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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2023

Julle ist verliebt

Das Summen unter der Haut
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Inhalt: Sommer in Hamburg 1977. Julle ist 14 Jahre alt. Seit seinem 11 Lebensjahr weiß er, dass er schwul ist. Eingeweiht hat er nur seine ältere Schwester, aber seine Mutter ahnt es wahrscheinlich auch.
Als ...

Inhalt: Sommer in Hamburg 1977. Julle ist 14 Jahre alt. Seit seinem 11 Lebensjahr weiß er, dass er schwul ist. Eingeweiht hat er nur seine ältere Schwester, aber seine Mutter ahnt es wahrscheinlich auch.
Als kurz vor den Sommerferien Alex neu in seine Klasse kommt, verliebt sich Julle sofort in ihn. Sie werden gute Freunde und verbringen viel Zeit miteinander. Doch nach nur wenigen Wochen ist Alex ganz plötzlich wieder verschwunden. Für Julle aber bleibt dieser Sommer unvergessen …

Meine Meinung: Der Einstieg in dieses Buch fiel mir etwas schwer, denn an den Erzählstil mit den kurzen Sätzen, den vielen Beschreibungen von Alltäglichkeiten, sowie Julles teilweise etwas konfuse Gedanken, musste ich mich erst gewöhnen. Doch genau auf diese Weise kommen wir Julle näher, denn Stephan Lohse beschreibt seinen Protagonisten Julle so liebevoll, lebendig und mit viel Witz, dass man Julle einfach ins Herz schließen muss. Trotz seiner Homosexualität und eines versehentlichen Outings bekommt er weder Häme, noch blöde Kommentare oder andere negative Konsequenzen zu spüren, was ich für die 70er Jahre sehr ungewöhnlich finde. Auch seine Eltern gehen locker damit um.
Es hat Spaß gemacht, Julle und auch seine Freunde eine kurze Zeit lang zu begleiten und manchmal fühlte ich mich selbst in die 70er Jahre und in die Sommer im Freibad und dem Anstehen am Kiosk, den ersten gemeinsame Feten und das erste Verliebtsein, zurückversetzt. Auch die Dynamik unter den Jugendlichen hat mir gut gefallen, und im Großen und Ganzen haben sich alle gut verstanden.
Auf den nur 176 Seiten werden noch andere wichtige Themen angeschnitten, wie z.B. der Tod von Axels Mutter, aber wegen der Kürze des Buches kommt dann einiges zu kurz. Auch das Ende fand ich zu abrupt.

Fazit: „Das Summen unter der Haut" ist ein warmherziger Roman über das Erwachsenwerden, über Selbstfindung, einen unvergesslichen Sommer und die erste Liebe. Ein schöner Sommerroman ohne Kitsch. Für Leser ab 14 Jahren, aber ohne Altersbegrenzung nach oben … .

Veröffentlicht am 17.07.2023

Bizarre und grausame Morde

Rot. Blut. Tot.
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„Rot. Blut. Tot.“ ist bereits der zweite Fall für die Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen und das Team der Kopenhagener Mordkommission. Nachdem mir der erste Fall „Eis. Kalt. Tot.“ wirklich gut gefallen ...

„Rot. Blut. Tot.“ ist bereits der zweite Fall für die Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen und das Team der Kopenhagener Mordkommission. Nachdem mir der erste Fall „Eis. Kalt. Tot.“ wirklich gut gefallen hatte, habe ich mich sehr auf dieses Buch und ein Wiedersehen, bzw. -lesen, mit den mir inzwischen bekannten Charakteren gefreut.
Ich mag den Schreibstil von Anne Nørdby gern, sowie auch die düstere Atmosphäre ihrer Thriller. Trotzdem konnte mich die Handlung nicht so permanent fesseln, wie ich es mir gewünscht hätte. Vielleicht war meine Erwartungshaltung auch einfach zu hoch. Die Morde sind bizarr und grausam und es gibt immer wieder spannende Passagen, doch oft plätschert die Handlung auch nur vor sich hin. Erst gegen Ende steigt der Spannungsbogen dann an.
Die Protagonisten Marit, Jesper und Kirsten gefallen mir gut und ich hätte sehr gerne mehr aus ihrem Privatleben gelesen. Leider kommt auch Marit mit ihrer besonderen Begabung als Super-Recognizerin eindeutig zu kurz.
Der Fall ist komplex aufgebaut und es es gibt einige überraschende Wendungen. Ich hatte bis zur Auflösung überhaupt keine Vermutung, welches Motiv es für die Taten geben und wer der Mörder sein könnte.

Fazit: „Rot. Blut. Tot.“ ist ein komplexer und düsterer skandinavischer Thriller und nichts für Zartbesaitete.
Für mich persönlich leider schwächer als der Vorgänger. Ganz ganz knappe 4 Sterne.

Veröffentlicht am 01.07.2023

Spannend und interessant

Der Duft der schwarzen Erde
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Inhalt: Osteuropa 1940: Alma Steiner lebt mit ihren fünf Brüdern, dem Vater und der jungen Stiefmutter auf dem Weingut der Familie in Bessarabien. Seit dem Tod ihrer Mutter vor zehn Jahren ist ihr Vater ...

Inhalt: Osteuropa 1940: Alma Steiner lebt mit ihren fünf Brüdern, dem Vater und der jungen Stiefmutter auf dem Weingut der Familie in Bessarabien. Seit dem Tod ihrer Mutter vor zehn Jahren ist ihr Vater noch verschlossener und strenger zu seinen Kindern, seiner zweiten Frau und den Bediensteten. Alle müssen gleich schwer mitarbeiten. Alma liebt das Land ihrer Heimat, die wilde Steppe und die sanft geschwungenen Weingärten - und sie liebt ihren Jugendfreund Gregor, den Zwillingsbruder ihrer besten Freundin Emma.
Doch bald hat das gewohnte Leben ein Ende. Zuerst gerät Ama in das Visier eines SS-Offiziers und wird kurz darauf verleumdet. Dann zwingt ein Pakt von Hitler und Stalin die deutschstämmigen Bewohner von Bessarabien das Land zu verlassen. „Heim ins Reich“, so wird es euphorisch genannt. Für Alma und ihre Familie bedeutet das, Abschied von der geliebten Heimat zu nehmen und einer ungewissen Zukunft entgegenzusehen.

Meine Meinung: Der Roman beginnt im Jahr 2001 in Buenos Aires, wo die etwa 80-jährige Alma ihrer Nichte von den Ereignissen in den 1940er Jahren erzählt.
Ich habe einige Seiten gebraucht um in die Geschichte zu finden und Alma näher zu kommen, doch dann zog die Handlung mich in ihren Bann und ich habe sehr gerne weitergelesen.
Von Bessarabien und der Umsiedlung der Deutschstämmigen hatte ich noch nie gehört. Ich hätte sehr gerne im Buch eine Karte von Bessarabien und seinen Nachbarländern gehabt, um zu sehen, wo das Land liegt und auch um später den Weg der Familie Steiner verfolgen zu können.
Sibel Daniel erzählt anhand von Almas Familie spannend und berührend vom Schicksal dieser entwurzelten Menschen. Von der Aufgabe ihres gesamten Besitzes, ihrer Tiere und ihrer Heimat, sowie von der ungewissen Zukunft, der diese Menschen damals entgegensahen.
Alma hat mir gut gefallen. Sie ist eine starke und liebenswerte Frau und wird glaubwürdig beschrieben. Ebenso wie ihre sehr unterschiedlichen Brüder, zu denen sie ein enges Verhältnis hat. Die Liebesgeschichte mit Gregor konnte mich allerdings nicht ganz überzeugen.
Der Schluss ist relativ offen, denn im Dezember erscheint die Fortsetzung „Die Melodie der neuen Zeit“.

Fazit: „Der Duft der schwarzen Erde“ ist eine spannende, interessante und unterhaltsame Familiengeschichte über ein Stück deutscher Geschichte, von dem ich noch nichts wusste.

Veröffentlicht am 06.06.2023

Schöner Sommerroman

Das Haus der Sommerfreundinnen
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Inhalt: Zwanzig Jahre lang war Joanna mit dem bekannten Fernseh-Starkoch Cliff Whitman verheiratet, obwohl er zahlreiche Affairen hatte. Seit einem Jahr ist sie nun endlich geschieden. Doch nach Cliffs ...

Inhalt: Zwanzig Jahre lang war Joanna mit dem bekannten Fernseh-Starkoch Cliff Whitman verheiratet, obwohl er zahlreiche Affairen hatte. Seit einem Jahr ist sie nun endlich geschieden. Doch nach Cliffs tödlichem Autounfall belagern trotzdem Fotografen und Reporter Joannas Haus. Um der aufdringlichen Presse zu entgehen, und um sich und Ashley - die jungen Frau, die mit Cliff im Auto saß und überlebte - zu schützen, reist sie mit ihr an den Ort ihrer Kindheit und Jugend: nach Silver Point, den Ort an den sie unvergessliche Erinnerungen und gute Freunde hat. Freunde, bei denen sie sich seit ihrem überstürzten Weggang vor über zwei Jahrzehnten nicht mehr gemeldet hat …

Meine Meinung: Sarah Morgan schreibt in ihrem gewohnt lockeren und warmherzigen Schreibstil über die Aufarbeitung begangener Fehler, Freundschaft und Solidarität, nach Hause kommen und Neuanfänge. „Das Haus der Sommerfreundinnen" handelt von drei Frauen, die zuerst zwar noch zueinanderfinden müssen, sich dann aber gegenseitig guttun: Joanna, Ashley und Mel. Im Vordergrund steht aber eindeutig Joanna. Ich mochte alle drei Frauen, obwohl sie sehr unterschiedlich sind.
Und wie immer spielt Sarah Morgans Sommerroman an einem wunderschönen Schauplatz. Silver Point liegt im sonnigen Kalifornien und Joannas Haus hat nicht nur eine phänomenale Aussicht, sondern auch einen eigenen malerischen Strand. Durch die bildhaften Beschreibungen konnte ich mir alles sehr gut vorstellen und würde jetzt selbst gern mal Silver Point besuchen :).
Alle Charaktere werden sehr sympathisch, ja sogar äußerst liebenswert, beschrieben, was einen großen Teil zur Wohlfühlatmosphäre beiträgt, auch wenn vor dem herrlich kitschigen (oder romantischen, das ist Ansichtssache 😉) Happy-End noch einige Probleme gelöst und Gespräche geführt werden müssen.

Fazit: Ein schöner und unterhaltsamer Frauen- und Sommerroman für zwischendurch.

Veröffentlicht am 02.06.2023

Gut recherchiert und flüssig zu lesen

Und trotzdem leben wir
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Inhalt: 1945 in einer kleinen Stadt am Mittelrhein: Der Krieg ist endlich zu Ende. Bei Gerrit Mann, die mit ihrer kleinen Tochter, ihrer Mutter und ihrem kriegsversehrten Bruder der alten Gastwirtschaft ...

Inhalt: 1945 in einer kleinen Stadt am Mittelrhein: Der Krieg ist endlich zu Ende. Bei Gerrit Mann, die mit ihrer kleinen Tochter, ihrer Mutter und ihrem kriegsversehrten Bruder der alten Gastwirtschaft des Ortes lebt, sind alle Zimmer belegt. Ausgebombte und Vertriebene haben hier ein neues Zuhause gefunden. Hauptsächlich wohnen hier Frauen mit ihren Kindern, denn nur wenige Männer sind bisher heimgekehrt. Es ist ein täglicher Kampf ums Überleben, doch die Frauen geben nicht auf.

Meine Meinung: Michaela Küpper erzählt ruhig und sehr anschaulich aus den Perspektiven von vier Frauen - Gerrit, Erika, Eva und Veronika - und dem 14-jährigen Emil, über das schwere Leben in den Monaten nach Kriegsende. Es herrschen Wohnungsnot und Lebensmittelknappheit und die Menschen sind gezwungen, sehr eng zusammenzurücken, was nicht immer einfach ist. Die vier sehr unterschiedlichen Frauen begegnen sich zunächst mit Zurückhaltung und Misstrauen, doch im Laufe der Zeit kommen sie sich doch näher, denn ihnen wird bewusst, dass sie gemeinsam mehr bewirken können.
Ganz lange blieben mir die Frauen fremd - sie werden zwar authentisch, aber auch eher emotionslos beschrieben - und ich konnte zuerst nicht so richtig mit ihnen mitfühlen. Je mehr ich allerdings von ihren Schicksalen erfuhr, desto näher kamen mir die Charaktere. Am liebsten mochte ich allerdings Emil, und das auch von Anfang an. Gewitzt und nicht ganz legal sorgt er für sich und seine Mutter, die ihm sehr am Herzen liegt.
Die Autorin widmet diesen gut recherchierten und berührenden Roman den Frauen und Müttern der Nachkriegszeit, die alleine für sich und ihre Kinder sorgen und sich eine neue Zukunft aufbauen mussten.
Das Ende ist insgesamt relativ positiv (bis auf eine Ausnahme), was für ein Romanende natürlich schön ist, aber in der Realität eher unwahrscheinlich.

Fazit: Ein gut recherchierter, leicht zu lesender und glaubwürdig erzählter Roman über den täglichen Überlebenskampf starker Frauen in der Nachkriegszeit. Über Mut und Hoffnung. Über Kriegsheimkehrer, Vertriebene, Versehrte und den Einfallsreichtum der Jugendlichen. Interessant und berührend.