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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.08.2020

Liebenswert und skurril

Super reich
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Der zehnjährige Rupert Brown möchte unbedingt etwas Besonderes sein, doch das ist gar nicht so einfach. Seine Familie ist arm, seine Mutter lieblos, der Vater desinteressiert und dann sind da noch seine ...

Der zehnjährige Rupert Brown möchte unbedingt etwas Besonderes sein, doch das ist gar nicht so einfach. Seine Familie ist arm, seine Mutter lieblos, der Vater desinteressiert und dann sind da noch seine zahlreichen Geschwister. Nur zu seiner kleinen Schwester Elise hat er eine gute Beziehung. Doch dann landet er ausgerechnet an Weihnachten auf dem Grundstück der superreichen Familie Rivers und mitten in deren Festtagstraditionen. In einer ganze Reihe an Spielen tritt er gegen die Familienmitglieder an, nur um am Ende alles wieder zu verlieren. Die Rivers sind verlegen und fühlen sich auch wenig schuldig, aber Regeln sind nun mal Regeln, oder? Und so denken sie sich, unabhängig von einander, Überraschungen für Rupert aus, die zu den Abenteuern seines Lebens führen.

Im Verlag Freies Geistesleben ist auch schon die "Winterhaus"-Reihe erschienen und sowohl die Illustrationen als auch die Erzählweise ähneln sich. "Super reich" ist voller liebenswerter, aber auch schrulliger Charaktere; die Handlung ist skurril und amüsant, hat aber durchaus auch ihre ernsten und emotionalen Momente. Rupert weiß, dass seine Familie nicht viel besitzt, aber ist er tatsächlich unglücklicher als die Rivers? Mrs Rivers träumt von einem eigenen Restaurant, die angeheiratete Tante Hazelnut fühlt sich in der Familienvilla nicht zuhause und Ruperts Klassenkamerad Turgid glaubt, sein ganzes Leben sei bereits für ihn vorbestimmt.

Polly Horvath weiß sowohl junge als auch erwachsene Leser zu begeistern: was für eine zauberhafte Geschichte! Ruperts Abenteuer mit den Rivers sind phantasievoll, bunt und magisch. Ob schwebende Restaurantgäste, Zeitreisen oder ein Banküberfall - er erlebt allerhand Neues, lernt dabei aber auch vieles über sich selbst und darüber, was im Leben eigentlich wichtig ist. Familie zum Beispiel und seinen Träumen zu folgen, auch wenn diese mehr als unrealistisch erscheinen.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Bedrückend

Der rote Apfel
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Monatelang hielt Lee Byongdo, der Serienmörder mit dem zarten Gesicht, Seoul in Atem; doch nun ist er gefasst und wartet in seiner Zelle auf die Vollstreckung der Todesstrafe. Bisher lehnte er jegliche ...

Monatelang hielt Lee Byongdo, der Serienmörder mit dem zarten Gesicht, Seoul in Atem; doch nun ist er gefasst und wartet in seiner Zelle auf die Vollstreckung der Todesstrafe. Bisher lehnte er jegliche Gespräche ab, aber eines Tages verlangt er ausgerechnet nach der jungen Kriminalpsychologin Sonkyong. Ihr öffnet er sich zum ersten Mal und unter der Schale des wahnsinnigen Killers wird ein zutiefst verletzter Junge sichtbar. Sonkyong hingegen hat bald mit eigenen Problemen zu kämpfen, denn ausgerechnet jetzt sollen sie und ihr Mann dessen Tochter aus erster Ehe aufnehmen - die Großeltern, bei denen das Mädchen bisher lebte, sind bei einem Brand ums Leben gekommen. Die kleine Hayong blieb wie durch ein Wunder unverletzt.

Die grundlegende Handlung von "Der rote Apfel" erinnert sehr stark an "Das Schweigen der Lämmer" - eine Parallele, mit welcher der Roman bewusst spielt. Schon seit einigen Jahren trägt Sonkyong den Spitznamen Clarice, nach der jungen FB-Agentin Clarice Starling, Lee Byongdo wird zu ihrem Hannibal Lecter. Das Geschehen wird aus den verschiedensten personalen Perspektiven erzählt, mal durch die junge Kriminalpsychologin, mal aus Sicht des Serienmörders, aber auch die kleine Hayong oder Sonkyongs Mann kommen zu Wort. Die Atmosphäre ist dabei von Beginn an bedrückend, denn nicht nur Lee Byongdos Kindheit und Jugend waren schrecklich, auch Hayong hatte stark unter ihrer verstorbenen Mutter zu leiden. Durch diese Blickwinkel wird zumindest ein wenig deutlich, wie sehr eine Kinderseele unter psychischen und physischen Misshandlungen leidet und in welche Richtung sich dies im Erwachsenenalter entwickeln kann.

Im Verlauf des Romans spitzt sich alles immer mehr zu. Lee Byongdo offenbart Grauenvolles in seinen Gesprächen mit Sonkyong und scheint gleichzeitig immer unruhiger zu werden. Die hingegen verbringt aufgrund des stressigen Jobs ihres Mannes immer mehr Zeit mit Hayong und muss feststellen, dass das Kind beunruhigendes Verhalten an den Tag legt, so dass Sonkyong sich irgendwann in ihrem eigenen Haus nicht mehr sicher fühlt. "Der rote Apfel" ist extrem spannend erzählt und legt ein hohes Tempo vor. Die Thrillerelemente sind vor allem psychologischer Natur, aber auch Gewalt gegen Menschen und Tiere ist in diesem Buch Thema. Wer hier also empfindlich reagiert, sollte vielleicht nicht zugreifen. Davon abgesehen ist das Buch unbedingt zu empfehlen, wobei es gerne noch 150 bis 200 Seiten länger hätte sein dürfen, denn das Ende kommt sehr plötzlich und überraschend.

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Veröffentlicht am 11.06.2020

Schöne Mischung aus Kalender und Ratgeber

Friederikefox: Mein Pflanzen-Journal
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Eigentlich ist sie als @friederikefox auf Instagram unterwegs und bloggt dort über Themen wie Interior, Lifestyle und Pflanzen. Nun widmet Julia Ruda einer dieser Leidenschaften ein ganzes Journal, welches ...

Eigentlich ist sie als @friederikefox auf Instagram unterwegs und bloggt dort über Themen wie Interior, Lifestyle und Pflanzen. Nun widmet Julia Ruda einer dieser Leidenschaften ein ganzes Journal, welches mit ästhetischen Fotos und zauberhaften Illustrationen von Kim Hoss überzeugt.

Das Buch ist dabei eine Mischung aus Jahreskalender und Ratgeber zur richtigen Pflege von Zimmerpflanzen. Zu Beginn jedes Anschnitts gibt es eine Monatsübersicht, dann folgen 5 Wochenübersichten. Da diese frei beschriftbar sind, quasi wie ein Bulletjournal, kann jederzeit im Jahr gestartet werden - super praktisch! Die Monatsübersichten bietet außerdem noch Platz für To Do's, Ziele und zwei frei wählbare Tracker. Eines Jahresüberischt darf natürlich auch nicht fehlen.

Zwischen den Kalenderseiten finden sich nun die unterschiedlichsten Pflanzenthemen: Informationen zu Schädlingen oder Krankheiten und deren Behandlung, Vorschläge für pflegeleichte Pflanzen und deren richtigen Standort, Bastelanleitungen, Tipps zum richtigen Gießverhalten und insekten- sowie haustierfreundliche Pflanzen - das sind nur einige Beispiele, die angesprochen werden. Für Anfänger werden hier defintiv alle Basics geliefert, die zur Pflanzenpflege notwendig sind.

Was das Buch noch persönlicher macht, sind Einblicke in Julia Rudas Wohnung. Ihr Stil ist wirklich ansprechend und macht definitv Lust darauf, sich selbst mit noch mehr Pflanzen zu umgeben. Sicherlich werde ich die ein oder andere Inspiration aus diesem schönen Buch mitnehmen.

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Veröffentlicht am 21.05.2020

Ein wichtiges Buch

Unsichtbare Frauen
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"Für die beharrlichen Frauen - bleibt verdammt noch mal schwierig!" Mit dieser Widmung beginnt Caroline Criado-Perez ihr Sachbuch. "Schwierig", das ist vermutlich noch eines der netteren Worte, das sich ...

"Für die beharrlichen Frauen - bleibt verdammt noch mal schwierig!" Mit dieser Widmung beginnt Caroline Criado-Perez ihr Sachbuch. "Schwierig", das ist vermutlich noch eines der netteren Worte, das sich sicherlich jede Frau schon einmal anhören durfte, die es wagte, in den heutigen Zeiten darauf hinzuweisen, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau bei Weitem nicht so fortgeschritten ist, wie wir uns gerne einbilden. Mit "Unsichtbare Frauen" gibt sie nun die entsprechende faktische Munition für solche Diskussionen an die Hand. Das Buch befasst sich mit der so genannten Gender Data Gap; diese drückt aus, dass eigentlich alle Bereiche unseres Lebens daran orientiert sind, was für den Durchschnittsmann am besten funktioniert. Die Frauen, aber auch Männer, die von der gesellschaftlichen Norm abweichen (1,85m, 75kg) kommen dabei oft zu kurz.

Bereits die Einleitung des Buches macht abwechselnd erstaunt, erschrocken und wütend und verspricht keine einfache Lektüre. Anhand zahlreicher, durch Fakten belegte Beispiele und wissenschaftlicher Studien zeigt die Autorin auf, wie systematisch bei der Planung und Durchführung in verschiedensten Gebieten stets der Mann als Standard angenommen wird. Dabei unterstellt sie keinen bösen Willen, sondern erklärt anschaulich, was es bedeutet, Frauen in diese Gleichung nicht mit einzubeziehen. Dabei behandelt sie die unterschiedlichsten Themen: Autobau und Medizin, Politik und alltägliches Berufsleben, unbezahlte Care-Arbeit (Kinderbetreuung und häusliche Pflege) und Produktdesign. Um ehrlich zu sein: Das Ausmaß ist erschreckend.

Es beginnt bei "Kleinigkeiten" wie dem Pianobau, der mit der Konzeption für die durchschnittliche männliche Handspanne dazu führt, dass genau diese deutlich häufiger zu Starpianisten werden als Frauen oder Männer mit einer kleineren Handspannen. Extrem bedenklich wird es auf dem Fachgebiet der Medizin, in dem Frauen oft nicht einmal Teil wissenschaftlicher Studien sind. Zu marginal seien die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, das falle nicht ins Gewicht - so werden sogar Medizinerinnen zitiert. Das führt am Ende dazu, dass es deutlich mehr Studien zu Viagra und erektiler Dysfunktion gibt, als zu Menstruation oder Geburt. Vor allem in letzterem Fall führt dies oft zur Gefährdung, und in Entwicklungs- und Schwellenländern sogar zum Tod der Frauen im Kindbett. In diesem Kontext ist dann auch nicht weiter verwunderlich, was über die Konstruktion von Flüchtlingslagern berichtet wird. Diese fördern durch ihren Aufbau und ihre Gestaltung weltweit die sexualisierte Gewalt an Frauen.

Caroline Criado-Perez liefert hier ein wichtiges Sachbuch, das sich nicht nur Frauen zu Gemüte führen sollten. Durch die vielen Fakten, Zahlen und Studien ist es jedoch nicht immer gefällig zu lesen - möglicherweise hätte hier eine andere Aufteilung oder das Einfügen von Diagrammen die Lektüre etwas erleichtert. Auch mit der Lösung des Problems bleibt die Autorin vage, wenn auch durchaus logisch: Die Sichtbarkeit der Frauen muss in allen Bereichen des Lebens erhöht werden. Nur da, wo Frauen in Entscheidungen eingebunden sind, haben sie letztendlich auch die Macht, die Gender Data Gap zu verkleinern.

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Veröffentlicht am 29.04.2024

Umfassender Einstieg in das Thema medizische Ungleichheit

Ungleich behandelt
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Diskriminierung ist ein zentrales gesellschaftliches Problem. So ist es auch nicht verwunderlich, dass diese sich auch auf die Medizin erstreckt. Inzwischen ist bekannt, dass sich Krankheiten bei Frauen ...

Diskriminierung ist ein zentrales gesellschaftliches Problem. So ist es auch nicht verwunderlich, dass diese sich auch auf die Medizin erstreckt. Inzwischen ist bekannt, dass sich Krankheiten bei Frauen und Männern unterschiedlich zeigen und eine falsche Behandlung aufgrund des Geschlechts tödlich sein kann. Doch worüber werden in der Medizin überhaupt Studien beauftragt? Wer bestimmt das? Und wer sind die Profiteure eines Gesundheitssystems, das eben nicht alle Menschen gleich behandelt?

Diese und andere Fragen beantwortet Ärztin und Aktivistin Sabina Schwachenwalde in „Ungleich behandelt“. Schwachenwalde ist Mitbegründerin des Vereins Feministische Medizin e.V. und kennt das Gesundheitssystem sowohl aus Ärztinnensicht in der Geburtshilfe, als auch aus Patientinnensicht aufgrund einer Long Covid-Erkrankung. Diese Perspektiven vereint die Autorin in ihrem Buch und liefert neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch eigene Erfahrungen und die von Betroffenen.

„Ungleich behandelt“ beginnt mit einer Vorbemerkung, in der die wichtigsten Begriffe und die verwendete gegenderte Sprache erklärt werden. Nach einer Einleitung folgen dann zehn umfassende Kapitel, die sich jeweils einer marginalisierten Gruppe oder einem bestimmten Thema zuwenden. Dabei zeigt die Autor
in auf, wie stark die Medizin durch das Patriarchat und letztlich das Streben nach Profit beeinflusst wird. Die Verlierer*innen sind zahlreich: Frauen, denen ihr Recht auf Selbstbestimmung abgesprochen wird, Schwarze Menschen, die systematisch ausgebeutet werden, behinderte Menschen, denen Zugang und Teilhabe verweigert wird sowie queere Menschen, die aufgrund ihrer Sexualität oder Identität diskriminiert werden.

Am Ende gibt Sabina Schwachenwalde einen Einblick in eine medizinische Utopie, in der wir uns zusammenschließen und umeinander kümmern, von denen, die vor uns gekämpft haben, lernen und unsere eigenen Privilegien und Vorurteile überprüfen. Ein umfassendes Buch zu medizinischer Ungleichheit – wer sich mit dem Thema jedoch schon beschäftigt hat, wird vieles aus den zitierten Werken bereits kennen.

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