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Veröffentlicht am 08.12.2021

Sehr lesenswert

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
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In den 1920er Jahren wird der Berliner Ullsteinverlag von Dr. Franz Ullstein geleitet. Seine Arbeit ist nicht immer leicht, muss er sich doch mit seinen Geschwistern und der nachkommenden Generation auseinandersetzen, ...

In den 1920er Jahren wird der Berliner Ullsteinverlag von Dr. Franz Ullstein geleitet. Seine Arbeit ist nicht immer leicht, muss er sich doch mit seinen Geschwistern und der nachkommenden Generation auseinandersetzen, die alle auch dem Verlag verbunden sind und mitreden wollen. Als er sich in die viel jüngere Journalistin Rosalie Gräfenberg verliebt, stellt sich die Familie gegen diese Verbindung.

Lilli Blume ist Tippfräulein bei Vicki Baum, nachts jedoch schreibt sie heimlich an einem Roman, denn ihr großer Traum ist, ebenfalls Schriftstellerin zu sein. Auch ihr Verlobter Emil Friesecke hat so einen Traum, er wäre gerne Fotograf, besitzt jedoch nur ein altes Kameramodell und hat dadurch kaum Chancen einen guten Job zu finden.

Drei Frauen stehen im Mittelpunkt des Romans, obwohl Vicki Baum zwar im Vergleich zu den beiden anderen eher eine Nebenrolle spielt, hat sie doch erheblichen Anteil am Schicksal Rosalies und Lillis.

Beate Rygiert hat mich schnell in ihren Roman gezogen, den ich nur ungern wieder aus den Händen gelegt habe. Natürlich gibt es hier viele historischen Persönlichkeiten anzutreffen, nicht nur die Familie Ullstein und viele der Angestellten des Verlages, natürlich auch Vicki und Rosalie, aber auch eine ganze Reihe Berliner:innen und andere Personen – nur Lili und ihre Familie, inkl. Emil sind fiktiv, schade eigentlich, denn diese gefielen mir fast am besten, mit ihnen konnte ich am meisten mitfühlen, vielleicht aber ja auch gerade, weil sie einfache Menschen aus dem Volk sind, die eben trotzdem ihre Träume haben.

Auch sehr mitfühlen konnte ich beim Lesen mit Franz Ullstein, warum nur hat seine Familie ihm sein neues Glück nicht gegönnt. Man kann sich informieren, was aus der Beziehung zwischen Franz und Rosalie wurde, aber ich möchte natürlich hier nicht spoilern. Nur so viel: Es ist unglaublich, was die Familie gegen die beiden auf die Beine stellt, gerade Franz tat mir sehr leid, immerhin war es seine eigene Familie.

Doch nicht nur die genannten Charaktere, auch der Ullsteinverlag (der Roman ist selbstverständlich auch bei Ullstein erschienen) und der historische Hintergrund, das Aufkommen des Nationalsozialismus, die Beziehung zu Frankreich, das Leben in Berlin, kommt hier zum Tragen und bereichert den Roman zusätzlich.

Schon der Titel des Romans wird viele Bücherfans direkt ansprechen. Sehr gut gefallen hat mir die Widmung. Das Nachwort der Autorin ist knapp gehalten, aber man erfährt immerhin, was aus Vicki, Rosalie, Franz und dem Verlag wurde.

Mich hat der Roman sehr gut unterhalten, ich hatte sehr angenehme Lesestunden und konnte gut mitfühlen, habe den Ullsteinverlag und die Gründerfamilie näher kennengelernt und Lust darauf bekommen, mehr über den Verlag, aber auch z. B. über Vicki Baum zu erfahren bzw. ihre Romane (wieder) zu lesen. Gerne vergebe ich volle Punktzahl und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 16.11.2021

Ich schwankte beim Lesen oft zwischen Weinen und Lachen - ein unbedingt lesenswerter Roman

Der Flug des Raben
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Garnet Raven vom Stamm der Ojibwe wird als Dreijähriger zusammen mit seinen Geschwistern den Eltern entzogen, später auch von seinen Geschwistern getrennt, wird er von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht. ...

Garnet Raven vom Stamm der Ojibwe wird als Dreijähriger zusammen mit seinen Geschwistern den Eltern entzogen, später auch von seinen Geschwistern getrennt, wird er von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gereicht. Erwachsen fühlt er sich nirgends zugehörig, dichtet sich allerlei Identitäten an, landet schließlich im Gefängnis. Dort nimmt einer seiner Brüder Kontakt mit ihm auf, und Garnet trifft endlich seine Familie wieder, doch um sich zugehörig zu fühlen, braucht er seine Zeit.

Garnets Schicksal mussten viele Kinder indigener Völker erleiden – es ging darum, die Kinder ihrer kulturellen Wurzeln zu entziehen. Auch der Autor selbst war Angehöriger der First Nations Kanadas, wie Garnet, und hatte ein ähnliches Schicksal.

Der Roman wird auf zwei parallelen Ebenen erzählt, zum einen die Garnets, zum anderen die Keepers, der sich Garnets annimmt und ihn lehrt „Indianer zu sein“ – beide erzählen in Ich-Form. Keeper selbst wurde, nachdem er aus der Residential School entflohen war, von Garnets Großvater, der Medizinmann war, unter die Fittiche genommen, hatte sich aber später von diesem entfernt und war zum Trinker geworden. Für Garnet wird er trocken, um an ihn das weiterzugeben, was er selbst gelernt hatte. Es sind nicht nur reine Riten und Traditionen, letztlich kommt viel aus einem selber, und aus der Beziehung zum Land.

Der Roman (erstmals erschienen 1994) nimmt den Leser mit tief hinein in die Kultur der Ojibwe, zeigt aber auch, was sich durch den Eingriff des „weißen Mannes“ verändert hat, Gesellschaftskritik gehört hier unbedingt dazu. Garnet lässt sich darauf ein, seine Kultur kennen zu lernen. Ich fand es sehr interessant, nicht nur die Spiritualität, sondern auch das Humorvolle, denn Lachen und Humor gehört zu dieser Kultur dazu, kennenzulernen. Besonders intensiv sind die vier Tage, die Garnet alleine in der Natur verbringt, aber auch all die Anekdoten, die er erzählt, wie z. B. als er seinem Bruder Jackie wieder nahe gekommen ist, oder die Sache mit der Radiostation. So schwankt man während des Lesens zwischen Weinen und Lachen und hat hin und wieder sogar den Wunsch, selbst dazuzugehören.

Auch wenn die Thematik eher bedrückend ist, so strahlt der Roman viel Humor und Hoffnung aus, und ist auf jeden Fall lesenswert. Mir hat er zudem einen interessanten Autor nahegebracht, von dem ich mehr lesen möchte. Wer sich für die Kultur der First Nations interessiert, sollte hier unbedingt zugreifen.

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Veröffentlicht am 06.11.2021

Spannend

Winterland
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Am 23. Dezember geht auf einem Weihnachtsmarkt in Kopenhagen eine Bombe hoch. Signe Kristiansen ermittelt, muss aber auch fürchten, dass Ihre Schwester und deren Familie dem Anschlag zum Opfer gefallen ...

Am 23. Dezember geht auf einem Weihnachtsmarkt in Kopenhagen eine Bombe hoch. Signe Kristiansen ermittelt, muss aber auch fürchten, dass Ihre Schwester und deren Familie dem Anschlag zum Opfer gefallen sind.

Martin Junckersen, genannt Juncker, wurde in seinen Heimatort Sandsted versetzt, um dort die neu eingerichtete Polizeidienststelle zu leiten, was ihm auch Gelegenheit gibt, sich um seinen dementen Vater zu kümmern. Dass er innerhalb kurzer Zeit in einem Mord und einem Brand im Flüchtlingsheim ermitteln muss, hatte er allerdings nicht erwartet.

Ich bin ein großer Fan von skandinavischen Kriminalromanen, in Dänemark war ich in diesem Rahmen jedoch noch nicht oft. Auch dieser Roman enthält die gewohnte Mischung aus interessantem Fall und Ermittlern, die mit Problemen im Privatleben zu kämpfen haben. Wenn das so gut kombiniert ist, wie hier, mag ich das.

Kim Faber und Janni Pedersen erzählen aus verschiedenen Perspektiven, der Roman enthält eine ganze Reihe aktueller Probleme, so ist der Roman nicht nur spannend, sondern bietet auch viel Raum zum Nachdenken, und zwar nicht nur bezüglich der Auflösung der Fälle. Die Charaktere sind komplex, man lernt sie gut kennen, entwickelt Sympathien und Antipathien, ich freue mich schon auf die Nachfolgebände und bin gespannt, auf die Entwicklungen, die uns noch erwarten.

Bei mir hat der Roman ganz schnell einen Sog entwickelt, die eindringliche Erzählweise tat ein übriges, und auch mein Kopfkino bekam zu tun. Hin und wieder hatte ich allerdings auch das Gefühl von zu viel Inhalt, wie z. B. dass Juncker sich nicht nur um seinen dementen Vater kümmern muss, was schon allein problematisch genug ist, nein, die beiden hatten auch schon immer ein problematisches Verhältnis. Wirklich ins Gewicht gefallen ist das aber nicht.

Auch atmosphärisch finde ich den Roman gelungen, vor allem, als ein Schneesturm die Ermittlungen erschwert, hat man schnell das Gefühl, mittendrin zu sein.

Wer skandinavische Krimis mag, sollte hier unbedingt zugreifen, er erhält interessante und spannende Fälle, komplexe Charaktere und eine atmosphärische Erzählung. Und am Ende darf man sich auf weitere Bände freuen.

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Sein oder Schein?

Die Kampagne
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Maggie Costello bekommt von Präsidentschaftskandidat Tom Harrison ein Angebot, in seinem Team mitzuarbeiten, doch sie entscheidet sich, Natasha Winthrop, einer bekannten Anwältin, zur Seite zu stehen, ...

Maggie Costello bekommt von Präsidentschaftskandidat Tom Harrison ein Angebot, in seinem Team mitzuarbeiten, doch sie entscheidet sich, Natasha Winthrop, einer bekannten Anwältin, zur Seite zu stehen, der Probleme ins Haus stehen, da sie einen Mann getötet hat, der sie, nach eigenen Angaben, vergewaltigt hat, jedoch gibt es Anhaltspunkte, dass etwas anderes dahinterstecken könnte. Da Natasha auch eine mögliche Präsidentschaftskandidatin ist, spricht manches dafür, dass ein ungutes Spiel mit ihr gespielt wird.

Bereits die beiden Vorgängerbände haben mir gut gefallen, und so war es keine Frage für mich, Band 3 der Reihe lesen zu wollen. Maggie ist mir mittlerweile ans Herz gewachsen, und ich mag auch die gesellschaftskritischen Anklänge der Reihe, die auch hier wieder vorhanden sind. Im Zentrum steht vor allem die Tatsache, dass Frauen es schwer haben, Vergewaltigungen anzuzeigen und selten eine Bestrafung der Täter erreicht wird. Daneben gibt es, wie bei der Reihe gewohnt, auch Politisches, wie z. B. die Art, wie manche Kandidaten mit ihren Gegner umgehen – wie wir das dieses Jahr auch besonders gut bei der Bundestagswahl in Deutschland sehen konnten.

Natasha Winthrop, die hier neben Maggie im Mittelpunkt steht, ist ein ambivalenter Charakter, nicht alles, was nach und nach ans Licht kommt, ist glaubhaft, aber manches vielleicht doch? Als Leser kann man gut eigene Spekulationen anstellen, die Auflösung ist letztlich nachvollziehbar. Ich bin gespannt, ob es weitere Bände der Reihe geben wird – ich hoffe es.

Band 3 der Reihe ist wieder sehr spannend, punktet erneut mit gesellschaftskritischen Themen und hat mich gut unterhalten. Ich vergebe gerne wieder volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans.

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Veröffentlicht am 29.10.2021

Gute Unterhaltung für Genrefans

The Walking Dead: Taifun
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Im „Lichtblick“ hat sich eine größere Menge Menschen zusammengefunden, wo sie einigermaßen in Sicherheit leben kann – doch nun ist eine hundertausende Untoter zählende Horde in ihre Richtung unterwegs ...

Im „Lichtblick“ hat sich eine größere Menge Menschen zusammengefunden, wo sie einigermaßen in Sicherheit leben kann – doch nun ist eine hundertausende Untoter zählende Horde in ihre Richtung unterwegs – ein Taifun.

Walking Dead in China, mir gefällt das Setting, das auch die chinesische Mentalität beachtet. Erzählt wird aus der Sicht dreier Charaktere. Ying Hengyen ist einer der wenigen Berufssoldaten, die überlebt haben, und damit ein wichtiger Bestandteil der Kolonie, er hat die Windläufer unter sich, die in kleinen Gruppen ausschwärmen um benötigte Ressourcen zu finden und in den Lichtblick zu bringen. Eine dieser Gruppen setzt sich aus Zhu, Elena und Bo zusammen. Zhu lebte in der näheren Umgebung, ging aber in die Stadt, wo er zunächst die Schule besuchte und später arbeitete. Dort lernte er Elena kennen, eine amerikanische Touristin, die wegen ihm länger in China blieb, und nach Ausbruch der Seuche nicht mehr nach Hause konnte. Als die Gruppe in Zhus Heimatdorf landen, entdeckt er, dass nicht alle Bewohner tot sind.

Hengyen setzt sich für eine Evakuierung des Lichtblick ein, um die Bewohner zu retten, doch Sekretär Guo nun ranghöchster Regierungsbeamter und Befehlshaber im Lichtblick, entscheidet sich dagegen, man sei der „Revolution der Lebenden“ verpflichtet. Um sich gegen den Taifun wappnen zu können, befiehlt er, alle Menschen, die im Umkreis noch leben, in den Lichtblick zu bringen, freiwillig oder zwangsweise.

Die drei Protagonisten sind gut gezeichnet und haben mich schnell emotional berührt. Besonders Hengyens Perspektive zeigt die Diskrepanz zwischen Befehlsgehorsam und eigener Meinung, letztlich ordnet er sich Guo unter, auch wenn er sicher ist, dass es falsch ist. Aber immerhin hat er auch Verantwortung für viele Menschen, und die Alternative hätte auch viele Nachteile. Zhu muss man einfach mögen, Liebe, Verantwortung und Loyalität prägen sein Handeln. Elenas Entwicklung hat mir nicht so gut gefallen, auch wenn ich ihr Handeln teilweise nachvollziehen kann, letztlich hat sie der Geschichte aber einen spannenden Twist verliehen. Bo ist zwar „nur“ ein Nebencharakter, aber der liebenswerteste des Teams, absolut loyal und eine Leseratte. Auch weitere wichtige Nebencharaktere sind gut gezeichnet, und manchmal trügt der erste Eindruck. Viele Menschen werden am Ende tot sein – wen es trifft, sei hier natürlich nicht verraten.

Wesley Chu erzählt bildhaft und spannend, ich wurde schnell gefangen genommen. Natürlich gibt es bei einer Walking-Dead-Geschichte immer bestimmte Versatzstücke, da aber auch hier der Fokus auf den Charakteren liegt, und man mit diesen auf jeden Fall mitzittern kann, ist das Spannungslevel dennoch hoch.

Mir hat besonders gut das Setting gefallen, nach China passt die Geschichte sehr gut. Spannung, gelungene Charaktere und Mitfiebern zeichnen den Roman aus – ich habe mich gut unterhalten und vergebe gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Genrefans.

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