgeht, fällt ihr nur eine Nummer ein, die sie wählen kann. Starkey hat es sich unterdessen in den Kopf gesetzt, möglichst viele Storche aus Umwandlungscamps zu befreien. Und Cam wird von Roberta von einem Vortrag zum nächsten geschickt. Das Proaktive Bürgerforum hat große Pläne für ihn. Doch was will eigentlich Cam?

Das Buch beginnt mit einem Rückblick zu dem Abend, an dem das Umwandlungsabkommen unterschrieben wurde. Das Ehepaar Rheinschild, das die Umwandlungstechnologie entwickelt haben, ist entsetzt darüber, was mit ihrer Erfindung möglich gemacht wurde. Doch nun ist es zu spät, und das Unheil nimmt seinen Lauf.

In der Gegenwart befinden sich fast alle Charaktere auf der Flucht und schmieden neue Pläne, wohin sie sich wenden sollen. Mit hohem Tempo wird erzählt, wie sie in Schwierigkeiten geraten und sich wieder aus diesen befreien müssen. Hier hatte ich das Gefühl, ähnliche Szenen schon mehrfach während der Reihe gelesen zu haben und immer wieder dem gleichen Schema F „Gefangen werden und sich befreien müssen“ zu lesen, durch das die Handlung auf der Stelle tritt.

Überhaupt haben mir in diesem dritten Teil neue Ideen gefehlt. Konnte mich der zweite Teil noch mit neuen Charakteren unterhalten, wurde ich in diesem Buch hauptsächlich mit bereits Bekanntem konfrontiert. Es gibt ein Wiedersehen mit vielen Figuren, das zwar interessant war, die Handlung aber auch nicht voran brachte. Zwei Charaktere kommen in diesem Buch neu hinzu, doch diese blieben eher blass und einer von ihnen hat mich hauptsächlich gehörig genervt.

Das Buch hatte natürlich auch seine guten Seiten: Durch die kurzen Kapitel und häufigen Perspektivenwechsel lässt es sich schnell und flüssig lesen. Die Werbungen bzw. Nachrichten, die immer wieder eingeschoben werden und über Pro- und Contra-Positionen der Umwandlung und neue Ideen diesbezüglich berichten, fand ich sehr interessant und haben mich zum Nachdenken gebracht. Mein absolutes Highlight waren die Rückblicke auf die Rheinschilds, denn hier erfährt man mehr über die Hintergründe der Umwandlung, und hier wartete auch die einzige richtige Überraschung des Buches, die es dafür in sich hat (und deshalb auch erst am Ende gänzlich enthüllt wird).

Für mich ist „Vollendet: Die Rache“ ein Mittelteil, der nur wenige neue Ideen vorweisen kann und bei dem die Handlung die meiste Zeit nicht recht vorankommen will. Ich denke, dass man die Geschichte auch sehr gut in drei statt vier Bänden hätte erzählen können. Wer die ersten beiden Bände gelesen hat, kommt um dieses Buch auf dem Weg zum großen Finale natürlich nicht herum. Auch ich bin gespannt auf den großen Abschluss und hoffe sehr, dass Neil Shusterman für diesen noch ein paar Asse im Ärmel hat.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Eine Geschichte voller Geheimnisse

Die Nacht gehört dem Drachen (4 CDs)
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Über ihre Vergangenheit bei Fiona und ihren Eltern redet Evie nicht. Doch nun hat sie sich endlich getraut, ihren Adoptiveltern von ihren Rippenschmerzen zu erzählen. Bei der Operation wurde ihr deshalb ...

Über ihre Vergangenheit bei Fiona und ihren Eltern redet Evie nicht. Doch nun hat sie sich endlich getraut, ihren Adoptiveltern von ihren Rippenschmerzen zu erzählen. Bei der Operation wurde ihr deshalb ein Stück Rippe entnommen, das sie mit nach Hause nehmen durfte. Ihr Onkel Ben schlägt vor, aus der Rippe einen Drachen zu schnitzen, und Evie setzt das Projekt begeistert um. Als der Drache nachts erwacht und sich zu ihrem Beschützer erklärt, wird für sie vieles anders…

Die Geschichte beginnt kurz nach der Operation, bei der Evie ein Stück Rippe entfernt wurde. Warum diese Operation nötig war, erfährt man nicht, doch man merkt schnell, dass dunkle Schatten über Evies Vergangenheit liegen. Bald kommt die Idee auf, aus dem Knochen einen Drachen zu schnitzen. Der Drache hat mir als Ausgangspunkt der Geschichte sehr gut gefallen und ich war gespannt, welche Rolle er in Evies Leben spielen wird. Ihn umgibt während der ganzen Geschichte etwas Mythisches: Ist er tatsächlich lebendig oder doch nur ein Teil von Evies Fantasie? Er begibt sich mit Evie auf nächtliche Abenteuer, mich durch ihre poetische Sprache verzaubern konnten.

Evies Familie ist absolut liebenswert, und ich habe sie schnell ins Herz geschlossen. Ihre Adoptiveltern Amy und Paul sind stets um ihr Wohlbefinden besorgt und kümmern sich liebevoll um sie. Auch zu ihrem Onkel Ben hat sie eine enge Beziehung, und er lockert die Stimmung oft auf, wenn sich vor allem Amy zu viele Sorgen macht. Doch auch in ihrer Vergangenheit ist etwas geschehen, das ihr Leben nachhaltig verändert hat. Durch Evie lernen sie allmählich, damit besser umzugehen.

Mir fiel es während des Buches schwer, Evie richtig einzuschätzen. Obwohl das Buch in der Ich-Perspektive geschrieben ist, verschließt sie sich nicht nur gegenüber ihren Eltern und Freunden, sondern auch gegenüber dem Leser. Auch wenn es auf der einen Seite vielleicht besser ist, nicht zu viele Details über die Vorfälle in ihrer Vergangenheit zu erfahren, hatte ich auf der anderen Seite das Gefühl, durch ihre Verschlossenheit keinen Zugang zu ihr zu finden.

Bald verbringt Evie ihre Zeit auch wieder in der Schule und mit ihren Freundinnen. Hier steckte viel Potenzial, was meiner Meinung nach aber nicht ganz ausgeschöpft wurde. Gut gefallen hat mir die Veränderung, die in ihrer Freundschaft zu Lynne vorgeht. Vor allem aus der Geschichte rund um Sonny hätte man aber mehr machen können.

Im Buch hat mir lange Zeit eine klare Richtung gefehlt, in die die Geschichte geht. Nur langsam lernen alle Beteiligten, was es heißt, wieder nach vorn zu blicken. Es muss viel zwischen den Zeilen gelesen werden, wodurch die Geschichte etwas Geheimnisvolles umgibt, ich aber manchmal auch das Gefühl hatte, etwas verpassen zu können. Vor allem der Drache redet in Rätseln, und sein Ziel bleibt schleierhaft. Hier kommt die Auflösung erst ganz zum Schluss. Diese war überraschend und beantwortet so manche Frage, lässt mich aber auch sehr unentschlossen zurück.

„Die Nacht gehört dem Drachen“ ist eine Geschichte, die eher einen stillen Ton anschlägt. Die Idee des Drachens aus einem Rippenknochen hat mir sehr gut gefallen. Allerdings werden die Geheimnisse des Buches nur langsam aufgedeckt, wodurch im Mittelteil eine klare Richtung fehlte. Dennoch ist es der Autorin gelungen, für die Aufarbeitung einer dunklen Vergangenheit eine ganz besondere Atmosphäre zu erschaffen. Dafür gibt es von mir gute drei Sterne.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Wer ist der gefährliche Krähenmann?

Krähenmann
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Die sechzehnjährige Waise Clara darf dank eines Stipendiums ab dem neuen Schuljahr das Eliteinternat Rotensand auf Rügen besuchen. Als „Die Neue“ ohne Markenklamotten und stets in schwarz gekleidet schlägt ...

Die sechzehnjährige Waise Clara darf dank eines Stipendiums ab dem neuen Schuljahr das Eliteinternat Rotensand auf Rügen besuchen. Als „Die Neue“ ohne Markenklamotten und stets in schwarz gekleidet schlägt ihr von Beginn an Argwohn entgegen. Am ersten Abend findet sie einen toten Spatz in ihrem Bett – ein schlechter Scherz? Clara beschließt, den Vorfall nicht zu melden. Kurz darauf wird eine Schülerin ermordet aufgefunden, an ihre Schultern wurden Krähenfedern genäht. Clara beginnt, Nachforschungen anzustellen. Bald wird klar, dass dies nicht das letzte Opfer des Krähenmanns war…

Von der Autorin des Buches, Corina Bomann, habe ich schon einige Jugend- und Erwachsenenbücher gelesen, bei denen mich ihr Schreibstil begeistern konnte. Nun war ich neugierig, wie sich die Autorin im Thrillergenre schlägt. Mit seinem blutroten Schnitt ist das Buch definitiv ein Eyecatcher, bei dem ich mir die Frage stellte, was es wohl mit dem geheimnisvollen Krähenmann auf sich hat.

Die Spannung ist von Beginn an hoch, denn noch bevor der Leser Clara kennenlernt, wird er Zeuge des ersten Mordes des Krähenmanns. Wer ist das Opfer, und vor allem – wer ist der Täter? Danach wechselt die Perspektive zu Clara, die gerade im Internat angekommen ist. Ihre Mitbewohnerin Susanne ist nur wenig begeistert über die Neue in ihrem Zimmer, hat sie doch bisher mit Camilla zusammengewohnt. Doch Clara ist eine starke und schlagfertige Persönlichkeit, die sich so schnell nicht unterkriegen lässt. Der Zicke Melanie, die sie offenbar als ihr neues Opfer auserkoren hat, bietet sie ordentlich Paroli. Zum Glück findet Clara bald in Susanne und dem süßen Alex Freunde, die ihr zur Seite stehen.

Recht schnell findet Clara den unheimlichen Spatz in ihrem Bett, und bald darauf wird Camilla tot aufgefunden. Beides lässt Clara keine Ruhe, sodass sie mit den Nachforschungen beginnt. Als ein weiteres Mädchen verschwindet und ein anonymer Ratgeber ihr Tipps zuschickt, ist ihr Ermittlungseifer erst recht geweckt. Claras Antrieb, den Mörder zu finden, fand ich nachvollziehbar geschildert. Bei ihren Ermittlungen verhält sich Clara allerdings zahlreiche Male unglaublich leichtsinnig und setzt ihr Leben aufs Spiel. Auch dass sie der Polizei nichts von den Tipps verrät stieß bei mir auf Unverständnis, und die laschen Sicherheitsmaßnahmen selbst nach der zweiten Entführung fand ich unrealistisch.

Trotz dieser Kritikpunkte und weiterer Ungereimtheiten übte das Buch durch kurze Kapitel und zahlreiche Spannungsmomente einen Sog aus, der mich zum Weiterlesen motivierte. Nachdem es lange Zeit keine richtigen Verdächtigen gab, kommt man dem Motiv in der zweiten Buchhälfte näher und Clara nimmt erste Verdächtigungen vor. Die Handlung ist recht einfach konstruiert und spricht damit eher Jugendliche an, die sich für die sehr kurzen, aber dennoch nervenaufreibenden Mordszenen gewappnet fühlen.

„Krähenmann“ bietet eine starke Protagonistin, die Suche nach einem Serienmörder und einen geheimnisvollen Ratgeber, der Clara bei ihren Ermittlungen die Richtung weist. Leider bin ich beim Lesen über zahlreiche Ungereimtheiten gestolpert. Nichtsdestotrotz habe ich das Buch als spannend empfunden und vergebe daher drei Sterne. Jugendliche Thrillerfans sollten es sich auf jeden Fall einmal genauer anschauen.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Der erste Fall für Luc Verlain in der Acquitaine

Retour
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Luc Verlain ist in die Aquitaine zurückgekehrt. Eigentlich hatte er seiner Heimat dauerhaft den Rücken gekehrt, doch nun hat der Leiter der zweiten Pariser Mordkommission sich vorübergehend nach Bordeaux ...

Luc Verlain ist in die Aquitaine zurückgekehrt. Eigentlich hatte er seiner Heimat dauerhaft den Rücken gekehrt, doch nun hat der Leiter der zweiten Pariser Mordkommission sich vorübergehend nach Bordeaux versetzen lassen, um seinem kranken Vater näher zu sein. Doch die erwartete Ruhe bleibt aus, denn gleich nach seiner Ankunft wird am Strand von Lacanau die Leiche eines Mädchens gefunden. Die siebzehnjährige Caroline Derval besuchte am Vorabend das Strandfest, bevor sie später mit einem Stein erschlagen wurde. Carolines Stiefvater ist sich sicher, dass ihr Mörder der Algerier Hakim ist, einer ihrer Verehrer. Im vom Fremdenhass bestimmten Umfeld muss Luc die Wahrheit finden.

Das Cover des Buches verspricht einen Kriminalfall dort, wo andere Urlaub machen. Auf den ersten Seiten lernt der Leser den Kommissar Luc Verlain kennen, während dieser von Paris in seine alte und neue Heimat Bordeaux fährt. Mit Beschreibungen der Landschaft und der kulinarischen Vorzüge der Gegend wurde ich auf den Schauplatz eingestimmt, bevor Luc sein neues Team kennenlernt und der erste Fall gelöst werden will.

Luc als Protagonist hat mir sehr gut gefallen. Er liebt nicht nur seine Arbeit, sondern auch gutes Essen und schöne Frauen. In seiner Vergangenheit lauern Schatten, doch diese verdrängt er die meiste Zeit und lässt sich durchs Leben treiben. Sein Kollege Etxeberria ist hingegen ein eher mürrischer Zeitgenosse, der sich mit dem gleichgestellten Kollegen schwer tut und Entscheidungen im Alleingang trifft. Außerdem gibt es da noch die sympathische und geheimnisvolle Kollegin Anouk sowie Hugo, über den man in diesem Buch noch nicht viel erfährt.

Nach einem kurzen Einstieg wird schon an Lucs erstem Tag die Leiche eines Mädchens gefunden und die Ermittlungen werden aufgenommen. In dem kleinen Ort, aus dem das Opfer stimmte, hat man für Ausländer nicht viel übrig, und so ist für den Stiefvater klar, dass der Algerier aus der Nachbarschaft der Mörder ist. Luc muss untersuchen, ob diese Vorwürfe irgendeinen Halt haben und wer sonst ein Motiv gehabt haben könnte. Die Stimmung ist aufgeheizt und falsche Entscheidungen könnten das Fass zum Überlaufen bringen.

Schnell gibt es neue Hinweise auf andere Personen, die etwas mit dem Mord zu tun haben könnten. Doch bevor es zu ausführlichen Befragungen kommen kann, erwartet den Leser bereits der erste Spannungshöhepunkt. Hier konnte ich die Entscheidungen der Beteiligten nicht ganz nachvollziehen und mich mit dem Geschehen deshalb nicht so recht anfreunden. Beispielsweise fand ich es merkwürdig, dass man sich bei gegenwärtiger Gefahr vor dem Aufbruch erst noch die Zähne putzt. Es passierten hier relativ früh relativ drastische Dinge, die mich überrumpelten.

Schließlich wird es wieder etwas ruhiger und Luc hat endlich Zeit, weitere Verdächtige zu suchen. Im Nu ist er dazu zurück in Paris und man erhält kurze Einblicke in sein bisheriges Leben. Nachdem er lange Zeit im Dunkeln tappte, geht schließlich alles sehr schnell. Ich fand die Auflösung im Vergleich zum spektakulären Intermezzo sehr ruhig und hatte gleichzeitig den Eindruck, dass die Ermittler hierauf eigentlich schneller hätten kommen können. Ich hätte mir einen stärkeren Spannungsbogen, der bis zum Schluss reicht, gewünscht.

„Retour“ ist der erste Fall für Luc Verlain, einen lebensfrohen Kommissar, den es von Paris zurück in die Aquitaine, seine Heimat, verschlägt. Die Geschichte macht Lust auf einen Besuch des Schauplatzes und spricht gleichzeitig mit den starken Vorurteilen des Opferumfelds gegen Ausländer ein wichtiges Thema an. Die Dramaturgie dieses Debüts hat jedoch einige Schwächen. Unterm Strich vergebe ich drei Sterne für diesen Auftakt einer neuen, in Frankreich angesiedelten Krimireihe.