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Nilchen

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.12.2022

Ein ironischer Abstieg der gehobenen Bürgerlichkeit

Taube und Wildente
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Ein Roman der wahrlich sprachlich formvollendet ist. Ein Werk, dass Freude bereitet beim Lesen der Formulierung. Der Inhalt fast zweitrangig, wenn man Martin Mosebach zur Hand nimmt. Was er gut macht sind ...

Ein Roman der wahrlich sprachlich formvollendet ist. Ein Werk, dass Freude bereitet beim Lesen der Formulierung. Der Inhalt fast zweitrangig, wenn man Martin Mosebach zur Hand nimmt. Was er gut macht sind Charaktere zu formulieren, sie lebendig werden zu lassen und dann in einem gesellschaftlichen Rahmen zu drapieren. Das macht er exzellent. Nur das große Ganze des Romans ist an der ein und anderen Stelle verzogen Aber das ist zu vernachlässigen, denn es ist eine Freude hier der Oberschicht beim Fallen zuzuschauen. Das deutsche Wort Schadenfreude passt äußerst trefflich.
Wir lernen die Erbin Majorie kennen, deren Vater De Kesel noch aus Kolonialzeiten viel Geld mit einem kongolesischen Bergwerk verdiente. Daraus ergab sich für sie ein sehr komfortables Leben mit Sommerresidenz in der Provence und einer Winterwohnung in Frankfurt am Main. Ihr Ehemann Ruprecht Dalandt genießt auch das Leben, aber wie seine Frau eher außerhalb der Ehe. Das Personal, wird unsäglich behandelt. Eine Szenerie an der ich nicht teilhaben wollen würde. An allen Ecken und Enden kracht es im moralischen Gebälk dieses Romans.
Es sei nur so viel verraten, dass Geld und Wohlstand endlich sind für diese reiche Familie und das Gemälde von Otto Schloderer „Taube und Wildente“ hier eine Schlüsselrolle einnimmt. Ohnehin ist der Roman gefüllt mit Kunstverstand.
Fazit: Ein Abstieg der oberen 10,000 herrlich beschrieben und literarisch umgesetzt.

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Veröffentlicht am 16.12.2022

Nerdy, aber spannend

Begegnungen mit Euklid – Wie die »Elemente« die Welt veränderten
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„Seit dreiundzwanzig Jahrhunderten verändern die Elemente die Welt.“ (S.9)
Wer Mathematikunterricht nicht als Belastung ansieht oder sah, gar Spaß am Rechnen und sauberen definieren hat, der wird schon ...

„Seit dreiundzwanzig Jahrhunderten verändern die Elemente die Welt.“ (S.9)
Wer Mathematikunterricht nicht als Belastung ansieht oder sah, gar Spaß am Rechnen und sauberen definieren hat, der wird schon so manches Mal über Euklid gestolpert sein. Der griechische Mathematiker hat im 3. Jahrhundert vor Christus mit „Elemente“ eine fast formvollendete Abhandlung über die Arithmetik und Geometrie geschrieben. Das Erstaunliche ist die Herangehensweise wie exakt er definierte. Dieses Buch war ungelogen knapp 2000 Jahre lang ein globaler Megaseller (vor allem nachdem es gedruckt werden konnte) und in der wissenschaftlichen Szene ist es unangefochten das Urprinzip des Definierens, Postulierens und Herleitung von Axiomen für die Mathematik und andere Fachbereiche.
Benjamin Wardhaugh hat mit „Begegnungen mit Euklid“ seine Begeisterung für die alte Schrift in Worte gefasst. Wer eine staubige Abhandlung über einen zu alten Text erwartet, wird enttäuscht. Der Brite Benjamin Wardhaugh studierte unter anderem Mathematik in Cambridge und lehrt mittlerweile in Oxford. Dem Buch merkt man die Faszination an, die er Euklid entgegenbringt.
Es wird nicht nur mathematisches erläutert, sondern auch die historischen Umstände und Orte der damaligen Zeit, wenn er uns Bagdad in Szene setzt oder wie Euklid aus welchen Umständen wo landet . Wardhaugh setzt damalige Gegebenheiten ins Verhältnis, wenn er zum Beispiel erläutert, dass die ohnehin schon spezielle Schrift auf Papyrus nur einer geringen Minderheit auf der Welt zugänglich war und verständlich bei der Menge an Analphabeten.
Wirklich toll, wie Benjamin Wardhaugh den Bogen inhaltlich und historisch über diese lange Zeitspanne hinbekommt. Nicht ohne Grund, dass er im Jahr 2020 für dieses Buch für den London Hellenic Prize nominiert war.
Fazit: Wer auch nur einen Hauch an Interesse an Mathematik und Geschichte hat, lest dieses Buch, es bereichert sehr!

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Veröffentlicht am 06.12.2022

Eine Lektion der Genügsamkeit

Das Geschenk
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Kobi Yamada hat ein schönes Bilderbuch geschrieben. Ja, nicht niedlich, nicht bezaubernd, sondern schön. Denn er möchte in dieser Welt des Überflusses für wenige und zugleich des unerträglichen Mangels ...

Kobi Yamada hat ein schönes Bilderbuch geschrieben. Ja, nicht niedlich, nicht bezaubernd, sondern schön. Denn er möchte in dieser Welt des Überflusses für wenige und zugleich des unerträglichen Mangels für viele andere die wichtigste Botschaft transportieren, die wir Menschen alle beherzigen sollten: Das Leben ist das süßeste Geschenk von allen. Da passt der simple Titel hervorragend: Das Geschenk. Nur an der ein und anderen Stelle holpert die Übersetzung aus dem Englischen.
Die Illustrationen von Adelina Lirius unterstreichen die achtsame Idee hinter dem Text und setzt das kleine Mädchen mit seiner Bonbonschale gekonnt in Szene. Denn es geht um ein Mädchen, dass eine Bonbonschale findet, dass täglich genau ein Bonbon darin findet. Nicht mehr und nicht weniger. Denn es genügt. Übrigens ist das gezeichnete Mädchen wunderbar
Ein Bilderbuch für Klein und Groß, eines das Besinnung auf Genügsamkeit auf eine liebevolle Art transportiert.

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Veröffentlicht am 01.11.2022

Gute Zusammenfassung - für mich wenig Neues

New Moms for Rebel Girls
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Mich reizte die Lektüre, weil ich eine Tochter habe und ich ihr in der Tat eine gute Basis bieten möchte ihr eigenes Leben zu leben und feministisch durch die Welt zu gehen mit erhobenem Haupt. Das Buch ...

Mich reizte die Lektüre, weil ich eine Tochter habe und ich ihr in der Tat eine gute Basis bieten möchte ihr eigenes Leben zu leben und feministisch durch die Welt zu gehen mit erhobenem Haupt. Das Buch ist in vier Teile geteilt, erst beginnt es mit der Aufarbeitung warum der Kampf immer noch notwendig ist und wie wir Mütter bzw. Eltern selbst geprägt sind. Ein Teil der viele Zahlen nennt und uns noch einmal vor Augen führt warum Gleichberechtigung zwar vorangetrieben wurde, aber noch nicht gänzlich überall gelebt wird. Besonders spannend sind die Reflektionsübungen um zu ergründen wie man selbst geprägt ist um das dann sehenden Auges anders zu machen mit den eigenen Kindern.
Dann folgt ein Abschnitt wie wir unsere Töchter prägen. Das baut natürlich im erheblichen Maße auf dem auf was man zuvor reflektiert hat und gibt noch einmal gute Denkanstöße. Ohnehin ist der Text von Susanne Mierau leicht geschrieben so die Lektüre kurzweilig ist trotz Sachtext und Umsetzungsnot! Der dritte Teil nimmt unsere männliche Welt unter die Lupe und wie die Männer in den Leben unserer Töchter doch eine erhebliche Rolle spielen. Gut finde ich, dass hier zur Sprache kommt, dass auch Jungs entsprechend feministisch sozialisiert werden sollten und auch hier ein Umdenken stattfinden muss! Zum Abschluss geht das Buch darauf ein wie wir die Mädchen stärken können.
Alles valide und gute Abschnitte. Nun kommt das ABER, denn ich bin sehr reflektiert, habe bereits eine sehr feministische eigene Erziehung genossen und mir war wenig neu und hatte an sehr wenigen Stellen noch ein Aha-Erlebnis. Statistiken und Fakten sind super gepaart mit Denkanstößen. War trotzdem eine gute Lektüre um sich das große Ganze noch einmal zu vergegenwärtigen.
Leider ist es wie mit vielen guten Büchern zu diesem Thema: Es wird nicht von der eigentlichen Zielgruppe gelesen und genau diese Gruppe kommt dann auch nicht in die Reflektion. Sehr sehr schade, denn es bräuchten so viele Eltern und Pädagog:innen die solche guten Bücher als Lektüre auf dem Nachttisch liegen haben, damit sich was ändert.

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Veröffentlicht am 12.10.2022

Idylle oder Alptraum?

Die Tote im Sturm - August Strindberg ermittelt
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Endlich mal wieder CrimeTime! So gerne wie ich anspruchsvolle Literatur lese, so gerne darf es dazwischen auch mal ein Krimi sein, aber bitte nicht zu platt. Daher fiel die Wahl dies Mal auf Kristina Ohlsson ...

Endlich mal wieder CrimeTime! So gerne wie ich anspruchsvolle Literatur lese, so gerne darf es dazwischen auch mal ein Krimi sein, aber bitte nicht zu platt. Daher fiel die Wahl dies Mal auf Kristina Ohlsson mit „Die Tote im Sturm“, das Buch war ein Bestseller in Schweden und lockte auch mit dem Klappentext. Ich kannte bisher keinen ihrer Krimis.
Es ist nicht nur ein Schwedenkrimi, es ist nahezu eine Liebeserklärung an den kleinen ruhigen Ort namens Hovenäset an der Schwedischen Westküste. Denn die Autorin schafft es eine großartige Atmosphäre zu kreieren mit ihren Beschreibungen, die hervorragend zum Fall passen. Es ist aber ganz und gar nicht langatmig und aus meiner Sicht eine Stärke des Textes. In diesen Ort zieht es den unglücklichen Geschäftsmann August Strindberg, er kauft die Räume eines Bestattungsunternehmens und möchte daraus ein Second Hand Laden machen. Tja, und dann nach einer stürmigen Nacht ist die Lehrerin Agnes Eriksson verschwunden und seine Immobilie scheint irgendwas damit zu tun zu haben. August beginnt seine eigenen Ermittlungen und unterstützt die Kriminalkommissarin Maria Martinsson.
Dies ist ein Auftaktband einer neuen Krimiserie rund um August Strindberg. Neben den Beschreibungen des Ortes machen die Personen hier viel aus. Der Fall ist zwar auch spannend, aber es gibt aus meiner Sicht hier nicht den MEGA kniffligen Fall zu lösen. Die beschriebenen Personen üben auch ihren Reiz aus und werden alle als unperfekte sympathisch Charaktere gebaut. Da möchte man nicht nur den nächsten Fall mit August Strindberg lösen sondern auch mehr über diesen Ort und seine Bewohner erfahren.

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